Liebe Papyrus-Community,
mit Interesse habe ich in den letzten Jahren im Netz Diskussionen verfolgt, in denen die meisten Kommentatoren sich bei der Frage „Bauchschreiber oder Plotter“ für das Plotten aussprachen, wobei viele einräumten, die Wahrheit würde oft in der Mitte liegen.
Ich habe einiges über Plotmuster gelernt: Die Heldenreise, das 3-Akt-Modell, die Schneeflockenmethode und einige andere Varianten. Bei mancher Kurzgeschichte, die ich geschrieben habe, habe ich mich am 3-Akt-Modell orientiert, andere habe ich aus dem Bauch heraus geschrieben.
Vor einigen Wochen las ich „Das Leben und das Schreiben“ von Stephen King und erinnerte mich an Stimmen im Netz zu dem Buch, die sagten, dass Stephen King nur deswegen gute Bücher schreiben könne, ohne zu plotten, weil er schon im Studium die Stufen der Dramaturgie erlernt und als Englischlehrer über bedeutende Werke gelehrt hatte. Stephen King habe deswegen die Gesetzesmäßigkeiten funktionierender Handlungsverläufe im Blut. Nur deswegen könne er spontan erfolgreich schreiben (In „Das Leben und das Schreiben“ habe ich gelesen, dass er zwischen situationsbasierten und handlungsbasierten Büchern unterscheidet. Aus dem Bauch könne man gut schreiben, wenn man in einer erdachten Ausgangssituation startet und drauf losschreibt - z. B. nach der Frage: Was wäre wenn … -um langsam und sorgfältig das Skelett der Geschichte auszugraben, die schon immer existiert und darauf gewartet hat, entdeckt zu werden.)
Ich glaube, dass bei der Frage, nach welchem System wir schreiben, die eigene Persönlichkeit eine bedeutende Rolle spielt.
Was ich in den letzten Jahren vermisst habe, war der Bericht von erfolgreichen Autoren, die voller Überzeugung á la Stephen King aufs Plotten verzichten.
Heute habe ich den Podcast „Erfolgreich schreiben!“ von Anja Niekerken entdeckt und in das Interview mit Sabine Thiesler reingehört. Sie schreibt Krimis. Ich habe mich gefreut, von einer begeisterten Bauchschreiberin zu hören, die natürlich nachher viel überarbeiten muss, aber hundertprozentig davon überzeugt ist, dass ihr bester Weg zu schreiben darin besteht, mit dem Schreiben zu beginnen, ohne etwas über das Ende, den Anfang, die Mitte oder die Figuren zu wissen.
Ihr Argument, dass sie ihre Bücher gerne als Leserin entdecken möchte und sich immer wieder beim Schreiben überraschen lassen will, kann ich gut nachempfinden. Ich genieße es auch, mich überraschen zu lassen. Das ist wie Kino, nur viel besser.
Ich habe Teile mehrer Romanmanuskripte in der Schublade, bei denen ich irgendwann nicht weiterkam.
Das Interview hat mich ermutigt, es noch mal mit dem Bauchschreiben zu versuchen - einfach, weil es mir am meisten Spaß macht.
Auf der Webseite von Richard Norden ( http://blog.richardnorden.de/ ) habe ich schon vor einigen Jahren von spannenden Methoden gelesen, die helfen, sich als Bauchschreiber zu organisieren. Manchmal funktionieren auch Hybridlösungen.
In Papyrus lassen sich die Pitches, Charakterbeschreibungen, Notizen und die Timeline ja auch prima während des Schreibprozesses erstellen, z. B. nach dem Schreiben einer Szene, sodass sich logische Fehler, die sich beim Schreiben aus dem Bauch schnell einstellen, vermeiden lassen.
Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Bauchschreiben?
Es freut mich, dass hier ein so reger Austausch staffindet. Das gibt mir das Gefühl, mit den Gedanken aus der Schreibwelt nicht alleine dazustehen.
Ganz liebe Grüße und ein schreibrauschiges Wochenende wünsche ich euch!
Sebastian Domke