Gerade schreibe ich an meinem Fantasy-Roman für Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren. Dabei bilde ich mir ein, dass mein Schreibstil leicht und locker ist. Das Lesen meines Buches soll sowohl spannend sein, als auch Spaß und Vergnügen bereiten. Ob ich dieses Ziel erreicht habe, müssen meine Leser beurteilen.
Mein Buch soll natürlich vor allem für Kinder sein und muss deshalb klar und verständlich geschrieben sein, doch ich verwende auch manchmal einige Wörter, die heute nicht mehr so üblich sind und eher hochtrabend klingen. Da fällt mir gerade, das besonders altertümliche Wort Haderlump ein, welches ich gerade verwendet habe.
Nun hat man mir nahegelegt, genauso zu schreiben, wie die anderen modernen Autoren, weil ich sonst garantiert keinen Erfolg hätte, doch andererseits heißt es ja auch, dass jeder Autor seinen eigenen Stil finden muss. Das wäre ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der nötig wäre, um einen „Bestseller“ zu schreiben.
Ich lese nicht nur moderne Autoren, sondern auch sehr gerne altertümliche klassische Bücher. Und die Sprache der alten Autoren gefällt mir auch sehr gut, nicht nur der heutige Stil. Zwar will und kann ich nicht genauso schreiben, wie es vor hundert Jahren üblich war, sondern ich schreibe schon modern, doch dies genauso zu tun, wie alle anderen heutzutage, finde ich auch nicht gut.
Wenn ich mich total verbiegen muss, um Erfolg zu haben, so das mir das Schreiben keinen Spaß mehr macht, dann hat es für mich auch keinen Zweck mehr Autor zu sein. Denn man verbringt ja lange Zeit, viele Wochen, Monate und Jahre mit dem Schreiben. Ich möchte natürlich von vielen Leuten gelesen werden und meine Bücher sollen gefallen, aber dafür möchte ich mich selbst nicht aufgeben.
Mein Buch habe ich derzeit einigen Testlesern zur Verfügung gestellt und ich bin sehr gespannt, was dabei für Bewertungen herauskommen. Meine Anfrage nach diesen war sehr erfolgreich und in ein paar Wochen erfahre ich das Ergebnis.
Verbiegen musst du dich ja nicht. Solange du für dich und für deine Schreibtischschublade schreibst, kannst du schreiben wie du magst. Wenn du veröffentlicht werden willst, solltest du aber ein wenig an deine Leserinnen und Leser denken.
Zwischen Autor und Leser:in entsteht immer ein Dialog. Es macht schon einen Unterschied, ob du jemanden anschreist oder mit samtweicher Stimme eine Geschichte ins Ohr säuselst.
Ich glaube, genau darin liegt der Kniff: Seinen Stil zu finden und trotzdem gerne gehört oder gelesen zu werden.
Sicherlich ist die Jugendsprache - die es so verallgemeinert gar nicht gibt - völlig anders ist als das, was man gemeinhin als Erwachsener spricht und schreibt. Mich haben in der Vergangenheit immer Dialoge aufgeregt - okay, in der Glotze - die so gestelzt und alt waren, dass jeder „Jugendliche“ mit den Augen rollen dürfte. „Hier steppt der Bär“ ist eben uralt. Oder eben „Haderlump“, das klingt eher nach Puppentheater. Schwieriges Genre. Ganz sicher was mich betrifft.
Wer ist denn dieser Man? Das frage ich mich seit meiner frühen Kindheit, wer dieser ominöse Man mit einen N ist?!
Es gibt immer diese Fachleute - ich nenne sie Literaturfachverwaltungsangestellte - die wissen, wie es geht. Erstaunlicherweise haben die wenigsten davon selbst mal ein Buch geschrieben. Und ich vertraue keinem Friseur mit Glatze…
Entscheidend ist, dass Deine Leser es mögen. Und vielleicht mögen sie ja auch Haderlump.
Ansonsten - Genrewechsel. Ich will mir nicht aufdrücken, wie ich zu schrieben haben. Möglicherweise führt das in das elende Dasein des ewigen Selfpublishers, das ist mir jedoch wurst. Entwoder - eder. Aber:
So isses!
Das ist mein Mann! Allerdings musst Du dabei auch mit Kritik rechnen. Nach meiner Erfahrung.
