Kurzgeschichte oder Roman - wie starten?

Moin in die Community,

„aller Anfang ist … gleich?“

Ich befinde mich noch am Anfang meiner Schreiberei. In den letzten eineinhalb Jahre habe ich ein „Fernstudium“ an einer Autorenschule absolviert. So konnte ich eine Menge Grundlagen, Techniken und das Drumherum über das Handwerk des Schreibens lernen. Während dieser Zeit habe ich auch eine Reihe an Ideen für Geschichten entwickelt und viele Kurztexte verfasst.

Doch nun frage ich mich, wie ich weitermache … na ja, eigentlich, wie ich jetzt anfange, durchstarte. Mir ist klar, dass Kurzgeschichten und Romane grundsätzlich den gleichen Aufbau haben. Jedoch unterscheiden sie sich bekanntermaßen im Umfang (Anzahl Charaktere und Handlungsorte, Zeiten, etc.). Und somit, wie „komplex“ das Design der Geschichte angelegt wird.

Da mich nicht nur die reine Lehre, sondern das echte Leben interessiert, wende ich mich an euch: Wie habt ihr angefangen? Mit Kurzgeschichten, weil es weniger Planung bedeutet und vermeintlich schneller zu einem “ersten eigenen Werk“ führt? Ist es eine gute Idee, damit zu starten, zu üben und dann noch eine, zwei, drei - bis man das Gefühl hat, reif für einen Roman zu sein? Bleibt eine Kurzgeschichte besser eine? Oder kann aus einer Kurzgeschichte ein ganzer Roman entstehen?

Ist der „künstliche“ Weg über Kurzgeschichten Unsinn? Ist es sinnvoller, direkt in ein Roman-Projekt zu starten? Also direkt - sofern die Idee es hergibt - einen vollständigen Plot (und Sub-Plots) zu entwickeln?

Womit habt ihr gute und schlechte Erfahrungen gemacht?

Danke :sunglasses:
Dieter

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Hallo Dieter. Ich habe direkt mit Romanen angefangen. Ich mag Kurzgeschichten nicht besonders. Vielleicht fängst du damit an, was dir mehr liegt bzw. du am meisten magst. Ich denke, man sollte nicht soviel darüber nachdenken, sondern einfach schreiben und gucken was daraus wird.
L.G Tanja

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Sehe ich genauso wie @Bommel.
Einfach mal anfangen, dann merkt man sehr schnell, was einem am besten liegt (= am meisten Spaß macht). Planen, Plotten oder einfach drauflosschreiben, auch das muss man ausprobieren und sehen, womit man arbeiten kann - und womit nicht.
Es gibt da kein richtig oder falsch, kein besser oder schlechter. Der richtige Weg für dich ist der, der für dich funktioniert. Und weil jeder Autor anders tickt, muss wirklich und ausnahmslos jeder seinen eigenen Weg finden.

Es gibt für alldies eigentlich nur eine einzige allgemeingültige Regel: Schreibe! Alles Weitere wird sich finden.

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Ich habe meinen ersten Roman bei 50% abgebrochen und dann eine Mischung aus „An Roman Nr.2 und an Kurzgeschichtswettbewerben teilnehmen“ gewählt. Kurzgeschichte brauchen übrigens viel Energie, da sie eine clevere Überraschung beinhalten müssen. In einigen meiner „Gewinnergeschichten“ sind Romanideen verpulvert worden.

Am Anfang habe ich vor allem am langen Atem üben müssen. Ich wollte immer direkt alle Ideen in kürzester Zeit „raushauen“ oder auf eine Weise schreiben: „eine Aktionszene jagt die andere“ (Man könnte meinen einige Hollywood Filmschreiber sind immernoch auf diesen Level)
Irgendwann lernt man ein Zwischenstadium einzunehmen, eine Grundspannung über die ganze Story aufrecht zu erhalten und Aktion oder andere Höhepunkte, wie Leckerbissen zu verteilen.

Du musst für dich herausfinden (Durchs Schreiben) welche Art der Erzählung dir am meisten liegt. Ich schreibe gerne im „Roadtrip“ Stil, d.h du schaust deinem Protagonisten über die Schulter und erlebst die Story aus seiner Sicht.

Wenn dein Ziel Romane sind, würde ich Kurzgeschichten skippen und direkt zu Erzählung gehen (10-20k Wörter.) und dann weiter Erhöhen. Du kannst auch 4 Erzählungen (die Zusammen passen) zu je 20k zu einem Roman zusammensetzen, wenn dir der Gedanke hilft.

