Kapiteleinteilung

Hallo ihr Lieben,

Ich stecke gerade mitten im Schreiben und bräuchte mal eure Gedanken und Erfahrungen zum Thema „Kapiteleinteilung“

Wie handhabt ihr das? Nach welchen Kriterien entscheidet ihr, wann ein neues Kapitel beginnt? Gibt es bestimmte Regeln oder eher ein Bauchgefühl?
Und wie geht ihr mit Szenenwechseln oder einem neuen Tag im Handlungsverlauf um – schreibt ihr da einfach einen Abschnittswechsel oder beginnt ihr direkt ein neues Kapitel?

Wenn ich so weitermache wie bisher, lande ich am Ende bei über 100 Kapiteln – was mir irgendwie ziemlich viel erscheint.
Deshalb: Wie strukturiert ihr eure Geschichten, damit sie sowohl übersichtlich als auch spannend bleiben?

Ich freue mich sehr über eure Tipps, Meinungen und Ideen!

Liebe Grüße

Hi,
ich habe mal ein Buch mit über 100 Kapitel gelesen. Das war einfach schrecklich.
Es gibt keine festen Regeln, was die Unterteilung, wenn man noch am Anfang steht, schwierig macht, aber letztendlich ist es doch recht einfach.
Vielleicht hilft es dir, deinen bisherigen Kapiteln Überschriften zu geben.

Beispiel:
Erna auf dem Friedhof
Erna am Grab
Erna trifft auf einen Fremden am Friedhof
Erna sitzt im Bus

Erna sitzt im Bus gehört nicht mehr zu den Friedhofsszenen. Also entweder ein Absatz/Einrückung oder ein neues Kapitel.
Wenn Erna im Bus den Fremden wiedertrifft und mit ihm ins Gespräch kommt, in dem der Friedhof drin vorkommt, dann eher kein neues Kapitel, sondern ein Absatz.

Ob nur eine Einrückung oder ein neuer Absatz hängt wiederum unter anderem davon ab, wieviel Zeit beispielsweise zwischen den einzelnen Szenen liegt.
Trifft sie den Fremden im Bus eine Stunde später wieder: Absatz, trifft sie ihn 1 Jahr später wieder: neues Kapitel.

Mit der Zeit bekommst du ein Gefühl dafür.

Teile deine Geschichte in Szenen ein, verpasse ihnen aussagekräftige Überschriften und starte dort ein neues Kapitel, wo die Überschriften inhaltlich nicht mehr richtig zusammenpassen wollen.

Ich hoffe, das hilft dir ein wenig.

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Hallo Annika,
als Autor bin ich genau das andere Extrem, mein Manuskript hat nur 8 Kapitel auf > 100.000 Wörter, plus einen Epilog. :grinning:

Als Viel-Leser, der bis zu 4 leichte Romane an einem Tag verschlingt, überlese ich Kapitelüberschriften meist und nehme sie nur als kleinen „jetzt beginnt etwas Neues“-Hinweis wahr. Mir ist es deshalb beim Lesen egal, ob ein Szenenwechsel oder ein kleiner Zeitsprung im Buch durch eine Leerzeile zwischen zwei Absätzen, durch einen hübschen Schnörkel als Szenentrenner oder durch eine neue Kapitelüberschrift gekennzeichnet wird. 100 Kapitel in einem Buch würden mich beim Lesen überhaupt nicht stören, es sei denn, man irritiert mich dadurch, dass im neuen Kapitel dann inhaltlich gar nichts Neues beginnt.

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Ich hänge hier mal zwei Beispiele aus meinem aktuellen Schreib porjekt dran wo ich jeweils ein neues KAPIEL angefangen habe. Vielleicht macht es mein Kopfzerbrechen deutlicher ;))

Als sie Stunden später endlich auf dem Weg nach Hause war, zählte sie das Geld unter dem blassen Licht einer Straßenlaterne. Fünfzig Euro ließ sie verschwinden – sorgfältig gefaltet und tief in den Socke an ihrem Fuß geschoben. Der Rest wurde ordentlich gerollt und in ihrer Tasche verstaut. Das war der Teil, den sie ihm zeigen würde. Zuhause war es still, als sie die Tür öffnete. Keine Stimme, kein Licht – nur das leise, rhythmische Schnarchen aus dem Schlafzimmer.
Sabine ging direkt ins Bad. Sie schälte sich aus den Kleidern und stellte das Wasser der Dusche auf so heiß wie möglich. Der Dampf stieg langsam auf, wie eine Decke, unter der sie sich verstecken konnte. Für ein paar Minuten wollte sie einfach nur vergessen, was sie nicht vergessen konnte.

