Lyrikversuch, Kritik erwünscht

Abends saßen wir noch
Auf Steinen

Die Wärme des Tages!

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Kurz und prägnant, aber irgendetwas fehlt. Vor allem der letzte Vers passt zwar zum Rest, aber steht allein. Ich fände es schön, wenn du es überarbeiten könntest und vielleicht mehr Zeilen hinzufügen könntest.

Weiter so!

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Vielen Dank für Deinen Kommentar,
was fehlt denn. Ich habe es extra „eingedampft“, das was fehlt sollte zwischen den Zeilen zu finden sein: „noch“ deutet an, dass etwas abgeschlossen ist und dass das „Sitzen“ begrenzt sein wird und dass sich das Ende abzeichnet. Die Steine haben die Wärme des Tages gespeichert und geben sie nun ab wie eine Erinnerung an Vergangenes. Das Ausrufungszeichen zeigt das Ergriffensein.

"Abends saßen wir noch
Auf Steinen

Die Wärme des Tages!"

Ich will ehrlich sein: Mir ist das, ohne jeglichen Kontext, ohne jegliche Information, zu dünn.

Darf ich mal ganz grob sein?

Ja, wir haben auf Steinen gesessen und der Tag war warm. Ist das eine Aussage, die es wert ist, (literarisch) mitgeteilt zu werden? Das kann man in unendlichen Wort-Konstellationen tun. Und: Steine sind eine eher unbequeme Sitzgelegenheit. Warum also Steine?

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Ich bin weit davon entfernt ein Lyrikexperte zu sein, aber ich hatte anfangs ein ähnliches Empfinden wie Geodäsia.

Allerdings habe ich, erst nach dem Lesen deines Kommentars, den Text mal auf mich wirken lassen und mir die Begebenheit versucht vorzustellen. Durch deine Beschreibung konnte ich dann fühlen was gemeint ist.

Es ist nicht schlecht und spricht mich an, dennoch bin ich auch der Meinung dass etwas fehlt. Wenn man diese „Verse“ erst versteht und sich hineinversetzen kann, wenn eine Erklärung benötigt wird, denke ich, ist es noch unvollständig.

Aber wie bereits erwähnt, bin ich kein Experte darin.

Ich persönlich sehe aber Potential in deinen Zeilen.

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… ja … in Abmilderung meines Kommentars oben: „Schlecht“ ist das wirklich nicht.

Ich glaube, ohne die aktive Aufforderung, zu kritisieren, die natürlich etwas in Gang setzt, hätte ich mich an dem kleinen Lyrikstück nicht gerieben, im Gegenteil.
Es hat was. Es vermittelt eine Stimmung. Ein warmer Tag, die Steine aufgeheizt, abends saßen wir noch, nachdem wohl am Tage eines erlebt wurde. Jeder wird eine subjektive Erinnerung damit verbinden, eine Atmosphäre, eine Stimmung.

Es ist schlicht zu wenig, um daran „Kritik“ zu üben im Sinne von: was könnte/sollte/müsste anders sein.

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Ja wenn der Tag der Tag wäre, dann wäre das wohl so.

Also - tatsächlich mag ich es. Bildhaft, einfach, komprimiert bis zur Schmerzgrenze eines Lexems.

Ich bitte zu verzeihen, wenn ich jetzt etwas mache, dass zwar ausdrücklich provoziert ist (Kritik gewünscht), aber bitte nicht ganz ernst zu nehmen ist. Ich schreibe einen Verriss.

+++++ ACHTUNG: NICHT GANZ ERNST (und schon gar nicht böse) GEMEINT+++++

Das vorliegende Gedicht aus lediglich 10 Wörtern kokketiert mit großen Vorbildern, wie William Carlos Williams „The red wheelbarrow“, ohne jedoch dessen kontextuelle Tiefe der Darstellung des Besonderen im Banalen zu erreichen. Der Stein, bleibt ein Stein, bleibt ein Stein.
Wo Gertrude Stein mit einer Rose, die eine Rose, die eine Rose ist die Doppelbödigkeit der Bedeutungsebenen für den Leser subtil und elegant öffnet, versickert die Wärme des Tages in dem vorliegenden Bild.
Wo Williams Schubkarre als Symbol für die Bedeutung gewöhnlicher Objekte als Teil eines Größeren als Symbol funktioniert, bleibt die Anlehnung an solche literarischen Meilensteine ein Versuch, der -ähnlich dem gewählten Bild- an die Dichtung einer Pfadfindergruppe nach einem lustigen Camp-Tag erinnert.

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Es ist echt cool (in Ermangelung eines besseren Wortes), dass ein „Lyrikversuch“ ein weiteres Kunstwerk provoziert.

Ich finde, beides passt perfekt zusammen. Auch wenn, vom Autor des „Lyrikversuchs“, nicht beabsichtigt, wurde in meinen Augen, dieses Werk, durch jene Interpretation/Kritik vervollkommnet.

Auf jeden Fall ist der „Verriss“ sehr gut geschrieben und eine interessante Art darauf zu reagieren. Ich hatte was zum schmunzeln.

Und ich betone wieder, ich bin absoluter Laie in Sachen Lyrik.

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Mich erinnert der Text in seiner vorliegenden Form eher an ein Haiku wie zB:

Ein Blütenblatt
das den Baum verlässt?
Ein Schmetterling!

