Kinder-Roman Anfang - neuer Versuch

Hallo an alle,

vor einiger Zeit habe ich euch hier den Anfang meines ersten Kinder-Romans vorgestellt (Fantasywelt, mittelalterlich angehaucht, aber mit moderner Technik :)) Kinder-Roman Debüt - Deine Schreibrunde / Schreibzirkel - Papyrus Autor Community

Nun habe ich diesen mehrfach überarbeitet, an Formulierungen gearbeitet und versucht, die Handlung lebendiger zu machen. Was ich mich aber frage ist, ob immer noch oder nun noch mehr „Infodump“ enthalten ist. Ich musste eine weitere Figur einführen, die später wichtig wird. Hier habe ich versucht, mit Dialogen und mehr handeln statt erzählen zu arbeiten. Ich bin aber leider handwerklich noch nicht so firm und unsicher, ob mir das gelungen ist.

Ich würde mich über ehrliche Rückmeldungen freuen, ob der Einstieg (jetzt) gefällt, flüssig ist oder was euch stört bzw. was zu viel ist oder fehlt.
Ich danke euch herzlich! Marko

1.Der Anfang

Prinzessin Ida hatte in letzter Zeit oft Langeweile verspürt. Heute deshalb jedoch immer wieder lustlos bis hundert zu zählen – das war neu. Dabei hatte dieser Tag durchaus etwas für sich. Die Mittagssonne warf wärmendes Licht auf das Königreich Mestral und ein leichter Wind wehte über das Land. Im Schlossgarten spendeten zahlreiche Hecken Schatten, die von Vögeln und Kleintieren für eine Sonnenpause genutzt wurden. Ida saß neben ihnen. So hatte sie zumindest Gesellschaft. Trotzdem, die Langeweile war groß.
Während sie fleißig zählte, schaute sie auf ihre knallroten Stiefel. Sie liebte diese Stiefel. Etwas schmutzig sahen sie aus. Genau wie ihre halblange grüne Hose, die an den Knien leicht aufgescheuert war. Ihr blaues Oberteil mit weißem Kragen war im Vergleich dazu bisher recht sauber geblieben. Nicht dass Ida jemals Wert auf Sauberkeit gelegt hätte. Im Gegenteil. Sie tat regelmäßig einiges dafür, nicht dem Bild einer hübschen und niedlichen Prinzessin zu entsprechen. So war sie einfach nicht. Lieber hüpfte sie in matschige Pfützen oder warf sich vergnügt ins weiche Stroh bei den Ställen.
Zum Leidwesen ihrer Mutter weigerte Ida sich auch, einen geflochtenen Zopf zu tragen. Einen einfachen Zopf links, einen rechts, fertig. Was sie gerne trug, war ihre Krone. Einen Tick zu groß für ihren Kopf. Das aber war Ida egal.

