Meine dritte Version

Nein garkein Problem. Nur ich wollte fragen, wie man das Gefühlschaos besser darstellt? Ob ihr da vielleicht nocht Tipps habt?

… klar (sagt einer, der sich damit selbst immer schwer tut) - aber Kritik sollte doch immer konstruktiv und wertschätzend sein.

Kürzlich habe ich auf YouTube ein altes Interview von Günter Gaus mit Gustaf Gründgens angesehen, dem „Mephisto“ aus Klaus Manns gleichnamigem Roman und vermutlich höchstangesehenen Theatermann und Schauspieler des vergangenen Jahrhunderts - er sagte an einer Stelle, dass er äußerst ungerne Premieren gespielt habe, einfach weil dort Kritiker wie Joachim Kaiser (der legendäre „Kritiker-Papst“ der SZ) anwesend gewesen seien, deren Urteile er so gefürchtet habe.
Giuseppe Verdi wollte nach vernichtenden Kritiken über seine zweite Oper den Stift aus der Hand legen und nicht mehr komponieren.
Als Kreativer muss man schon einiges aushalten können.

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Normalerweise bin ich für extreme Kürze. Zur Beschreibung von Gefühlschaos müsstest du dennoch gegebenenfalls etwas ausführlicher werden. Wie kommt es dazu? Was macht Ich derart unsicher? Gab es schon einmal Komplikationen in der Beziehung, sofern es überhaupt schon eine ist / gegeben hat.
Ist Ich krank vor Angst etwas falsch zu machen, weil Ich von der Person, mit der Ich verabredet ist, gnadenlos begeistert ist?
Stell deiner Figur diese Fragen und lasse sie antworten. Lerne sie kennen. Und danach beschreibst du erst ihre Gefühle.

Das ist ja gar keine Frage. Geschönt werden darf aber ebenso wenig. Denn dann nützt Kritik nichts. Wie die Medizin, die bitter sein muss.

@Lanan2007

Du bist auf einem sehr guten Weg. Schon alleine, weil Du Kritik einforderst und daraus lernen willst. Kannst Du die Punkte, die oben angesprochen werden, von Suse, Koebes, auch von mir, denn nachvollziehen? Es geht vor allem um rein handwerkliches! Handwerk lernt man durch ständiges Üben und Schleifen.

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In Ergänzung: Schreiben ist ein nie endender Prozess.

Danke das hat mir sehr geholfen wie ich diese Shortstory noch mehr Sinn geben kann. Das hat mir die Augen geöffnet.

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Wie findet ihr diese Version?

Welche?

Ich habe es gerade überarbeitet. Und den Grund hinzufügt, warum sie keine Lust hat auf dieses Date. Damit das ganze Sinn macht.

Ich kenn es aus anderen Foren, bei denen man nichts Neues posten darf, sondern immer in dem Ursprungspost ändert. Persönlich finde ich das etwas ungeschickt, weil man keinen Vergleich mehr hat und bei viel Feedback immer zum Anfang scrollen muss. Das jedoch nur nebenbei. Ich lese also noch mal den Eingangstext.

Ja das kann ich sehr nachvollziehen. Danke.

Hier ist nochmal die Überarbeitung. Ich hoffe, dass es jetzt mehr Sinn macht. Könnt ihr bitte mir bei den Formelierungen für den letzten Feinschliff helfen?

