📝 Frage / Beitragstext

Hallo zusammen,

ich habe eine Frage an euch als Schreibende:

Habt ihr Erfahrung damit, Songtexte direkt in einen Roman einzubauen,
wenn es diese Songs auch wirklich als Musik gibt?

In meiner Fantasy-Reihe Die Anker-Saga sind die Songs Teil der Handlung
(z. B. Lieder, die Figuren singen oder die emotional eine Szene tragen).
Aus Teil 1 existieren diese Songs bereits als echte Lieder –
sie sind also nicht nur Text, sondern auch hörbar.

Mich interessiert dabei weniger Werbung, sondern eure Erfahrungen:

  • Wie sind Leser*innen damit umgegangen?
  • Gab es Stolpersteine (Rechte, LĂ€nge, Platzierung)?
  • Wirkt es eher immersiv oder reißt es manche aus dem Lesefluss?

Danke euch fĂŒrs Teilen eurer Sichtweisen.

1 „GefĂ€llt mir“

Ich hÀtte da zu viel Angst, mir Abmahnungen einzuhandeln.

Deshalb lasse ich es ganz.

2 „GefĂ€llt mir“

Danke dir, das ist absolut nachvollziehbar.
Gerade beim Thema Musik & Texte ist die Rechtslage ein wichtiger Punkt und viele lassen es genau aus dem Grund.

In meinem Fall geht es ausschließlich um eigene Songtexte, die speziell fĂŒr die Geschichte geschrieben wurden und bei denen die Rechte vollstĂ€ndig bei mir liegen.
Mich interessiert das Thema deshalb vor allem aus handwerklicher Sicht (Lesefluss, Wirkung, Platzierung), weniger aus Marketing-Sicht.

Aber ich verstehe total, warum man ohne diese Klarheit lieber die Finger davon lÀsst.

Vielleicht kannst du uns mal eine Probe einstellen. Theoretisch ist das immer schwer zu beurteilen. Es kommt darauf an, wie man die Texte platziert
 passt es oder nicht etc
Ansonsten finde ich nichts Negatives daran
 Machen manche Autoren auch

Kontext:
In der Szene wird kein Lied „aufgefĂŒhrt“, sondern es entsteht als innerer Moment –
wie ein Echo zwischen Figur und WĂ€chter.

Textprobe:

Hand in Pfote, Herz im Wind,
wir finden heim, wo wir sind.
Wenn Schatten flĂŒstern, bleib bei mir,
ich halt dich fest, verlier dich nie.

Ich bin dein Echo, du mein Klang,
unser Lied bleibt ewig lang.

Mich interessiert vor allem:
Wirkt das tragend im Textfluss –
oder fĂŒhlt es sich eher wie ein Bruch an?

Klingt sehr schön
der Text. Ob es ein Bruch ist, kann man ohne den gesamten Kontext nicht beurteilen, sprich einen kompletten Text mit eingefĂŒgten Songtext :grinning:

1 „GefĂ€llt mir“

Genau deshalb war mir wichtig, dass die Songtexte nicht abrupt einsetzen.
Sie entstehen aus dem inneren Moment der Szene heraus und gehen danach wieder nahtlos in den Fließtext zurĂŒck.

Im vollstĂ€ndigen Kapitel ist der Übergang bewusst ruhig gehalten,
sodass der Text nicht wie ein Einschub wirkt, sondern wie ein Verdichten dessen,
was emotional ohnehin schon da ist.

Ob das fĂŒr jede*n funktioniert, ist natĂŒrlich Geschmackssache –
aber mein Ziel war ein flĂŒssiger Übergang, kein Bruch.

1 „GefĂ€llt mir“

Ich sage mal, das wird funktionieren

Danke dir, das freut mich.
Genau auf dieses unaufdringliche Funktionieren habe ich gehofft.

Servus, @Kai.W

Ja, es kann funktionieren, kommt aber, wie du selbst schon bemerkt hast, enorm auf den Kontext an, in dem das Songzitat zum anderen Text steht. Aber auch wie oft du zu diesen Kunstgriff greifst. Wird das inflationÀr gehandhabt, hast du, ehe du dich versiehst, ein Musical-Libretto geschaffen.
Eine weitere Überlegung ist wie lange der eingeschobene Songtext selbst ist. Sind es mehr als nur zwei Zeilen bzw. ein Vers, dann schreibe es in jener Form, wie du es oben vorgestellt hast - also deutlich abgehoben durch einen Absatz oder eine andere Schriftart. BeschrĂ€nkt es sich auf eine oder zwei Liedzeilen, lass es im selben Textfluß wie den restlichen Text, hebe es allerdings kursiv hervor. Hier ein kleines Beispiel aus einer Geschichte von mir:

