Das soll vielleicht mal ein Roman werden. So jedenfalls mein Wunschtraum… Hier mal ein Auszug aus der Geschichte, die in den Ferien im Jahr 1984 spielt. Ich freue mich über euer Feedback!
Leider war es auch am Montag, nicht wesentlich später, als ich aufwachte. Ich fluchte leise vor mich hin, als das mit Umdrehen und weiterschlafen nicht funktionierte.
Ich bequemte mich aus dem Bett, mein Magen knurrte und trieb mich Richtung Küche. Das Bad ließ ich erst einmal links liegen. „Waschen ist Luxus und Luxus könn‘ wir uns nicht leisten.“ Den Spruch seines Opas hatte ich verinnerlicht. Ich hatte sowieso keinen Plan, was ich mit dem Tag anstellen sollte, da kam das auf ein bisschen Körperpflege auch nicht an.
Meine Mutter hatte einen Plan.
Der lag auf dem Küchentisch in Form eines Zettels. Eines Aufgabenzettels. Ich stöhnte auf und las: ‚Lieber Jens, es wäre schön, wenn du die Erdbeeren durchpflücken und die Wäsche abnehmen könntest.
Über dem Stuhl hängt der Fleischerbeutel. Der müsste noch ins Geschäft. Ich wünsche dir noch einen schönen Ferienanfang!
Deine Mutti!‘
Tolle Wurst. So hatte ich mir meine Ferien nicht vorgestellt. Hoffentlich ging das nicht so weiter.
Mein Magen meldete sich. Ich kümmerte mich erst einmal um das Frühstück. Zum Glück war noch Kuchen im Ofen. Da war auf Muttern Verlass. Sie wusste, dass ein Frühstück am besten aus einer Tasse Milch und trockenem Rührkuchen bestand.
Denn nur den konnte man so schön in die kalte Milch eintunken und fast ohne zu Kauen herunterschlucken. Ein Genuss!
Der Kuchen war alle und somit das Frühstück beendet. Das war einer der Vorteile an der Eintunkmethode, man war recht schnell mit dem Essen fertig und konnte sich wichtigeren Dingen widmen.
Nur, was sollte ich tun?
Den Zettel der Mutter abarbeiten? Erdbeeren essen fand ich ja noch ganz gut, aber das Pflücken war nun wirklich nicht meins. Da tat einem total der Rücken weh, wenn man das auch nur zehn Minuten lang machte!
Und gerade meine Eltern mussten auch noch so große Beete anlegen, wo man so richtig zu tun hatte.
Das machte sich dann während der Erdbeerzeit auch bemerkbar. Erdbeeren gezuckert, mit und ohne Milch, Erdbeertorte und Erdbeermarmelade beherrschten die Küche und den Speiseplan. Alles leckere Dinge, die aber auch einer gewissen Arbeit bedurften, zumindest die Beeren mussten gepflückt werden.
Ich beschloss, in den Garten zu gehen, um mir das Erbeerbeet mal unverbindlich anzusehen. Vielleicht waren ja gar nicht so viele Erdbeeren dran und die Sache war schnell erledigt.
Es sah nicht danach aus.
Überall zwischen dem Grün leuchteten die Früchte. Schön rot signalisierten sie, dass sie erntereif waren.
Nun hätte man sich einen Korb schnappen und mit der Pflückerei loslegen können. Aber nicht so ich.
Zu so einer eintönigen Arbeit fehlte noch Musik. Richtig, ohne Musik ist das gar nicht zu schaffen!
Mein neuer Recorder stand in meinem Zimmer und war mein ganzer Stolz. Den hatte ich mir vor kurzem von der Westgeldspende irgendwelcher Verwandten, die ich nie gesehen hatte, gekauft. Stolz wie Bolle war ich in Berlin in den Intershop gegangen und dieser rote Kassettenrecorder war mir sofort aufgefallen. Der war schön handlich und nicht so riesig wie die DDR-Teile und hatte trotzdem einen sehr guten Klang. Die Japaner hatten schon was drauf, was solche Elektronikgeräte anging. Aber das Beste an diesem Rekorder war, dass er „waterproof“ war. Ich hatte das mit wassergeschützt übersetzt, aber war mir fast sicher, dass man damit womöglich baden gehen konnte. Ausprobieren würde ich das aber nie im Leben, da war mir das Gerät dann doch zu kostbar.
So ein tragbarer Recorder ist praktisch, da man damit überall Musik hören kann. Unpraktisch ist er, wenn man dafür gleich acht teure Batterien braucht, die auch unheimlich schnell leer werden und das tragbare Gerät dann doch am Netzstecker festhängt.
Deshalb schnappte ich mir den Recorder und das Netzteil und machte mich im Keller auf die Suche nach einem Verlängerungskabel.
Das war kein leichtes Unterfangen, da der Keller das Reich meines Vaters war und dessen Ordnung unterlag.
Ordnung war nicht unbedingt meine Stärke, aber mit der Logik meines Vaters, Dinge zu sortieren und wegzulegen, kam ich auch nicht mit. Warum lag das Schleifpapier bei den Schrauben, die Muttern bei den Ersatzglühlampen und hingen diverse Stücke von unterschiedlichen Seilen bei den Verlängerungskabeln? Wenigstens hatte ich die Kabel gefunden.
Weil das ziemlich kurze Enden waren(warum hießen die dann Verlängerungskabel?), brauchte ich gleich mehrere, um die Strecke zwischen Haus und Erdbeerbeet zu überwinden. Ich hatte mal gesehen, dass mein Vater auch so eine Kabeltrommel in Gebrauch hatte, hatte aber keine Lust, den Keller noch mal zu durchsuchen. Die Chance, die Kabeltrommel zu finden, war einfach zu gering.
Kurze Zeit später dudelte im Garten bereits die Musik.
Es gab ja tatsächlich noch welche in meiner Klasse, die keine Westmusik hören durften. Bei den meisten war das aber ok. Nur die Nachbarn sollten nichts davon mitbekommen, dass im Radio dann der RIAS lief.
Nun. Das war schwer einzuhalten, wenn man die Musik draußen im Garten laut aufdrehte. Mir war das aber auch egal. Ich ging fest davon aus, dass alle Nachbarn arbeiten waren.
Mit der richtigen Musik fiel einem das Pflücken wesentlich leichter. Es war trotzdem keine schöne Arbeit. Um diese zu beschleunigen, beschloss ich, nur kurz durchzupflücken. Ein Korb Erdbeeren sollte auch ausreichen, um seinen guten Willen zu dokumentieren. Die anderen Erdbeeren waren halt jetzt noch nicht reif und sind erst später am Tag rot geworden.
Ich lobte mich selbst für diese wunderbare Idee und war dann auch recht schnell fertig mit der ungeliebten Arbeit.
Endlich Zeit, die Ferien zu genießen!