Durch das Fenster starrte ich auf den Fluss. Graubraun umströmte er der Insel. Ich ließ den Blick auf der Landschaft ruhen. Nur widerwillig kehrten meine Gedanken von dort zurück. Heute Abend stand das Date im Restaurant bevor. Was sollte ich anziehen? Hatte ich überhaupt Lust hinzugehen? Warum hatte ich Bammel vor diesem Treffen? Ich musste definitiv etwas dagegen tun. Mit hängenden Schultern schlurfte ich ins Schlafzimmer, kramte im Kleiderschrank. Eine schöne Erinnerung nach der anderen spielten sich ab, wie Fotos in einem staubigen Karton, den man auf den Dachboden gefunden hat. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich zu spät dran war. Ich hatte nichts Ordentliches zum Anziehen. Genervt schmiss ich die Kleider, Röcke und Hosen aufs Bett. Ächzend sackte ich daneben auf die Bettdecke und drückte meine Hände auf die Stirn. Was war los mit mir? Vielleicht lag es am Essen mit meinem Freund oder an alldem hier? Was machte mich so betrübt? Die Aufregung? Nein, das war’s nicht. Ich stand auf und betrachtete mich im Spiegel. Nach längerem Anschauen wurde mir langsam klar, dass ich unglücklich mit mir selbst war und Angst verurteilt zu werden, weil ich nicht so sportlich war wie mein Freund. Vorallem vor deren Blicken. Deswegen war dieses Ängste da.Das wird sich ändern! Der erste Schritt war, es zuzugeben, obwohl ich mich dafür schämte. Ich fuhr mir über den Nasenrücken und die Spitze. Sie war zu dick. Dann richtete sich mein Blick auf die Lippen, die aussahen wie dünne Striche. Jedesmal wenn ich die Pausenhof betrat zeigten sie mit dem Finger auf mich und lachten mich aus. Die Frauen in den Zeitschriften, mit denen ich mich immer verglich sahen immer so perfekt aus. Wie ungebetene Gäste tauchten die Flashbacks auf, die ich versuchte zu verdrängen.
Eine Träne lief mir über die Wange, ich wischte sie weg. Mit geballten Fäusten sagte ich, „Nein.“
Ich musste lernen, mich selbst zu lieben oder damit anzufangen. Was die Anderen über mich denken zu ignorieren. Das war der Augenblick, an dem ich den Vorsatz fasste, an jeden Tag, den die Zukunft brachte, gelassener mit mir zu sein. Als ich das alles begriff war ich frei. Der erste Schritt in die richtige Richtung war getan. Mein Handy brummte. Eine Nachricht ploppte auf „Wo bist du? Wir waren doch verabredet.“
„Mist, wie konnte ich das vergessen?“, fragte ich mich.

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… deutlich besser :muscle: - schön, zu verfolgen, wie Du an Deinem Text arbeitest.
Tipp: achte auch auf Kleinigkeiten wie Wortwiederholungen (Die Frauen in den Zeitschriften, mit denen ich mich immer verglich sahen immer so perfekt aus.) - und auf stilistische Genauigkeit (Das war der Augenblick, in - nicht „an“ - dem ich den Vorsatz fasste).
Der letzte Satz - „Mist, wie konnte ich …“ - ist nicht ganz schlüssig, da Deine Protagonistin das Date doch erkennbar nicht vergessen hat, gerade noch hat sie auf die Uhr geschaut und festgestellt, dass sie verspätet ist.
Mach klarer, von wem die Rede ist, wenn Du etwa schreibst "Vor allem vor deren (wessen?) Blicken, oder: „wenn ich den Pausenhof betrat, zeigten sie (wer? Mitschüler? Lehrerinnen-Kollegen?) mit dem Finger auf mich …“ (es kann natürlich sein, dass sich das aus dem Kontext erschließt).

Durch das Fenster starrte ich auf den Fluss. Graubraun umströmte er die Insel. Mein Blick wandert über die verwilderte Landschaft und blieb dann am tosende Fluss hängen. Nur widerwillig kehrten meine Gedanken von dort zurück. Heute Abend stand das Date mit meinem Freund im Restaurant bevor. Was sollte ich anziehen? Hatte ich überhaupt Lust hinzugehen? Warum hatte ich Bammel vor diesem Treffen? Mit hängenden Schultern schlurfte ich ins Schlafzimmer. Eine schöne Erinnerung nach der anderen spielte sich ab, wie Fotos in einer bunten Schachtel, die man auf den Dachboden fand. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich zu spät dran war. Ich durchwühlte meinen Kleiderschrank auf der Suche nach dem passenden Outfit. Nichts, absolut nichts gefiel mir. Genervt riss ich alle Kleider, Röcke sowie Hosen heraus und warf sie auf das Bett.Ächzend sackte ich daneben auf die Bettdecke und drückte meine Hände auf die Stirn. Was war los mit mir? Vielleicht lag es am Essen mit meinem Freund oder an alldem hier? Was machte mich so betrübt? Die Aufregung? Nein, das war’s nicht. Ich stand auf und betrachtete mich im Spiegel. Nach längerem Anschauen wurde mir langsam klar, dass ich unglücklich mit mir selbst war und Angst verurteilt zu werden. Weil mein Freund sportlicher aussah als ich. Vorallem die Blicke der Menschen auf der Straße, die sie mir zu warfen. Deswegen waren diese Ängste da. Das wird sich ändern! Der erste Schritt war, zuzugeben, dass ich mich für mein Aussehen schämte. Ich fuhr mir über den Nasenrücken und die Spitze. Meine Nase war zu groß. Dann richtete sich mein Blick auf die Lippen, die aussahen wie dünne Striche. Jedesmal wenn ich den Pausenhof betrat, zeigten die Mitschüler mit dem Finger auf mich und lachten mich aus. Die Frauen in den Zeitschriften, mit denen ich mich verglich, sahen immer so perfekt aus. Wie ungebetene Gäste tauchten die Flashbacks auf, die ich versuchte zu verdrängen.
Eine Träne lief mir über die Wange, ich wischte sie weg. Mit geballten Fäusten sagte ich, „Nein.“
Ich musste lernen, mich selbst zu lieben oder damit anzufangen,was die Anderen über mich dachten, zu ignorieren. Das war der Augenblick, indem ich den Vorsatz fasste, an jeden Tag, den die Zukunft brachte, gelassener mit mir zu sein. Als ich das alles begriff war ich frei. Der erste Schritt in die richtige Richtung war getan.
Ich machte mich fertig und rannte blitzschnell aus der Wohnung.

