Oha, das wusste ich nicht. Dann werde ich wissenschaftliche Arbeiten also nicht mit Papyrus schreiben können, dann da kommen überlange Fußnoten leider häufig vor .
Wobei ich mich immer wieder wundere, warum die Fußnoten in manchen Wissenschaften so extrem lang sein müssen? Irgendwie scheint da das Verhältnis von Haupttext zu Fußnote völlig aus dem Ruder zu laufen.
Wissenschaft ist eben eine eigene Textgattung mit eigenen Gesetzen . Aber ich wunder mich schon, dass eine professionelle und ansonsten so hervorragende Textverarbeitung wie Papyrus solche Fußnoten nicht kann. Da sehe ich durchaus Nachbesserungsbedarf, sonst fällt Papyrus für eine nicht ganz kleine Gruppe von Autoren einfach flach. Wie wär’s mit einer Abstimmung? Dass das Feature bislang wenig aktiv nachgefragt wurde, liegt vielleicht einfach daran, dass der Normalnutzer davon ausgeht, dass Papyrus solche Fußnoten selbstverständlich beherrscht - und SO oft kommen sie dann auch wieder nicht vor.
Man kann lang Fußnoten tatsächlich für eine Unsitte halten, doch kommt mann in einigen Bereichen der Wissenschaft einfach nicht umher, diese zu verwenden. Dabei ist das nicht einfach eine Frage des Geschmacks. So ist es beispielsweise in Veröffentlichungen von Historikern üblich am Beginn den Stand der Forschung zu erläutern und da man sich oft auf eine über hundertjährige Forschung beziehen kann, fallen auch die Fußnoten entsprechend aus. Ich will damit sagen, dass sie auch für mich elementar und wünschenswert sind.
Ich konnte ebenfalls sehr lange nicht nachvollziehen, wofür derart „romanartige“ Fußnoten nützlich sein könnten. Bis ich mal einen wissenschaftlichen Text in den Händen hielt, bei dem eine Fußnote die Hälfte von vier aufeinanderfolgenden Seiten belegte.
Statt „siehe bei Müller, S. 4711“ stand da eine Kurzabhandlung über ein Subthema, mit der untermauert wurde, dass dieser Aspekt in die Überlegungen eingeflossen ist. Für ein eigenes Kapitel wäre es zu wenig gewesen, in der Dokumentstruktur hätte es eher gestört, die „Fußnotenlösung“ war genau das Richtige.
Darüber hinaus ist es zugunsten eines kontinuierliches Textflusses durchaus üblich, die maximale Höhe des Fußnotenbereichs einzuschränken (gängig sind max. 50% des Seitenbereichs). Damit wird vermieden, dass der Textfluss durch „Fußnotenseiten“ unterbrochen wird. In diesen Fällen müssen Fußnoten zwangsläufig unterhalb des Haupttextes „mitschwimmen“.
Im Ergebnis ist das ein und die selbe Funktionalität, denn wo „zu große“ oder „zu viele“ Fußnoten aufgeteilt werden, ist gegenüber der Aufgabe, sie „am unteren Rand mitfließen zu lassen“, ein eher sekundäres Problem. Man muss sich das als „Kleintexte im Text“ vorstellen, die an bestimmten Positionen verankert und zwischen denen Verweise angefertigt werden. Die Verankerung ist parametrisiert: Frühestens auf der Seite unterhalb des Verweises und immer unten mit einer maximalen Höhe, ggf. folgende Seiten nutzen. Und wenn da weitere Verweise dazu kommen, die anhängen, bis alles abgearbeitet ist. Sollte am Dokument-Ende noch ein Rest übrig sein, den dann auf der letzten Seite (und ggf. folgende) noch einfügen.
Liest sich einfach, ist es aber nicht. Für ernsthaftes, wissenschaftliches und/oder technisches Arbeiten (z.B. Protokolle) mit Text ist es jedoch zwingend erforderlich.
…und wo kommt dann die Fußnote der zweiten bzw dritten Seite hin? Über/Zwischen den Lauftext der ersten Fußnote auf die zweite Seite, hinter den Text auf die achte Seite? Ist alles nicht so schön.
Für das alles gibt es längst haarklein ausgearbeitete Regeln. Früher haben das nicht Computer gemacht, sondern Setzer mit der Hand am Bleikasten, und die haben dafür beinharte, glasklare Regeln in der Schule gelernt. Diese Regeln muss man nur mal wieder ausgraben. Besser, als das Rad neu zu erfinden.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine, dass Umberto Ecco ein kleines Sachbuch zu diesem Thema geschrieben hat. Vermutlich vor seiner Karriere als Literat. Ich hab das auf irgendeiner Lesereise in irgendeiner Buchhandlung mal in der Hand gehalten; es ging darum, wie man wissenschaftliche/akademische Arbeiten gestaltet. Wie Literaturhinweise zu formatieren sind, was bei Verweisen auf Bücher anders ist als bei Verweisen auf Zeitschriftenartikel, und so weiter. Zweifellos ging es darin auch um Fußnoten.
Wenn das Subthema wichtig war, dann hätte es in ein eigenes Kapitel gehört. Wenn nicht, dann hatte es in dem Text nichts zu suchen.
Die wohl wichtigste Eigenschaft einer Fußnote ist in meinen Augen: Ihr Inhalt ist unwichtig. Der Text muss für den Leser ohne Abstriche verständlich sein, ohne dass er die Fußnoten mitliest. Alles, was für das Verständnis des Textes relevant ist, gehört auch in den Text.
Wenn in einer wissenschaftlichen Arbeit die irrelevanten Fußnoten mehr Raum auf einer Seite einnehmen als der relevante Text, dann sollte man sie dringend nochmal überarbeiten.