Ein Rotkehlchen flatterte vor ihren Augen an ihr vorbei und unterbrach sie beim Zählen. »Mist, ich war schon bei 95«, dachte Ida, lächelte aber dabei. Sie stand auf und setzte sich auf ihre blaue Gartenschaukel, die an einem massiven Eichenast hing. Hier hoffte sie beim Hin- und Herschwingen einen Plan für den Rest des Tages austüfteln zu können. Was sollte sie tun? Wenn sie nur eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder hätte, dachte Ida. Zusammen könnten sie allerhand Blödsinn machen, über die Hecken springen oder auf Bäume klettern.
Ihre Eltern kamen Ida in den Sinn. Sollte sie Mutter oder Vater suchen? Beide kümmerten sich liebevoll um Ida, hatten jedoch als König und Königin stets eine Menge zu tun. Mestral war klein, oh ja. Regiert werden musste das Land trotzdem. Ida fand das ziemlich öde. Manchmal begleitete sie ihre Mutter oder ihren Vater durch den Tag. Sonderlich interessant war das für die Neunjährige nie. Sie verwarf den Gedanken.
Anders war es früher bei Gunther, dem Hofschmied gewesen, an den Ida jetzt dachte. In seiner Schmiede hatte sie in jüngeren Jahren aufregende Tage erlebt. Das Feuer, die glühenden Funken und die Späße zwischen ihr und Gunther waren stets einen Besuch wert gewesen. Manchmal durfte sie auf seiner breiten Schulter sitzen, während er leichte Arbeiten ausführte. Hin und wieder erlaubte er ihr sogar, ihm bei kleinen Aufgaben zu helfen. Der König war stets einverstanden gewesen, solange der Schmied gut auf sie aufpasste. Und das hatte er immer getan.
In den letzten Jahren erlosch Idas Interesse an Amboß, Feuer und Stahl und die Hitze in der Schmiede setzte ihr zu. Feierlich erklärte sie eines Tages: „Gunther, du bist super, aber mir wird hier drinnen einfach zu heiß. Ich muss mir eine andere Beschäftigung suchen!“ Gunther musste damals sehr darüber lachen und schien dem Mädchen nicht im Geringsten böse.
Ida erwachte aus ihren Gedanken und stand von der Gartenschaukel auf. „Vielleicht kann Gunther ja die kleine Delle an der Krone reparieren. Mich stört es ja nicht, aber Mama liegt mir damit schon eine ganze Woche in den Ohren“, sagte sie so, als hörte ihr jemand zu und machte sich auf den Weg zur Schmiede. Die lag etwas abseits im Innenhof des Schlosses. Dort traf sie im Vorbeigehen doch auf ihre Mutter: „Na, mein Kind. Bist du wieder mit deinen Gummistiefeln unterwegs? Ich freue mich, dass du deine gute Kleidung schonst, wenn du draußen spielst. Brauchst du irgendwas? Hast du Hunger?“ Sie sprach schnell und schien in Eile zu sein. Ida war schon halb in der Schmiede verschwunden, als sie antwortete: „Nein Mama, ich esse einfach Gunthers Mittagessen.“ Es war unklar, ob Königin Merba den Scherz verstand, denn sie warf Ida nur einen Luftkuss zu und ging weiter.
Eine tiefe und kräftige Stimme sagte aus einer dunklen Ecke heraus: „Was höre ich da? Mein Mittagessen?“ Es klang gekünstelt bedrohlich, aber Ida lachte. „Hallo Gunther!“ Der Schmied trat ins Licht und lächelte herzlich. Die vielen kleinen Falten um seine Augen herum verrieten sein gehobenes Alter. Als Ida ihm die Krone hinhielt, winkte Gunther sofort ab. „Tut mir leid, Prinzessin, aber ich habe keine Zeit. Das muss warten.“ Ida schob die Unterlippe vor. „Schade, dann bis bald.“ Sie kehrte direkt auf dem Absatz um und wollte schon gehen, als Gunther ihr anbot: „Falls du Hunger hast, kannst du dich natürlich gerne bei meinem Essen bedienen.“ „Nein danke! Ich habe Proviant in meinem Rucksack, der liegt im Schlossgarten“, erwiderte Ida bevor sie die Schmiede verließ.

Sie lief über den Innenhof durch das bewachte Tor in den Garten zurück und setzte sich ihren Rucksack auf. Essen wollte sie später. Sie nahm sich statt dessen vor zu verreisen – auch wenn es nur gespielt war. Ein fremdes Land, eine andere Stadt, irgendetwas würde sich in ihrer Fantasie schon ergeben, wenn sie im Schlossgarten auf Entdeckungsreise ging. Dieser war riesig und grenzte an einen dichten Wald, der undurchdringlich schien. Er bot Schutz vor Eindringlingen und strahlte stets in tiefgrünen Farben, sogar im Winter. Jetzt wehte von dort der Duft von frischen Kiefernadeln zu Ida herüber. Die Prinzessin entschied, dort ihre Reise zu starten.
Sie schlenderte an der Waldgrenze entlang und ratschte mit einem langen Stock gegen die dichten Zweige und Äste, wie an einem Gartenzaun. Es ergab einen stotternden lauten Ton - Rattatattatatat. Wäre jemand bei ihr gewesen, hätte ihn der Ton vielleicht genervt und er oder sie hätte gesagt: »Boah Ida, kannst du damit mal aufhören!?« Aber da sie allein war, brauchte sie auf niemanden Rücksicht zu nehmen.