Eine Siedlung im SpeckgĂŒrtel vor der Stadt wie viele andere: ĂŒberdimensionale Schuhschachteln, im Schnellbauverfahren hochgezogen, mit quadratischen Grundrissen und FlachdĂ€chern, davor Carports und VorgĂ€rten in HandtuchgrĂ¶ĂŸe, eingerahmt von blickdichten Thujenhecken. „Lauter gleiche HĂ€user fĂŒr lauter gleiche Leut‘, die in die gleiche Arbeit fahren zu der gleichen Zeit“, ging mir ein Songtext durch den Kopf. In der Tat: Es war eine Form der Gleichmacherei, die ich nicht mochte. Die hatte nichts mit gleichen Rechten zu tun, sondern nur mit gleichen Schulden.

Bei (Song)Texten, die (noch) dem Urheberrecht unterliegen sei allerdings Vorsicht geboten, das kann, wie @KaePie schon bemerkt hat, rasch in die Geldbörse gehen. Also immer um (schriftliche) Erlaubnis anfragen (Ausnahme sind hier lediglich die korrekten Liedtitel). Außerdem ist es, denke ich, auch eine Frage des Respektes fĂŒr den ursprĂŒnglichen Autor, wenigstens dessen Namen in irgendeiner Form zu erwĂ€hnen - wenns gar nicht anders geht im Anhang des Romans.
Ist dir das zu fad oder zu kompliziert, der Text aber fĂŒr den Verlauf deiner Geschichte wichtig, dann geht noch immer, das Zitat mit eigenen Worten wiederzugeben (also zu paraphrasieren).


 er sagte den kompletten Text auf, obwohl er ihn nur ein einziges Mal gehört hatte: von einer dreckigen Kleinstadt, in der die Sonne nie scheint, und wo nichts einen Sinn ergab, weil man tot sein wĂŒrde, noch bevor die Zeit um war.
Ich hatte keine MĂŒhe, die Worte, die er in Englisch gesagt hatte, zu ĂŒbersetzen, kapierte aber nicht, worauf er hinauswollte.
»Versteht ihr denn nicht?«, flehte er fast, »Das sind wir, von denen die Animals singen! Der Song ist fĂŒr uns!« Und dann sang er den Refrain, dass man wegmusste von diesem Platz und wenn es das Letzte war, was man tat und dass es einen besseren Platz gab fĂŒr sein MĂ€dchen und ihn.

Ich hoffe ich konnte dir damit helfen.

3 „GefĂ€llt mir“

Servus, danke dir fĂŒr die ausfĂŒhrliche und sehr hilfreiche EinschĂ€tzung.

Genau diese Punkte waren auch meine Überlegungen:
Kontext, HĂ€ufigkeit und vor allem die LĂ€nge des eingeschobenen Textes.
Ein „inflationĂ€res Musical-Libretto“ möchte ich unbedingt vermeiden –
die Songtexte sollen bei mir Ausnahme bleiben, nicht Stilmittel auf Dauer.

Die Unterscheidung, die du beschreibst (kurze Zeilen im Fließtext, lĂ€ngere Passagen klar abgehoben), deckt sich sehr mit meinem Ansatz.
Mir geht es dabei weniger um das Zitieren eines Songs, sondern um eine emotionale Verdichtung eines Moments, der im Text ohnehin schon da ist.

Was Urheberrecht betrifft: absolut bei dir.
In meinem Fall handelt es sich ausschließlich um eigene Texte, bei denen die Rechte vollstĂ€ndig bei mir liegen.
Fremde Songtexte wĂŒrde ich – wenn ĂŒberhaupt – nur paraphrasieren oder andeuten.

Danke dir auf jeden Fall fĂŒr die praxisnahen Hinweise, das hilft sehr bei der Feinjustierung.

1 „GefĂ€llt mir“

Ich habe bei meinem ersten Roman auch (selbstgeschriebene) Lieder eingebaut und das kam bei allen Lesern gut an, soweit ich Feedback dazu bekommen habe.

3 „GefĂ€llt mir“

Danke dir fĂŒrs Teilen, das ist spannend zu hören.
Gerade die RĂŒckmeldung von Leser*innen ist da ja entscheidend –
schön, dass es bei dir gut funktioniert hat.

