wo er sich mit den anderen Resten am Kragen absetzt.
Da bekomme ich ein ganz leichtes Störgefühl. Ich denke es liegt am „wo“, das löst bei mir Umgangssprache-Vibes aus. Außerdem passt das logisch etwas für mich nicht: Der Speichel setzt sich dort ab, in Ordnung. Aber die Reste? Liefen die zusammen mit dem Speichel herunter und setzten dort ab. Oder setzten sie sich auf den Essenresten ab, die dort schon waren? Ganz frisch oder schon vertrocknet?
„Serviette“, deute ich mit einer Wischbewegung an.
Ich musste einen Moment länger überlegen, wie Du „Wischbewegung“ meinst. Vielleicht kannst Du das deutlicher machen („mit dem Zeigefinger am Mundwinkel oder so ähnlich“)
Sein Mund ist kleiner geworden und sein Gesicht wirkt komisch verzogen, seit dem er keine Zähne mehr hat. Wie auf den Grimassenpostkarten der 80er Jahre. Das Lachen der Zahnlosen.
Das Bild kommt bei mir gut rüber.
„Und?“, fragt er.
Wo kommt das Und? her? Worauf bezieht sich das?
Kulturhauptstadt der Proleten
Zwei fette, plastikbenagelte Bruthennen schieben, eine mit Abstand hinter der anderen, ihren tätowierten Wanst durch die Gassen, der das Erreichen des Kinderwagens mit einer Hand so gerade eben noch erlaubt. Die Hennenstampfer fett und nackt bis auf die Gummikroks Marke Wellenbrecher, um die herum neben dem bemitleidenswerten Nachwuchs noch drei tierische, nutzlose Fresser ihre Leinen verheddern. Was für ein Anblick! Danach fällt das Sterben leicht.
Da verlangt das Smartphone die gesamte Aufmerksamkeit der zweiten Henne, die nun keinen Arm mehr frei hat und zu blöde ist, das Gerät einfach zu ignorieren. Völlig überfordert danach greifend entläßt sie ihre Köter, die sich sofort aufeinander und auf alles Erreichbare stürzen wie es ihnen gerade in den Sinn kommt. Schon japsen und springen sie auf die Straße, wo ein autohassender Radsportler in schwul-ätzgelber Plastikpelle ihnen gerade noch laut fluchend entkommen kann. Den strampelnden Plastikeimer muß man aber auch beißen, selbst als Mensch ist man da versucht.
Madame zwei stellt mittlerweile die Bremsen des Kinderwagens fest, kognitives Leistungsmaximum ist erreicht, und taucht mit ihrem Smartphone in den Austausch geistigen Dünnschisses mit der führenden Bekannten ab, die nur zwanzig Meter weiter ihre dumpf-aggressiv dreinglotzende, etwa fünfjährige Bratze zum Dönerstand karrt und dort schnaufend anhält. Zwei Teenager, gekleidet in die typische Uniform aus Jeans, T-Shirt, Schniekörs und Deppen-Basecap-falschherum schauen gelangweilt zu und können ein dreckiges Grinsen nicht vermeiden. Pommesgestank wabert. Die Henne beginnt schon zu speicheln. So strandet sie und erbricht sich in all ihrer rücksichtslosen Häßlichkeit über die Gruppe der Stehtische, bestellt und fällt wiederum in hedonistische Stase über ihrem Phone.
Ein Bus rauscht heran und hält an der Haltestelle bei der Dönerbude. Drei Kanaken springen lärmend, drängelnd und streitlustig heraus. Der erste rotzt auf den Boden, der dritte bellt einen Rentner an, der ihn wohl zu strenge anschaut oder nicht schnell genug voranmacht. Ihre nutzlosen Gemächte demonstrativ richtend prollen sie davon, nicht ohne in die gelben Recyclingsäcke neben den gleichfarbigen Tonnen bei der Haltestelle zu treten, die, wie sich zeigt, gefüllt sind mit Windeln, vereinzelten Pizzakartons und Aluschalen.
Oh Essen, Du meine Heimatstadt. Wie schön es ist, nicht mehr in Dir zu leben!