Das ist zu kurz gedacht. Wenn der Inhalt der Fußnote unwichtig wäre, könnte man sie ja weglassen.
Zweck der Fußnote ist die Vertiefung des Haupttextes. Sei es durch eine Quellenangabe, sei es durch eine kurze Anmerkung (in Romanen findet manchmal Anmerkungen des Übersetzers, wenn es ein nicht übertragbares Wortspiel zu erklären gilt od.gl.), sei es durch längere Ausführungen. Im Grunde sind Fußnoten (Endnoten natürlich auch) der erste Versuch, in Richtung dessen zu gehen, was man heute Hypertext nennt.
Das ist richtig, macht Fußnoten aber nicht überflüssig.
Also, meines Wissens gibt es Fakultäten, die würden eine Arbeit ohne Fußnoten überhaupt nicht annehmen.
Stichwort Imponiergehabe. Das ist aus der akademischen Welt nicht wegzudenken. Bei den „Geisties“ waren die Fußnoten (am liebsten mehrfach verschachtelt, also Fußnoten mit Unterfußnoten, und klar, am besten über mehrere Seiten)* das, was bei uns Ingenieuren die Anhänge waren, die gar nicht dick genug sein konnten, mit Hunderten von Tabellen, Diagrammen usw. (Rekordhalter an dem Institut, an dem ich HiWi war, war eine Diplomarbeit, die 10 Ordner füllte – wobei der eigentliche Text nur 50 Seiten oder so war, der Rest waren Anlagen… )
Und zu meiner Zeit musste man das alles mit der Schreibmaschine** machen! Ein Alptraum, wenn einem da Tippfehler unterliefen…!
** Die Jüngeren unter uns mögen in der Wikipedia nachschauen, was das ist. Und erschauern.
Absolut richtig, genau das ist der springende Punkt! Wenn ein Verfasser sich seinen Text nimmt, und einfach mal alle Fußnoten nebst Inhalt löscht, dann darf der Text dadurch nicht unverständlich, weniger aussagekräftig oder sonstwie schlechter werden!
Natürlich haben Fußnoten Sinn und Zweck, aber dieser Zweck hat nichts mit dem Text an sich zu tun - Fußnoten dürfen weder Teil der Gliederung, Teil einer Argumentation, Teil eines Sinnzusammenhangs, noch sonstwie Teil des eigentlichen Textes sein.
Für sehr gefährlich halte ich deshalb auch die Formulierung “Zweck der Fußnote ist die Vertiefung des Haupttextes” - denn obgleich aus deinen Beispielen klar wird, was gemeint ist, segnet man damit auch leicht die falsche Anwendung von Fußnoten ab:
Typischer Fußnoten-Mißbrauch besteht z.B. darin, dass Studenten, die noch nicht gelernt haben, wichtiges von unwichtigem zu trennen, die Fußnoten als “Zwischenstufe” zwischen in-den-Text-aufnehmen und komplett-weglassen verwenden - so nach dem Motto “wichtig genug für den Text isses ja eigentlich nicht, dann mach ich halt ne Fußnote draus”. Noch schlimmer ist natürlich das Imponiergehabe, das du schon erwähnt hast - wenn Leute ihren Text durch verworrene Schachtelsätze, umständliche Formulierungen, übertiebenen Fremdwortgebrauch und ein Übermaß an Fußnoten verderben, mit der Intention “wissenschaftlicher” zu wirken. Dabei sollte eigentlich jedem klar sein, dass die größte Kunst darin besteht, komplexe Sachverhalte einfach und verständlich darzusellen.
Das steht auch so, wenn Du mal in der Wikipedia nach „Fußnoten“ guckst und die Links zu externen Seiten verfolgst, in den meisten Anleitungen.
Die Frage ist aber doch: Wäre es gut, wenn Papyrus Fußnoten > 1 Seite könnte? Und da sage ich, ja, es wäre gut, denn es kann auch bei sinnvollem, überlegtem und nicht von Imponiergehabe getriebenem Arbeiten eine Situation geben, in der man eine solche lange Fußnote brauchen könnte.
In meinem letzten Roman habe ich Fußnoten verwendet, was für Romane unüblich ist, was ich aber aus bestimmten Erwägungen heraus für angebracht hielt. Und ein Fall war dabei, in dem ich eine solch überlange Fußnote gut hätte brauchen können; ich musste mir damit behelfen, sie aufzuteilen und an zwei Stellen anzuhängen, was aber ein Notbehelf war, der mir nicht so gefallen hat. Besser gefallen hätte mir, wenn Papyrus sie einfach mit nonchalantem Lächeln auf mehrere Seiten umgebrochen hätte und gut.
Umgekehrt wird man niemanden durch Funktionseinschränkungen daran hindern, auch die eingeschränkte Funktion zu missbrauchen. Insofern ist die Diskussion, dass Fußnoten oft missbräuchlich verwendet werden, müssig: Manche Leute müsste man eigentlich ganz vom Schreiben abhalten, wenn es danach ginge…
Ich würde eher fragen: Sollte Entwicklungszeit und -aufwand in eine solche Funktion investiert werden? Und da würde ich sagen: Nein, das lohnt sich nicht.
Das ist eine Prioritätenfrage, die kann nur Ulli beantworten. Nicht zuletzt, weil wir ja nur “wollen haben” sagen können, aber den Aufwand dafür nicht einschätzen können.
Es gibt Wichtigeres und Dringenderes, klar. Aber falls man Akademiker als Zielgruppe anpeilt, ist eine leistungsfähige Fußnotenverwaltung unabdingbar, schätze ich.