Hinter den Kulissen

Was meint ihr - hätten Menschen Interesse daran, auch hinter die Kulissen von Autoren zu schauen?
Ich schreibe gerade an meinem Roman und für manche Stellen habe ich verschiedene Szenen entwickelt, die zwar thematisch passen, aber letztendlich zu viel wären. Bei einer Marktplatz-Szene hatte ich mehrere Versionen: eine mit einem Kind, das einen Apfel klaut und wegrennt (klassisches Literatur-Klischee), dann noch eine Variante wo das Kind der Protagonistin zuzwinkert (zu meta), und eine dritte, wo in der Ferne eine Polizeipfeife ertönt (zu viel Slapstick).
Am Ende war die reduzierte Version die stärkste, aber die verworfenen Alternativen haben durchaus ihren eigenen Reiz. Wäre es interessant, solche “gedachten Szenen, aber fallen gelassen” als Bonus-Material zugänglich zu machen? Vielleicht über QR-Codes im Buch oder als digitalen Anhang?
Oder lenkt sowas nur vom fertigen Text ab? Würde das literarische “Deleted Scenes” funktionieren, ähnlich wie bei Filmen?
Was meint ihr - hätten Menschen Interesse auch hinter die Kulissen der Autoren zu sehen?

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Na ja, bei Tolkien, Rowling & King würde es funktionieren. Bei der Bibel auch, wenn das unbekannte Evangelium der Elfen veröffentlicht würde.
Bei unbekannten Autoren?
Glaube ich eher nicht.

Aber… bin bereit mich umstimmen zu lassen. :smiley:

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Ich finde Zusatzmaterial gut. Mich würde so etwas interessieren.

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Mich würde lediglich die Version interessieren, die die Autorin/der Autor für die beste hielt. Das Zusatzangebot der Alternativlösungen hat ein wenig den Beigeschmack der Selbstverliebtheit, sich nicht zwischen allen eigenen ‚wundervollen‘ Lösungen entscheiden zu können.

(Einzig bei Filmen, die ich gut finde, schätze ich hingegen auch mal eine Extended Version.)

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Vermutlich ist es schon eine Herkulesaufgabe geworden, noch Leser für das Ursprungsbuch begeistern zu können. Die Prognosen zum Leseverhalten lassen das Schlimmste befürchten. Den Blick hinter die Kulissen haben bislang etliche namhafte Verlagsautoren schon geliefert, aber ich weiß nicht, wie es von den Lesern allgemein aufgenommen wurde, bezweifle jedoch , dass noch unbekannte Schreiber damit Erfolg haben könnten.

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Erfolg vermutlich nicht. Ist aber in meinen Augen interessant. Man könnte es als kostenloses Zusatzmaterial anbieten, zum Beispiel eben über den o. a. QR-Code, der einen dann auf eine entsprechende Unterseite einer Homepage bringt o. ä.
Ist doch gut.

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In einem Roman, wie ich sie lese (ich lese gern Liebesromane und Krimis, keine „philosophischen Dialoge“), würde ich zusätzliche Bonus-Szenen nur dann lesen wollen, wenn sie von der Logik her hundertprozentig in die Geschichte passen. Also, wenn das Liebespaar sich in der Geschichte einen Hund angeschafft hatte, dann lese ich gern noch eine Bonusszene mit einem lustigen Hundeerlebnis. Aber nach der emotionalen Hund-aus-dem-Tierheim-geholt-Szene plötzlich eine alternative Katze-aus-dem-Tierheim-geholt-Szene zu lesen, würde einen doch nur abrupt aus der Fantasiereise reißen: „Ätsch, ist doch alles total egal, denn es ist doch eh alles nur ausgedacht“.

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Oh, das kann ich mir gut vorstellen, das Lesende Interessen an den „delete scenes“ haben und die Idee mit dem QR-Code finde ich toll.
Auch aus der Erstfassung meines Romanes kamen eine Menge Szenen raus, die ich dennoch gerne erzählt hätte. Des weiteren auch eine Playlist (aus den 1970er-Jahren) und eine Liste der (relativ vielen) Bücher die in meinem Roman genannt werden. Da ich aber ohnehin vorhabe, noch im Oktober eine Website zu dem Buch zu machen, wird das eine oder andere wohl dort einen Platz finden.

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Natürlich ist das eine schöne Sache, habe ich selbst schon einmal so gemacht, um die Umstände zur Entstehung der Erzählung zu erklären. Aber ich zweifele das generelle Leser-Interesse daran an. Das wird einzig vom Buch und von der Person abhängen, die es geschrieben hat. Ähnlich wie ein Nachwort, das ja ebenfalls (wie in einem anderen Thread zu lesen war) nur von wenigen gelesen wird. Ich selbst lese übrigens alles in einem Buch.

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Bezweifle ich, das würden gewisse Strömungen in einem Land südlich von uns verhindern.

Kommt darauf an, was man als Zusatzmaterial bezeichnet. In einigen meiner Bücher gibt es am am Schluss Zusatzinformationen zum historischen / tatsächlichen Hintergrund, vor allem gehe ich auf die Unterschiede zwischen Realität und Handlung ein. Was ist echt und was habe ich erfunden.

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Gerade bei derselben Szene verbietet sich das, jedenfalls, wenn man mich als Leser hat. Solange ich lese, nehme ich ein gutes Buch für bare Münze und versinke in der Welt. Mein Herz glaubt all das, was dort geschrieben steht. Das mit derselben Szene dreimal würde mich nur desillusionieren und wäre der große Abtörner.

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Oh dann sind meine Geschichten nichts, da selbst meine Figuren zeitweise gegen mich arbeiten :smiley:

Wenn ich das reflektiere, muss ich sagen, dass es hier wirklich interessante Ansätze gibt.

