Hallihallo,
ich habe jetzt länger überlegt, ob ich wirklich was dazu schreiben soll, denn Kritik ist ja meist nicht allzu gerne gesehen. Allerdings dachte ich, so ein bisschen konstruktive Kritik bringt ja vielleicht weiter, also habe ich beschlossen, doch was dazu zu schreiben. Ich hoffe zumindest, etwas zur Verbesserung beitragen zu können. Falls nicht, einfach ignorieren
Ich paste einfach mal den Anfang hier rein und kommentiere dazwischen was mich gestört hat und was dafür gesorgt hat, dass die Lektüre für mich nach nur zwei Seiten zum erliegen kam:
*Piep … piep … piep … Die Regelmäßigkeit des Signals zerrte an der Aufmerksamkeit. *
An wessen Aufmerksamkeit? Und Aufmerksamkeit worauf? Kann man generell an Aufmerksamkeit zerren, oder zerrt es nicht eher an den Nerven? Schöner fänd ich „… die Regelmäßigkeit des Signals zerrte an seinen Nerven“ oder (das wäre dann eher meine persönliche Art der Formulierung, um das Bild zu zeichnen, weit weg von der Vorlage ;-)) „… das monotone Piepsen bohrte sich in seinen Kopf und verdrängte jeglichen noch so profanen Gedanken“
*Dabei war er doch so müde, unendlich müde. *
Hier würde ich, wenn man die Müdigkeit schon mit Wortwiederholungen unterstreichen möchte, das „so“ auch noch mit nehmen. Wenn schon, dann richtig "Dabei war er doch so müde, so unendlich müde. Das „Dabei“ stört mich persönlich als zu umgangssprachlich und es bremst an dieser Stelle den Lesefluss. Stärker, mein Vorschlag: „Er war doch so müde.“ ohne Schnickschnack Vor allem, weil die Müdigkeit im nächsten Satz ja nochmal aufgegriffen wird. Man weiß also, der Kerl is kurz vorm umkippen.
Er vermochte sich nicht zu erinnern, dass er in seinem Leben jemals eine derart große Erschöpfung empfunden hatte.
Da, eindeutig müder Protagonist.
*Piep … piep … piep … Er hasste Weck-Utensilien jeder Art. Sie vermiesten einem den Tag gleich am Morgen. Der Fuß war noch nicht einmal aus dem Bett, und die Laune schon dahin. *
Finde ich insgesamt unglücklich formuliert. Welcher Fuß? Der falsche? Der erste? Und wieso nur einer? Hat der andere danach dann gar keine Lust mehr?
Vielleicht eher was in Richtung „piep…piep…piep… Er hasste Weck-Utensilien jeglicher Art. Noch bevor man den ersten Fuß aus dem Bett hat ist der Tag vermiest.“ im Präsens als Aussage formuliert, um die Allgemeingültigkeit zu betonen.
Anders ein warmer Körper, der sich sanft von rückwärts anschmiegt und einen langsam und zärtlich in den Tag holt. Klar, das wäre was.
Man kann sich „von rückwärts“ nicht anschmiegen. Man kann sich von hinten anschmiegen. Oder rückwärts, wobei das dann eher genau andersrum stattfindet als es wohl gedacht ist. Wenn ein Löffelchen entstehen soll wäre „von hinten anschmiegen“ das Mittel der Wahl. Außerdem würde ich den Satz mit dem „Warmen Körper“ beginnen lassen, damit ist der Kontrast zum kalten, nervigen Wecker stärker:
„Ein warmer Körper, der sich von hinten anschmiegt, einen langsam und zärtlich aus dem Schlaf holt, das wäre was.“ (um mal möglichst nah am Vorbild zu bleiben. Trotzdem „aus dem Schlaf holen“ statt „in den Tag holen“, um den Abschied aus dem Traumland deutlicher zu machen.
Aber wer so etwas nicht verdiente, der besaß eben einen Wecker, ein Radio mit Weckfunktion oder ein verdammtes Telefon, das seinen Namen völlig zu Unrecht trug. Smartphone … ein Scheiß. Was ist an so einem Teil schon smart? Piep … Wieder der verflixte Sound. Wer hat denn das Mistding gestellt? War heute nicht sein freier Tag? Hatte er es nicht verdient, innerhalb eines Zeitraumes von zweiundzwanzig Jahren treuster Pflichterfüllung wenigstens ein einziges Mal auszuschlafen? Diese Dinger waren eindeutig der Ruin eines jeden.
