Frage an Bienengiftallergiker oder Imker

Hallo ihr Lieben,

in einer kurzen Geschichte geht es u.a. drum, dass jemand vergiftet werden soll. Das Gift soll mit dem Essen beigebracht werden und kaum bzw. einen leicht zu übertünchenden Eigengeschmack aufweisen. Der Tod soll rasch ( max. 30 Minuten) und möglichst “sauber” eintreten - Gifte, die zuerst Durchfall, Erbrechen etc. oder Verätzungen auslösen, scheiden also aus.

Nachdem ich ausgiebig zu Giftpflanzen und giftigen Pilzen recherchiert habe, kam mir die Idee, dass das potenzielle Opfer eine Allergie gegen Bienengift haben könnte. Nun meine Frage: Treten die allergischen Reaktionen auch ein, wenn der Täter

a) das Bienengift lange vorher gewinnt, trocknet und es als Pulver über die Mahlzeit streut (nicht erhitzt) oder
b) ganze zermahlene Bienen dafür verwendet?

Wäre toll, wenn ihr mir helfen könntet.

Carmen P

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Dass Bienengift über den Verdauungstrakt aufgenommen wird habe ich noch nie gehört, aber sicher ausschließen kann ich es auch nicht.

Den gewünschten Effekt kann man aber bei entsprechender allergischen Disposition des Opfers zum Beispiel mit Fischeiweiß oder Gewürzen erzielen. Da reichen sehr geringe Mengen, die nicht herauszuschmecken sind. Die Patienten sterben bei schweren Verläufen innerhalb von Minuten an Atemnot und Kreislaufversagen. Bestimmte Medikamente (z.B. das Schmerzmittel Diclofenac) sind für ähnlich fulminate Verläufe bei Allergikern bekannt. Diclo ließe sich problemlos pulverisieren und unauffällig unter das Essen mischen. Ich hatte als Notarzt wiederholt Patienten zu versorgen bzw. zu reanimieren, die, obwohl sie von ihrer Allergie wußten, unbemerkt versehentlich die allergieauslösenden Stoffe mit dem Essen aufgenommen hatten.

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Vielen Dank für die fundierte Antwort :slight_smile: und die zusätzlichen Anregungen :wink: Damit kann ich auf jeden Fall arbeiten.

Herzliche Grüße
CarmenP

Edit: Dabei fällt mir ein - wenn nun der Täter das potenzielle Opfer versehentlich kratzt/sticht und damit getrocknetes Bienengift in die Haut einbringt, würde das funktionieren?

Ohne das wirklich fundiert beantworten zu können würde ich meinen, dass das bei einer schweren Allergie funktionieren könnte.

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Nochmal: DANKE

Jetzt weiß ich schon, wer bei dem Festmahl „versehentlich“ mit der Nadel seiner Brosche … :smirk:

Oh, ich muss jetzt unbedingt schreiben :kissing:

Liebe Grüße
CarmenP

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Ich hatte einem Agatha Christie Roman gelesen, dass in einem Flugzeug während des Flugs eine Passagierin durch eine Biene Tod gestochen wurde. Später stellte sich heraus, dass es ein Pfeilgeschoss ähnlich einer Drohne gewesen ist, gefüllt mit einem Gift das zu der Zeit Indianer nutzten. Wenn ich mir mal recht überlege, war die Autoren zu der damaligen Zeit recht modern vorgegangen. Das wäre vielleicht auch ein Anreiz mit frischen Bienengift durch eine Drohne den Tod herbeizuführen.

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Da Drohnen männliche Bienen sind, könnte Frau Christie auch diese gemeint haben. Aber eine ferngesteuerte Biene ist auf jeden Fall sehr cool. Klingt fast james-bond-mäßig. Und was ein Vorschreiber sagte, stimmt hundertprozentig. Fast alles kann ein Gift sein und zum Tod führen. Bei mir ist es Metoclopramid, ein Antibrechmittel.

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Tolle Idee. Werde ich mir für eine andere Geschichte merken. :slight_smile:

Bei der aktuellen passt sie leider nicht. Täter und Opfer stehen sich nah. Das Opfer vertraut dem Täter blind und rechnet nicht mit einem Angriff. In der Geschichte lässt das Opfer vorher immer wieder durchblicken, dass der Täter nicht bis drei zählen könne.

Das ist übel:face_vomiting: Klar, fast alles kann Gift sein. Bienengift hat für mich den „Charme“, dass es bei Allergikern innerhalb weniger Minuten einen anaphylaktischen Schock auslösen kann. Deshalb sollen Bienengiftallergiker auch immer ein Notfallset bei sich tragen.