Ich sag es mal ganz offen und schonungslos, ist aber nicht böse gemeint:
Deine Leseprobe “Mäusezirkus” habe ich als Durcheinander verschiedener Sprachstile empfunden @Federkiel
Du musst natürlich nicht den Schreibstil anderer Autoren kopieren, aber dein eigener Stil sollte schon einheitlich sein.
Ich lasse mich in Büchern sehr gern auf den indiviuellen Sprachstil des Autors ein und habe Freude sowohl an Eichendorffs Marmorbild als auch an Stefan Wolfs TKKG. Aber die Sprache von Eichendorff mit der von Stefan Wolf gemischt in einem Satz - das könnte ich nicht genießen.
Den Ansatz von dir in “Mäusezirkus”, jeder Person in der wörtlichen Rede einen eigenen Sprachstil zu geben, finde ich super.
Wenn man das konsequent von Anfang bis Ende für jede Person durchzieht, macht das dem Leser sehr viel Spaß. Es ist dann aber für den Autor sehr viel Arbeit, diese Sprachstile und unterschiedlichen Sprachniveaus sauber zu trennen. Beispielsweise der mittelalterliche Zauberer darf in seiner wörtlichen Rede gern Haderlump verwenden, aber wenn er dann auch noch das Wort blöd verwendet, dann müsste “blöd” auch die damalige Bedeutung “geistig zurückgeblieben” haben und nicht die heutige Bedeutung “lästig, ärgerlich”.
Meine Kritik soll dich jetzt aber nicht entmutigen, ganz und gar nicht. Deine Ideen und Inhalte im “Mäusezirkus” haben mir gefallen, nur die Sprache nicht.
Meine unfertige Geschichte vom Mäusezirkus, von der es gerade mal einen kurzen Anfang gibt, ist nicht das gleiche wie mein Roman, an dem ich bereits länger arbeite, den ich schon mal überprüft habe und der nun schon etwa 250 Normseiten hat. Für diesen habe ich immerhin schon mal den folgenden ersten Eindruck erhalten: “Du brauchst dich mit deiner Geschichte nicht zu verstecken.” Aber ich werde die richtigen Bewertungen meiner Testleser erst erfahren, wenn sie mit dem Buch durch sind.
Da sind wir wieder beim Thema “Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler”. Hast du deine Geschichte mal Kindern, deinem Zielpublikum, vorgelesen? Dann merkst du relativ schnell, ob du sie “am Haken” hast. Wenn sie nach zwei Minuten Candy Crush spielen, ist das eher ein schlechtes Zeichen. Der Hinweis auf verkaufskompatiblere Sprache klingt ja eher nach erwachsenen Testlesern.
Und zum Punkt unbekannte Worte: Die Dosis macht das Gift. Wenn da mal ein für das Kind neues Wort auftaucht, ist das doch nichts Schlechtes, im Gegenteil, Kinder sollen und dürfen ja auch was lernen. Entweder erschließen sie den Sinn aus dem Kontext oder sie fragen den Erklärbär ihres Vertrauens (Oma, Papa, Alexa). Nur wenn du es übertreibst, wird das Buch in die Ecke fliegen.
Es macht auch einen Unterschied, ob du als Erzähler altertümlich sprichst oder deine Figuren, da kann man das sogar erwarten bzw. es gehört zur Charakterisierung, wie @Corinna schon schrieb. Wenn ein 300 Jahre alter Vampir wieder zum Leben erweckt wird, dann muss der Dinge sagen wie “Potzblitz! Was erdreistet Er sich!” und nicht mit einem “Krasser Scheiß, Alter!” um die Ecke kommen. Außerdem haben solche Dinge einen hohen Wiedererkennungswert. An wen denkst du beim Wort “Faszinierend” oder wenn du liest einen Dialogfetzen, komisch formuliert er ist?
Last but not least hängt es auch mit dem Genre zusammen. Bei Fantasy erwartet man ja eher einen etwas epischen Schreibstil, da darf auch Altertümliches auftauchen, in einem sozialkritischen Roman über Bandenkriminalität wäre es eher fehl am Platz.
Bei meinen Testlesern sind auch ein paar Mütter mit mehreren Kindern dabei, die sich für meine Geschichte interessieren. Die Testleserinnen haben bei ihrer Anfrage extra auf die Kinder hingewiesen. Ich bin sehr gespannt, ob die Kinder die Geschichte auch lesen, wenigstens zum Teil, und wie sie diese finden.