1 „GefĂ€llt mir“

In einer Geschichte habe ich einen eigenen Liedtext erstellt, weil er entscheidend fĂŒr den Fortgang der Geschichte war. Da hat den Lesern gefallen.
In einem Verlags-Roman habe ich die Vorgaben des Verlags erfĂŒllt: nur Liedtitel und Interpret, aber da ging es um die Stimmung. Kaum jemand kennt z.B. Battle von Clannad, aber der Titel sagt alles. Bei anderen Liedern ging um AtmosphĂ€re wie „Puts the lights on“ am Lagerfeuer.
Ich behaupte mal, fast jeder kennt Halleluja von Leonhard Cohen, wenn meine Protagonistin es mit tiefer Stimme singt und ihrer Familie dabei eine GĂ€nsehaut ĂŒber den RĂŒcken rinnt, braucht es keine Textzitate.
Ich habe eine Playlist erstellt und die Titel am Ende des Buches aufgelistet.

Laienmeinung:
Titel und Interpret sind rechtlich unbedenklich, bei allem anderen kann es Probleme geben, besonders natĂŒrlich, wenn das Buch Erfolg hat.
Songs, deren Komponisten ĂŒber 70 Jahre tot sind, fallen in der Regel auch nicht mehr unters Urheberrecht.

Hast du mal Georg R.R. Martin gelesen? Da werden oft Lieder zitiert, die allerdings nur deshalb heute mit Musik existieren, weil sie fĂŒr die Serie komponiert wurden.
Doch auch ohne Melodie hat mich „The Rains of Castamere“ total mitgerissen, das hat Stimmung geschaffen, wann immer das Lied erwĂ€hnt wurde.

Musik aus unserer Welt in einem Fantasy-Roman wĂŒrde mich stören. Genau wie echte Religionen etc., wobei es immer darauf ankommt, wie weit unsere Welt da prĂ€sent ist.

2 „GefĂ€llt mir“

Was sind denn „Songtexte“?

  • Reden wir von einer Zeile?
  • Reden wir von einer Strophe?
  • Reden wir von einem ganzen Lied?

Sieh dir das hier an:

Ist kein Songtextl, sondern nur eine Prophetie nach der 78. Überarbeitung.

  • Liest die sich gut?
  • Nervt sie?
  • Glaubst du, die Reaktion von Großmogul Kobos stand so im ersten Textentwurf?

Mir fÀllt beim Thema Lieder deren exzessive Verwendung in Herr der Ringe ein. Und die nervt mich. Aber im Gegensatz zu vielen in diesem Forum, die dieses Buch nicht lesen können, hab ich es ein paarmal gelesen und finde es trotzdem gut.

Nichts reißt mich so sehr aus dem Lesefluss wie dein Gendern. Machst du aber trotzdem, weil es dir irgendwie wichtig ist. Und genau das wĂŒrde ich dir auch im Umgang mit deinen Texten empfehlen. Es ist dein Werk. Mach es so, wie du es fĂŒr lesenswert hĂ€ltst. Sonst kommst du kaum weiter.

Wie gefÀllt dir diese Buchseite hier?

„Igitt, da sind ja Bilder drin“, argwöhnte man hier im Forum. Wieder etwas, das die Leute aus ihrem magischen Lesefluss warf - nur die HĂ€lfte, die anderen fanden es gut. Aber die ablehnende HĂ€lfte wĂŒrde sofort das Buch zum Einpacken von rohem Fisch aussondern.

Was tust du jetzt? Ich hab alle Bilder rausgeworfen. Lieber die einen nicht glĂŒcklich machen, statt die anderen zu verĂ€rgern.

Ich sag dir was. Ich hab sie inzwischen alle wieder reingetan und das Buch neu veröffentlicht. Sollen sie sich doch alle Helene Fischer anmachen, wenn es ihnen nicht passt. Ich mag Karten. Ich mochte immer Karten. Und die einzige Möglichkeit, die Karten auch im E-Book zu zeigen, ist, sie in den Text einzubauen.

Warum hab ich also ĂŒberhaupt hier gefragt? :slight_smile:

Zumindest rechtlich gibt es große Stolpersteine. Aber natĂŒrlich nicht, wenn du alle Rechte hast.

Das Einzige, was ich wirklich bedenken wĂŒrde, ist folgendes.

In meiner Mafiageschichte hatte ich eine Fortsetzung angefangen, die wahrscheinlich nie veröffentlicht werden wird. Im bisher veröffentlichten Band wurde ein MĂ€dchen von einer kriminellen Organisation entfĂŒhrt und schlimm verstört. Die hĂ€tte sich in einem Folgeband den bibeltreuen Christen zugewandt.

