Moin!
Dann will auch ich mich mal vorstellen. Mein Name ist Mario Nowak, ich bin Jahrgang 1971 und ein typischer Flachwurzler – immer eher personen- als ortsgebunden, habe ich lange meine Zelte immer etwa im Rhythmus von fünf Jahren abgebrochen, um mich woanders niederzulassen. Geboren wurde ich in der Eifel, aufgewachsen bin ich bis zur stattlichen Körperlänge von 1,73 Metern im Rheinland (wo ich zur Minorität der Karnevalsverächter gehörte), dann zwecks Studium in die Pfalz gegangen und von dort nach zehn Jahren in die Nähe von Bremen übergesiedelt. Seit den fünf Jahren dort bezeichne ich mich am liebsten als Norddeutscher aus Überzeugung, auch wenn ich seit inzwischen zwölf Jahren in Leipzig lebe.
Ich bin von Geburt an körperbehindert (spastische Hemiparese links, wem’s was sagt), was einerseits verhindert hat, dass ich als Jazzbassist durch die Welt tingle, andererseits aber wohl meine Beobachtungsgabe und mein Einfühlungsvermögen nicht unerheblich geschult hat. Ich habe also mal Bass gespielt, aber früh wieder damit aufgehört, weil ich ein Perfektionist ohne Ehrgeiz bin. Dennoch ist der Bass bis heute mein Instrument.
Ich bin ein guter Zuhörer und unterhalte mich gern. Ich kann gut improvisieren, bin jedoch nicht sehr spontan. Ich bin der Typ uneitler Genussmensch, der gern kocht und gern isst, ich hab’s nicht mit Schubladen und Rollenverteilungen, schon gar nicht mit klassischen, ich helfe im Haushalt, ich mache nicht gern auf dicke Hose und Autos sind für mich Metallkisten mit vier Rädern, die einen von A nach B bringen.
Ich langweile mich so gut wie nie. Ich bin harmoniebedürftig, aber nicht harmoniesüchtig. Ich mache möglichst einen großen Bogen um alles, was mir nicht gut tut. Denn unabhängig davon, was ich glaube oder nicht glaube, halte ich es für möglich, dass dieses eine Leben das einzige sein könnte, das ich haben werde, und deshalb soll es möglichst schön sein.
Ich glaube nicht daran, dass Stillstand Rückschritt ist. Ich kann mich für andere Menschen freuen. Ich bin ein hoffnungsvoller Romantiker. Ich halte mich für einigermaßen klug und befürchte, dass ich nach heutigen Maßstäben sogar als gebildet durchgehe. Dennoch bin ich stets bereit, in Erwägung zu ziehen, dass ich komplett auf dem Holzweg bin und absoluten Unsinn rede.
Ich hatte das Glück, vier Großeltern, zwei Urgroßmütter, einen Urgroßvater und einen Urgroßonkel zu haben. Meine Freunde sind mein Koordinatensystem und erden mich. Ich mag alte und weise Menschen wie Helmut Schmidt, Hildegard Hamm-Brücher und Peter Ustinov. Ich halte es mit Ustinov und arbeite für meinen Lebensunterhalt, während ich schreibe, weil ich muss. Ich mag André Heller für seinen Satz: »I will wen’ger dumm sterben, als wie I geboan bin!«
Freundschaft bedeutet für mich, in erster Linie gut zu einander zu sein und sich mit Wertschätzung zu begegnen. Ich schätze Ehrlichkeit, aber von den Leuten, die unter dem Deckmäntelchen, dass man sich »unter Freunden auch mal die Wahrheit sagen muss«, beständig Kritik an mir geübt haben, damit sie sich selbst besser fühlen konnten, habe ich mich schon lange getrennt.
Ich bin verantwortungsbewusst und stolz darauf, von einem alten Freund zum Trauzeugen erkoren worden zu sein. Ich war schon als Teenager immer der Kummerkasten für andere Leute. Als ich ungefähr 17 war, habe ich meine damalige große Liebe mit einem anderen verkuppelt. Die beiden sind heute noch verheiratet.
Als Ariane drei Jahre alt war, hat sie zu ihrer Mutter gesagt, ich sei ja total nett, aber sie verstehe nicht, warum ich, statt normal zu gehen, ständig tanze. Das wird als Interpretation meines Gangbilds auf ewig unerreicht bleiben.
Ich glaube nicht, dass alles nur eine Frage der Einstellung ist. Ich kann keine Löffel verbiegen. Ich bin in einer liebevollen Beziehung und weiß das zu schätzen. Ich war schon in anderen.