Plötzlich, Ida war in ihren Gedanken versunken, blieb ihr langer Stock an irgendetwas hängen. Sie hielt an, legte den Kopf in den Nacken und schaute nach rechts. Dort war ihr Stock in einem Spalt halb verschwunden und hatte sich einem Ast verhakt. Verwundert sah Ida sich die Stelle genauer an. Je näher sie dem Spalt kam, um so größer schien er zu werden - und zwar viel größer. Ida erschrak und stolperte rückwärts. Nun konnte sie die seltsame Lücke kaum noch erkennen. Diese war wieder fast komplett mit dichten Ästen und Zweigen verschlossen. Sie blinzelte mehrmals, dann trat sie einen weiteren Schritt zurück. Hätte sie nicht mit eigenen Augen gesehen, dass dort etwas Unfassbares im Dickicht vor sich ging – sie hätte es nicht geglaubt. Mit ihrer Fantasiereise hatte das hier nichts zu tun. Sie trat langsam wieder näher. Das dichte Geäst geriet erneut in Bewegung. Mit jedem Schritt öffnete sich der Spalt ein Stück mehr und gab nach und nach einen kleinen Weg frei. Einen Weg… in den Wald hinein. Ida blickte sich um. Sie überlegte ihre Eltern zu holen, entschied sich aber schnell dagegen. Die beiden waren sicherlich beschäftigt und außerdem war Ida zu neugierig, um jetzt hier wegzugehen. Was, wenn sie die Stelle nicht wiederfand?
Sie legte den langen Stock als unauffällige Markierung an den Eingang des seltsamen Weges. Sie wollte damit sicherstellen, diesen auf jeden Fall wiederzufinden.
Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und betrat den geheimnisvollen Weg. Dachte sie zuerst, sie müsse sich seitlich durch den Eingang zwängen, machte der Weg sich breit genug, damit sie ungehindert hindurch gehen konnte. Die Äste und Zweige waren ständig in Bewegung, um weiteren Platz zu schaffen. Vereinzelt bildeten sich auch links und rechts kleinere Wege. Ein Irrgarten war das Ganze aber nicht, da Ida schon sehen konnte, dass die kurzen Abzweigungen in Sackgassen endeten. Sie hatte das Gefühl, dass sie auf ein bestimmtes Ziel hingeführt wurde. Wenig später sah sie schon von Weitem, was vor ihr lag - es war eine Lichtung.

Ida hatte selten etwas so Schönes gesehen. Der Wald machte Platz für eine sonnige Wiese, kreisrund und mit saftigem Gras bedeckt. Vereinzelt standen farbenprächtige Blumen an den Rändern. Vögel kreisten umher und sangen ihr Lied. Etwas funkelte auffällig am hinteren Ende der Lichtung. Doch bevor Ida das näher betrachten konnte, entdeckte sie etwas anderes. Etwas, das ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen sollte. In der Mitte der Lichtung lag ein Tier….ein ziemlich großes Tier.
Vorsichtig näherte sich Ida dem Geschöpf. Es bewegte sich kaum. Schlief es etwa? Jetzt erkannte Ida, dass es ein Pferd sein musste. Ein weißes Pferd von besonderer Schönheit, so viel konnte sie sehen. Aber das Tier schien erschöpft, da es schnell und flach atmete.
Als die junge Prinzessin nur noch wenige Meter von dem Geschöpf entfernt war, hob dieses seinen Kopf und schaute zu ihr herüber. Ida riss die Augen auf. Dies hier war kein Pferd – es war… ein Einhorn. Ein Einhorn, das anscheinend Hilfe brauchte. Lianen hatten sich fest um beide Vorderhufe gewickelt und sie zusammengeschnürt. So wie es aussah – es war weit und breit niemand sonst zu sehen – brauchte es nicht irgendeine Hilfe. Es brauchte Idas Hilfe.