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Liebe @CarmenP,
in dem Krimi, an dem ich gerade arbeite, möchte ich auch einen Allergiker umbringen :wink:
Mein Opfer hat ein Lieblingsgetränk (so eine Art Alkopop aus der Dose), in welches der Täter ein paar lebende Bienen schmuggelt. Die Idee hatte ich, als ich vor einigen Jahren selbst eine Wespe “getrunken” habe. Das Insekt sticht dich hierbei eigentlich zwangsläufig, entweder direkt im Mund, spätestens beim Schluckvorgang in den Hals - wie in meinem Fall. Als Allergiker hast du dann kaum mehr eine Chance auf Rettung, wenn du kein Notfallset zur Hand hast…

Gruß,
Claudia

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Allergiker haben echt ein schweres Leben :smirk:

Eine Erdnussallergie ist ja auch so etwas Perfides. Da reichen schon Spuren von Erdnüssen …

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Ja, solche Hardcore-Allergiker spielen bei jedem Restaurantbesuch Russisch Roulette.

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Auch Sojaeiweiß und Latex sind für anaphylaktische Reaktionen berüchtigt

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Ich bin jedenfalls dankbar, dass der „Allergie-Kelch“ an mir vorbeigegangen ist. Normalerweise dürfte in meinem fortgeschrittenen Alter auch nichts mehr kommen. Aber, man weiß es nicht. Für eine Allergie ist es nie zu spät:thinking: Schließlich bin ich noch nicht mit jedem allergieauslösenden Stoff, den es weltweit gibt, in Kontakt gekommen.

Meine Wespenallergie brach im Januar bei minus 10 Grad aus. Nach dem Durchtesten aller Möglichkeiten blieb nur Wespe als Allergieursache übrig. Wespen gab es unter diesen Witterungsumständen nicht und einen Stich hatte ich auch nicht bemerkt. Dann rückte das Zaziki beim Griechen ins Zentrum der Betrachtungen. Demnach müsste mindestens eine Wespe beim Mähen der Kräuter mit dabei gewesen sein. Über die Wirksamkeit des Gifts bei Verdauung kann ich nicht viel sagen, außer dass der damalige Allergieausbruch nicht sehr stark war.

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Also der Ex-Bioland-(Berufs)imker in mir mit rund 40 Jahren Erfahrung im Umgang mit allem, was da summt, brummt und sticht incl. einigen Tausend Stichen von Bienen, Wespen und Hornissen, hat bisher nichts erlebt oder auf Fortbildungen gehört, was auf einen Allergieschock durch orale Aufnahme von Bienengift hinwies. Wohl aber durch das Verschlucken einer Biene oder Wespe, die im Hals-Rachenraum zustach und dann den Schock auslöste. Es ist auch nicht gerade einfach, an reines, getrocknetes Bienengift heranzukommen, da die Produktion sehr aufwendig ist.
Dabei werden Bienen auf ein Vlies gesetzt und mit Hilfe von leichtem Druck und einer Stromspannung dazu gebracht, in die Unterlage zu stechen. Daraus wird dann das Gift gewonnen.

Interessant ist vielleicht das Spielen mit einer sehr heimtückischen Variante der Bienengiftallergie. Ich hatte einmal eine angehende Hobbyimkerin, die noch Stunden nach dem Stich keine Symptome hatte und dann - manchmal 6-9 h nach dem Stich - plötzlich mit monströsen Schwellungen am ganzen Körper und einem anaphylaktischen Schock zusammenbrach. Sehr selten und bis man in der Uniklinik Bonn genau herausgefunden hatte, was genau los war, verging einige Zeit. Sie musste eine Desensibilisierung machen, die sich nicht einfach gestaltete, da sie stationär aufgenommen werden musste.

Ich habe einmal einen Krimidrehbuchautor beraten, der seine Opfer durch Bienen umbringen lassen wollte. Das ginge durchaus, zwar nicht so mir nichts dir nichts mit unseren harmlosen europäischen Bienen, aber mit den asiatischen Riesenhonigbienen ginge das durchaus. Apis dorsata errichtet große Kolonieansammlungen mit bis zu 200 Nestern an einem Baum, jeweils mit bis zu 100.000 Bienen. Bei einem Forschungsprojekt 2009 in Nepal an diesen Bienen hatten wir immer intensiv duftende ätherische Öle dabei, um den Geruch des Sekretes zu überdecken, der bei Stichen freigesetzt wird. Mit dem Duft des Sekretes alarmierten die Bienen andere Bienen, und je mehr alarmiert werden, desto mehr Stiche und desto mehr Sekret und so weiter … kein gutes Ende. :slight_smile:

Nicht ganz so intensiv geht es mit unseren Bienen zu. Der Geruch des beim Stechen freiwerdenden Bienengiftes löst ebenfalls Verteidigungs-/Angriffsreflexe aus, wenn andere Bienen in der Nähe sind. Beispielsweise wenn man als Imker am offenen Volk arbeitet und aus Versehen eine Biene drückt. Deswegen arbeite ich immer ohne Handschuhe, da ich so viel eher fühle, wenn ich eins meiner „Mädels“ zu sehr bedränge.

Man könnte also darüber nachdenken, diese Sekrete nachzubauen - chemisch gesehen kein Problem - das Opfer damit zu benetzen (Kleidungsstück) und ab geht die Post. Der Geruch des heimischen Bienengiftes ist nicht so penetrant oder unangenehm, dass es der Umgebung direkt auffällt. Aber Bienen, die mit einem vielfach empfindlicheren Geruchssinn ausgestattet sind, könnte man damit schon mobilisieren.