Ich plane Romane mit etwas mehr als 70k Wörter.
Beim Schreiben einfach immer nur auf die nächste Szene konzentrieren, die nächsten 500 Wörter. Tracke vielleicht deinen Fortschritt und du überrascht dich vielleicht selbst.

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Ich bin auch klar der Meinung: loslegen und schauen, was daraus wird.
Das Prinzip funktioniert ja, weil wir uns gar nicht so sehr auf eine feste Schiene begeben müssen. Wenn dir nach zwei Wochen auffällt, dass du dein Projekt verwerfen möchtest, bricht ja nicht die Welt zusammen.
Mein Weg war:
Kurzgeschichten (zig verschiedene Genres, um mein Interesse zu wecken),
Gedichte (in meiner hormonellen Sturm und Drang Phase)
Fragmente (Worldbuilding, fiktive Szenarien, einmal ein fiktiver Totenschein und sogar den Laborbericht über die Blutprobe eines Vampirs).
Dann das Romanprojekt mit verschiedenen Anläufen.

Ich finde hier die Abteilung Mikrostories sehr gut, um pointiert Dinge ausprobieren zu können. Z. B. einfach mal versuchen lustig/traurig zu schreiben oder eine Perspektive zu wechseln.

Du machst das schon!
Es ist wie laufen lernen.
Schritte.
Viele Schritte.

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Schreiben wollte ich schon vor 40 Jahren, bin aber nie dazugekommen (planen tue ich nichts, eine, wenn auch vollkommen absurde Idee reicht aus, um meine Fantasie auf Touren zu bringen. Was dann weiter geschieht, überlasse ich meinen Protas. Die zeigen mir, wo der Bartel den Most holt - ich darf das dann nur noch aufschreiben)
Vor ein paar Jahren habe ich die Biographie meiner Jugend aufgeschrieben (geplant war, nur für meine Kinder, damit die in ferner Zukunft wissen, mit was für einem Chaoten sie es zu tun hatten). Als diese fast fertig war, hat es - wie schon Klaus Lage gegrölt hat - ZOOM gemacht. Ich habe mir überlegt, wie mein Leben auch hätte weitergehen können und rund um meine Jugendbiographie einen Kriminalfall konstruiert, in dem ich selbst (und andere) eine Rolle spielen. Hab nur wenige Monate gebraucht um meinen Erstling „Vergiftetes Wasser“ zu schreiben. Parallel dazu habe ich eine Zweiteiler geschrieben, der auch bereits erschienen ist. Seitdem sind es vier weitere mit den Protas aus meinen Jugenderinnerungen geworden, der fünfte ist in Arbeit.

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Schönen Sonntag!
Ich habe gleich mit einem Roman angefangen, weil mir die Idee dazu seit meiner frühesten Jugend im Kopf herumgegeistert ist. Ohne irgendeinen Plan vom Romanschreiben zu haben (Charakterentwicklung, Spannungsaufbau, Plots etc.).
An Kurzgeschichten hab ich mich versucht. Die werden aber nie etwas, weil ich immer soviel zu erzählen hab.

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Ich glaube an mein Bauchgefühl. Es gibt Geschichten, die brauchen Raum für eine Entwicklung, um sich in ihrer Gänze zu entfalten und zu leben. Voilà – ein Roman! Aber auch diese gibt es in verschiedenen Längen, die man zwar bedenken sollte, aber erst nachdem man wie der Teufel geschrieben hat! In einem der zahlreichen Änderungsdurchgänge bemerkt man späterhin, wo noch intensiverer Erklärungsbedarf besteht oder wo geschwafelt wurde und nur der Rotstift Rettung bringt.

Bei anderen Storys sehe ich es ähnlich wie Ernest Hemingway. „Wenn man aus einem Roman eine Kurzgeschichte machen könnte, ist er überflüssig.“ Zudem halte ich Kurzgeschichten für eine ideale ‚Fingerübung‘ – Etüden für die Kreativität sozusagen. Kurzgeschichten werden von Lesern schwerer angenommen und sind bei Verlagen (außer man hat sich einen Namen gemacht) unbeliebt. Dennoch sind sie eine eigene literarische Kunstform mit eigenen Regeln.