Mein Leben ist auffallend oft genau dann einfacher geworden, wenn ich aufgehört habe, Dinge zu probieren. Mit einer Wirbelsäule wie eine Wendeltreppe und einem entsprechend gestörten Gleichgewichtssinn kann man nicht Rad fahren. Das zu erkennen war letztlich weniger schmerzhaft, als einen Tag vor meiner Kommunion gegen die Mauer vom Dorfschmied zu krachen. Auf den Kommunionsfotos habe ich Ähnlichkeit mit dem Joker.
Ich bin hauptberuflich diplomierter Übersetzer für Englisch und Französisch und sage: Wer glaubt, Übersetzungen von einem Computerprogramm anfertigen lassen zu können, beweist damit, dass er weder Ahnung vom Übersetzen, noch von Computern hat.
Entgegen der landläufigen Meinung muss ein guter Übersetzer außerdem nicht (nur) die Fremdsprache beherrschen, sondern auch und vor allem seine Muttersprache. Deshalb bin ich ein guter Übersetzer und inzwischen auch Texter.
Ich bin dabei kein Literaturübersetzer, nehme es mir aber dennoch heraus, literarische Übersetzungen zu kritisieren. Und weil ich obendrein ein bisschen Sprachwissenschaftler, Landeskundler, Phonetiker und Kulturwissenschaftler bin, interessiere ich mich auch noch für Dinge wie deutsche Dialekte, Sprichwörter aus aller Welt, Versprecher, Verhörer, Spracherwerb und Kommunikation mit all ihren Nuancen und Zwischentönen. Kurz, ich persönlich betrachte Übersetzen eigentlich mindestens aus anthropologischer Sicht, wenn nicht gar als Teildisziplin davon.
Für meine Berufswahl maßgeblich verantwortlich ist Fish, der ehemalige Sänger von Marillion. Die Misplaced ist ein Meisterwerk. In den Texten von HRK entdecke ich manchmal nach zehn Jahren und mehr noch Zeilen, die ich erst in diesem Moment richtig zu verstehen glaube. Und Neil Peart ist unerreicht. Ich bewundere, wie er sein Schicksal meistert, und hätte gern eine Symbiose mit Musikern, wie er sie als Texter mit Geddy Lee hat(te).
Zum Broterwerb war ich aber auch schon Nachhilfelehrer, freier Journalist und Sekretär. Ich habe ein Liebeslied getextet, Musikalben und Hörspiele rezensiert und hatte sechs Jahre lang einen Fußball-Blog. Nebenberuflich bin ich Medienkritiker, Gesellschaftsbeobachter und Perspektivenschubser.
Ich halte Freundlichkeit nicht für ein Zeichen von Schwäche, sondern von Kultiviertheit. Ich kann mir nichts so gut merken wie unnütze Dinge und nichts so schlecht wie Telefonnummern. Manchmal würde ich Dinge auch gern vergessen, kann aber nicht. Kataloge lese ich grundsätzlich von hinten nach vorn.
Ich mag Leidenschaft, aber ich verabscheue Unsachlichkeit. Mein Verein ist Borussia Mönchengladbach. Ich bin Fan, aber kein Fanatiker. Ich mag auch Werder. Ich mag Fußball nicht, weil ich ihn in irgendeiner Form für bedeutsam oder wichtig hielte, sondern weil er so herrlich trivial ist. Ich habe meist rechter Verteidiger gespielt. Der Fußballplatz ist der einzige Ort, an dem ich je rechts außen gestanden habe.
Ich halte jeden für einen Held, der es schafft, ein bescheidenes Leben ohne Lug und Trug und Einsatz seiner Ellenbogen zu leben. Ich bin nicht für jeden Spaß zu haben.
Mir wurde sozusagen Zeit meines Lebens erzählt, ich könne gut schreiben. Vielleicht kann ich das, vielleicht auch nicht. Klar scheint mir, ein Kind, das körperlich im Hintertreffen ist, muss sich wenigstens frühzeitig verständlich machen können. Für mein Fantasy-Epos, an dem ich jetzt seit über zwanzig Jahren arbeite, suche ich jedenfalls noch immer einen Verlag. Fertig schreiben werde ich es irgendwann aber unabhängig davon, ob sich je einer findet. Es ist längst größer als ich.
In diesem Sinne: Ich hoffe, ihr habt jetzt einen Eindruck von mir, und vielleicht will sich ja der eine oder die andere ein richtiges Bild von mir machen. Ich freue mich auf den Austausch mit euch. Vielleicht finden sich ja auch Autorinnen und Autoren aus Leipzig und umzu für Treffen von Angesicht zu Angesicht.