Die genervte Überlegung, warum Smartphones Spartphones heißen finde ich eine schöne Idee. Auch, dass die Überlegung an sich durch weiteres Piepen unterbrochen wird kommt schön rüber. „Wieder der verflixte Sound“ ist allerdings überflüssig. Das kommt durch das „Piep“ deutlich genug und prägnant raus. Würde ich komplett weg lassen. Die folgenden Überlegungen, dass er das Ausschlafen nicht verdient zu haben scheint, machen Sinn und finde ich auch schön an dieser Stelle. Die Gedanken brechen über ihn herein und er hat offenbar ein riesen Problem mit seinem Selbstwert und seinem Lebensziel. Sehr schön. „Diese Dinger waren eindeutig der Ruin eines jeden“ ist allerdings dann wieder unnötig das Thema vom Smartphone zu sehr ausgetreten. Kann man machen, muss man aber nicht.
*Piep … piep … pieiiiiiiiii … Was war das? Die neuste Generation mobiler Nervtöter? Biestig werden auch noch? *
…immer noch…
Handybesitz gehört unter Strafe gestellt, so viel stand fest. Nur, wenn er ohnehin jetzt gleich erwachen würde, so bestand der einzige Reiz aufzustehen, in der Notwendigkeit, sich unverzüglich einen exquisiten Espresso rauszulassen. In dieser Hinsicht hatte er die Kollegen dann doch unterschätzt.
Okay, also hier hab ich dann langsam aufgegeben… Er hadert immer noch mit seinem Handy, schön. Wie gesagt, kann man machen, muss man aber nicht. Nur dann „Nur, wenn er ohnehin jetzt gleich erwachen würde…“ Bisher hatte der Leser inkl. mir angenommen, er IST schon längst wach, sonst hätte er die Überlegungen mit dem Handy, das Generve ob des Piepens, die Sehnsucht nach einem Menschen an seiner Seite nebst Hadern mit Weck-Utensilien aller Art im Traum anstellen müssen. Und jetzt wird er gleich erwachen? ähm… ja, was denn nu?
„sich unverzüglich einen exquisiten Expresso rauszulassen“ - in dem Satz passt für mich so gar nichts. Umgangssprache als Stilmittel gerne, mach ich auch ab und an. Allerdings passt dieses Konstrukt nicht zusammen. Insgesamt würde ich empfehlen, den ganzen Absatz nochmal zu überarbeiten. Eventuell den Grund, warum er überhaupt aufstehen MUSS und nicht einfach liegen bleibt hier schon kurz anschneiden. Vielleicht etwas in der Richtung „…stand fest. Genervt starrte er an die Decke. Ein Espresso aus der neuen Siebträgermaschine, die ihm seine Kollegen zum 20jährigen Dienstjubiläum geschenkt hatten, sollte helfen. Endlich hatte er von seinen Kollegen mal etwas bekommen, was wirklich brauchbar war. Er kicherte. Die Ironie, ein Gerät, das Kaffee ausgerechnet mit heißem Dampf brühte, von seinen idiotischen Kollegen bekommen zu haben, war einfach zu eindeutig.“
Ok, am Schluss ist es ein bisschen mit mir durchgegangen, sorry
Ein paar Absätze hab ich noch weiter gelesen aber ich denke, das sprengt den Rahmen. Ich hab eh schon zu viel geschrieben…
Alles in allem sicher ein schöner Ansatz, aber die Sprache an sich ist mir zu holperig, ich finde keinen Fluß beim Lesen, einzelne Passagen sind schlicht überflüssig und langweilen dann schnell. Ein bisschen kürzer und knackiger, weniger Füllwörter und dann wuppt das
Die Stilanalyse von Papyrus würde ich beim Schreiben eingeschaltet lassen, da wird man sofort farblich abgewatscht für jegliches Gelaber und kann das gleich streichen.
Ich hoffe, meine subjektiven Eindrücke und Anmerkungen verschaffen Dir ein bisschen einen „Blick von außen“ auf Dein Werk und helfen Dir weiter…
Viele Grüße und frohes Schreiben!
CK Nachteule