Ich oute mich

Ich bin ein Heimlich-Schreiber.
Ich habe jetzt lange nachgedacht, aber ich wüsste nicht, wie ich das sonst benennen sollte. Ja, ich schreibe heimlich an meinen Büchern. Ich tippe manchmal heimlich am Abend ein paar Romanzeilen, zwischendurch, unauffällig, wenn jeder zu Hause erwartet, dass ich etwas Familienrelevantes am Computer recherchieren würde. Ich gehe nachts aufs Klo mit dem Diktiergerät in der Pyjamahose. Ich nutze die stille erste Stunde im Büro, wenn noch keine andere Menschenseele hier eingetroffen ist, um meine Plotgedanken zu ordnen, meine Autorenwerkzeuge upzudaten, meine nächtlich heimlich genuschelten Halbsätze zu transkribieren. Ich blättere auf meinem Notizblock in Meetings unauffällig vom superspannenden Tagesordnungspunkt 5a: “Probleme bei Lizenz-Verlängerung von Scan-Software (Rechnungsadresse für Buchhaltung korrigieren!)” zu “5 Gründe, warum den Nachbarn nie aufgefallen ist, dass ein fremder Mann so lange im Gartenschuppen versteckt war”.

Und bevor jemand fragt: Ja, ich darf das. Weil ich auch in meiner Arbeitszeit heimlich wirklich Familienrelevantes am Computer recherchiere. Und umgekehrt, in den letzten Jahren unzähligen Familienereignissen fernbleiben musste, um unter dem Deckmantel “Ich brauche ein paar Stunden Erholung” heimlich dann doch nur widerborstige Netzwerktreiber in Serverinstallationen hineingeprügelt habe.

Aber komisch ist schon.

Mich würde es interessieren, ob dieses Phänomen verbreitet ist. Gibt’s hier sonst noch Heimlich-Schreiber und Heimlich-Schreiberinnen?

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Außer meiner Frau und meiner Schwester weiß niemand, dass ich schreibe (das Forum nicht mit gerechnet). Insofern bin ich wohl ein halber Heimlich-Schreiber.:scream::smiley:

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Ich bin nicht in der Situation, dass ich heimlich schreiben muss - aber ich schaffe mir zum Schreiben natürlich trotzdem ebenso einen “geschützten Raum”. Der dient aber mehr dazu, mich selbst vor Ablenkungen zu bewahren als vor den neugierigen Fragen anderer Leute.
Außerdem rede ich NIE über Romanprojekte, an denen ich grade arbeite. Never. Jedenfalls nicht im Freundes- oder Bekanntenkreis. Da besteht die Gefahr des “Zerredens”, man fängt an zu zweifeln -

“Hmm… Peter und Martina sagen, die Geschichte ist blöd, vielleicht haben sie ja doch Recht…?”

No way.

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@Sentinel
Interessantes Thema!
Ich bin kein Heimlich-Schreiber, stehe aber nicht gern im Rampenlicht. Mir würde es tierischen Spaß machen, wenn man irgendwann mein Buch kaufen kann, und sich die Leser fragen, wer das denn geschrieben hat :slight_smile:
Über Projekte unterhalte ich mich nur mit Gleichgesinnten (hauptsächlich hier im Forum) oder mit meinen Testlesern).
Liebe Grüße und weiterhin gutes Gelingen :thumbsup:
Und schön, dass du aus der Deckung gekommen bist. :slight_smile:

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Genauso geht es mir auch. Ich kann mich nicht hinsetzen und sagen “So, jetzt bin ich kreativ und schreibe 10 A4 Seiten!” … auf (inneren) Befehl klappt das bei mir nicht. Wenn mir etwas einfällt, dann schreibe ich es auf, mache mir eine Notiz oder eine Gedankenstütze, dass ich diesen Punkt nicht vergesse. Manchmal denke ich über Wochen an einer speziellen Sache herum und alles “offizielle” läuft nur nebenher, weil ich mit meinen Gedanken zu tief in etwas anderem drin bin.

Aber so richtig heimlich schreiben tue ich nicht - meine Frau (die das leider gar nicht versteht) schaut immer nur augenverdrehend, wenn ich mal wieder an meinem “doofen Buch” schreibe und meine “Lebenszeit verschwende” statt “sinnvollere” Dinge zu machen.