Alte Worte sind noch kein Stil. Deinen Stil an ein paar ältlichen Worten festmachen zu wollen, klingt für mich hanebüchen. Der Stil, das sind Dutzende Sachen, nicht nur die Wörter, die man verwendet. Satzlänge, Satzstellung, eher Haupt- oder auch viele Nebensätze, blumig mit Adjektiven oder klar, viele Genitive oder eine lebendige Sprache, schnell oder langsam, bist du lustig? Liest man das? Oder wird man depressiv beim Lesen? Das subsumiere ich unter Stil, das und noch einiges mehr. Die Perspektive, die Zeitform, sogar das Genre, alles bildet diesen Stil. Einzelne Wörter haben da eine Aussagekraft, die gegen Null geht.
Haderlump in einem modernen Roman kann nur im Dialog oder in Gedanken stehen, sonst wüsste ich kaum, es unterzubringen. Wichtig für Kinderbücher ist in jedem Fall ein Glossar. Darf eigentlich in keinem Buch fehlen.
Deine Bemerkungen zum Stil sind natürlich richtig und ich hoffe, dass ich in allen deinen genannten Punkten einen gefunden habe.
Aber besonders wichtig finde ich deinen Hinweis mit dem Glossar, denn auf die Idee bin ich bisher nicht gekommen!
Der olle Haderlump erinnert mich sehr an den von mir geliebten Harry Rowohlt, der so unnachahmlich “Pu der Bär” interpretiert hat.
Hach
Peter
Ich bin weder Fan von Fantasy, noch kenne ich da gute, bzw. erfolgreiche Beispiele (außer vllt. Harry Potter). Auch möchte ich jetzt nicht den Schreibstil an dem Haderlump festmachen, dennoch: Der Haderlump passt in ein Buch, auch ein Buch für Kinder, das vor hundert Jahren spielt, oder meinetwegen vor 20 oder 30 Jahren in den Bayerischen Bergen, in Österreich oder in Südtirol. Dort findet man ihn vielleicht sogar heute noch, wobei ich absolut nicht sagen möchte, dass man dort noch hinter dem Mond lebt. Aber die Sprache dort ist auch heute eine andere, als in Berlin oder Hamburg. Dort würde man größere Probleme haben.
Was ich damit sagen will: Das Zielpublikum ist wichtig, das Genre und auch das Zeitalter, in welchem das Buch spielt.
Zum Thema Glossar: Ja, ist absolut wichtig, aber nur wenn es eine ganze Reihe Einträge geben wird. Wegen ein oder zwei “Haderlumpen” würde ich lieber kein Glossar machen, sondern lieber andere Worte verwenden. Außerdem: Im gedruckten Buch ist ein Glossar gut zu handeln, im E-Book eher schlecht. Dort nach hinten und dann wieder zurück zu hüpfen
Kinderbücher ist ein sehr weitreichender Begriff. Auch ein Bilderbuch ist ein Kinderbuch. Ich besitze aktuell überwiegend Kinderbücher für die Altersklasse 1-4 und das einzige mit einer Art von Glossar ist das Dinosaurier Wimmelbuch. Und niemand vermisst bei den restlichen einen.
Ich finde Glossare auch eher störend. Wenn der Autor ungewöhnliche Wörter verwendet, sollte aus dem Kontext klar werden, was gemeint ist.
Wenn der Zauberer Haderlump sagt, könnte eine andere Figur fragen, was das sein soll.
Ich schließe mich an! Wir haben die Hörbuchsammlung von “Pu der Bär”, die auch von Harry Rowohlt eingesprochen wurde. Das ist so genial wie fesselnd und lustig. Eigentlich haben mein Mann und ich die Scheiben den Kindern gekauft, aber mittlerweile sind wir die größeren Fans davon. Was da für ein Hintersinn drin ist! - Wahnsinn!
Hab mal eine schöne Karrikatur gesehen:
https://schauburgorbiter.files.wordpress.com/2015/06/11111043_10152823970601927_421473744086644331_n.jpg
Oh, hatte vor lauter Harry Rowohlt das Glossar ganz übersehen!
