Erfolg mit einer anderen Sicht?

Hallo liebe Schriftsteller/innen und Autor/innen.

Seid einiger Zeit beschäftigt mich schon eine Frage:
Wäre eine andere Sichtweise erfolgversprechend?

Ich hole mal ein bisschen aus, damit man mich besser versteht:
Jeder kennt ja solche Romane, in der der Protagonist es mit einem entsprechendem Antagonist zu tun bekommt.
Sherlock Holmes hat seinen Dr. Moriarty, John Sinclaire hat die Höllenfürsten und die Alten Götter, Abraham van Helsing hat Dracula, …
Egal wie man dreht und wendet, man bekommt als Leser praktisch immer die Rolle des Protagonisten, ob dieser nun ein „klassischer“ Held ist, oder ein Anti-Held sei jetzt erst einmal dahingestellt. Aber man begleitet diesen Step-by-Step bei der Aufklärung.

Ich fragte mich nun also: Wenn man es mit einem Hauptdarsteller zu tun hat, der klar nicht darauf ausgelegt ist das der Leser sich mit diesem Identifiziert?
Wenn man also aus der Sicht eines „Monsters“ schreibt.

Ich kenne zwar H. P. Lovecraft’s „Der Außenseiter“, dass das zwar schon recht gut hinbekommt, doch hier kam der Twist ja eben erst am Ende, als der „Protagonist“ sich erkennt und sieht, das er kein Mensch ist.
Bis dahin hat der Leser aber auch keine Ahnung

Doch wenn man von Anfang an weiß, das man eine Bestie ist. Blutrünstig, von primitiven Bedürfnissen und trieben geleitet. In seinem Territorium gestört von Wesen, die nicht dahin gehören…

Aber ich hadere dann immer selbst, weil ich nicht weiß, ob das dann überhaupt noch jemand lesen wollen würde.

Oder was meint ihr? Würdet ihr so eine Sichtweise in einem Roman lesen wollen?

Ein ganzes Buch aus der Perspektive eines absoluten Bösewichts, der knechtet und mordet und keinen Funken Menschlichkeit mehr besitzt? Nein. Hin und wieder eingestreut als Perspektive der anderen Seite? Ja, durchaus.
Ich glaube, dass man sich mit dem Protagonisten der Geschichte (unabhängig davon, ob er der Antagonist des Plots ist) irgendwie wenigstens ein bisschen identifizieren kann und zumindest nicht die ganze Zeit davon abgestoßen wird, was er denkt und tut, ist wichtig. Zumindest für mich. Aber du könntest es natürlich trotzdem mal ausprobieren, einen kurzen oder längeren Text aus der Perspektive des Bösewichts zu schreiben, dann weißt du hinterher wahrscheinlich am besten, ob man das schreiben kann und ob man das wird lesen wollen. :upside_down_face:

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Durchaus eine interessante Frage. Zwar gibt es Geschichten, die aus der Sicht des „Bösen“ geschrieben sind - Stichwort Patricia Highsmith, spontan fällt mir auch „Der Freisteller“ von Donald Westlake ein -, allerdings funktionieren diese eben doch über eine Identifikation des Lesers mit der Figur. Noch ein Beispiel, weil oben Dracula genannt wird: „Gespräch (Interview) mit einem Vampir“ - auch hier identifiziert man sich mit dem ursprünglich „Bösen“.

Ein Beispiel aus dem Bereich Film nach einer wahren Geschichte ist A dog’s day afternoon. Es geht um einen Bankräuber. Der Bankraub scheitert und schon als Kind hatte ich Mitleid mit dem Bankräuber. Grund: Im Laufe des Films werden die persönlichen Probleme des Bankräubers geschildert, seine Beweggründe für die Tat und letztendlich kommt er beim Zuschauer als armes Würstchen rüber. Trotzdem es ein echter Fall ist, wirkt der Bösewicht bemitleidenswert, weil er eine verkappte Existenz ist.
Fazit für mich: Solche Geschichten bzw. deren Aufbereitung aus realen Fakten funktionieren.

Ich stimme zu, dass die Offenlegung der Beweggründe des Charakters wichtig ist, wenn der Hauptcharakter „böse“ ist. Eine flache, aber rasante Handlung funktioniert dagegen aus meiner Sicht nur, wenn der Protagonist aufgrund seiner Motive sympathisch ist. Konventionen sind aber natürlich auch da, um gebrochen zu werden :wink:

Ein Beispiel für ein Buch mit dem Bösen (der Begriff ist mir in diesem Kontext fast zu trivial) als Protagonist ist „Der Tod ist mein Beruf“ von Robert Merle. Ein biografisch angelegter Roman über den Lagerkommandanten von Auschwitz. Funktioniert meiner Meinung nach aber auch wieder, weil der Roman die Entwicklung des Rudolf Höß, im Buch Rudolf Lang, begleitet und hier die Frage für mich als Leser mitschwang, wie das bis 45 real existierende Böse entstanden ist.

