Lieber Maxe,
verglichen mit deiner Kurzgeschichte, zu der ich irgendwie nicht so wirklich was sagen konnte, gefällt mir dieser Text schon sehr viel besser. Ich würde mich meinen Vorrednern anschließen: Da kann man noch sehr viel verbessern.
Allgemein würde ich etwas genauer bei der Perspektive hinschauen: Gerade am Anfang wird Valbella sehr ausführlich beschrieben. Klar, vermutlich ist die Figur neu und der Leser kennt sie noch nicht. Aber die Szene ist ja aus Valbellas Sicht geschrieben. Und sie selber weiß ja sehr genau, wie sie aussieht. Sprich, aus ihrer Sicht ist ihr Aussehen und ihre Kleidung eher nebensächlich. Außer, wenn jemand z.B. auf ihren Kiefer starrt. Daher wäre ich an vielen Stellen eher sparsam mit solchen Informationen.*
„Nicht selten waren Menschen angeekelt von den unterschiedlich langen Narben, die ihr Antlitz zierten,“
Hab ich mal aufs geratewohl rausgepickt. Wenn man Zier im Sinne von „Schmuck“ versteht, weiß ich nicht, ob ich eine Narbe dazu zählen würde. Klar, wenn man RDR2 spielt, verpasst man seinem Charakter gerne ein paar Narben, damit er interessant aussieht, und natürlich wird auch Valbella interessant durch Narben im Gesicht. Aber würde sie selbst diese als „Schmuck“ empfinden? Wenn ja, würde ich das deutlicher rausarbeiten. („Sie war stolz auf diese unschönen Überbleibsel der Folter, bewiesen sie doch ihren unbeugsamen Willen…“ etc.)
Ansonsten zieren die ihr Gesicht nicht, sondern verunstalten es eher. Oder, neutral: „… die sich durch ihr Antlitz/Gesicht zogen.“
„Der Eigentümer, jetzt geziert von einem großen roten Fleck im Gesicht,“
Hier hingegen finde ich den Ausdruck noch eher angebracht, weil er ironisch gemeint ist.
Versuch doch mal den goldenen Mittelweg. Nur weil etwas in einer mittelalterlichen Zeit spielt, muss es ja nicht die ganze Zeit danach klingen. Da würde die Hälfte dieser Ausdrücke sicher auch fürs Flair reichen.**
Allgemein finde ich, dass deine Story durchaus Potential hat, aber gefühlt würde ich sagen, dass da noch mehr als eine Korrekturschleife nötig ist. Danach könnte es wirklich gut werden!
*Ist aber auch nicht die Königsmethode, bei meinen Hauptfiguren endet das oft damit, dass niemand weiß, wie sie eigentlich aussehen.
** Aber auch hier will ich den Mund nicht zu voll nehmen: Ich schreibe gerade selbst in einem historischen Setting und meine dementsprechend antiquierten Begriffe werden nicht von allen Testlesern wohlwollend aufgenommen.