2 - Soraya

Ida näherte sich aufgeregt in langsamen Schritten dem… nun ja, Einhorn. Es war verrückt, aber vor ihr im Gras lag tatsächlich ein prachtvolles Einhorn. Es hatte leicht glänzendes Fell, eine bunte Mähne und ein gräulich schimmerndes Horn. Es war in etwa so groß wie ein Pony. Als Ida das Einhorn fast erreicht hatte, versuchte das Tier aufzustehen, was ihm nicht gelang. Hilfesuchend schaute es sie an. Da Ida sich mit Pferden auskannte, beschloss sie, den verrückten Rest für einen Moment zu ignorieren. Mit einem langgezogenen „Sschhhh“ kniete sie sich vor die Hufe des Einhorns. Behutsam nahm sie ihren Rucksack ab und holte ein kleines Taschenmesser heraus. Das hatte sie mit Erlaubnis ihres Vaters von Gunther geschenkt bekommen – zum Schnitzen. Ida konnte gut damit umgehen, nur sonderlich scharf war es verständlicherweise nicht.
Das Einhorn wieherte kurz, als Ida die Klinge ausklappte. Erneut brachte sie ein ruhiges „Sschhhh“ hervor. Ihrem Impuls, dem Tier über den Nasenrücken zu streicheln, folgte sie nicht. Wenigstens etwas Vorsicht schien angebracht. Aber das Einhorn beruhigte sich. Mit kurzen Schnitten durchtrennte sie vorsichtig die Lianen und die Hufe waren frei. Die beiden erhoben sich. Und so standen sie sich gegenüber, als das Einhorn, noch außer Atem, zu sprechen begann: »Hast du… Wasser für mich… oder eine Birne?« Prinzessin Ida wich vor Schreck einen Schritt zurück, stolperte und fiel auf ihren Hintern.

Verrätst du uns noch das Alter der Zielgruppe? Man kann ein Kinderbuch - bzw. die Sprache eines Kinderbuchs - schlecht ohne diese Information beurteilen.

Wie alt mögen deine jungen Leserinnen und Leser wohl sein? Versuch doch mal, den Text laut vorzulesen. Beim zweiten Satz komme ich schon als Erwachsener ins Stolpern :wink:

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Hallo Corinna, Hallo Neri,

mit der Einteilung der Zielgruppe hardere ich von Anfang an, da nicht von Beginn festgelegt. Als Anfänger habe ich mit groben Vorstellungen davon losgelegt und wie gesagt immer wieder umgeschrieben. Manches Verschachtelte bin ich bereits losgeworden.
Im Moment sehe ich es als Vorlesebuch ab 8 Jahren -oder wenn es eingegrenzt sein muss - von 8-12(?).

Der Anfang setzt mir selbst schwer zu :slight_smile: Da bin ich wohl nicht alleine.
Auch der erste und zweite Satz waren vorher noch länger. Ich kaue da ständig drauf herum, habe aber im Moment das Gefühl, es nicht besser machen zu können. Laut vorgelesen habe ich den Text bereits einige Male.

Habt ihr vielleicht einen Vorschlag? Ich möchte ausdrücken, dass Ida in letzter Zeit oft langweilig ist, heute aber nochmal besonders doll. Mir gefällt das Bild mit dem sinnlosen Zählen aus Langeweile, aber gebe es gerne auf, wenn was Besseres um die Ecke kommt.

Erstmal vielen Dank für eure Nachrichten!

Viele Grüße
Marko

Texte können leider keine neuen Bilder vermitteln oder gar erzeugen. Sie können Leserinnen und Leser lediglich dazu bringen, innere, bereits bekannte Bilder abzurufen. Man sollte daher einschätzen können, ob die Leserschaft über einen entsprechenden Bildvorrat verfügt. Je jünger, desto schwieriger wird es.

