In Gegenwart oder Vergangenheit?

Moin zusammen,

ich überlege, eine Geschichte zu schreiben in der nur die ICH-Form benutzt werden soll.
Jetzt ist die Frage ob ich in der Gegenwart oder in der Vergangenheit schreibe.

Folgender Satz in der Gegenwart:
„Die Ablehnungen der Verlage stapeln sich auf meinem Schreibtisch wie ein Mahnmal meines Scheiterns.“
Und in der Vergangenheit:
:Die Ablehnungen der Verlage stapelten sich auf meinem Schreibtisch wie ein Mahnmal meines Scheiterns."

Was meint ihr zu den Sätzen? Was wirkt stärker, personlicher, emotionaler… oder einfach besser?

LG
Die Schreibmöwe :blush:

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Ich gehöre zum Team „Vergangenheit“!

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Pas(s)t.

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Ich gehöre zum Team „Gegenwart“.

Wer will den zu den ewig Gestrigen gehören. Duck&weg.

Zu deinem Beispiel.
Es geht beides gleichzeitig. Der Ich-Erzähler erzählt sein Leben in der Gegenwart, und der Stapel liegt schon ewig nicht mehr auf dem Tisch, dann ist Vergangenheit angesagt.

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Ich bin auch eher dafür.

Ich würde mir wünschen, eure Antworten zu begründen. OK, KeaPie, du hast es ja getan.

Also ich mag das Präteritum lieber aus traditionellen Gründen. Zudem empfinde ich das Präsens nicht als mitreißender oder unmittelbarer.
Ich bin da Traditionalist. Ehe der Typ, der am Lagerfeuer erzählt, was ihm passiert ist, als der Influencer, der „ich bin gerade hier und esse gerade dies“ zelebriert.

Aber, wie oben schon gesagt - es geht beides sogar gleichzeitig. Die vielleicht zweitbeste amerikanische Kurzgeschichte „The tell-tale heart“ nutzt dieses Stilmittel perfekt.

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Der Autor schreibt in Gegenwart und Vergangenheit?

Ich bin wirklich gerade daran, in der Gegenwart zu schreiben. Ein Versuch kann ja nicht schaden.

Ja. Lies sie mal am besten im Originaltext. Kostenfrei online zu finden. Nimm dir Zeit und lass dich auf den Text ein. Passt zu morgen Abend. :jack_o_lantern:

Auf den ersten Blick, ist es leichter in der Gegenwart zu schreiben. Das ist wie sein Leben live mitzuschreiben.
Später habe ich gemerkt, dass ich dabei höllisch aufpassen muss, was ich schreibe, um im Zeitstrahl nicht ungläubig zu werden.

Mit der Vergangenheitsform fühle ich mich wie im Märchen „Es war ein mal…“. Alles ist passiert, das Ende steht fest, auch wenn es der Leser noch nicht gelesen hat.
In der Gegenwart fühlt es sich an, als wenn ich mit den Protagonisten mitlebe, leide und liebe und das Ende liegt in der Zukunft, das Geschehen in der gleichen Zeit, in der der Leser es liest. Gut, das Ende steht auch fest, das Buch ist ja gedruckt, aber es fühlt sich nicht so an.

Auch nicht beim Schreiben.

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Mach das. Nach meinem ersten Versuch bin ich süchtig nach der Gegenwart. Wie beim Dealer: Der erste Schuss geht aufs Haus.
Und du kannst ja wechseln. Die Story spielt im jetzt und ab&zu musst du Rückblenden machen.

Da werde ich mir die deutsche Version gönnen. Ich weiß aber noch nicht ob das Genre meinen Geschmack trifft.
Wie gesagt, ich will nun auch versuchen in der Gegenwart zu schreiben, als Ich-From.

Rückblenden?
Kannst du ein Beispiel nennen?

Mein erster Satz soll ja in den ersten Absatz münden und dieser in das erste Kapitel.

Ja, es geht mir nicht ums mögen,sondern um das Lernen. Nix ist besser, als mal zu sehen, wie es in Perfektion aussieht.