KAPIEL 3
Ein hartnäckiges Hämmern an der Wohnungstür riss Sabine Bachmann abrupt aus ihrem leichten Dämmerschlaf. Für einen Moment wusste sie nicht, wo sie war. Ihr Blick fiel auf das helle Nachmittagslicht, das schräg durch die halb geschlossenen Jalousien fiel, und dann auf ihren kleinen Sohn, der vergnügt im Laufstall saß und mit bunten Duplosteinen spielte. Offenbar war sie auf dem Sofa eingenickt, während er sich friedlich selbst beschäftigte

Noch benommen vom Schlaf stand sie auf, rieb sich die Augen und warf einen Blick zur Uhr. Wer konnte das um diese Zeit sein? Die Klingel war seit Wochen defekt – eine weitere Baustelle in dieser Wohnung, zu der sie bisher einfach keine Kraft gehabt hatte. Und um überhaupt ins Treppenhaus zu gelangen, brauchte man entweder einen Schlüssel oder jemanden, der die Tür öffnete. Ihr Mann war längst bei der Arbeit. Wer auch immer draußen stand, musste hereingelassen worden sein. Und dann war da dieses ungute Gefühl, das ihr plötzlich den Magen zusammenschnürte.

Das andere Beispiel

Falls du’s vergessen hast – ich geh arbeiten. Und ich bin nicht für den ganzen Scheiß hier zuständig. Du willst dich trennen? Wohin willst du schon gehen? Und jetzt beweg dich.“
Er trat näher, viel zu nah. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut, warm und abgestanden, wie eine Drohung. Sein Tonfall war kalt, voller Verachtung – als wäre sie nicht mehr als ein lästiges Möbelstück, das man zur Seite schiebt.
In ihrem Innersten rebellierte etwas. Er wird dich zerbrechen. Wenn du bleibst, wird er dich töten. Langsam. Du kennst ihn. Der nächste Schritt tut weh. Der übernächste macht dich stumm. Für immer.
KAPIEL 4
Mit einem Knall fiel die Autotür ins Schloss. Der kalte Nachtwind fuhr ihr sofort unter die Haut, als wolle er sie daran erinnern, wie weit sie von Wärme und Sicherheit entfernt war. Das Auto ihres Freiers entfernte sich langsam. Doch erst als die Rücklichter des Wagens endgültig verschwunden waren, griff sie in ihre Jackentasche. Ihre Finger zitterten leicht, als sie auf das Display sah. Zwanzig Anrufe. Alle von ihm.Bevor sie die Mailbox anwählen konnte, klingelte es erneut. Sie zögerte – und hob dann ab.

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Wie lang ist so ein leichter Roman dabei? Hast du irgendwie gesondert gelernt, schnell zu lesen bei vollem Textverständnis? Ich würde gerne schneller lesen können. Ich lese zu lahm.

Ich lese so ungefähr, ganz grob über den Daumen gepeilt, 100 Buchseiten pro Stunde. Hauptsächlich leichte Liebesromane, Kinderliteratur und Jugendbücher. Letztens habe ich mir ein Konvolut von 80 TKKG-Büchern billig ersteigert, vor ein paar Jahren ein Konvolut von 250 Barbara-Cartland-Romanen. :smiling_face:
Ist halt nur zum Zeitvertreib, nette Unterhaltung, keine intellektuelle Herausforderung, die Denken erfordern würde.

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Hexerei! :slight_smile:

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Die „Hexerei“ besteht vielleicht darin, dass ich schon lange keinen Fernseher mehr besitze, und auch keine Streamingdienste nutze. In der Zeit, in der Andere zwei nette Krimis im Fernsehen gucken, lese ich einen netten Krimi als Buch.

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Nicht fernzusehen hilft bei mir nicht. Ich schaffe etwa 50 Seiten in 1 Stunde, bei englischer Literatur deutlich weniger.

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Es gibt aus meiner Sicht nicht die letzte Weisheit bezüglich der Kapiteleinteilung. Wenn ich bei meinen Projekten (auch wenn ich gar nicht mit Papyrus-Projekten arbeite) das Gefühl habe, dass eine Szene, ein Handlungsabschnitt soweit erzählt ist, dass auch fünf weitere Seiten nichts ändern würden, gibt es ein neues Kapitel. Das kann nach hektischen drei Seiten sein, oder auch erst nach zehn gemütlich ablaufenden Seiten. Zwingend ist ein Kapitelwechsel, wenn sich der Handlungsort ändert.
Meine Bücher haben unterschiedlich viele Kapitel - manchmal dreißig, manchmal auch um die fünfzig. Der aktuelle wird allerdings auf etwa 70 Kapitel hinauslaufen.

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Bei deinem ersten Beispiel hast du einen Zeitsprung zwischen der Dusche und dem Aufwachen nach einem langem Mittagsschlaf.
Bei deinem zweiten Beispiel endest du mit einem Spannungshöhepunkt bzw. einem kleinem Cliffhanger, und startest dann nach einem Zeitsprung mit einer neuen Szene.