Hm, ein Glossar vielleicht nicht, aber eventuell einen Anhang. Mein Epos, an dem ich schon Äonen schreibe, hat eine ganze Ahnengalerie von berühmten Familien. Und da auch eine Art unterschwellige Fehde auf dem Berg zugange ist, ist es schon wichtig, welche Figur was für Blut in den Adern hat. Deshalb habe ich schon darüber nachgedacht so eine Art “Stammbaum” in den Anhang zu bringen. Oder eben wer aus welchem Haus ist. Ohne weitere Infos, damit man nix verrät. Natürlich habe ich auch Überläufer und Nestbeschmutzer…
In meinem Erotik-Märchen sind alle Zaubersprüche echte lateinische Sätze. Hab mich sogar einmal ziemlich lange mit einer Lateinlehrerin ausgetauscht (sie zitierte dann gern mal Cicero oder Seneca). Es ist zwar überhaupt nicht wichtig, weil ich auch “Abracadabra” hätte schreiben können, aber ist vielleicht nett, wenn man die Übersetzungen im Anhang nachlesen kann.
Und weil es da auch viele romantische Abendessen gibt, könnte man gleich noch eine Rezeptsammlung hintendranpacken…
Aber das entscheidet der Verlag.
Liebe Grüße,
Vroni
Ich finde, ein Buch, egal für welche Altersstufe, muss auch ohne Glossar funktionieren, soll heißen, man muss der Handlung folgen und alles verstehen können, ohne irgendwo nachschauen zu müssen.
Wenn dann im Anhang irgendwelche Einzelheiten näher erklärt werden, wie z.B. @Vroni hier vorschlägt, eine Übersetzung der verwendeten Zaubersprüche, ist das eine nette Zugabe, brauchts nicht unbedingt, macht aber Spaß, wenn es da ist.
Ich erinnere mich noch mit Schrecken an ein zig hundert Seiten starkes Sci Fi Epos, in dem diverse essentielle Dinge nur im Glossar erklärt wurden. Schon mal versucht, auf einem Ebook-Reader alle paar Seiten bis zum Glossar am Ende des Buches und wieder zurück zu ‚blättern‘? Macht so richtig Laune , jedenfalls wünscht man sich da irgendwann nur noch eine Laserkanone, um so ein Machwerk zu Plasma zu verschmelzen.
Ich finde es auch schrecklich von Autoren, wenn sie (wichtige?) Teile des Inhalts in fremden Sprachen, wie z.B. Gedichte, Zitate, Sätze, ohne Übersetzung (auch bei einer verbreiteten Sprache) in ihrem Text stehen lassen. Es gibt immer einen Teil des Publikums, der den fremdsprachigen Text nicht versteht (nicht jeder lernt dasselbe in der Schule) und dieser fühlt sich dann nicht ernst genommen, im Stich gelassen oder veralbert. Nur in seltenen Fällen ist dies in Ordnung.
Und wichtige Dinge erst hunderte von Seiten (im Anhang) später zu erklaren, ist fast genauso schlimm. Wer macht sich schon die Mühe da ständig nachzusehen? Da wird der unbekannte Inhalt eben überlesen und das Unverständnis in Kauf genommen. Es sei denn die Erklärung erschließt sich aus dem Text.
“Eine Geschichte, die man erklären muss, ist nicht richtig erzählt.”
Ich weiß nicht mehr, wer diesen Satz gesagt haben soll, aber von Glossaren halte ich nichts. Außer vielleicht in ganz wenigen Ausnahmefällen, wie z. B. historisch korrekten Romanen, erkenne ich keinen wirklichen Sinn darin, schon gar nicht in Kinderbüchern.
Wenn ich meiner Enkelin etwas vorlese und würde einen Satz finden wie “Da stürmte der Mann aus dem Haus und stieg schnell in seinen silberfarbenen Mercedes A-Klasse.”, hätte ich den Eindruck, dass Autor keine Ahnung von Kindern hat.
LG
ThAchi
Das kann zum Flair einer Geschichte beitragen - kann, nicht muss.
Bis dahin stimme ich dir zu.
Das ist der Punkt, an dem dir die Stilanalyse “Hellseherei” diagnostizieren würde. Woher weißt du, wie sich dieser Teil des Publikums fühlt? Was ist eigentlich aus Neugierde und Wissensdurst geworden, die Bereitschaft neue Dinge zu lernen? Früher war Wissen beschaffen ja auch immer mit Mühen verbunden, aber heute sind wir nur ein paar Mausklicks von allem entfernt.
Ganz abgesehen davon, wo ziehen wir die Grenze? Du beziehst dich oben auf fremdsprachige Texte. Und was ist mit deutschen Worten und Texten? Darf ich noch das Wort “Gartenschlauch” benutzen, obwohl die Gefahr besteht, dass jemand das Konzept eines “Gartenschlauchs” nicht kennt und sich infolgedessen “im Stich gelassen oder veralbert” fühlt?