Ich sehe den Sprachstil als Problem. Die Geschichte, die du dir ausgedacht hast, gefällt mir gut, aber die Sprache halte ich für zu schwierig für ein Kinderbuch.
Das Bild mit dem sinnlosen Zählen gefällt mir sehr gut, aber den Satz, in den du dieses Bild verpackt hast, finde ich viel zu kompliziert.

Sowohl die Wortwahl als auch den Satzbau würde ich viel einfacher gestalten.

Viele von den Wörtern würde ein 12-jähriges Kind nicht benutzen - ein 8-jähriges Kind kennt diese Wörter vielleicht überhaupt nicht.
Beispiele, wie man es verständlicher ausdrücken könnte:
Langeweile verspürt → ihr war langweilig
jedoch → aber
hatte durchaus etwas für sich → war nicht schlecht
zahlreiche → viele
nicht dass sie Wert auf … gelegt hätte → es war ihr nicht wichtig
dem Bild entsprechen → so sein wie
Zum Leidwesen ihrer Mutter → Mama gefiel es gar nicht

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@ Neri: Bei dem Beispiel neige ich dazu, zuzustimmen, dass ich mich davon trennen sollte.
Generell halte ich deine Aussage aber für eine zu diskutierende These.
Mit Verlaub, ich bin Anfänger, aber das sage ich auch als Leser:
Wenn ich z.B. sensorische Details beschreibe (Geräusche usw.) werden bekannte Konzepte und Bilder aus dem Gedächtnis aktiviert. Soweit klar. Aber es wäre doch traurig, wenn durch Kombination und Transformation von bekannten Schemata und sensorischen Details keine neue Bilder generiert werden könnten. Imagination und individuelle Interpretation sollten doch dabei helfen, neue Bilder zu erzeugen, die über die explizit beschriebenen Informationen hinausgehen, oder?
Ich weiß, bei Kindern ist alles eingeschränkt, aber die Aussage klingt so allgemeingültig :thinking:

Ich verstehe den Punkt. Ich muss mich vermutlich noch ordentlich damit auseinandersetzen, wie Ida ihrem Alter entsprechend denken und sprechen sollte und welche Begrifflichkeiten im Text vereinfacht werden müssen.
Meine beiden ersten Testleserinnen im Alter von 9 und 12 haben mir nur wenige Wörter angemarkert und konnten der Geschichte in diesem Stadium gut folgen (9 vorgelesen, 12 selbst gelesen). Das heißt nicht, dass ich die Kritik nicht ernst nehme. Ich denke auch, dass ich vermutlich besser für Jugendliche schreiben kann. Aber ich bin nicht bereit, die Geschichte „aufzugeben“ oder fast jeden Satz umzubauen. Eher würde ich damit leben, die untere Altersgrenze höher anzusiedeln und noch mehr Nische zu bedienen. Mein Ziel ist es, dass die Geschichte Kindern gefällt, aber ebenso Eltern anspricht, die sie gerne mit ihren Kindern zusammen lesen. Vielleicht gibt es ja Eltern und Kinder, die sich auf Prinzessin und Einhorn einlassen, die in einer nicht primär kindlichen Story unterwegs sind.
Hätte ich die Story mit meinem jetzigen - immer noch bescheidenem - Wissen geplant, hätte ich andere Protagonisten gewählt. Für die Zukunft habe ich schon viel gelernt. Wie gesagt, ich möchte trotzdem, dass die Geschichte einen Weg nach draußen findet.
Und wenn ich mich in so manche „Kinderbücher“ einlese, frage ich mich wiederum, wie so viel Spannung, komplexe Story und lange Sätze Kinder ab 8 Jahren in ihren Bann ziehen können.

