Du bist ja lustig. 60.000 neue Titel jedes Jahr. Vielleicht 6.000 bei einem gut sortierten Händler. 600 davon Neuerscheinungen aus diesem Jahr. Wie groß ist die Chance, bei einem Buchhändler zu liegen? Allein numerisch so gut wie ausgeschlossen, es sei denn, man landet einen Bestseller. Und dann gibt’s eh ein neues Cover. Trotzdem hast du recht, ich würde von Konventionen nur aus gutem Grund abweichen. Aber das Händlerargument ist keins, denn dort wird es nicht liegen. Außer vielleicht bei den dreien, die man kennt, ganz hinten, oben im Regal, wo keiner guckt und die Hälfte der Leser nicht einmal drankommt.
Tatsache ist, Buchhändler können es sich nicht leisten, wertvollen Bestsellerplatz an lokale Autoren zu verschenken, denen sie einen Gefallen tun sollen. Man glaubt als Autor immer, etwas Besonderes zu sein. Dabei wohnen schon in jeder kleinen Großstadt EINTAUSEND Autoren. In jeder. Da hätte der lokale Buchhändler eine Menge Platz verschwendet, wenn er auch nur einem Prozent davon einen einzelnen Stapel überließe. Da wären nämlich zehn einzelne Stapel, die keinen Umsatz brächten.
Gehen wir davon aus, dass jeder zehnte Griff zum Bestseller zu einem Kauf führt. Jeder hundertste Griff zum Titel eines Newcomers und No-Name-Autors wird ein Kauf und jeder tausendste bis zehntausendste zum Kauf eines dilettantischen Selfpublisher-Buchs, dann kann man sich ausrechnen, wie viel Geld der Buchhändler verlöre. Ich kenne all die süßen Geschichten von »Mein Buch lag sogar im Schaufenster«. Ja, das passiert immer wieder, gerade weil viele Buchhändlerinnen gar nicht von ihrem Laden leben müssen, sondern jemanden in der Hinterhand haben, der echtes Geld verdient.
Aber natürlich gibt es Gelegenheiten, wo Kunden das Buch in die Hand nehmen, Messen, lokale Verkaufsstände, Märkte, Flohmärkte. Für die Gelegenheiten braucht das Buch die Buchbeschreibung auf der Rückseite, denn gerade in dieser Situation ist es potentiellen Kunden unangenehm, das Buch aufzuklappen. Man will ja Neuware, die man vermutlich nicht kauft, nicht benutzt aussehen lassen und legt es wieder hin, weil kein Klappentext zu lesen ist. DIe Hemmschwelle, das Buch aufzuklappen ist bei vielen zu groß, dafür braucht es die Beschreibung auf der Rückseite.