Leg einfach los, und jage mit Herz und Bauchgefühl deiner Idee hinterher! Ich wünsche dir viel Freude dabei, denn sie ist die Triebfeder allen Schaffens.

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Echt? Ich sehe das ganz anders. Warum sollte die Kurzversion derselben Geschichte, die als Roman funktioniert, diesen überflüssig machen?
Ich sehe das adäquat zu Liedern. Es gibt Radiohits, von denen es auch extended versions gibt.

Ich habe vor Jahren eine Kurzgeschichte geschrieben, die meiner Auffassung nach rund war. Anschließend habe ich festgestellt, dass die ursprüngliche Idee viel mehr Potential hat und habe einen Roman daraus gemacht.
Für beide Versionen habe ich sowohl positive als auch negative Kritik bekommen - also alles, wie immer.

Tipp: Schreib einfach.

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Vielen Dank für eure Einsichten, Erfahrungen und Tipps.

Die Botschaft ist angekommen: Schreiben! Ausprobieren! Schreiben!

Wenn ich eure Antworten zusammennehme, klingt es danach, ihr würdet im Wesentlich erst schreiben und später/hinterher/mittendrin anfangen zu plotten. Oder missverstehe ich das? Ich bin eher strukturiert, in dem was ich mache. Da liegt es nahe, mit einem ausgefeilten Plot anzufangen. Dabei ist mir bewusst, dass auch dieser ein wenig Dynamik verkraften muss.

Aber - und das ist ja der Kern eurer Aussagen - ich muss es wohl ausprobieren und sehen, was für mich funktioniert.

Vielleicht werdet ihr ja mal etwas von mir hier lesen und mir Feedback geben können …

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Ich glaube, du musst das Zitat mehr in übertragenem, nicht wörtlichen, Sinne interpretieren. Niemand soll aus einem Roman eine Kurzgeschichte machen. Aber wenn eine Story gut und schlüssig in schörkelloser Kürze erzählt werden kann, sollte man nicht gequält unnützes Beiwerk hinzufrickeln, um das Ding auf Romanlänge zu ziehen. Wie oft liest man nicht enden wollendes, inhaltsleeres Gelabber und denkt sich, das wäre in zwei Sätzen nacherzählt. Ausnahme: Der Stil, die Sprache oder Emotionen benötigen Raum.

In Kurzgeschichten kann genauso viel Handlung passieren wie in einem langen Roman, aber auch ich denke, beschränkt man sich auf Kürze, muss jedes Wort sitzen, ist letztlich also schwieriger als eine langatmige Erklärung. Und das ist eine gute Übung, finde ich. Ich selbst schreibe, wenn ich für einen Wettbewerb eine Zeichenbeschränkung habe, stets in der Rohfassung viel zu wortreich. Dann bin ich beim Kürzen erstaunt, dass letztlich einige Wörter, Sätze gekürzt, gestrafft, gestrichen oder umformuliert werden können, ohne dass inhaltlich etwas verloren geht. Manchmal wird es sogar ‚knackiger‘.

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Ich bin bekennender Plotter.
Schlüsselszenen hab ich im Kopf. Diese versuche ich dann in einem gangbaren Verlauf zu erreichen. Dazu plotte ich. Stelle ich fest, dass der Weg zu kurz ist, muss ich einen Zusatzkonflikt haben. Ist das Ziel zu weit, muss ich kürzen und auf Teile verzichten.
Plotten bringt mir mitunter mehr Spaß, als das reine Schreiben.

Ausnahme sind Kurzgeschichten. Initiale Idee. Anfangen, zusehen, was geht. Dann liegen lassen und nach einer Weile überarbeiten.

So mache ich das. Muss aber nicht unbedingt richtig sein.

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Jein - hin und wieder muss ich schon überlegen, ob das, was meine Protas, diese onverschämten Lömmel, jetzt wieder anstellen wollen, auch in die Story passt. Tut es aber meistens

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Was das Plotten angeht, hängt das von deinem Charakter ab. Beides ist in Ordnung. Wenn du gerne plottest: Mach das. Ich habe bisweilen auch Spaß daran, aber bei mir bleibt das oft im Kopf.

Ich nutze beim Bücherschreiben eine Mischform.

