Erzählperspektive

Suse, so, wie es Thomas zitiert hatte:
Die untergehende Sonne hüllte Gotham City in blutrotes Licht. Mit der Dämmerung kroch das Unheil herauf. Daumen fuhren prüfend über Messerklingen usw.

2 „Gefällt mir“

Ach so.

Sag ich ja. Das ist einschränkend. Umso wichtiger dabei, sich genau zu überlegen, was man erzählen will. Alles geht nicht aus der 1.Person.

2 „Gefällt mir“

Herrgott! Die Wetterschilderung und das Nachfolgende waren doch lediglich ein Beispiel für ein Prinzip. Nimm stattdessen irgendwas anderes, das der Protagonist aktuell nicht in der personalen Erzählform wahrnimmt. Wie die von Wölfen verschleppten Kinder. Das ist auktorial erzählt, kurz darauf befinden wir uns aber in der personalen Erzählform, die auch weiter durchgehalten wird.

Mit dem Begriff der Wahrheit in der Literatur wäre ich sehr, sehr vorsichtig. :smiley:

1 „Gefällt mir“

Nicht nervös werden … :slight_smile:

Nicht nervös werden … :slight_smile:
:smiley:

Mir scheinen da gerade ein paar Hochdruckgebiete aufeinanderzuprallen… :smiley:

3 „Gefällt mir“

Aber Spaß macht es schon. :wink:

2 „Gefällt mir“

Vor allem, weil man weiß, dass das nächste Tiefdruckgebiet naht.

2 „Gefällt mir“

Und dann scheint wieder die Sonne und taucht alles in ein helles warmes Licht … :slight_smile:

2 „Gefällt mir“

Mir ist die Erzähl-Perspektive relativ egal. Die Geschichte muss mir gefallen. Schreiben tue ich gern in der Ich-Perspektive. Allwissender Erzähler lese ich auch gern, aber schreiben könnte ich das eher nicht.

2 „Gefällt mir“

So. Hier meine ganz persönliche Quintessenz zum Thema Erzählperspektive. Selbstverständlich darf jeder eine komplett andere Haltung dazu haben. Auslöser war ein diffuses Unbehagen, das mich fast ein bisschen zu lähmen drohte; die Unsicherheit des Amateurs. Aber jetzt ist die Rübe wieder frei. Tschuldigung an alle, die unter der Quälerei leiden mussten.

Der Stil eines Schriftstellers ist relevanter für das Miterleben der Schicksale von Protagonisten als die Wahl der Erzählperspektive. Diese ist größtenteils der persönlichen Vorliebe des Autors geschuldet. Oder den vorherrschenden Vorlieben des Marktes. Die Erzählperspektive muss nicht hundertprozentig konsistent sein; als Schriftsteller arbeitet man nicht auf einer Behörde. Man sollte keine Angst davor haben, gelegentlich über den Rand zu malen. Auktorialen Anteilen Raum zu geben, selbst wenn die personale Erzählform im Vordergrund steht, ist kein Verbrechen.

4 „Gefällt mir“

Irgendeine Erzählperspektive hat man immer, wenn man erzählt; das Problematische sind die Wechsel dazwischen bzw. diese können problematisch sein. Die Erwartung, dass in einer Szene eine einzige Erzählperspektive durchgehalten wird (wir also durchgehend im Kopf einer Figur oder konstant über den Dingen schweben bleiben), ist etwas, das sich irgendwann herausgebildet hat, denn in ganz alten Romanen, z.B. den (heute übrigens immer noch hervorragend lesbaren) Romanen von Alexandre Dumas, schert sich der Autor darum kein bisschen: In den “Musketieren” z.B. hüpft er fröhlich von einem Kopf in den anderen … was einen erst etwas irritiert, doch man gewöhnt sich rasch daran. Ich hielt dieses Kopf-hüpfen für ausgestorben, aber neulich fiel es mir in einem modernen Roman auch wieder auf; ich komme grade nur nicht drauf, welcher das war.

Wieder einmal sehen wir: Man kann beim Schreiben alles machen, man muss es nur so hinkriegen, dass es funktioniert.

5 „Gefällt mir“

Dazu darf gesagt werden, dass dieser Roman auktorial verfasst wurde, wenn ich mich nicht irre. :wink:

Ein Beispiel aus dem Jahr 2011 ist »Das Handwerk des Teufels« von Donald Ray Pollock. Da werden im lustigen Wechsel die Gedanken unterschiedlichster Personen präsentiert. Diesen auktorialen Ansatz würden einige vermutlich altbacken nennen, aber es vermittelt so einen dramatischen Grundton, etwas, das über ein bloßes Einzelschicksal hinausgeht.

Pollock hat auch relativ spät mit dem Schreiben begonnen. Vorher hat er so typische amerikanische Underdog-Jobs gemacht. Vermutlich hat er sich nicht groß um Schreibtheorien geschert, sondern einfach losgelegt. Wenn man das entsprechende Talent hat, ist das echt beneidenswert.

Genau darüber zerbreche ich mir gerade den Kopf.
Mein aktuelles Manuskript startet mit einem Prolog des “Ichs”, dann folgt die Erzählung im Wechsel zwischen Hauptstrang (personal) und Nebenstrang (auktorial). Zudem spiele ich mit dem Gedanken, hier und da wenige und klar abgegrenzte Einschübe aus der Ich-Perspektive einzufügen. Kommt mir allerdings etwas “to much” vor. Da hadere ich.
Der Hinweis auf Dumas reizt mich jedoch, Sprünge zu riskieren. Dumas (der ältere) hat mich jedenfalls schwer beeindruckt.

Gute Idee! Den könnte ich auch mal wieder lesen. Danke.

1 „Gefällt mir“

… ist er.
Ich denke, es sind das Erzähltempo bei den Actionszenen und die langen Dialogabschnitte, die dennoch richtig Leben “in die Bude” bringen und die Figuren profitieren von der Dynamik.

Mario Vargas Llosa schrieb in seinem Buch “Briefe an einen jungen Schriftsteller” sinngemäß, dass man selbst nicht der Erzähler der Geschichte ist, sondern nur der, der sie schreibt. Der wirkliche Erzähler ist ein vom Schriftsteller eingesetzter, virtueller Erzähler, der beliebig die Zeit-, Realitäts- und Erzählebene wechseln kann. Er kann innerhalb der Handlung sein oder sie von außen betrachten, er kann wechseln, hin und her, er kann in 1. Person schreiben und dann in die 2. Person wechseln um das, was er sagen will, an sich selbst zu adressieren. Das machte Hemingway ganz gerne in seinem Buch “Paris, ein Fest fürs Leben”. Ein gutes Mittel scheint mir auch zu sein, die Nähe des virtuellen Erzählers zu den handelnden Figuren zu variieren - was in Schriftstellerkreisen dann auch schon mal zu der Diskussion führen kann: “Wem gehört das Wort?” Dem Erzähler, der Figur? Dem Lokalkolorit?

Und was dem Erzähler in der 1. Person das möglicherweise Flache und Tröge nehmen kann, ist, wenn sich im Lauf der Geschichte herausstellt, dass der Erzähler nicht zuverlässig ist. Meisterhaft hat das Peter Straub in seinem Buch "Lost boy, lost girl, auf deutsch: Das Haus der blinden Fenster) hingekriegt, in dem die Spannung dadurch aufgebaut wird, dass sich der Erzähler über die wahre Tragödie selbst belügt und damit den Leser sehr gekonnt auf eine falsche, mystische Fährte lockt.

Liebe Grüße,
Peter

6 „Gefällt mir“