Manchmal ist es ganz seltsam. Gestern Abend – ich lag schon im Bett – kam mir eine Idee zu einer Kurzgeschichte. Ich nahm mein Tablet und notierte mir die Gedanken. Meine Frau schlief bereits neben mir und ich wollte nicht aufstehen, um mir meinen Laptop zu holen. Also schrieb ich weiter und aus den einzelnen Gedanken wurden Sätze. Erst unzusammenhängend, dann immer strukturierter. Mitten in der Nacht war ich fertig.
Ich möchte diese Geschichte hier vorstellen. Ich habe sie nicht nachbearbeitet, also kann es gut sein, dass da einige Fehler drinstecken. Ich gehe bewusst diesen Weg, weil der Text dann unbeeindruckt von Stilanalysen o.ä ist. Vielleicht kann ich so besser meinen eigenen Stil finden.
Kritik ist natürlich erwünscht.
Eine neue Hoffnung
Es sei absolut sicher, hatten sie uns gesagt. Wir würden uns einfach in die Kryokammer legen und einschlafen. Nach zwölf Jahren, wenn wir New Hope erreicht hätten, würden wir wie aus einem langen Schlaf wieder aufwachen. Man musste Ressourcen sparen. Keine Unterkünfte. Keine Lebensmittel. Keine Recyclinganlagen. Kein Sauerstoff.
In erinnere mich noch gut an meine letzten Wochen auf der Erde. Die fossilen Brennstoffe waren verbraucht. Es gab kein Öl und kein Erdgas mehr. Die letzte Kohle hatten sie schon vor mehr als zehn Jahren aus dem Boden geholt. Unsere Hoffnung, mit erneuerbaren Energien genügend Strom zu erzeugen, hatte sich schnell zerschlagen. Die starken Stürme hatten die meisten Windräder zerstört. Die Solarmodule, mit denen man jede freie Fläche bestückt hatte, brachten im trüben Regenwetter nicht genug Energie.
Also baute man riesige Raumschiffe, um möglichst viele Menschen zu evakuieren. Zum Aufbau einer Kolonie auf dem erdähnlichen, erst vor vier Jahren entdeckten Planeten, hatten sie mental starke Personen gesucht. Ich hatte unzählige Testreihen durchlaufen, in denen meine geistige Belastbarkeit ermittelt wurde. Nach vielen Wochen war es so weit. Zusammen mit 1.999 anderen Kolonisten betrat ich das Schiff, das uns nach New Hope bringen sollte.
Ich war freudig erregt, als ich aufwachte. Endlich würde ich meine neue Heimat betreten. Einen Planeten ohne Luftverschmutzung und Dauerlärm. Ich lag auf einem Tisch aus Metall und bewegte langsam meine Gliedmaßen. Meine Beine. Meine Zehen. Meine Arme, Hände und Finger. Ich setzte mich auf und erstarrte vor Entsetzen. Mein Gehirn brauchte eine Weile um zu verstehen, was meine Augen sahen. Ich schrie, aber ich hörte keinen Laut. Ich sah kräftige, klobige Beine – aus Metall. Ich führte langsam die Hände vor mein Gesicht. Am Ende von zwei metallenen Armen waren Greifer montiert. Ich sah mich um. Tische, so weit mein Auge reichte. Und auf jedem davon saß ein verdammter Roboter mit einem Kopf ohne Mund, Nase und Ohren. Lediglich zwei optische Linsen an der Stelle, wo normalerweise die Augen sitzen. Sah ich auch so aus? Träumte ich? War ich immer noch in der Kryophase?
„Guten Morgen!“, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf. „Leider mussten wir auf unserer Reise nach New Hope einen Zwischenstopp einlegen. Die Finanzierung dieser Reise ist nicht mehr sichergestellt. Wir müssen auf einem Felsplaneten ohne Sauerstoff in einer offenen Mine Erze abbauen, um die weitere Reise zu ermöglichen. Um Ihre eigenen Körper zu schonen, haben wir Ihre Gehirne in Arbeitsroboter transplantiert. Nach 1.000 Tag/Nacht-Zyklen werden wir die Reise fortsetzen.“
Während des Tages, an dem die blasse Sonne den Planeten erhellt, arbeiten wir. Wie viele Stunden das sind? Ich weiß es nicht. Ich habe mein Zeitgefühl verloren. Nachts werden unsere mechanischen Körper zum Aufladen der Batterien in ein Gestell gehängt. Diese Zeit dient auch dazu, um zu schlafen. Unsere Gehirne sollen sich erholen, um für den kommenden Tag fit zu sein.