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Echt? Meine Frau findet das total klasse. Sie verdreht eher dann die Augen, wenn ich gerade nichts über den Fortgang meiner Geschichte erzählen will, weil ich selbst noch nicht sicher bin, ob der so bleibt.

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Mein Mann verhält sich neutral. Er akzeptiert meine Leidenschaft und die Zeit, die ich mir selbst dafür gebe. Er weiß, dass mir das Schreiben unheimlich viel Spaß macht (seit ich Papyrus entdeckt habe noch viel mehr). Und eine gut gelaunte Frau ist doch besser als eine, die nur die Augen verdreht. Ich erzähle über meine Projekte auch im Freundes- und Familienkreis, ohne tiefer ins Detail zu gehen. Bisher hatte ich nur psoitive Rückmeldungen.

Jeder sollte für sich selbst entscheiden, was ihm wichtig ist und so darf jeder auch zu sich selbst und seiner Leidenschaft stehen.

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Mein Mann findet es gut, dass ich schreibe. Er ist manchmal etwas genervt, weil ich immer so viele Fragen stelle. Da er aber eine deutlich bessere Allgemeinbildung hat als ich, muss er sich mit meiner Fragerei abfinden. Manchmal meckert er und sagt: “Maus!”. Ich mag es gar nicht “gemaust” zu werden und “bestrafe” ihn dann mit noch mehr Fragen. :slight_smile:

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Meiner hat nichts dagegen, lässt sich sogar manchmal zum Testlesen herab und mault dann rum, das sei „noch nicht lustig“.
Männer! :rage:

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Aha, es scheint da zwei Typen von Heimlich-Schreibern und Heimlich-Schreiberinnen zu geben.
Der Typ I scheint recht häufig zu sein, die „Nicht-an-die-große-Glocke-Hänger“. Heimlisch wird geschrieben in jenem Sinne, dass (vorerst oder grunsätzlich) nur eine ausgewählte kleine Schar überhaupt weiß, dass man an einer Geschichte schreibt.
Der Typ II dürfte seltener sein. Bei mir wissen meine Familie und meine Freunde davon, dass ich schreibe; und auch ein oder zwei Kollegen von der Arbeit. Aber sie wissen nicht, in welchem Umfang ich das tue, und wann und wo, und wie oft - weil ich das verheimliche. Dieser Typ - also zum Beispiel ich - dürfte die pathologischere Variante sein :smirk: Das wären, fachbegrifflich gesprochen, die „Das-Ausmaß-der-Abhängigkeit-Verheimlicher“…

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Es gibt sicher mehr die heimlich schreiben, als man denkt. Sonst wäre es ja nicht heimlich. :thumbsup:
Ich schreibe immer wieder, meistens aber auch Papier und tippe es dann ab. Es macht einfach meinen Kopf frei, und ich freue mich immer wieder, dass doch noch Phantasie vorhanden ist.

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Ha, ich bin das genaue Gegenteil eines Heimlich-Schreibers. So ziemlich mein ganzes Umfeld und auch Kollegen und Schüler wissen davon.
Bisher haben mir alle rückgemeldet, dass sie das gut finden und gespannt sind auf meinen ersten Roman. Es ist wirklich erstaunlich: Egal, wie groß die Rosinen in meinem Kopf sind, bisher hat mir noch keiner signalisiert, dass er mir das nicht zutraut, oder dass das bestenfalls Luftschlösser sind. Sie sind mir gegenüber immer so eingestellt, dass man seine Träume leben soll.
Tolle Leute sind das!