Danke

Ich möchte nochmal meinen Senf dazugeben. Bitte als Vorschläge sehen, ich bin ja nicht perfekt und lerne selber noch.

Bei diesem Satz bleibe ich immer hängen. Er ist nicht falsch, aber er passt für mich nicht. Der Satz ist kurz - gleichzeitig beschreibt er etwas, was längere Zeit in Anspruch nimmt.

Vorschlag: Mein Blick wanderte langsam über die grüne/verwilderte/karge/trostlose (hier einsetzen, was passt) Landschaft und blieb dann am tosenden Fluss hängen.

Ich assoziiere schöne Erinnerungen nicht mit einem staubigen Karton. Bei mir wäre das eher eine bunte Schachtel.

Wo sind die her?

Vorschlag: Ich durchwühlte meinen Kleiderschrank auf der Suche nach dem passenden Outfit. Nichts, absolut nichts gefiel mir. Genervt riss ich alle Kleider, Röcke und Hosen heraus und warf sie auf das Bett.

… auf der Straße

Ich bin immer noch der Meinung, dass sich bei diesem Satzkonstrukt dass „schämen“ auf das „zugeben“ bezieht.

Vorschlag: Der erste Schritt war, zuzugeben, dass ich mich für mein Aussehen schämte.

Die Spitze?

Vorschlag: Meine Nase war definitiv zu groß.

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Dann will ich auch mal meinen Senf dazugeben.
Zuerst einmal: die Entwicklung der Versionen ist super. Die dritte gefällt mir viel besser, als die erste.

Nun mal meine Gedanken zum Text. Ich finde, die Ich-Perspektive bietet Gelegenheit, sehr nahe an die Figur heranzukommen. Das nutzt der Text aber kaum. Der Stil und Satzbau ist eher neutral und passiv. Zum Beispiel:

Man könnte auch schreiben:
Ich sah auf die Uhr. Überflüssig, ich wusste, dass ich zu spät war. Mist.

Nun ist natürlich nicht gesagt, dass dies besser ist. Aber zur Übung könntest du ja mal versuchen, Passagen oder den ganzen Text aktiver zu formulieren.

Ein paar konkrete Anmerkungen:
Am Anfang frage ich mich, ob Insel und Fluss später noch Rolle spielen oder ob eigentlich nur der Blick aus dem Fenster als Vermeidungshandlung wichtig ist. Wenn es so ist, könnte der Focus auch eher darauf liegen.
Details dazu: „graubraun“ ist mutmaßlich nicht wichtig. Besser nur braun (oder grau). Passt aber sowieso nicht zu „ strömen“. Der braune Fluss kann strömen, aber eben nicht braun strömen.

Die Passage mit den Erinnerungen hängt für mich nach wie vor in der Luft. Und Erinnerung „spielen sich“ nicht ab, zumindest ist dies in diesem Zusammenhang keine gute Formulierung. Und eine passive Konstruktion. Besser wäre: Die Sachen erinnerten mich an …

Adverb-Konstruktionen, wie „genervt schmiss“ und „ächzend warf“ sind selten schön und meistens vermeidbar. Mal anders probieren.

Der Satz „Das wird sich ändern.“ ist ein starkes Statement und gerade deswegen an der Stelle zu früh. Danach folgen ja erst die Selbstzweifel und Erinnerungen. Hier wäre als erste Erkenntnis „das muss sich ändern“ besser.

„Ich musste lernen, mich selbst zu lieben oder damit anzufangen,was die Anderen über mich dachten, zu ignorieren.“
Der Satz ist nicht gut verständlich. Zwei wesentliche Gedanken in einem Satz ist nicht gut. Besser zwei Sätze draus machen.

Ach, und bevor ich es vergesse: der Text braucht ein paar Absätze. Schon um Erinnerungen von Handlung zu trennen. Sieht aber auch grafisch gefälliger aus.

Das sind so meine wesentlichen Gedanken zu dem Text. Viel Spaß beim weiteren überarbeiten.

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Danke ich hab’s nochmal überarbeitet, wie oben in der neuen Version. Wie gefällst es dir?

Soviel Senf dazu. :grin: :wink: