Diesen Zwang, den viele zu empfinden scheinen und entsprechend emotional darauf reagieren, wundert mich und erlebe ich auch in meinem Umfeld bisher nicht. Nur weil mein Gegenüber einen roten Pullover trägt, fühle ich mich ja auch nicht bedrängt, morgen ebenfalls einen roten Pullover anzuziehen. Ich sehe es als Entscheidung, ob, wie und wann ich gendern möchte oder eben nicht. Und gestehe jedem einzelnen dieses Recht auch zu. Nur wünsche ich mir, dass sich jeder vorher genau überlegt, warum oder warum nicht. Und, dass er jeden respektiert, der sich anders entscheidet, statt diese Entscheidung ins Lächerliche zu ziehen, wie schon an anderer Stelle kritisch angemerkt.
Genau darum geht es bei diesem Beispiel. Der generische Maskuline ist eben nur auf dem Papier ein inklusiver Plural, aber nicht in unserem Denken*. *
Nee! Ich finde genau das nicht lustig! Jetzt fängt es wieder an, dass gendern ins Lächerliche gezogen wird. Why?
Jeder weiß doch wohl, wie man Arzt gendern kann und Medizinmann gehört sicherlich nicht dazu. Solche Pseudowitze halte ich echt für unangebracht.
@Vanessa, das ist genau der unentspannte und humorlose Umgang mit der Genderei, der dazu führt, dass sie im Umkehrschluss selbst nicht ernst genommen wird.
Wo bitte nimmst Du die (Selbst?) Gerechtigkeit her, dass man ausgerechnet über dieses “sensible” Thema (was es nicht ist) keine Witze machen dürfte?
DU findest das nicht lustig - also darf sonst auch niemand? Bitte was …?
Das kommt in seinem missionarischen Eifer in Konsequenz dem gleich, dass man eben Gendern “müsse”.
Mit der Einstellung treibst Du eher weitere Keile in die Spaltung der Gesellschaft, anstatt eine Zusammenführung zu erreichen.
Wie auch immer die auf der anderen, sprachlichen, schriftstellerischen Ebene aussehen sollte - denn Neris Witz soll ja gerade deutlich machen, anhand einer Überspitzung, die bei gutem Humor üblich ist, dass die Genderei eben sprachlich kaum vernünftig hinzubekommen ist.
Der Witz hat also einen ebenso ernsten wie in der Diskussion brauchbaren Hintergrund.
Ich plädiere dafür, dass wenn dieses in meinen Augen tote Pferd denn wirklich noch weiter geritten werden muss, dass man dies weitaus entspannter tut und Argumente der “anderen Seite” auch mit Respekt und Nachdenklichkeit statt mit Bauchreflexen betrachtet.
In deinem Beispiel betritt der Chirurg den Raum. Das ist Singular, hat mit dem generischen Maskulinum nichts zu tun und bezieht sich eindeutig auf einen Mann.
Mit Verlaub, das stimmt so nicht. Das ist ja gerade die Crux, wenn man Handlungen mit Wertungen konnotiert. Dann gibt es eben nur Schwarz oder Weiß. Wenn du jemandem in den Mantel hilfst und das für höflich hältst, dann hältst du doch automatisch jemanden, der das nicht tut, für unhöflich. Das gebietet schon die Aussagelogik. Wenn ich sage: “Wer jetzt sein Geld nicht in Aktien investiert, ist dumm” dann ist jeder, der das macht, ein schlauer Kopf. Einen anderen Schluss lässt die Aussage nicht zu. Wenn ich einfach nicht-wertend sage: “Aktien sind eine Geldanlage, die auch für dich interessant sein könnte”, dann ist es eine neutrale Aussage, die keine deiner Entscheidungen von vornherein als minderwertig darstellt.
Genau das ist es, was mich in diesen Debatten so stört: Wenn irgendjemand über etwas nicht lachen kann, dann darf keiner darüber lachen.
Manchmal zweifle ich wirklich daran, wo der Humor bei dem Ganzen geblieben ist…
Ich bin ein humorvoller Mensch. Und ich habe über den Medizinmann wirklich breit grinsen müssen.
Oh, Vorsicht! Das ist heutzutage nicht mehr höflich. Wenn ein Mann einer Frau die Tür aufhält oder ihr in den Mantel helfen möchte, dann ist das ein Beweis dafür, wie sehr er davon überzeugt ist, dass sie es nicht selber kann und dringend seine männliche Hilfe benötigt.
Als ich diese Erklärung das erste Mal hörte, dachte ich echt, ich bin im falschen Film. Ich bekomme gern mal die Tür aufgehalten oder in den Mantel geholfen. Und ich halte auch gerne mal die Tür auf oder den Mantel hin, egal ob Männlein oder Weiblein (okay, nem Kerl helfe ich jetzt weniger in die Jacke …). Aber diese Unterstellung, dass so eine entgegenkommende Handlung beleidigend sein soll, finde ich wirklich schlimm. Hab mir jetzt auch schon in manchen Situationen gedacht, ob ich jetzt die Tür aufhalten darf oder ob das jetzt eine Beleidigung für mein Gegenüber darstellen wird…
Weil genau das der bisher überwiegende Teil des Threads war. Ein sich lustig machen über Gendersprache. Ich wüsste nicht, inwiefern das für die Diskussion relevant sein sollte und ich empfinde eben das als respektlos.
Eine Anekdote hierzu aus meine Welt:
Ich fand einen (ehemaligen) Kollegen ziemlich arrogant und abwertend den anderen gegenüber und war fürchterlich genervt von seiner Art. Irgendwann habe ich unter vier Augen einen anderen Kollegen gefragt, ob ihm diese überhebliche Art nicht auch tierisch auf den Wecker geht. Seine Antwort hat mich erstaunt und mich viel zum Nachdenken gebracht:
“Ich finde ihn nicht überheblich. Er ist in seinem Fach völlig vertieft und es geht ihm einfach um das Vermitteln von Wissen. Dass er überheblich wirkt, ist allein deine Empfindung. Das ist nicht schlimm, aber du musst darum wissen. Ansonsten urteilst du vorschnell.”
Seitdem ich das gehört hatte, konnte ich viel entspannter mit dem damaligen Kollegen umgehen. Und seine Art hat mich tatsächlich weniger gestört.
Ich persönlich fand das, was ich bisher in diesem Thread gelesen habe, nicht respektlos. Damit streite ich dir dein Empfinden nicht ab. Aber vielleicht denkst du auch einmal über den Satz nach, den ich damals vom Kollegen gehört habe.
Ich kann mich in diesem Thread nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern und werde jetzt auch nicht mehr alles mit der Lupe untersuchen. Aber mir ist nichts dergleichen mehr in Erinnerung. Ganz im Gegenteil: In meinen Augen wird hier tatsächlich mal einigermaßen geregelt und vernünftig diskutiert, was ich sehr begrüße. Da kenne ich ganz andere Schlammschlachten in Foren, was ich hier zum Glück gerade nicht erlebe.
Und genau damit, liebe @Vanessa, machst Du genau den fatalen Fehler, der das Gendern und die Diskussion darum in die Unmöglichkeit rückt, sogar dahin, wo Du es nicht haben willst.
Du interpretierst mit dieser Deiner Aussage den gesamten Thread (!) in Deinem (!) Sinne und lässt andere Meinungen nicht zu. Du bedenkst sie nicht, siehst die kritischen Anmerkungen nicht, seien sie humorig oder unverbrämt.
Was Du hier also betreibst, ist ist kein Monitum gegenüber einer Unhöflichkeit anderer, sondern Du erhebst Deine eigene Position über die aller anderen, um Kritik daran abzuwürgen.
Mit Verlaub, aber wenn hier etwas respektlos ist, dann das.
Für mich klingt das wie jemand, der einer Religion folgt und sich beleidigt fühlt, wenn andere sagen, “sorry, aber ich glaub das nicht” oder sich womöglich darüber lustig machen. Als folge man dem Motto “meine Toleranz endet da, wo sich andere nicht von meinen Argumenten überzeugen lassen”.