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Ich staune! Warum denn heimlich? Habt ihr intolerante Lebenspartner? Oder schämt ihr Euch gar ? Falls ihr doch nicht auf die Spiegelliste kommt, wie angekündigt? Früher hat mich das auch gebremst, wenn ich Jedem erzählte, ich will unbedingt dieses Jahr auf dem Zuckerhut einen Handstand machen. Das ist aber schon lange vorbei.
Ich renne mit einer Blaskapelle vorneweg durch die Welt, nicht bei allem, aber ganz sicher beim Schreiben. Und in Ermangelung einer Blaskapelle, posaune ich herum. Manchmal lese ich auch ein paar Szenen vor, wie es sich ergibt, Arbeitskollegen, Stammkunden - die das sehr freut - Familie, Freunden, Autorenkollegen. Die Reaktionen sind unterschiedlich, ich würde mal schätzen 60 % Pro, 40 % Contra. Aber das ist mir wurscht. Ich schreibe nahezu überall, im Laden, wenn keine Kunden da sind, unterwegs, meistens zuhause am PC. Meine Maharani ist mein größter Fan und meine schärfste Krtikerin. Ich lese ihr vor, ich erzähle von geplanten Plots, ich berichte von Änderungen. Sie gibt mir immer eine Meinung, die meistens in meine Schreiberei mit einfließt. Und sie erzählt auch jedem, der es wissen will - und den anderen auch - dass ihr Mann Autor ist und jetzt beim soundsovielten Buch. Wir sind eine Symbiose. Jeder von uns macht seins und wir nehmen beide sehr daran teil. Es ist aber auch sehr einfach, weil wir nahezu identisch ticken. Ein interessantes Thema, verehrter Sentinel, ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, dass es Heimlichschreiber gibt. Aber für meine Art des extrovertierten Autors braucht man auch manchmal eine starke Psyche, schon wegen der 40 % Contra. Mein ohnehin dickes Fell wächst tagtäglich. Ich sollte mal wieder zum Friseur…

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Ich staune auch. Ich habe vor vielen Jahren gemerkt, dass mich das Schreiben befreit und ausgeglichener macht.
Nun bin ich in der komfortablen Situation, dass ich mich vor niemandem rechtfertigen muss :smirk:. Meine Ehe ist seit mehr als 13 Jahren Geschichte und mein jüngster Sohn ist auch schon seit 3 Jahren mit dem Studium durch und hat das Nest verlassen.
Meine Mitbewohnerin ist im Grunde zufrieden, wenn sie zweimal am Tag was zu fressen bekommt.
Wenn mich jemand fragt, wann mein Projekt abgeschlossen ist, dann antworte ich immer: Wenn die Geschichte zu Ende erzählt ist.
Ich muss (zum Glück) nicht vom Schreiben leben. Für mich ist es kreatives Hobby.
Aber - jeder Mensch ist eben anders - und das ist gut so!

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Da tickt jedeR ganz unterschiedlich. Ich kannte auch mal so jemandem, der völlig frei und offen über jeden Einfall, jede Buchidee jedem der es hören wollte was erzählte.
Ich so: “Hast du gar keine Angst, dass dir mal jemand deine Ideen klaut?”
Er so: “Nööö.”
Ich könnte das nicht.

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Es kommt ja nicht NUR auf die Idee an. Nehmen wir mal an, jemand würde dir die Idee klauen. Würde er nicht dennoch aus der Idee mit nahezu 1000%iger Sicherheit eine vollkommen andere Geschichte schreiben? Ich finde, die Idee, wenn sie nicht extrem außergewöhnlich ist, kann man ruhig öffentlich machen. Bei den Details sollte man sich zurückhalten.
Und: Man muss ja auch keinem die Idee direkt auftischen. Was ist schon dabei, wenn ich herumerzähle: “Hey, ich schreib übrigens einen neuen Krimi. Da wird einer getötet.”?

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Eine - sonst sehr gute - Freundin würde mir darauf antworten:
„Na super. Gibt ja erst drei Millionen Krimis, in denen einer getötet wird!“
Und ich würde daraufhin drei Tage vor dem Computer sitzen und eine Flasche Rotwein leeren - nein, umgekehrt :kissing:- und grübeln:
Oh je, schreib ich nun diesen Krimi oder nicht?

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Wieso denn? Du hast damit deiner Freundin doch nur ein Häppchen gegeben, damit sie aufhört, zu quängeln. Was du dann tatsächlich fabriziert hast sagt du erst, wenn du fertig bist. Das mit dem Krimi war ja auch nur ein Beispiel. Etwas konkreter könnte man schon werden.

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Dann muss dir dein Mann eben etwas mehr Selbstvertrauen in den Wein mischen.

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So viel Wein gibt’s gar nicht! gnihihii

Sie quengelt ja eben nicht, das ist das Problem. Das läuft eher so:
[PEINLICHE GESPRÄCHSPAUSE]
“Und, wie geht’s dir sonst so, außer Stress im Job?”
“Naja, was soll ich sagen? Ähm… ich schreib nen Krimi.”
“Ah-ja.”
“Und es wird einer drin getötet!”
“Sag bloß! Hast du schon nen Verleger?”
“Ähm… neee. Der ist die Leiche.”
“Ach so.”
[PEINLICHE GESPRÄCHSPAUSE]

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