Ich schreibe aktuell auch ein Buch über einen ITler, was der so erlebt und alles. Der Natur der Sache ist geschuldet, dass ich natürlich viel aus meinem Leben mit einbringe. Natürlich kommen da auch ein paar Personen vor, die mir entweder geholfen oder Steine in den Weg gelegt haben.
Ich hab das dann so gelöst bislang, dass ich einfach die Namen geändert und mehrere Personen zu einer verschmolzen habe. Dann kann mir hinterher keiner kommen, dass er befürchte erkannt zu werden. Das könnte maximal bei Menschen passieren, die dasselbe miterlebt haben und selbst da ist es durch die Verschmelzung nicht eindeutig.
Wenn Du bei Deiner Geschichte niemanden auf die Zehen steigst, sondern ihn positiv darstellst, dann sollte es kein Problem sein.
Wenn Du vorhast, jemandem bewusst auf die Zehen zu steigen und die Befürchtung hegst, dass Dich dieser Jemand danach vor Gericht zerrt, dann hilft nur eine entsprechende Verkleidung. Es kommt darauf an, wieviel Persönlichkeit Du durch die Maskerade durchblitzen lässt. Kann er vom Durchschnittsleser ohne langes Nachdenken erkannt werden und liegt es durchaus in Deiner Absicht, dass er erkannt werden soll(!), dann such Dir vor der Veröffentlichung einen Anwalt - möglichst nicht von derselben Fraktion - und lass diesen das Buch (oder den Entwurf) lesen.
In unserer mimimi-Welt, in der (man verzeihe mir den Ausdruck) schon jeder Ameisenfurz Anlass gibt, zum Kadi zu laufen, kommt das Honorar dafür wahrscheinlich billiger als allfällige Klagen.
(Ich persönlich maskiere meine Figuren kaum - no risk, no fun. Und sollte ich - wider jegliche Wahrscheinlichkeit - so berühmt werden, dass man meine Bücher näher unter die Lupe nimmt, dann wäre es für mich eine Ehre, wenn man sie für wichtig genug nähme, um sie zu verbrennen …)
Ich habe mich früher bei den Dilbert-Comics immer gefragt, wie die so perfekt meine Vorgesetzten porträtieren konnten, ohne dass sie jemand verklagt hat … Solange man Namen ändert und Firmen, Orte, etc. auch, so dass niemand beweisen kann, dass er gemeint ist, sollte es kein Problem sein. keine Rechtsberatung
Wie die anderen schon sagten: Verfremdung ist das Zauberwort. Da wird aus der übergewichtigen Imbissbetreiberin Charlotte K. (27), die ständig ein Hauch von Pommesduft umweht und ihre Wortbeiträge üblicherweise mit „Pass ma auf …!“ beginnt, der 58jährige Schulhausmeister Norbert P., der irgendwie immer nach Bohnerwachs riecht und an seine Sätze grundsätzlich ein „… verstehste, ne?“ anhängt. Gleiches gilt für Handlungen.You get my drift.
Falls du allerdings irgendeine nachträgliche Generalsabrechnung mit ein paar Leuten planst, solltest du dir vorher zwei Fragen stellen:
Willst du dich wirklich über den Entstehungszeitraum deines Romans hinweg nochmals täglich mit diesen Leuten, dem ganzen Ärger und alten Wunden auseinandersetzen? Denn du verdirbst dir damit die Laune und züchtest an einem Magengeschwür, diese Leute leben ja unbehelligt weiter.
Sind es solche Leute wirklich wert, dass man ihnen auch noch ein literarisches Andenken setzt?
Ich habe das schon mal bei einer Kurzgeschichte gemacht. Es hat meine Seele befreit, ich fühlte mich nachher gut und die Geschichte ist zudem gelungen (habe entsprechendes Feedback bekommen). Also, wieso nicht?
Natürlich kann so etwas eine kathartische Wirkung haben, ich meine ja auch nur, dass man sich obige Fragen ernsthaft stellen und sich bewusst machen sollte, dass so etwas auch auf einen selbst eine Wirkung hat. Wenn du danach immer noch der Meinung bist, dass es sein muss, dann go for it!
Mein Problem ist, dass ich als „Mystik Coach“ meine persönlichen „Erkenntnisse“ vermitteln möchte/muss, die aber natürlich mit Reflexionen zu realen Ereignissen und Personen verknüpft sind.
Damit Lesende alles verstehen, kann ich aber im Grunde nur meine „Wahrheit“ und mein „Erleben“ authentisch beschreiben. Sonst geht doch der Sinn verloren. Zumindest fühlt es sich so an!