Hier habe ich tatsÀchlich einige Liedtexte dieser christlichen Anbetungslieder mit drin. Und ich wollte sogar Verweise dazustellen, dass man sie sich ggf. anhören kann. Das war quasi meine persönliche Verarbeitung meiner evangelikalen Zeit aus den Neunzigern.

Ich bin also hier Ă€hnlich unterwegs gewesen wie du. Was ich mich gefragt habe - und was du dich auch fragen solltest: Haben diese Lieder fĂŒr dich als Autor die gleiche Bedeutung wie fĂŒr die Leser? Verbinden deine Leser die gleichen GefĂŒhle mit den Liedern? Oder kann es sein, dass diese Lieder fĂŒr dich das Abenteuer verstĂ€rken - fĂŒr die Leser aber einfach nur poetisches Beiwerk sind, das sie querlesen, ohne dass es deren GefĂŒhlszentrum in Ă€hnlicher Weise zum Schwingen bringt.

An dieser Stelle wĂ€re ich tatsĂ€chlich vorsichtig. Denn es kann sein, dass dein Hirn fĂŒr dich schon automatisch die Melodie im Hintergrund abspielt, wĂ€hrend deine Leser sich so verhalten wie ich bei Herr der Ringe: NĂ€mlich nach vorn blĂ€ttern, und danach weiterlesen.

Genauere Meinungen kannst du dir nur einholen, wenn du mal so ein Kapitel abwirfst. Wobei ich dir jetzt schon voraussagen kann, dass du dann unterschiedliche Ansichten hören wirst.

2 „GefĂ€llt mir“

Liedtexte, Gedichte etc. lese ich so gut wie nie. Nicht einmal ein berĂŒhmtes Zitat am Anfang eines Buches. Denn damit kann nur der Autor etwas anfangen (Meinung), mir ist seine Stimmung schnurz, seine SentimentalitĂ€t. Ich habe genug eigene SentimentalitĂ€t. Ich schreibe solche Zitate, fremde Texte, auch nicht mehr in meine BĂŒcher, seit mir bewusst wurde, dass ich sie als Leser nicht goutiere oder lese. Sie mögen euch so wichtig sein, dass ihr extra die Erlaubnis einholt, und dann werden sie nicht einmal gelesen oder von hundert Leuten. Ehrlich, das ist den Aufwand nicht wert, steckt die Zeit lieber in die Verbesserung eurer Geschichte.

2 „GefĂ€llt mir“

Solche Texte sollen ja kein aufgesetztes Extra sein, sondern ein Teil der Geschichte. Deshalb reden wir hier im Kern von selbstgeschriebenen Texten, bei denen man auch keine Erlaubnis benötigt. Wenn in einem Fantasy-Buch eine Prophezeiung in Form eines Gedichtes vorkommt oder ein Protagonist in einem Roman etwas nur durch ein Lied ausdrĂŒcken kann, was er/sie zum Beispiel nicht sagen mag, dann ist das Teil der Story und sollte besser nicht ĂŒberlesen werden, finde ich. NatĂŒrlich darf man es trotzdem nicht mögen, wie jedes Stilmittel.

9 „GefĂ€llt mir“

Danke fĂŒr die ausfĂŒhrliche Antwort und die Beispiele.

Mir ist wichtig, zwei Dinge voneinander zu trennen:
Zum einen geht es mir nicht um Songtexte aus unserer Welt, sondern um eigene, fĂŒr die Geschichte geschriebene Texte – Lieder, Prophezeiungen oder Rituale, die innerhalb der Welt existieren. Diese stammen vollstĂ€ndig von mir selbst und sind Teil der ErzĂ€hlung, keine Zitate realer Songs. Entsprechend gibt es hier auch keine urheberrechtlichen EinschrĂ€nkungen.

Zum anderen ist mir bewusst, dass solche Elemente sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Manche Leser*innen bleiben daran hĂ€ngen, andere lesen darĂŒber hinweg – Ă€hnlich wie bei Karten, Bildern, besonderen Formatierungen oder auch beim ErzĂ€hltempo. Das ist fĂŒr mich kein Ausschlusskriterium, sondern eine Frage der Passung zur eigenen Geschichte.

Ich versuche weniger, etwas zu schreiben, das allen gefĂ€llt, sondern etwas, das fĂŒr meine Figuren und ihre Welt stimmig ist. Wenn ein Text fĂŒr den Fortgang oder die emotionale Bedeutung einer Szene wichtig ist, nehme ich in Kauf, dass nicht jede Leserin und jeder Leser ihn gleich intensiv wahrnimmt.