Beides sind gute Gründe, ein neues Kapitel anzufangen. :+1:
Wahlweise könnte man auch drei Sternchen oder einen Zierschnörkel statt einer Kapitelüberschrift nutzen, um dem Leser diesen inhaltlichen Wechsel zu signalisieren.

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Bei mir sieht es momentan so aus:

Kapitel Szenen Seiten
Vorwort 0 1
1 8 11
2 5 9
3 4 10
4 4 8
5 6 8
6 7 14
7 5 10
8 5 8
9 8 13
10 6 9
11 8 14

Wobei ich nach jetzigem Kenntnisstand etwa knapp in der Mitte sein müsste.

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@Suse repräsentiert die goldene Mitte, Annika und ich die beiden extremen Ränder.
Ich denke, dass bei uns allen die Kapiteleinteilung zu Inhalt und Struktur der erzählten Geschichte passt.

Was mich als Leser vor ein paar Monaten genervt hatte, war ein Buch (Band 46 oder 47 der Reihe von J. D. Robb war es gewesen), in dem anscheinend willkürlich alle soundsoviel Seiten ein neues Kapitel angefangen wurde, zweimal sogar mitten in einer Szene.

Genau so sollte es meiner Meinung nach auch sein.

Das ist ja grauenvoll. Ähnlich, wie bei dem Buch, das ich gelesen habe mit den über 100 Kapiteln. Ich weiß gar nicht mehr, welches es war. Nennt man das Verdrängung?

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Hallo zusammen

Die idee mit den Sternchen als Trennung (Neues Kapitel) ist auch eine gute Idee und nimmt mir vielleicht etwas den selbst gemachten druck.

Blockzitat willkürlich alle soundsoviel Seiten ein neues Kapitel angefangen wurde, zweimal sogar mitten in einer Szene

Das geht ja mal gar nicht. Ich achte wirklich darauf die Kapitel sinnvoll zu setzen. Wie z.b. als kliffhanger oder wenn die neue Szene erst Tage später weitergeht…

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Ich habe mit verschiedenen Kapitellängen experimentiert und am Anfang war es tatsächlich so etwas wie ein Gefühl, oder Sinneinheit. Das führte zu unterschiedlichen Kapitellängen, und das fand ich chaotisch. Mehr als 40 Kapitel hatte aber nie ein Buch.

Derzeit formuliere ich wenige Kapitel - meist 10 Stück - die in ihren ca. 7500 Wörtern, die sie haben dürfen, einen bestimmten Entwicklungsabschnitt bearbeiten. Innerhalb der Kapitel darf es 3 oder 4 Themen geben, aber auch nicht mehr (ca. 2000 Wörter je Thema)
Wenn ich es genau nehme, könnte ich auch die Themen Kapitel nennen und käme wieder auf 30-40 Stück. Für mich besteht bei Kapiteln aber immer der Wunsch am Ende die Spannung zu verdichten und die Handlung wirklich voran gebracht zu haben - da gefällt mir der große Umfang etwas besser. Schließlich soll der Leser das Buch bloß nicht aus der Hand legen … Hehe… Jedes Kapitelende fordert ihn praktisch dazu auf.

Ich finde unterschiedliche Kapitellängen absolut normal. Das ist bei allen Profis so, deren Bücher ich bisher gelesen habe. Ausnahme vielleicht bei „Stadt der Blinden“. Das weiß ich jedoch nicht mehr so genau und das Buch hält sich ohnehin nicht an irgendwelche formalen Regeln.

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Ich habe bisher immer mit Kapiteln gearbeitet, aber eigentlich waren das eher Szenen.
In meinem neuen Projekt werde ich mal probieren, ob ich auch mit „echten“ Szenen, und dann allerdings unterschiedlich viele und unterschiedlich lang, arbeiten kann, die dann zu Kapiteln, dementsprechend natürlich auch unterschiedlich lang, zusammengefasst werden. :thinking:

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Mit unterschiedlichen Kapitellängen meine ich natürlich - deutlich - unterschiedlich. Wie 10 Buchseiten Kapitel Drei, 40 Buchseiten Kapitel Vier, 6 Buchseiten Kapitel Fünf. Ich erwarte - egal wie viele Kapitel ein Buch hat, dass sie -in etwa- ein ähnliches Lesevolumen haben.

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Ich meine damit, dass sie deutlich unterschiedlich sind bei fast allen Büchern, die ich bisher gelesen habe und das auch gut so finde. Eine - auch nur ansatzweise - Vereinheitlichung halte ich für sinnfrei.
Wenn es nahezu gleichmäßig auskommt: gut. Aber daraufhin zu arbeiten, nur um der Gleichmäßigkeit willen: in meinen Augen schlecht und meiner Erfahrung nach auch nicht üblich.

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