Ist das eine Anrede? Dann müsste “Sie” zweimal großgeschrieben werden …
Die wichtigste Funktion des Anfangs ist nicht, “gut” zu sein (was ist das? wie weiß man, wann er das ist? ohnehin soll der ganze Roman gut sein!), sondern, einen Vorgeschmack zu geben von dem, was einen im weiteren Verlauf der Geschichte erwartet.
- Ein Roman über den Entdecker der Schlafkrankheit … oder ein fantastischer Roman, in dem es darum geht, ob wir träumen, zu leben, oder wie wirklich die Wirklichkeit ist (think “Inception”) kann durchaus mit einem Erwachen anfangen.
- Ein Roman, in dem es um einen Mord in einem Spiegelkabinett geht … oder um einen krankhaften Narzissten … kann durchaus mit einer Selbstbeschreibung des Protagonisten im Spiegel anfangen.
- Ein Roman darüber, wie der Sturm des Jahrhunderts eine Ferieninsel trifft, wird sogar tunlichst
mit einer Wetterbeschreibung anfangen.
Ernsthaft? Daran kann sich jemand erinnern? Da ich aber noch nie von solch einem außergewöhnlichen Genie gehört habe, finde ich diesen Satz nur bei Fantasy glaubwürdig. Und Unglaubwürdiges möchte ich an keiner Stelle in einem Buch und aus keiner Perspektive lesen.
Ich schon und sogar sehr gerne.
Seit Wochen feile ich immer wieder an einem Einstieg herum. Noch nicht ganz perfekt aber schon die Richtung:
Mit dem ersten Kaffee des Tages trat die junge Frau an das Küchenfenster, wo angegraute Wohntürme wie Gitterstäbe den Blick über das Ruhrgebiet verstellten. Die Aussicht auf ihr baldiges Ende war nur halb so beklemmend.
Dann darfst du aber keine Fantasystories lesen, denn darin wimmelt es nur so von physikalischen und anderen Unmöglichkeiten.
Du hast Recht. Natürlich kann sich niemand an seine Geburt erinnern. Ich hab das zu rasch rausgeschrieben, mir ging es eher um den beispielhaften ersten Satz.
In meinen Augen nur schlechte Fantasy. Auch Fantasy hat sich an Regeln zu halten, auch wenn sie bestimmte Arten von Magie, fremden Wesen etc. beinhaltet - aber das muss immer gut gemacht sein, entweder erklärt oder so, dass man einen mysteriösen Hintergrund vermutet.
Lässt eine Person einen Stein los und der fliegt nach oben, dann bedarf auch das einer Erklärung, wenigstens einer Andeutung, warum das so sein könnte.
Der in meinen Augen brillante Joe Abercrombie bspw. hat nur alle paar Kapitel Dinge drin, die über ein Mittelalter-Szenario ins Fantastische hinausgehen.
Für mich wäre wichtiger, dass ein Setting konsequent durchgehalten wird. Also ich definiere, dass Menschen, die von einem Werwolf gebissen wurden, bei Vollmond selbst zum Werwolf werden. Dann dürfen sie sich eben nicht bei Neumond verwandeln, weil es mir gerade in den Kram passt. Aber die physikalischen Grundlagen sind mir echt schnurz, da würde ich mich eher langweilen, wenn mir eine an den Haaren herbeigezogene naturwissenschaftliche Erklärung präsentiert würde. Das gilt aber nur für Fantasy. Hard-SF spielt natürlich in einer ganz andere Liga.
Ich stimme Ulli zu, sowas passiert nur in schlechtgeschriebener Fantasy. In der guten passieren Dinge, die in unserer Welt unmöglich sind oder es so nicht gibt, in beliebigen Mengen, sie werden aber schlüssig erklärt bzw. eingeführt und konsequent durchgehalten.
Was den Anfang betrifft, ich meine, man kann anfangen womit auch immer man möchte, solange es den Leser in die Story hineinzieht. Es darf halt nichts Abgedroschenes sein wie die Spiegelszene zur Beschreibung des Protas.
Wenn man Unglaubwürdiges nicht mag, dürfte keiner mehr Liebesromane lesen. Alle sind immer gutaussehend, fit, intelligent, finanziell unabhängig. Die Leute, die ich beim Einkaufen sehe, sehen dagegen eher so aus, als würden sie in ihrer Freizeit Katapulte nach Gondor ziehen.
Salvador Dali hat behauptet, sich an die Zeit im Mutterleib erinnern zu können. Sicherlich eine Ausnahme, jedoch gibt es solche Behauptungen, wenn auch nur von Exzentrikern.
Dann hoffe ich, dass ich dich umstimmen kann. Meine Geschichte ist jedenfalls glaubwürdig. Sicher, meine Figuren sind auch nicht hässlich. Wer will schon was über die Leute schreiben, die vor einem an der Kasse stehen? Klar, kann man schon machen. Ich jedoch nicht.
Ist in meiner Kurzgeschichte “Das Fundament” doch auch so. Und die ist eigentlich ganz gut angekommen, obwohl da erst am Ende jemand an der Kasse steht.
Niemals hätte ich gedacht, dass Du Liebesromane liest. So kann frau sich täuschen.
In dem Buch, dass ich neulich gelesen habe, war die Heldin nach einem Unfall gehbehindert und hatte Brandnarben mit Hauttransplantaten und sie hat den Typ am Ende doch bekommen.
Aber vielleicht ist das auch eine Frage der Perspektive? Machen die Hormone aus dem love interest nicht automatisch den schönsten, begehrenswertesten Menschen der Welt?