Ich habe viele Zyklen gebraucht, bevor ich das erste Mal schlafen konnte. Ich erinnere mich noch an die erste Nacht und den blanken Horror, der mich erwartete. Soweit meine Kameraaugen reichten, sah ich andere wie mich. Tausende, Zehntausende. Alle sahen genauso aus wie ich. Einige weigerten sich, ihr Schicksal anzunehmen. Die Bestrafung war so einfach wie perfide. Wer nicht arbeitete, bekam nachts keine Energie. Das Ergebnis war der Tod. Keine geladenen Batterien hieß keine Sauerstoffversorgung.
Eine Kommunikation mit den anderen ist nicht möglich. Bei unseren künstlichen Körpern haben sie auf Sinnesorgane verzichtet. Wir können nicht hören, nicht riechen und nicht sprechen. Nur die Vibrationen, die wir bei der Arbeit mit unseren Geräten erzeugen, können wir spüren. Die Anweisungen der Aufseher erhalten wir per Direktübertragung an unsere Gehirne.
Ich arbeite nun seit 999 Zyklen hier. Morgen bekomme ich meinen Körper zurück. Dann muss ich nochmal für 2 Jahre in die Kryokammer, bevor ich New Hope erreiche. So wurde es mir versprochen. Ich bin aufgeregt. Eine letzte Nacht in diesem grässlichen metallenen Monstrum.
Ich wache auf und empfange die Übertragung in meinem Gehirn.
„Herzlichen Glückwunsch. Sie haben ihre Zeit auf Rolus VI überstanden und sind jetzt bereit, ihre Reise nach New Hope fortzusetzen. Bitte begeben Sie sich nach der Abkopplung von Ihrer Ladestation zu Sektor GZ-17. Mehrere Shuttles werden Sie dort aufnehmen und zu Ihrem Schiff bringen, wo Ihre Körper bereits auf die Rück-Transplantation der Gehirne warten.“
Ich bin aufgeregt. Die Ladestation löst die Halteklammern und ich gehe los. Ich bin nicht der einzige. Oder die einzige? Ich weiß gar nicht mehr, welches Geschlecht ich hatte. Viele hundert Arbeitsroboter begleiten mich auf dem Weg. Sind das alles Leidensgenossen? Waren sie auf dem gleichen Schiff wie ich?
Ich bemerke, wie verbraucht die Körper sind, die neben mir laufen. Ich sehe wahrscheinlich auch nicht besser aus. In den letzten Monaten waren die mechanischen Arme und Beine immer schwieriger zu kontrollieren. Auch die Ladekapazitäten meiner Batterien hatten merklich nachgelassen. Wahrscheinlich war das der Grund, warum man die Einsatzzeit auf 1.000 Zyklen angelegt hatte. Warum haben die uns das überhaupt angetan? Es war harte Arbeit auf diesem beschissenen Felsbrocken, um irgendwelche Erze abzubauen. Ich erinnere mich vage, dass mir das zu Beginn meines unfreiwilligen Aufenthalts erklärt wurde. Aber ich habe es vergessen.
Meine Aufregung wächst. Scheiß auf diesen mechanischen Körper, bald werde ich meinen eigenen wiederhaben. Endlich wieder hören und sprechen. Endlich wieder RIECHEN. Gibt es auf New Hope Blumen? Ich hoffe es und freue mich wie ein kleines Kind.
Die Shuttles bringen uns in den Orbit. Ich spüre die Vibration, als wir am Schiff andocken. Wir verlassen die Fähren und betreten einen riesigen Raum. Ich sehe Hunderte von anderen wie mich, dichtgedrängt in dieser Halle.
Was steht da an dem riesigen Tor? Abfallbeseitigung? Ich spüre die Unruhe der anderen. Das Tor öffnet sich. Dahinter sehe ich das schwarze All. „NEIN!“, will ich schreien, aber dieser Körper hat keinen Mund. Diejenigen, die am nächsten zum Tor stehen, werden herausgedrückt. Ich vermute, man hat den Luftdruck in der Schleuse erhöht. Nichts anderes ist dieser Raum, erkenne ich voller Panik. Ich will mich umdrehen und weglaufen, aber der Druckunterschied zum leeren Raum schiebt auch mich unaufhaltsam zum Tor. „IHR SCHWEINE!“, schreie ich stumm.
Zusammen mit meinen Kollegen treibe ich durch das All. Wie lange hält meine Batterie, um mein Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen? Oder versagt vorher die Heizung und ich schwebe wie ein Eisblock Äonen lang durch das All. Ich weine. Ich bin müde. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Mir wird kalt. Ich …