Der normale Ermittler käme zu dem Schluss, dass ein wildgewordener Bienenschwarm über das Opfer hergefallen ist. Spuren wären kaum zu finden, da das Opfer über und über mit Bienenstichen bedeckt wäre, also das Bienengift durch die Stiche am ganzen Körper und auch in der Kleidung hätte. Einem Imker käme das seltsam vor. Als Imker weiß man, dass ein normaler Bienenschwarm unserer europäischen Honigbienen niemals angreift. Sie tun es einfach nicht. Gelegentlich hat es sich ergeben, dass ich innerstädtisch Bienenschwärme bergen musste, nichts an Ausrüstung dabei hatte, und den Ast mit dem Bienenschwarm einfach abschnitt und auf den Beifahrersitz stellte. Bin damit zur Verblüffung von Ordnungsamt und Polizei dann losgefahren. Es geht wirklich, ist aber natürlich nicht zur Nachahmung empfohlen.

Ich hoffe, das hilft etwas.

Gruß, Klaus

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Lieber @KMBonn,

Dein Fachwissen ist sehr beeindruckend! Vielen Dank, dass Du uns daran teilhaben lässt.

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Was für eine wunderbare Mordmethode! Da geht doch jedem Krimi-Autor das Herz auf!

Gruß,
Claudia

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Nur darf man die Ermittlerseite nicht vergessen. Irgendwie muss der Mord ja auch aufgeklärt werden - und das Stück für Stück, logisch nachvollziehbar und mit der Möglichkeit, falsche Spuren zu legen …
LG

Pamina

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Du hast das echt wunderbar beschrieben. Habe mir es bildlich vorgestellt. Jetzt ergibt sich nur eine Frage: Angenommen, man würde dieses Secret chemisch herstellen, wie benetze ich das Opfe damit. Es ist nicht in meiner Gewalt und weiß nicht, dass es angegriffen werden soll.
Und 2. Frage (ja, ja eine Frage löst die nächste aus) Müsste der Träger des Secrets sprich Opfer sich dann nicht in der Nähe eines Bienenstamms aufhalten, um angegriffen zu werden?

zu 1. Eine Wasserpistole würde reichen. Das Sekret darunter gemischt, und damit das Opfer “beschießen”. Das können ja Kinder als Spaßattacke machen. Dabei würde sich zunächst niemand etwas denken. Aber später wäre es ein Puzzleteil bei den Ermittlungen.

zu 2. Das Opfer müsste beispielsweise auf seinem Weg (tägliche Gewohnheiten) an einem Bienenstand vorbeikommen. Die werden auch zeitweise errichtet, z.B. für Wanderungen in große Rapsfelder in Schleswig-Holstein, in Weißtannentrachten im Schwarzwald oder in die Umgebung von Linden in Berlin. Da kommt es schon mal vor, dass Wanderimker mit einer größeren Anzahl Bienenvölker am jeweiligen Ort auftauchen. Habe das auch schon gemacht, z.B. im Alten Land, um dort mit meinen Bienen für die Bestäubung der Obstbäume zu sorgen. Oder im Pfälzer Wald für die Ernte von Kastanienhonig.

Sind die Bienen erst einmal “alarmiert”, z.B. mit einem besonders aggressiv machenden Sekret (kleine dramatische Übertreibung, fällt unter erzählerische Freiheit), hat man kaum eine Chance, ihnen zu entkommen. Es gibt auch unterschiedliche Bienenrassen, vom Verhalten und der Verteidigungsbereitschaft her gesehen. Die Riesenhonigbienen markieren potentielle Angreifen aktiv mit dem Sekret, man wird quasi “angepinkelt” und dann ist man gut beraten, sich schnellstmöglich zurückzuziehen oder aber den Geruch abzuwaschen bzw. zu übertönen.

Bienen fliegen schneller als man laufen kann. Hab es persönlich Ghana erlebt, als ich im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojektes mit Apis mellifera adansoni, einer nahen Verwandten der sog. Killerbiene in Südamerika und USA, gearbeitet habe. Der Zoologe, mit dem ich in Nepal unterwegs war, hat übrigens bei dem brasilianischen Bienenforscher promoviert, der die “Killerbienen” quasi aus Versehen gezüchtet hat. Das gab spannende Gespräche.

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Lieber Klaus, Deine Wissen ist so umfangreich, das ist ein Traum - vor allem als Autor :)) Darf ich bei Fragen nochmal auf Dich zukommen? Ich schreibe in Kürze an einem Thriller und da könnte das echt gut reinpassen.
Was mich interessiert ist auch, nachdem tausende Bienen das Opfer angegriffen haben, wie es für das Opfer weitergeht. Falls da jemand medizinische Kenntnisse hat und diese verrät, wäre ich sehr froh. Zum Beispiel wie lange es dauert und wie reagiert das Opfer. Ich will es zwar nicht ausbauen, aber ein gewisser Spannungsmoment sollte ja sein. Jedenfalls war das eine sehr anschauliche Erklärung. Du solltest Ratgeber über Bienen schreiben:))

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