Oder:

Seitdem der Sturm
mein Haus abgedeckt hat

Kann ich die Sterne sehen.

Beiden Beispielen wohnt eine Überraschung inne; eine Erkenntnis, die mir in Deinem Textbeispiel fehlt.

lg/Peter

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?

Ich sinke ergriffen zu Boden und presse mein Antlitz demütig in den Staub

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Erinnert mich an Walter Kempowski. Dem Meister des formal verdichteten Romans. Wilhelm Genanzino, mein lit. Ziehvater, drückte mir den seinerzeit auf die Nase (da war ich noch Schüler). Den müsse ich lesen, wenn ich Schriftsteller werden möchte.

„Morgens hatten wir noch in der alten Wohnung auf grauen Packerkisten gehockt und Kaffee getrunken (gehört das uns, was da drin ist?). Helle Felder auf den nachgedunkelten Tapeten. Und der große Ofen, wie er damals explodierte.
Zu Mittag sollte schon in der neuen Wohnung gegessen werden." - Walter Kempowski, „Tadelöser & Wolf"

Formal halte ich mich zurück. Schriftsteller schaffen sich ihr eigenes orthografisches Universum. Sonst müsste ich mich auch über Franz Kafkas Kommata echauffieren.

Die Kunst des Weglassens, damit wir dem Rezipienten nicht unser narzisstisches Ich aufdrücken und die Bilder in seinem Kopf entstehen lassen, ist eine Kunst für sich. Das ist dir auf jeden Fall gelungen. Jemand erwähnte es schon. Es gibt Anklänge zu Haikus.

Was soll dir sagen. Man kann sich an etablierte Formen halten oder eben auch nicht (s. Arno Schmidt). Nicht die Form bestimmt die Intertextualität (kann, muss aber nicht), sondern „form follows function".

Wie auch immer. Nicht verrückt machen lassen. Der Bauch entscheidet. Der gesunde Menschenverstand.

Bei Lyrik frage ich mich immer (das habe ich mir bei Billy Wilder abgekupfert), wie Arthur Rimbaud es gemacht hätte?

Greetings

Gertrudes Freundin (Katzi) hat ein irres Kochbuch herausgegeben. Unbedingt nachkochen!

Vielen Dank für die wohlmeinende Unterstützung,

als sich der Rauch verzogen hatte, stand inmitten von staubigen Fussabdrücken, mein kleines Gedicht,
etwas zerfleddert und an den Rändern seinen Kleidchens angeschmutzt.
„Sie mögen mich nicht? Oder?“
Darauf nahm ich es ganz fest in den Arm.
„Du bist kein Schwergewichtgedicht, Du bist nicht überraschend, Deine drei Zeilen machen nicht viel her.
Aber Ich liebe Dich, für mich bist Du wohlgeraten und mir gefällt auch, dass du fast nichts wiegst.“
„Ich wette, Du sagst das zu allen Deinen Gedichten.“ Es schniefte ein bisschen.

„Das kann schon sein.“

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Heißt das, Du hast Genazino persönlich gekannt?? Für mich einer der Größten überhaupt. Bis auf den „Regenschirm für einen Tag“, der ihn ja so populär gemacht - das war sein einziges Buch, mit dem ich nichts anfangen konnte.

PS: und dann noch ein Zitat meines Lieblings-Regisseurs, das ich nicht kannte. Dankeschön! :wink:

Ja, ich lernte ihn als Schüler kennen. Er kam damals zu einer Lesung zu uns in die Schule. Da war er noch nicht einmal Stadtschreiber und bitterarm. Ich habe ihn dann später immer wieder um Rat gefragt. Er hat mir in jungen Jahren sehr geholfen. Er mochte wohl meine Schreibe …

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… das ist beneidenswert. Genazino ist einer von wenigen Autoren, die ich wirklich verehre und in deren Kopf ich gerne mal einen Tag stecken würde. Leider ist er vor ein paar Jahren gestorben.

Da sagste was. Für mich war das ganz furchtbar.

Na gut, dann weiter mit der Lyrik. Eben habe ich aus einem VHS-Kurs von vor Jahren eine Übung namens „Parallelgedicht“ gefunden. Die Aufgabe bestand darin, zu einem bereits bestehenden Gedicht ein zweites zu schreiben, das in seinem Text mit dem ersten korrespondiert. Die Idee stammt angeblich von Ingeborg Bachmann („Reklame“ heißt ihr Beispiel)
Hier mein dilettantischer Versuch mit der Bitte um eure Kritik! (Der kursiv gesetzte Text ist von mir, der in Normschrift von einem Dichter, dessen Name mir leider entfallen ist.)

In den Nächten ohne dich
Ich bin immer bei dir
Immer wieder der Traum
In deinem rastlosen Schlaf
Ich steige auf einen Berg
Meine Hand auf deinen Schultern
Im Rucksack lebende Fische
Gibt dir Liegenden Halt
Je höher ich steige
So tief sinkst du nicht
Desto schwerer wird er mir
Dass dir die Flügel verdorren
So dass ich fürchte zu fallen
So hoch fliegst du nicht
Endlos hinab mit all meinen Lügen
Dass du verglühst
Als Seemann am Berg
Du Bergmann zur See

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