Was auch immer ich mir unter einem „Mystik Coach“ vorstellen darf, aber wenn du in deinem geplanten Buch Fallbeispiele bringen willst, sollte es meiner völlig unjuristischen Laienmeinung nach ausreichen, die Betreffenden zu anonymisieren. Dann wird aus Helga Meier, Berlin eben Eva D. aus N., so machen es andere Ratgeber oder Zeitungen ja auch.
Wenn du ganz „sauber“ sein willst, dann mach es so, wie @Suse es oben schon vorgeschlagen hat und lass dir von deinen Klienten eine Einverständniserklärung unterschreiben.
Ein Anwalt kann dir da sicher behilflich sein und entsprechend auch ein juristisch wasserfestes Schreiben aufsetzen.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit der Klage gegen das Buch „Ezra“ von Maxim Biller hier klar geurteilt: nachzulesen dort.
Ähnlich erging es in Deutschland dem Autor Alban Nikolai Herbst mit seinem Roman Meere, erschienen im mareverlag, nachzulesen hier.
Eine gute Zusammenfassung über Persönlichkeitsrechte hier.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, sich also im Bereich der Gauß’schen Normalverteilung befindend, darf man einen fiktiven Roman über unseren Bundeskanzler Olaf Scholz schreiben, der in einer Parallelwelt in der Warburg-Bank einen Bankraub verübt.
Ich zweifle, ob ein Anwalt hier wirklich weiter hilft? Persönlichkeitsrechte sind ein diffiziles Feld und zusätzlich spielt es eine Rolle, ob es um Personen des öffentlichen Lebens geht (siehe Stuckrad-Barres Schlüsselroman über die Bild-Macher Döpfner, Reichelt & Co. oder Karaseks Schlüsselroman über den Spiegel - wobei Medienmachern da wohl ein besonders dickes Fell zuzumuten ist; gerade gesehen: @Donnie hat hierzu oben einen interessanten Link beigesteuert) oder um „normale“ Menschen, die an die Öffentlichkeit gezerrt werden.
Ich persönlich würde grundsätzlich davor zurückscheuen, Menschen aus meinem Umfeld - egal ob Freund, Feind, Kollege oder Nachbar - ohne deren Einverständnis zu identifizierbaren Protagonisten eines Buches zu machen, weniger aus juristischen, als aus moralischen Erwägungen. Möchte ich, dass das jemand mit mir macht?
Genau das ist die Schwierigkeit. Ab wann ist ein Wiedererkennen Zufall oder Tatsache? Das meine ich jetzt ganz allgemein. Ich könnte mir ja etwas ausdenken und rein zufällig gibt es so einen Menschen, der meiner Figur zu 99% ähnelt, ohne dass ich etwas davon weiß.
In der Musik gibt es Beispiele für Plagiatsvorwürfe, bei denen die Urheber zufällig dieselbe Idee hatten
12 Töne
26 Buchstaben
Das ist im Grunde genommen nicht viel.
Natürlich möchte ich die Menschen, durch die ich sehr sehr sehr viel lernen durfte, schützen. Darum bin ich in diesem Dilemma. Gleichzeitig muss ich den Lesenden gegenüber ehrlich sein.
Und die Frage ist ja auch: Selbst wenn ich die Personen verfremden würde, wäre ich mit meiner Biographie und meinem Lebenslauf als Autorin sichtbar…
Ich müsste im Grunde meine Identität ändern , aber das ist als Coach auch irgendwie kontraproduktiv
Alban Nikolai Herbst, dessen Weblog hier zu finden ist, hat um 2006 herum für seinen damals noch nicht fertigen Roman Argo Anderswelt eine Nebenfigur/Hauptfigur bei Ebay verteigert (hier das Interview dazu).
Man sieht, es geht auch umgekehrt - man lässt sich dafür bezahlen, eine existierende, echte Person in einem Roman spielen zu lassen!
Ich denke, jeder Autor vermischt in seinem Werk verschiedene erlebte, gekannte Personen zu neuen Charakteren um, sodass sie nicht mehr zu erkennen sind.
… Musik ist ein guter Hinweis. Moderne Pop-/Schlager-Hits werden nach speziellen, sogar relativ engen handwerklichen Regeln konstruiert/komponiert, die Ähnlichkeiten nachvollziehbar bzw. sogar wahrscheinlich machen. Es werden deswegen ja regelmäßig Plagiats-Prozesse geführt, bei denen sprichwörtlich jeder Ton auf den Prüfstand kommt. Und vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Hier braucht man einfach einen inneren Kompass - eine Patentlösung- bzw. -Antwort wird es nicht geben.