Karten z. B. Land–oder Stadtkarten, Grundrisse, vielleicht Fotos (Joes Werkstatt oder so) kann ich mir vorstellen.
Playlist als Soundtrack finde ich auch sehr gut.

Alles, was die Fantasie nicht zerstört. Fotos von Charakteren fände ich doof.

Mir fallen nach und nach Bücher ein, wo Zusatzmaterial angeboten wurde. Z. T. fand ich es gut.

Rowling hat Notizen zu kleinen Nebenwerken gemacht. Funktionierte gut, um den Markt zu bedienen.

Extended Versions (z. B. The stand) finde ich grenzwertig.
No go war 1x ein alternatives Ende.

Kurze Gedanken dazu…

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Kenne ich von Büchern eigentlich überhaupt nicht. „The Stand“ war, so weit ich mich erinnere, von vornherein so extrem lang, dass der Verlag auf drastische Kürzungen bestand (laut Vorwort von S. King). Zu der Zeit war der Autor noch zu unbekannt, um das Risiko der Herausgabe eines solch dicken Wälzers einzugehen. Also waren die kürzeren Versionen eigentlich unbeabsichtigt und die lange gewünscht (eine Compressed Version sozusagen :grinning:).

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Daher die extended. :smirk: Aber danke für die Ergänzung!
Unbekannt war King damals sicher nicht mehr. Ob auf Verlagsdruck oder nicht, müsste ich nachlesen. Ist aber ja von der Sache her egal.
Ich finde X Zusatzszenen nur wenig hilfreich. Die Story wird nicht besser oder anders, nur länger. Daher für mich ‚grenzwertig‘ .
Und ich bin eigentlich Hardcore-Fan. :troll::prince:

Geht mir übrigens bei den meisten Filmen genau so. Aber das verfremdet das Thema des Postings.

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@michel Stephen King kommt auch zu Wort:

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Danke.
Ich meine aus dem Kopf, dass im ersten Teil des Vorwort darauf hingewiesen wird, dass die Story sich in keinster Form und Weise verändert und lediglich „länger“ sei. (Bin bei der Arbeit und daher fern von Büchern).
Auch in diesem Auszug steht ja eigentlich nur, dass dies ein"Fan Service" sei. Wäre interessant dies mit dem Vorwort, Danse macabre und der Autobiografie abzugleichen. Vielleicht mache ich das mal.

Aber es sprengt das Thema „Zusatzmaterial“ hier und daher belasse ich den „King-Teil“ hiermit. :smiley::+1:

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Version 1 (Deine romantische Version): Plötzlich flitzte ein kleines Mädchen zwischen den Ständen durch, griff sich einen glänzenden roten Apfel und rannte kichernd davon, die Zöpfe fliegend. Der Bauer sah auf, schmunzelte, rief ihr hinterher: „Den nächsten bezahlst du aber!“ Das Mädchen drehte sich um, winkte und verschwand zwischen den Beinen der Marktbesucher.

„Manche Traditionen“, sagte E… lächelnd, „sind zeitlos.“

L… runzelte die Stirn. „Das muss auf einem Marktplatz ja passieren. Als hätte jemand es aus einem Roman abgeschrieben.“

Version 2 (Realistische Reaktion): Plötzlich flitzte ein kleines Mädchen zwischen den Ständen durch, griff sich einen glänzenden roten Apfel und rannte kichernd davon, die Zöpfe fliegend. Der Bauer sprang auf, rief ärgerlich: „He! Komm sofort zurück!“ Er lief ein paar Schritte hinterher, blieb dann stehen und schüttelte den Kopf. „Jeden Tag dasselbe. Die Eltern kümmern sich einen Dreck.“

„Manche Traditionen“, sagte E… seufzend, „sind weniger romantisch als gedacht.“

L… runzelte die Stirn. „Das muss auf einem Marktplatz ja passieren. Als hätte jemand es aus einem Roman abgeschrieben.“

Version 3 (Autoritäre Reaktion): Plötzlich flitzte ein kleines Mädchen zwischen den Ständen durch, griff sich einen glänzenden roten Apfel und rannte kichernd davon, die Zöpfe fliegend. Ein Sicherheitsbeamter blies in seine Pfeife: „Halt! Diebstahl!“ Er sprach in sein Funkgerät, während andere Händler aufgeregt diskutierten. Das Kind verschwand zwischen den Beinen der erschrockenen Marktbesucher.

„Manche Traditionen“, sagte E… bitter, „haben keine Chance gegen moderne Effizienz.“

L… runzelte die Stirn. „Das muss auf einem Marktplatz ja passieren. Als hätte jemand es aus einem Roman abgeschrieben.“

Version 4 (Absurd-märchenhafte Reaktion): Plötzlich flitzte ein kleines Mädchen zwischen den Ständen durch, griff sich einen glänzenden roten Apfel und rannte kichernd davon, die Zöpfe fliegend. Das Mädchen blieb stehen, drehte sich direkt zu L… um und zwinkerte ihr verschwörerisch zu, als wüsste es um ein gemeinsames Geheimnis. Dann verschwand es zwischen den Beinen der Marktbesucher.

„Manche Traditionen“, sagte E… verwirrt, „werden immer seltsamer.“

L… runzelte die Stirn. „Das muss auf einem Marktplatz ja passieren. Als hätte jemand es aus einem Roman abgeschrieben.“

es geht um sowas:

Ich habe mich für Version 1 entschieden
aber egal welche, einen großen Einfluss hätte sie nicht auf die Geschichte.

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Interessant finde ich Kings Aussage im letzten Absatz, der wieder einen Bogen zum Ausgangsthema des Threats schlägt und der ich mich inhaltlich nur anschließen kann.