Ich habe es ansatzweise einmal versucht. Der Roman wurde meist positiv bewertet, allerdings kam fast überall der (negativ gemeinte) Hinweis, dass man sich mit dem Prota nicht identifizieren möchte.
Ich würde es so nicht noch einmal schreiben.

Das habe ich bei meinen Romanen auch schon oft gehört. Ich persönlich muss mich nicht mit dem Prota identifizieren und verstehe daher überhaupt nicht, wieso die meisten Leute einen gesteigerten Wert darauf legen.

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Ich verstehe das schon. Die Spannung steigt durch das Mitfiebern, man ist näher dran. Allerdings … wenn dann doch mal anders warum dann direkt die Schranken im Kopf?

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Diese Nähe kann meiner Ansicht nach auch dadurch entstehen, dass ich mich die ganze Zeit über den Bösewicht aufrege.

Es gibt ja zahllose Werke, wo das funktioniert.
-the tell-tale heart von Poe
-american psycho von Ellis
-Lolita von Nabokov
-jede Menge Stephen King oder Clive Barker Kurzgeschichten
-das Parfüm von Süßkind
-Mr Ripley von Highsmith

Ich hab mal bewusst zwischen trivial und Weltliteratur gemischt.
Tipp von mir wäre - probier es doch einfach bei einer Kurzgeschichte aus, ob es für Dich funktioniert. Wichtiger als die Perspektive ist für mich: hast Du eine Geschichte zu erzählen, die es wert ist angehört zu werden. Was ist der Mehrwert für den Leser, der seine Zeit und seine Aufmerksamkeit verschenkt?

Ein plattes: ich metzel mich durch die Welt wird da nicht reichen.

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Ich denke gar nicht, dass „gut“ oder „böse“ die (sowieso zu flachen) Kategorien sind, auf die es ankommt. Wichtig ist, dass der Leser das Motiv des Protagonisten nachvollziehen kann und akzeptiert, dass einen (also auch ihn) so etwas antreiben könnte. Als Beispiel möchte ich die „Dexter“ Serie nennen, die komplett aus Sicht eines Serienmörders erzählt und super funktioniert, weil man a) versteht, dass sein Zwang zu töten aus einem Kindheitstraume herrührt und b) weil er versucht, das beste draus zu machen (indem er „die Richtigen“ hinschlachtet).
Umgekehrt lässt mich auch ein „guter“ Protagonist völlig kalt, wenn er dumme, unmotivierte Dinge tut. Das geht soweit, dass ich bei einem Horrorfilm ein „geschieht ihm/ihr recht“ Gefühl entwickle, wenn das Opfer sich mal wieder unglaublich dumm verhalten hat.

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Ehrlich gesagt kann ich mir einen Roman aus dieser Perspektive nur recht schwer vorstellen. Denn auch ich gehöre eher zu denjenigen, die sich in einer Figur spiegeln möchten - zumindest ansatzweise. Deshalb glaube ich, hätte das auf mich eine ähnliche Wirkung, wie eine weitgehend frustrierende Handlung. Mein Beispiel ist hier immer 1984 von George Orwell, ein überaus interessantes Buch, aber niederschmetternd.

Dennoch habe ich eine meiner Kurzgeschichten auch einmal einem solch durch und durch negativen Charakter gewidmet. Er war ein solches A*loch, dass man als Leser die ganze Zeit hoffte, dass er sich bald den Hals bricht. Dabei habe ich festgestellt, dass mir das Schreiben dieser Geschichte ungemein Spaß gemacht hat. Aber auch sein Ende habe ich schließlich ausgekostet und genossen.

Insofern kann ich mir so etwas für eine Kurzgeschichte durchaus vorstellen, aber bei einem Roman eher nicht.

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In diesem Punkt sehe ich keinen Unterschied zu einer Kurzgeschichte.

So gesehen hätten viele Menschen einen Grund, sich in dieser Form auszuleben. Was heute auch oft zu Tage kommt… Ich hatte eine schlimme Kindheit, deshalb musste ich mich abreagieren. … Die Leidtragenden, sind dann andere Unschuldige. Für mich nicht nachvollziehbar.
Lyrikfan11

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Ah, ich sehe die Diskussion ist schon voll im Gange. Sehr schön. dann versuche ich mal etwas konkreter zu werden.

Und zwar geht es mir hier um einen anderen Blick von verschiedenen Wesen aus dem Reich der Folklore, der Mythen und Sagen und der Kryptozoologie.

Für ein Spiele-Forum hatte ich mal ein paar Ideen zusammengeschrieben.
Eine davon war, dass man es mit Unterirdischen lebenden Monstern (Mal so als Richtung: Etwas wie die Crawler aus dem Film. The Descent - Abgrund des Grauens) als Protagonisten zu tun hat. Diese kämpfen um ihr Überleben. Sie jagen Tiere, Menschen, alles was sich so in und um ihre Höhlen herumtreibt. Doch als sie mit einer neuen, viel älteren Bedrohung konfrontiert werden.

Das wollte ich aufgreifen und aus der Sicht der „Monster“ schreiben.
Auch ein Blick auf die Gepflogenheiten, warum sie Menschen jagen.

