Hallo erstmal.
Ich schreibe, leider mit großen Unterbrechungen, an der Geschichte des 11jährigen Pascal, der unter schwierigen familiären und schulischen Verhältnissen aufwächst. In der Schule wird er gemobbt, vor allem von drei Jungs, die ihm körperlich überlegen sind. Im Verlauf der Geschichte wird durch Zufall entdeckt, dass Pascal musikalisch hochbegabt ist und immer mehr Menschen halten zu ihm und unterstützen ihn: Sein Freund Franz, die 15jährige Antonia, die selbst Geige spielt, und nicht zuletzt ein älterer Musiker, der wegen seines Alkoholkonsums beim Theater rausgeflogen ist und sich schlecht und recht mit Musikunterricht über Wasser hält. Kurz, es soll die Geschichte einer Befreiung aus miesen Umständen werden, ein Entwicklungsroman. Das ist das erste Kapitel. Mit dem Einstieg (die ersten Sätze) bin ich unzufrieden, aber vielleicht fällt euch ja was besseres ein. Vielen Dank schon mal fürs Lesen und alle konstruktive Kritik. Christiane
Pascal Marincovic, 11 Jahre, sitzt völlig regungslos auf einer Bank an der Isarpromenade. Ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, ragt die Kuppel der Lukaskirche in den trüben Novemberhimmel. Es dämmert. Der Regen durchnässt seine Kleidung, aber er merkt es nicht. Vergessen sind die Fünf in Mathe und, zumindest für den Moment, die täglichen Demütigungen durch Lehrer und Mitschüler. Er lauscht auf das Rauschen des Regens und des Isarwehres, wo das Wasser grau und schäumend über die Staustufe donnert. Er lauscht dem hellen Gurgeln des Gullis zu seinen Füßen und den einzelnen Regentropfen im Blätterdach des Ahornbaums. Er horcht, ohne es freilich benennen zu können, auf die perfekte Harmonie dieser Wassermusik. Sie dringt bis in jede Zelle seines Körpers, wo sie sich im Rauschen des Blutes um im pochenden Rhythmus seines Herzschlags fortsetzt.
„Pascal!“
Keine Antwort.
„Pascal!“
Lauter.
„Der hört nicht.“
„Sitzt da nur rum und träumt.“
„Bei dem Wetter. Spinner.“
Pascal schrickt hoch. „Hä?“
Sie lachen. Maik, der Chef des Mobbertrios. Und Roland und Patrick, seine ergebenen Adjutanten. Pascal fügt sich in sein Schicksal, so wie immer.
Maik legt die Stirn in sorgenvolle Falten. „Gehts dir gut, Muttersöhnchen? Siehst so blass aus.“ Patrick deutet auf Pascals Schultasche. „Ich glaube, die gehört mir.“
„Nein! Bitte, lasst meine Sachen in Ruhe.“
Maik schnappt sich die Tasche. Pascal springt auf, versucht, sie ihm zu entwinden, doch Maik lacht nur und wirft die Mappe Roland zu. Der fängt sie geschickt und öffnet die Schnalle. Grinsend dreht er die Schultasche um und Hefte, Bücher, Stifte und die Reste des Pausenbrots fallen heraus und landen auf dem regennassen Gehweg. Maik hebt eins der Schulhefte auf und liest mit gespieltem Erstaunen das Namensetikett vor. Dann wendet er sich vorwurfsvoll an Patrick: „Was erzählst du denn da! Das sind doch gar nicht deine Sachen!“ Damit lässt er das Heft wieder auf den Gehweg fallen. Gelächter. Sie umringen ihn, schubsen ihn hin und her. Pascal verliert seine Brille und fällt rücklings zu Boden. Eine halb volle Colaflasche ergießt sich über ihn und tränkt seine Jacke mit klebriger Flüssigkeit.
Erstarrt lässt er den Spott über sich ergehen. Er klinkt sich aus, schwebt davon, ist jetzt hoch oben in den der Baumkrone, wo sie ihn nicht erreichen. Auf dem Gehsteig dort liegt ein anderer, er ist das große gelbe Blatt mit den braunen Punkten.
„He, ihr Idioten! Sucht euch gefälligst jemanden in eurer Größe! Seht zu, dass ihr Land gewinnt.“
Pascal, jäh in die Realität zurück katapultiert, dreht den Kopf und blinzelt kurzsichtig.
Franz steht über ihm, mit geballten Fäusten und außer sich vor Wut.
„Schon gut, Schwuli. Deinem Schatz ist nichts passiert, der hat sich´s nur ein bisschen gemütlich gemacht am Boden.“
„Zieht Leine, ihr Pisser.“
Lachend schlendert Maik mit seinen Kumpanen davon. Franz hilft Pascal auf die Beine, hebt die Brille auf und reicht sie seinem Freund. Mit zitternden Händen setzt Pascal sie wieder auf. Einer der Bügel ist verbogen, sodass das Gestell schief auf seiner Nase sitzt. Die Gläser sind heil geblieben. Mit einem Seufzen lässt Pascal sich wieder auf die Bank fallen. Die linke Hälfte seines Gesichts pocht schmerzhaft.
Ohne auf den Regen zu achten, setzt Franz sich neben seinen Freund.
„Mann, Pascal, warum lässt du dir alles gefallen?“
„Ich weiß nicht.“
„Komm, wir sammeln jetzt deine Sachen ein und dann gehen wir nachhause.“
Pascal kämpft mit aller Kraft gegen die Tränen.
„Danke, Franz. Ohne dich hätten die ewig so weitergemacht.“ Er schnieft.
„Hör auf zu flennen, du Jammerlappen. Das bringt doch nix.“
„Ja, du hast recht.“
Immer noch schniefend steht Pascal auf und packt die durchweichten Bücher und Hefte mit in seine Schultasche. Mit steifen Fingern will er die Schnalle schließen. Es gelingt ihm nicht.
„Ich bin so eine Memme.“
„Ja, das bist du wohl“, nickt Franz.
Gemeinsam schlendern sie zur Trambahnhaltestelle am Mariannenplatz. Das Glashäuschen bietet ihnen einen Moment Schutz. Sie warten schweigend. Dann fährt klingelnd und mit metallischem Quietschen die Trambahn der Linie 17 vom Isartor her auf die Haltestelle zu. Franz steht auf.
„Machs gut, Mann, lass dich bloß nicht unterkriegen, hörst du?“
Pascal nickt. Franz hebt seine Hand. „Komm, schlag ein!“ Pascal klatscht ihn halbherzig ab. Dann schließt sich die Tür der Straßenbahn hinter Franz und der Freund verschwindet winkend aus seinem Blickfeld.
Der Regen trommelt monoton auf das Blechdach des Straßenbahnhäuschens.