Meine Geschichten werden besser, wenn ich ihnen viel Spielraum während des Schreibens lasse. Ich habe 5 Bücher mit minimalem Plotten geschrieben. Das bedeutet ich habe einen „groben Fahrplan“, „Die Protagonisten“, „Meilensteine, wie bestimmte Handlungsaufhänger“ und unterwegs erschaffe ich die weiteren Dinge.
Bei dieser Art des Schreibens füge ich in der „Ersten Korrektur“ rückwirkend Hinweise in vorherige Kapitel ein, damit das alles „geplant wirkt.“ Das hat gut funktioniert, aber mich manchmal in Sackgassen geführt bzw. an Wendepunkten … (Argh, mach ich jetzt A oder … B?)

Die ersten zwei Bücher habe ich „perfektionistisch“ erstellt. Das bedeutet, ich habe jede Szene fertig ausgefeilt, ehe es weiterging. Das hatte den Vorteil, dass ich wenig Nachkorrigieren musste. Und es hatte den Nachteil, das ein späteres Verändern der Geschichte und der Verlust von tausenden Wörtern, für die man eventuell Tage/Wochen saß, schweißnasse Hände auslöste beim Betätigen des Löschen Knopfes. Außerdem kostete das ENORM viel Zeit, gleich vom Anfang „sehr perfekt“ zu schreiben.

Eine Methode, die mir aktuell gefällt, ist Mikroplotting. Ich plane mit einer Mindmap per Hand, die nächsten 2-3 Szenen. Dort merke ich bereits, wenn die Handlung stockt, oder nicht gefällig ist. Mindmap Bubbles zu löschen, tut viel weniger weh, als echten Text.
So plane ich, was ich schreibe, bevor ich es schreibe und komme auf einen enorm guten Output. Ich schreibe Rohschrift, d.h. die Szenen sind noch nicht perfekt ausgeschmückt… Aber ich habe bemerkt, dass diese Art des Schreibens eine gewisse „positive Dynamik“ entwickelt. Das heißt die Qualität ist schon (Achtung Selbstbehauptung ;D ) ziemlich gut. In der ersten Korrektur verbrauche ich aber sehr viel Zeit, um die Textqualität zu steigern.
Ich trenne dabei „Szenenbeschreibung“, „Dialoge im Wechsel“:

Sorry, dass war jetzt eine lange Antwort. Aber vielleicht ist da etwas für dich bei, was du gebrauchen kannst. Aber keine Bange, wenn du gerne Worldbuilding mit ausgeklügeltem Auspfeilen von Details betreibst: Dann los. Wichtig ist nur, dass du irgendwann auch schreibst, und keine analytische Hemmung hast :stuck_out_tongue:

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Das stimmt allerdings. Genau das werfen Kritiker Mankell vor. Ich habe bisher jedoch noch keinen gelesen.

Allerdings!

Absolut.

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„Geschmacksache“, sagte der Affe und biss in die Seife. Ich habe nahezu alle gelesenen Mankell-Romane, und es waren etliche, geliebt! Vor allem – meine Einstiegsdroge – waren seine Wallander-Krimis. Der Mann konnte schreiben und aus Blut Eiswasser machen. Aber, wie immer, nie kann jeder Geschmack getroffen werden – wir sind allesamt Individualisten.

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Vielleicht könnte ich es ja doch mal mit ihm versuchen. Einer steht noch bei uns im Regal.

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wow @michel, das ist jetzt ein Satz, der mir unheimlich viel bringt!

Ich bin ursprünglich der absolute Pantser und entwickle mich so langsam immer mehr in Richtung Plotter. Klar, ich werde immer eine ‚Mischform‘ bleiben, aber es hat einfach was für sich, schon am Anfang zumindest ein bisschen Struktur in die Sache zu bringen (und dann nicht in der Mitte dazusitzen und nicht mehr weiter zu wissen).
Dass das richtig Spaß machen kann, auf die Idee bin ich echt noch nicht gekommen, habe sie wohl gar nicht erst zugelassen. Aber je mehr ich drüber nachdenke, desto besser gefällt mir dieser Ansatz.

Hab vielen Dank dafür! :smiling_face_with_three_hearts:

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Genau das passiert gerade bei mir. Die Entwicklung „des roten Fadens“ macht viel Spaß und wenn ich dann die Geschichte mit Leben ausfüllen möchte, habe ich zu wenig Ausdauer.

Interessant … könnte ein guter Mittelweg für mich sein.

:saluting_face: yepp, siehe oben :wink:

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In diesem Fall wäre vielleicht die Schneeflockenmethode was für dich: Die Schneeflockenmethode - in 10 Schritten zum Roman

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