Aber natürlich geht es auch, wenn du einfach deine Story schreibst und dann mal nach 2-3 Seiten das ganze noch in der anderen Zeitform machst. Dann weißt du, was dich beflügelt.
Ich bin da ja eher langweilig…

Ich mag die Ich-Perspektive deshalb nicht im Präsens, weil jede Erklärung darin zum Fremdkörper wird, der nicht richtig hineinpasst. Ein Ich-Erzähler, der mir von einem vergangenen Erlebnis erzählt, kann mir als Leser problemlos alle Erklärungen mitliefern, die ich brauche, kann mich auch direkt ansprechen. (Ein allwissender Erzähler, der mir etwas in der Gegenwartsform erzählt, könnte das ebenfalls.) Aber wenn ich als Leser quasi „in Echtzeit“ die Erlebnisse und Gedankengänge des „Ich“ miterleben soll - hat „Ich“ dann nicht gerade etwas anderes zu tun und zu denken, als mir zu erklären, dass sich die Ablehnungen auf seinem Schreibtisch stapeln?

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Gut formuliert!
Mal sehen was sich beim Tippseln ergibt.

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Schwierig, ohne zu viel von meinem neusten Text hier zu posten.

Bisher bin ich immer in der Gegenwart geblieben. Meine Protagonistin hat jedoch ein Tagebuch geschrieben, das ich im Buch tageweise wiedergegeben habe, das war in der Vergangenheit, logisch, oder?

Jetzt breche so gut wie jede Regel, die ich übers schreiben in den letzten Monaten so gelesen habe. Alles was so zu „beachten“ wäre, wenn man erfolgreicher Autor sein möchte.
Als Autor spreche ich mit dem Leser direkt, wechsel die Erzählperspektiven, jeder hat in dem Buch mal was zu sagen, unterbreche die Handlung, damit die Protagonistin reden darf und auch sie spricht den Leser an, duzt ihn sogar frech.
Ich springe in den Zeiten, verrate dem Leser, was passieren wird und lasse die Protagonistin volle Möhre gegen die Wand laufen.
Der Leser soll nicht mitfiebern, ob sie es schafft, er soll in jeder Szene bibbern: Oh Gott, warum tut sie das so, das muss doch schief gehen, das sieht ein Blinder.
Passt mir mitten in einer Szene etwas nicht, biege ich einfach alles um. Plötzlich ist der Stein aus Gold und der Lotto 6er nur ein langweiliger 3er. Innerhalb eines Satzes und der Leser nimmt es hin, weil es für ihn glaubwürdig ist, da das Buch ihm sagt: Es soll so sein. Der erste Probeleser der beiden Anfangskapitel hat dieses Wechseln für gut befunden.
Ein Nachteil hat es: Das Buch wird nichts für zwischendurch, der Leser muss, um den Faden nicht zu verlieren, aufpassen.

Und es macht so Spaß… es schreibt sich von selber.

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Gutes Argument, so gesehen ist alles Vergangenheit und die Gegenwart existiert nicht.

Wenn du etwas siehst, ist es, wenn dein Gehirn es verarbeitet hat, schon Vergangenheit. Der Fernseher nur sehr kurz zurück, der Sonnenstrahl, der dich wärmt ist ca. acht Minuten alt. Das was du siehts kann sehr jung und sehr alt sein, im gleichen Moment.

Man hat mal erforscht, das die zeitlichen Abstände ca 3 Minuten betragen. Also was ich jetzt in diesem Moment schreibe oder sage ist Gegenwart, die aber in 3 Minuten schon Vergangenheit ist… soviel dazu.

Die eigentlichen Zeiten in der Schriftstellerei sind ja das Thema.

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Ich bevorzuge die Vergangenheitsform. Gerade bei der Ich-Form geht die Gegenwartsform gar nicht. Da liest sich, für mich, vieles wie ein Autorenkommentar und das mag ich gar nicht.

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Ich würde ebenfalls die Vergangenheitsform wählen. Versuche mal, folgenden Text in der Gegenwartsform zu schreiben:

Ich verspürte einen stechenden Schmerz im Rücken. Im selben Moment sackte mein Körper in sich zusammen und ich verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, war es bereits dunkel und ich lag in meinem Bett. Irgendjemand muss mich gefunden und nach Hause gebracht haben.

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