Liebe Grüße
Marko

Vermutlich gibt es keine allgemeingültigen Lösungen. Das Thema ist auch wesentlich komplexer, als es zunächst klingen mag. Es hat schon seinen Grund, warum Kinderbücher oft illustriert sind. Ein guter Illustrator kann das Geschriebene sehr unterstützen und das Aktivieren zusätzlicher Gedächtnisbilder fördern. Auch sind die nicht statisch, sondern können durch begleitende Informationen varriiert und stimuliert werden. Aber irgendwo müssen sie herstammen. Das ist eine Wissenschaft für sich. Ich habe hier zwei dicke Wälzer vom Thema „Bildkommunikation“ von Kröber-Riehl. Muss man nicht unbedingt gelesen haben, aber es hilft.
Ich habe in einem Roman (für Erwachsene) die Hauptfigur optisch bewusst reduziert angelegt. Damit wollte ich erreichen - oder wenigstens fördern - das Leserinnen und Leser ihre „eigene Interpretation“ der Figur entwickeln können und diese dann hautnah durch die Geschichte begleiten. Die ersten Reaktionen lassen mich vermuten, dass es geklappt haben könnte. Wenn du die Leserinnen und Leser aber fragst: Warum? dann werden sie das kaum begründen können.
Du hast aber völlig recht: Bei Kindern ist das alles ein wenig anders.

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Nein! Bloß nicht. Hol die Feile raus und schleife die Kanten ab. Das wird schon.

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Ich mache gerade genau das mit dem Anfang meines Buches: die ersten Szenen nochmal neu schreiben, fast jeden Satz umbauen.
Das ist manchmal frustrierend, aber ich denke, dass mein Buch dadurch besser wird.

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Ich finde das bewundernswert und habe schon öfter von der Vorgehensweise gehört. Die Sache ist die: Was ich euch gezeigt habe, ist schon umgebaut :see_no_evil: Ich kaue da schon eine ganze Weile drauf herum und habe Anregungen von einer Lektorin und von Testler*innen übernommen, Sätze gelöscht, geändert usw. Es ist sicher nicht auf die Art, wie du das gerade machst und vielleicht ist das mein Problem. Ich weiß noch nicht wie das geht, sich besser zu lösen vom Text.
Ich sollte als Schreibübung vielleicht ganz neu anfangen und schauen, ob ich es besser hinbekomme, als hier und da etwas zu ändern. Es ist ja offensichtlich immer noch nicht gut genug. Aber auch da: Wie radiere ich denn diesen Anfang aus, sodass ein neuer entstehen kann? Ich habe etwas Sorge, dass ich fast das Gleiche wieder schreibe. Aber vielleicht braucht es dafür nicht nur einen angepassten Stil, sondern eine andere Perspektive? Aber Ida ist nun mal die Hauptperson. Herr je, ihr seht, ich kämpfe ein wenig.

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Hast du es mal mit einem Diktiergerät versucht?
Nur wenige Menschen würden mündlich Wörter wie „verspüren“, „zahlreich“ oder „Leidwesen“ gebrauchen… :wink:
… und wenn man sich den Text nachher anhört, hört man auch schnell, wo der Satzbau geschraubt klingt.

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Ich finde es toll, wie du/ihr mit mir in den Austausch gehst/geht.
Das mit dem Diktiergerät ist eine gute Idee. Laut vorlesen mache ich schon. Das nochmal anhören und analysieren ergibt Sinn. Werde ich tun.
Grundsätzlich habe ich noch einen Knoten im Kopf. Ich verstehe, dass Kinder mit „Leidwesen“ und u.ä. eventuell nichts anfangen können. Aber dass ich beim Schreiben „nur“ mit Worten umgehen „darf“, die ich oder besser meine Protagonistin auch so sagen würde, dass würde mir das Schreiben etwas vermiesen. Im Dialog verstehe ich das. Aber ich möchte doch im Textfluss „schöne“ Sätze bilden, die gut klingen und sich mit Absicht sozusagen literarisch von der Alltagssprache abheben. Schön könnte man auch mit klug oder z.B. witzig ergänzen. Natürlich soll es der Handlung dienlich bleiben. Aber weißt du was ich meine? Vielleicht ist mein Einwurf dilettantisch, aber da hakt es gerade bei mir.

