Ich schreibe momentan an meinem ersten Roman und würde mich über konstruktive Kritik und natürlich auch neue „Fans“ freuen. Insgesamt besteht die Geschichte bisher aus vier Kapiteln (ich veröffentliche kapitelweise) und ist auf Medium gehostet. Da ich nicht weis ob es unter unerwünschte Werbung fällt (ist hinter der Medium Paywall) habe ich die dazugehörige Publication vorerst nicht verlinkt.
Viel Spaß beim lesen
00001₂ — Raum
Da saß er, T, ein Informatiker aus Berlin, inmitten dieses weißen sterilen Raums ohne Fenster. Braunhaarig, Dreitagebart tragend — ein jung wirkender Mann von 35 Jahren. Sein Outfit — Hauptstadt-Hipster-Klischee: Leicht verwaschene dunkle Jeans, hellbraune Leder-Sneaker, ein lässiges Hemd und ein dunkles T-Shirt. Am linken Arm trug er eine analoge Segeluhr mit blauem Ziffernblatt und braun gemustertem Lederarmband. Sie hatten T mit Handschellen an einem Tisch inmitten des Raumes fixiert — so wie man es aus Verhörszenen amerikanischer Polizeiserien kennt. Doch dies ist nicht Amerika, sondern Deutschland. Und dies ist auch kein normales Verhör durch die Exekutive eines souveränen Staates.
Die Gründe, die zu seiner Anwesenheit heute hier und jetzt führten, sind vielfältig. Man kann auch nicht behaupten, dass er unschuldig war — also “unschuldig” im klassischen, moralinsauren Sinne. Aber das mit der Schuld ist eh so eine Sache. Soweit er wusste, bedurfte es für juristische Schuld Vorsatz, beziehungsweise bewusste oder wenigstens fahrlässige Entscheidungen zur Durchführung von Handlungen, welche zu Resultaten führen, die als strafbar erachtet werden. Aber ist eine KI zu bewussten Entscheidungen fähig? Und viel wichtiger: Ist eine KI in der Lage, bewusste und unbewusste Entscheidungen zu erkennen, sie zu klassifizieren und gegebenenfalls sogar juristisch zu bewerten? T war natürlich keine KI, weshalb diese Fragen in seinem Verhör auch nur indirekt eine Rolle spielen würde. Das Spiel an dem T teilnahm und die Missionen die er “gespielt” hat, wurden allerdings von einer KI gesteuert. Vielleicht wurde die KI des Spiels aber auch von einer Gruppe von Administratoren gesteuert. Oder die KI steuerte die Administratoren, die wiederum das Spiel steuerten? So genau weiß das wohl keiner. T war so weit im Spiel aufgestiegen, dass er Vorschläge für neue Missionen erstellen konnte. Dies wurden wiederum vom Spiel interpretiert, bewertet und im besten Falle weiteren Mitspielern vorgeschlagen. T war zwar kein Jurist, aber mit dem Beschreiben von Regeln kannte er sich gut aus. Mit dem Befolgen selbiger, selbst seiner eigenen, nicht so sehr — dies war einer der Gründe, weshalb er sich nun in dieser misslichen Lage befand.
T atmete langsam und sehr bewusst ein und aus und versuchte sein Stressniveau zu senken. Seine Gedanken wanderten wild umher. Mögliche Szenen, Bilder, Fetzen von potenziellen Frage- und Antwortkonstellationen rasten durch seinen Kopf. Wie kann er aus dieser Situation nur wieder heil herauskommen? Macht es überhaupt einen Unterschied? Für die Idee? Für die Sache?
T hatte nicht mitbekommen, wie der Mann in den Raum trat. Vielleicht war er aber auch schon die ganze Zeit im Raum. Die Tür befand sich hinter T — glaubte er jedenfalls. Seine Fesseln hinderten ihn daran, sich komplett nach hinten umzudrehen. Der Mann trug einen schwarzen Anzug mit schwarzen Lederschuhen — die italienische, seriöse Art — und ein weißes Hemd. Seine rote Krawatte wirkte lächerlich deplatziert, doch T war sich sicher, dass sie den Rang des Mannes in der Organisation widerspiegelte. In Kombination mit seiner Glatze und den starren blauen Augen wirkte dieser Mann in der Summe wie ein intelligenter doch eiskalter, brutaler Typ, der auch schon mal Finger brach, um an Informationen zu gelangen.
“Ich nehme an Sie wissen warum Sie hier sind?”, sagte der Mann im schwarzen Anzug. “Viel wichtiger für Sie ist allerdings die Frage wo und wann Sie sind.”
T war irritiert doch der Mann hatte recht: Das warum konnte er sich denken, aber auch wenn er sich anstrengte konnte er nicht genau sagen wie er eigentlich hierher gekommen war, geschweige denn wo sich dieses hier eigentlich befand. Bei der Betrachtung des Raumes fiel ihm auf wie gleichmäßig die Oberflächen von Wand, Decke, Stuhl und Tisch gestaltet waren. Auch die Haut seiner Arme und Hände sowie die Gesichtszüge seines Gegenübers wirkten unnatürlich gleichmäßig gezeichnet.
“Ganz recht”, sagte der Mann “Dies ist ein Verhör-Konstrukt. Wir haben also alle Zeit der Welt, wobei Zeit eigentlich der falsche Begriff ist.”
T erstarrte vor Schock. “Wa… wan…” — T versuchte einen Satz zu bilden, doch dies fiel ihm sichtlich schwer.
“Ersparen wir uns dieses Gestammel! Wir haben dieses Gespräch schon tausende Male geführt und wir werden es noch tausende Male führen — oder jedenfalls solange wie es dauert, um alle Informationen zu erhalten, die für uns von Wert sind. Und versuchen Sie mir nicht Geschichten zu erzählen: Ich kenne sie bereits alle!”