Aber hier stellt sich eben auch das Problem heraus: Eben das man nicht mehr als Mensch, oder menschenähnliches Wesen mit einem Vernunft begabten Geist (Um den Vergleich mit Dracula zu erklären) als Protagonist hat.
Und es bringt dann ja auch nicht so viel, wenn man sich Monate lang hinsetzt um eine Geschichte zu schreiben, die später keiner lesen wollen würde. Oder noch schlimmer: es von den Lesern abgelehnt wird, weil man es nicht verstehen will.

Ich finde diese Perspektive interessant. Selbst schreibe ich an einem Roman, in dem der Protagonist ebenso hin und hergerissen ist in seinen Motiven wie sein Gegenspieler. Ich will, dass der Leser widerwillig und ebenso fasziniert die Beweggründe beider nachvollziehen kann, bis er sich gewungenermaßen doch zu der Gerechtigkeit zuwendet. Es ist doch wie im echten Leben: jeder von uns hat schon Dinge getan, auf die man nicht gerade stolz sein kann. Macht uns das alle zu schlechten Menschen? Nö… finde ich nicht.

Außerdem kann ich mich auch gerne mal in ein fremdartiges Wesen hineinversetzen. Muss halt packend geschrieben sein.

äh… sollten da mehrere Pünktchen am Ende stehen oder hast du was vergessen?

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… dann habe ich Dich eingangs nicht richtig verstanden - ich dachte, es ginge darum, ob man eine Geschichte aus der Perspektive eines „Antagonisten“ schreiben kann, der kaum oder kein Identifikationspotential für den Leser bietet. M.E kaum möglich oder zumindest eine wirkliche Herausforderung. Kannst Du noch konkretisieren, wie Du Dir Dein Projekt vorstellst? Ich stelle es mir ebenfalls sehr schwierig vor, aus der Sicht von „Monstern“ zu erzählen, die nicht - wie Du schreibst - „mit Vernunft begabt“ sind (und vermutlich nur aus menschlicher Sicht „monsterartig“ sind, eher erinnert das ja an Tiere, die ihr Revier verteidigen o.ä.) - hier fallen mir als Vergleich ebenfalls nur Geschichten ein, in denen die nicht-menschlichen Protagonisten „vermenschlicht“ wurden (siehe „Felidae“ o.ä.)

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Ja, hatte die Pünktchen vergessen.

Im großen und ganzen das man dann durch eine erzählerischen Ansatz eine Art „Übersetzung“ bekommt.

Quasi so:

Sir-tirag schnaubte, fauchte und gurgelte leise. Als würde er seinen Kameraden sagen wollen, das gleich der Zeitpunkt gekommen sein würde, das Reh anzufallen. Dieses beugte sich derweil hinunter, um unter ihrem Versteck am saftigen Gras zu zupfen.
Sir-tirags bellen gab das Zeichen. Kaum, dass das bellen aus seiner Kehle erklang stürmten seine Kameraden schon aus den Büschen heraus, rissen dem Reh die Beine weg. Sir-tirag sprang nun aus dem Baum heraus, der ihm als Ausguck diente, und versenkte seine Zähne tief im Hals des bemitleidenswerten Rehs.
Ein Gurgeln erklang. Ob dieses nun vom Reh stammte welches seinen letzten Atemzug machte, oder ob es das Gurgeln von Sir-tirag war um zu verdeutlichen das die Beute tot ist ist nicht klar heraus zu hören. Aber das musste es auch nicht da sich nun schon die anderen zu Sir-tirag gesellten und ihrerseits Klauen und Zähne in den eben noch lebendigen Leib vergruben und es begannen auseinander zu reißen, um an die leckersten Stücke zu kommen.

So in etwa. Vielleicht noch etwas drastischer. Ist jetzt ja nur kurz zusammen geschrieben und nicht weiter überarbeitet.
Ich denke aber man kann ganz grob herauslesen, wie das dann weiter gehen würde.
Echte Sprache wäre dann den Menschen vorbehalten.

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Dein „Quasi-so“-Beitrag ist natürlich noch nicht ausgearbeitet und war bestimmt nicht dafür gedacht, im Einzelnen auseinandergepflückt zu werden, das ist klar.
Trotzdem mein Senf dazu: Da ist die Perspektive aber arg unglücklich gewählt, scheint mir.
Man bekommt die Szene anscheinend von einem außenstehenden Beobachter erzählt, der Beobachtungen („Ein Gurgeln erklang“), eigene Vermutungen („als würde er sagen wollen“) und Wertungen („bemitleidenswert“) bunt durcheinander mischt. Mal wird der Leser im Dunkeln gelassen („ist nicht klar“), dann wird dem Leser á la Allwissender Erzähler eine Wertung als Tatsache serviert, die er zu schlucken hat („das musste es auch nicht!“).

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Da gebe ich dir vollkommen recht.

Dennoch müsste ich dem Leser zumindest soweit entgegenkommen, um Gestiken, Laute und Geräusche verstehen zu lassen, die sich nicht nur durch die bloßen Taten erklärt werden.

Eine komplexe Sprache würde ich hier aber dennoch nicht zugrunde legen.