Grammatikfrage: sein oder seien

Laut Duden geht beides:

  1. Er wollte Anerkennung finden. Als die Persönlichkeit, die er seien wollte, und als der Mensch, der er war.

2, Er wollte Anerkennung finden. Als die Persönlichkeit, die er sein wollte, und als der Mensch, der er war.

„Seien“ kommt mir in diesem Fall aber irgendwie „richtiger“ vor. Steh ich da auf dem Schlauch?

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Kenn ich gar nicht. Geht das echt?

Seien kommt mir auch falsch vor. Habs mal GPT gezeigt, das war die Antwort:

In deinem Beispielsatz sollte „seien“ durch „sein“ ersetzt werden, um grammatikalisch korrekt zu sein. Der Satz drückt einen Wunsch oder eine Absicht aus, keine Unsicherheit oder indirekte Rede, daher ist der Konjunktiv „seien“ hier nicht angebracht. Der korrigierte Satz lautet:

„Er wollte Anerkennung finden. Als die Persönlichkeit, die er sein wollte, und als der Mensch, der er war.“

In diesem Kontext bezieht sich „sein wollte“ auf den Wunsch oder das Ziel des Subjekts, eine bestimmte Persönlichkeit zu werden, was den Indikativ erfordert.

Ich hab keine Ahnung ob das 100 % stimm was GPT sagt, ich bin manchmal schon mit weniger technischen & grammatikalischen Regeln überfordert aber es macht Sinn und unterstützt mein Bauchgefühl.

Nach Umstellung:
Er wollte die Persönlichkeit sein.
Er wollte die Persönlichkeit seien. ← klingt für mich irgendwie falsch

LG

Ich kenne auch Version 1, würde sie allerdings nicht nutzen. Unser Deutschlehrer sagte dazu schon in den 90ern „das wird nicht mehr genutzt“. Gebräuchlicher ist auf jeden Fall Version 2.

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Seien ist Konjunktiv 1 und wird bei indirekter Rede benutzt.
Sein ist ein Infinitiv.

Er sagte, sie seien gestern am See gewesen.

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mhm … ich glaub euch das mal. Kann sein, dass ich mich durch den historischen Charakter der Geschichte habe beeinflussen lassen. Danke euch.

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Ich würde sagen, das wird spätestens seit den 1890ern nicht mehr genutzt und damals hat man es noch „seyen“ geschrieben.

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auf jeden Fall kann das seien! :hugs:

Das „sein“ stört mich immer noch. Kann nicht mal sagen, warum. Ich hab den Satz jetzt komplett umformuliert. Damit kann ich besser leben.

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Seien wir mal ehrlich …

Sein wir mal ehrlich …

Wie ist es da?

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Seien Sie nicht albern.

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Ist beides Richtig. Bleibt also bei der Stilfrage.

Auch da ist nur seien richtig. Der Konjunktiv I wird nämlich in gewissen Fällen auch für Aufforderungen verwendet:

Komme, was wolle!
Gehen wir!
Seien Sie doch nicht so und helfen Sie uns!
Man nehme nur wenig Zucker und ergänze eine Prise Salz.

(Vgl. Duden-Grammatik 2016: 549 und 2022: 669)

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Ich sehe das Problem wie @ Waldfried. Vieles wird im täglichen Sprachgebrauch „verschliffen“.
Ein ähnliches Problem besteht bei manchen Zeitgenossen beim Gebrauch von dann und denn.

  1. „Wenn wir das Bier getrunken haben, dann gehen wir!“
  2. Sein wir mal ehrlich oder seien wir mal ehrlich, wie ist es denn richtig?“

Die Rechtschreibkorrektur im Browser meckert auch die erste Variante an und will ‚seinen‘ verwenden.
Der Duden-Korrektor hält sich bei diesem Beispiel fein raus.

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Weil der Duden klug ist :wink: Eduard Engel eröffnete seine „Stilkunst“ von 1922 mit dem Hinweis:

Dem Durchschnitt des lebenden Geschlechts gebricht das Sprachgefühl so gänzlich wie keiner anderen Generation seit Lessings Tagen. Ja selbst die Deutschen des 17. Jahrhunderts versündigten sich an ihrer Sprache nicht so frech wie die heutigen …

Wir haben es echt schwer. Mir tun die armen Menschen leid, die unsere Sprache als Fremdsprache lernen müssen.

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Sind wir (doch) mal ehrlich … zueinander. Auch als Rheinländer … Ansonsten der Konjunktiv 1 mit „Seien…“

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Warum überhaupt diese Zweifel?

Ich sehe nur die zweite Option als die einzig richtige Lösung an.

Bei „…, die er sein wollte, …“ handelt es sich nämlich um einen Relativsatz, also einen Nebensatz.

Im Nebensatz steht das konjugierte Verb am Ende des Satzes. (Es sei denn, es würde sich um eine Konstellation von drei oder mehr Verben handeln.)

Im vorliegenden Fall haben wir es aber mit zwei Verben zu tun, von denen eines ein Modalverb (wollen) und eines ein Vollverb (sein) ist.

Das Modalverb (wollte) ist konjugiert, entspricht hier also dem Indikativ Imperfekt, 3. Person Singular, und das Vollverb steht dabei - gemäß der grammatikalischen Regel - im Infinitiv.

Im Hauptsatz hieße das: Er wollte … sein. In deinem Nebensatz muss es also heißen: „Als die Persönlichkeit, die er sein wollte, …“

Folglich muss das Vollverb „sein“ auch im Nebensatz als Infinitiv bestehen bleiben und kann deshalb nicht einfach zum Konjunktiv werden.

Viel Vergnügen und Erfolg beim Schreiben deines Romans. Ww

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Alles richtig, bis auf eine terminologische Kleinigkeit: Sein ist hier nicht als Vollverb, sondern als sog. Kopulaverb zu titulieren, weil es keine besondere Bedeutung hat, außer dass es die verbale Verbindung zwischen dem Subjekt (er) und dem Prädikatsnomen (die Persönlichkeit bzw. sie) herstellt (er ist sie bzw. modalisiert er will/wollte sie sein). – Tut aber sonst nichts weiter zur Sache.

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Manchmal ist es eben so.

Ich bin in solchen Fällen für gewöhnlich nicht zimperlich. Jetzt sitze ich an einer Geschichte aus Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Keine Ahnung, wie genau die damals gesprochen haben. Es darf sich aber zumindest nicht falsch anfühlen.

Dieses „sein" hat mich jedenfalls furchtbar gestört. Ich habe mir echt den Kopf zerbrochen. Inzwischen habe ich es etwas umformuliert. Noch nicht gut, aber schon besser. Wenn es mich gestört hat, stört es andere vielleicht auch beim Lesen. So was lässt mir dann keine Ruhe.