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„edle Einfalt, stille Größe“
Sprachliche Schönheit kann ganz verschiedene Ausprägungen haben. Das Geschraubte ist nicht unbedingt „schöner“ als das Schlichte, jeder Stil kann seine eigene Schönheit haben.

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Ein großartiges Beispiel für schöne Sprache mit schlichten Worten ist „Mio, mein Mio“ von Astrid Lindgren:
„Ja, nun sind wir jedenfalls in den schwärzesten Berg hineingekommen“, sagte Jum-Jum.
„Hineingekommen sind wir“, sagte ich, „aber ich glaube nicht, dass wir wieder hinausfinden.“
Denn es war wirklich ein Berg, in dem man sich verirren konnte, so ein Berg, wie man ihn manchmal im Traum sieht. Man geht und geht durch seltsame dunkle Gänge und findet nie hinaus.
Wir fassten uns an den Händen, Jum-Jum und ich, und gingen in den Berg hinein. Wir fühlten uns klein und verloren, und bis zur tiefsten Höhle war der Weg bestimmt noch lang.
„Wenn nur der Berg nicht so unheimlich wäre“, sagte Jum-Jum. „Wenn nur die Gänge nicht so dunkel wären und wir nicht so klein und einsam.“
Wir gingen und gingen. Die Gänge teilten sich. Nach allen Richtungen verzweigten sie sich. Ein ganzes Netz dunkler Wege gab es dort im Berg. Manchmal leuchtete der schwache Lichtschein etwas stärker, und man konnte einige Meter weit sehen, aber manchmal war es so finster, dass man überhaupt nichts sah. Manchmal war der Gang so niedrig, dass man nicht aufrecht gehen konnte, manchmal wölbte er sich so hoch wie eine Kirche.

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Mein Vorschlag wäre, das mit dem zählen rauszunehmen. Schon ist Satz zwei verschwunden. Und der ist wirklich geschraubt. So kannst du vielleicht noch manches kürzen.

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Ich habe den Satz rausgenommen, ich sehe es ein.
Begriffe wie „Leidwesen“ auch. Ungewohnt, aber es wird.

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Mir kam beim Überarbeiten meines Romans gerade ein Gedanke, den ich spannend finde: dass man, um ein- und dasselbe Ziel zu erreichen, in Kinderbüchern und Romanen für Erwachsene sprachlich genau entgegengesetzte Richtungen einschlagen muss.

Das Ziel heißt Lesefluss. Die Sprache ist dabei sozusagen das Transportmittel, durch das der Leser tief in die Geschichte eintauchen kann.

Bei meinem Roman (für Erwachsene) hat meine Testleserin sich darüber beschwert, dass ich bestimmte Wörter zu häufig benutze. Ja, das kenne ich beim Lesen auch: irgendwann nervt das überstrapazierte Wort so sehr, dass es den Leser aus dem Lesefluss reißt. Ich habe von meiner Testleserin zum Beispiel eine Randbemerkung bekommen, die folgendermaßen lautet: Arrrgh, schon wieder das Wort „Verliebtheit“. Das nervt! Benutz doch mal ein anderes Wort, zum Beispiel „Hormonrausch“ oder „Gefühlschaos“!

Im Kinderbuch sind es nicht Wortwiederholungen, sondern ungewohnte Wörter oder ein schwieriger Satzbau, die das Kind aus dem Lesefluss reißen. Das Kind hängt dann an dem ungewohnten Wort oder rätselt an dem Satzbau herum, statt die Geschichte hautnah mitzuerleben.

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Das sind nochmal gute Hinweise. Ich finde das treffend beschrieben, was die Kinder am Lesefluss hindern könnte. Ich gehe mit dem Blick nochmal durch den Text. Danke!

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