Die Hinweise zu Platzierung, LĂ€nge und Wirkung sind trotzdem wertvoll – danke dafĂŒr.

Gute Entscheidung, denn der dargestellte Abschnitt ist extrem gut! Sowohl Text, als auch Bild. Mich holt das völlig ab.

3 „GefĂ€llt mir“

Ich werde dir weder zu- noch abraten, obwohl ich zum Abraten tendiere. Schau es dir einfach kritisch an. Letzten Endes ist es ja dein Buch. Und ich hatte einige Testleser, die sehr begeistert waren von ihren eigenen Ideen, wie eine Szene ausgehen könnte. Da half manchmal auch kein Verweis darauf, dass das, was darin geschieht fĂŒr die nĂ€chsten drei BĂ€nde von Belang ist. Manchmal muss man auch tun, was man eben selbst fĂŒr richtig hĂ€lt.

Zu den Liedtexten vielleicht noch zwei Gedanken.

Ich habe selbst in den Neunzigern bestimmt 50 Songs geschrieben. Einen 1996 als ich 30 wurde und meine kleine Nichte geboren wurde. Ich schrieb ĂŒber eine Welt, die nur in ErzĂ€hlungen existiert. Eine Welt, die stattgefunden hat, aber die man selbst (als Baby) spĂ€ter nur aus den ErzĂ€hlungen anderer nacherlebt.

Wie du unschwer nachrechnen kannst, wird diese kleine Nichte nĂ€chstes Jahr 30. So hat dieser Song, dessen Text irgendwo auf dem Speicher vor sich hindĂŒmpelt, fĂŒr mich eine Bedeutung. Die Frage ist nur, ob ein Leser diesem Text mit Ă€hnlichen GefĂŒhlen begegnen wĂŒrde, wenn ich ihn irgendwo einbauen wĂŒrde. Denn diese Beziehung dazu ist ja nicht vorhanden und kann möglicherweise auch mit ErklĂ€rungen nicht aufgerichtet werden.

Dann gibt es zwei Songs, die fĂŒr mich bis heute wundersame GefĂŒhle auslösen: Das erste Mal verliebt. 3 Monate nachts rumgeheult, statt zu schlafen. Dieses damals 15-jĂ€hrige MĂ€dchen wird fĂŒr mich immer irgendwie 15 bleiben, auch wenn sie heute fast 60 ist. Ich erinnere mich noch an ihre Telefonnnumer und ihren Geburtstag. Aber die GefĂŒhle, die diese Lieder in mir auslösen, haben ja mit der RealitĂ€t nichts zu tun.

Wenn ich nun versucht wĂ€re, eine Zeile aus diesen Songs in meinen Text einzubauen - nehmen wir mal an, das wĂ€re rechtlich möglich -, wĂŒrde ich diese GefĂŒhle beim Lesen nacherleben. Meine Leser allerdings nicht. FĂŒr sie wĂ€ren es möglicherweise völlig unbekannte Lieder.

Das bedeutet: Was mich tiefer in die Story hineinzieht und in mir tiefe GefĂŒhle auslöst, wĂ€re fĂŒr meine Leser nur ein unemotionaler Text, der nichts in ihnen auslöst und den sie ĂŒberlesen.

Ich tendiere dazu, anzunehmen, dass das bei den Texten, die du im Auge hast, Ă€hnlich wĂ€re. Mit einem gewissen Augenmaß eingesetzt, glaube ich allerdings auch nicht, dass sie schĂ€dlich wĂ€ren. So etwas ist ja meist optisch abgesetzt und man kann es ĂŒberspringen, wenn es einen nicht interessiert.

Wenn ich mich dazu entscheiden wĂŒrde, fertige Songs von mir in meinen Text einzubauen, wĂŒrde ich im Buch wahrscheinlich auch die Möglichkeit anbieten, sie irgendwie anzuhören. Und wenn es ĂŒber einen mega-unkonventionellen QR-Code im Text wĂ€re. Da werden sich einigen hier zwar die FußnĂ€gel hochrollen. Aber das gĂ€be deinem Publikum die Möglichkeit, etwas von dem Zauber mitzuerleben, den diese Songs haben. Wenn ich in einem Buch auf so etwas stoßen wĂŒrde, könnte es sein, dass ich da mal reinhöre - immer vorausgesetzt, dass das Zeug nicht so hĂ€ufig kommt, dass es mein Lesen nachhaltig stören wĂŒrde.

4 „GefĂ€llt mir“