Na, so würde ich das nicht ausdrücken – dass dies ein Beweis sei, oder dass dies von einer Mehrheit so gesehen wird.
Ich denke, es ist schon so, dass vieles, was als galant gilt, mal irgendwann seinen Ursprung darin hatte, Frauen eben nichts zuzutrauen. Das heißt aber nicht, dass jeder Mann, der einer Frau die Tür aufhält, automatisch misogyn ist. Und umgekehrt auch nicht, dass alle misogynen Männer immer herbeispringen, um Frauen die Türen offen zu halten.
Mein Bauch ist verdammt klug. Jedesmal wenn es mich in den Fingern gejuckt hat, hier etwas zu schreiben, hat er gesagt: „Lass es!“. Eben nach der Mittagspause war er mal kurz angelenkt – da hab ich die Chance genutzt. Und nu? Hab’n wir den Salat! Ich trau mich kaum noch in diesem Faden ein „Gefällt mir“ zu drücken
Als chronischer Türaufhalter widerspreche ich dem. Man muss nicht immer hinter allem - einem generischen Maskulinum, oder einer galanten Geste - eine Minderschätzung vermuten.
Ich zum Beispiel weiß genau, was ich da tue - ich will damit der anderen Person gegenüber meiner Wertschätzung Ausdruck verleihen und signalisieren, dass ich “nett” bin, damit ich mit dieser Person ein besseres Verhältnis aufbauen kann.
Ich halte übrigens auch Männern die Tür auf. Wenn ich mich recht erinnere, kann @AndreasE das bestätigen, ich glaube, ich habe ihm auch schon mal die Tür aufgehalten (er hatte AFAIR den Arm voller Bücher).
Danke, dass du das so siehst. Aber ich habe schon andere Foren erlebt. Da wurde das vehement als old school und völlig unpassend in der Zeit bewertet, was mich sehr verwundert und tatsächlich auch verprellt hat. Deshalb bin ich ja auch so gern hier.
Da habe ich auch eine Anekdote vom Ende der 90er Jahre, hat statt gefunden im Rahmen meiner langjährigen Vorbereitung auf mein Berufsziel, während eines Samstagslehrgangs. Thema des Tages: Wirtschaftsrecht. Es ging aktuell um den damaligen “Aktienhype” (Telekomaktie, Internetblase usw., wer sich daran noch erinnern kann).
Vortragender Professor:
“Ich habe heute meine Aktienpakete verkauft, wollen Sie wissen warum?” (Anmerkung: die Kurse waren noch im Steigen begriffen)
Zustimmendes Gemurmel.
“Weil meine Putzfrau mich gefragt hat, welche Aktien Sie kaufen soll.”
Empörung im Saale, auch bei mir. So ein arroganter…
Dann aber, nachdem sich der Erste, man würde heute sagen “Shitstorm” gelegt hat:
“Ich will Ihnen auch sagen warum. Es geht nicht um die Putzfrau an sich, sondern um die Tatsache, dass mir diese Frage bewiesen hat, wie viele Leute sich mittlerweile im entsprechenden Markt tummeln, die aber von der eigentlichen Materie überhaupt keine Ahnung haben.” (Anmerkung von mir: natürlich könnte die genannte Putzfrau tatsächlich doch Ahnung gehabt haben, aber so war der Fall eben ja gerade extra nicht aufgebaut und hatte seine Wirkung bei uns ja auch nicht verfehlt.)
Ein paar Monate später brach der Aktienblase zusammen und es kam der altbekannte Witz: “Wenn Du Bier statt Telekomaktien gekauft hättest, hättest Du jetzt mehr Geld übrig, da der Pfandwert höher war als der aktuelle Rest des Aktienwertes.”
Naja.
Zum eigentlichen Thema “Gendern” oder “Gendersprache” darf ich mich als einer derjenigen outen, für die das Thema tatsächlich nicht besonders wichtig erscheint, dazu habe ich da zu wenige Berührungspunkte und es hat daher im Alltag keine spürbare Relevanz für mich. Dies soll aber natürlich wiederum nicht andere Herabsetzen, die dem eine andere Wertstellung beimessen, ganz im Gegenteil.