… Septembergedanken.
Passend zum Eintritt in die dunkleren Jahreszeiten bringe ich alljährlich mein schreibendes Tun selbstkritisch auf den Prüfstand und nehme, wenn nötig, Anpassungen vor.
Mein Fehler: Ich starte zu euphorisch ins Jahr und nehme mir mehr vor, als ich tatsächlich schaffen kann. Die Unzufriedenheit erwartet mich dann stets zum Jahresende. Zu gerne verzettele ich mich in Nebentätigkeiten (Stichwort: Prokrastination), die ich zunächst wichtig finde, um später festzustellen, dass ich wieder einmal von meinem ‚großen Weg‘ abgekommen bin. Den muss ich jedoch in meinem Alter im Auge behalten, denn meine Deadline ist in Sichtweite. Da ich gerne noch ein, zwei (+) größere Schreibprojekte beenden möchte, ist das Schreiben von Kurzgeschichten bspw. ein hinterhältiger Zeitdieb, dem ich immer wieder sehenden Auges zum Opfer falle. Hier muss ich mir künftig kräftiger auf die Finger hauen und mich beschränken.
Zu viel Zeit verbringe ich auch mit Social Media. In den Anfängen hatte ich noch Freude an Instagram, da sich der zeitliche Aufwand die Waage mit dem ‚Gewinn‘ hielt. Inzwischen ist die Plattform zu einem reinen Werbekanal verkommen, der die Großen pampert, aber die Kleinen algorithmisch rauskickt. Dafür präsentiert er sich prall gefüllt mit KI-Inhalten, mit gefakten Storys und schwachsinnigem Content (schließlich wird Influencern empfohlen, mindestens ca. fünf Posts/Tag abzusetzen). Schweren Herzens (auf dem Weg zur Fomo*-Geschädigten) habe ich deshalb beschlossen, dass ich dieses Treiben nicht länger unterstützen will, und werde zum Jahresende mein Profil löschen.
Loslassen wird mein Weg sein. Ja, ich schreibe weiter, denn das erfüllt mich. Aber ich brauche auch Zeit für Haus und Hof, um zu malen, zu zeichnen, zu lesen und ab und zu hier im Forum unterwegs zu sein (auch hier verbringe ich leider zu viel Zeit mit stillem Mitlesen). Mit 71 Jahren werde ich mit Sicherheit keinen Blumentopf als ‚Autorin‘ mehr gewinnen können und überlasse das Feld den wahren Talenten, den Jungen, den Ehrgeizigen.
Also, so frage ich mich, warum mache ich mir Druck? Warum nicht einfach tun, was diese Ur-Freude ausmacht? Und wenn das nur einen Leser erreicht – so what? Ich muss nichts beweisen, muss mich weder profilieren noch exponieren. Ich habe Freude an dem ‚Prozess Buch‘. Den einzigen Druck, den ich (unge)dulde, ist der des Buches, aber nicht der, der mich regelkonform und mit enormem finanziellen Aufwand in ein Schreibjoch spannt und mich mit Wörterlimits pro Tag anspornt. Ich arbeite an einer Routine, die mir diese Freiheit hoffentlich schenken wird. Auch so kann man schreiben: alles dürfen, nichts müssen. So werden welkende Blätter wieder grün. 
*Fear of missing out