Der Autor zwischen den Romanzeilen

Jede Wahrnehmung, jedes Wort und jeder Satz ist subjektiv. Daher ist ein Buch immer auch ein Blick in die Seele eines Autors. Meine Ansicht.

3 „Gefällt mir“

Wie viel mute ich den Lesern von mir zu? Darüber denke ich nicht nach, denn die Leser denken ohnehin, was sie wollen. Wie viel mute ich dem Text von mir zu? Auch darüber denke ich nicht nach, denn ich schreibe ohnehin, was ich will. Klar, ich bin die Autorin und es ist mein Roman. Die Leser wollen natürlich wissen, welche Art von Autorin ich bin und welche Art von Romanen ich schreibe. Aber Romanleser wissen, was Fiktion ist, und ziehen keine Schlüsse auf meine Person. Mir fällt Hitchcock ein, der seine eigenen Obsessionen, Zwänge und Ängste zu Filmen verarbeitet hat, ohne jedoch persönlich zu werden. Ich bin Schriftstellerin, weil ich aufschreibe, was aus mir herausdringt. Als Autorin fiktionalisiere ich in meinem Roman sowohl Erfundenes als auch Vorgefundenes. Den Stoff, den ich bearbeite, entspricht meiner Persönlichkeit. Ich bin aber auch Schriftstellerin, weil ich beim Schreiben ein von mir getrenntes Werk erschaffe.

1 „Gefällt mir“

Hallo Raya, vielen Dank für die Antwort. Das habe ich bisher genau so gesehen und letzten Herbst begonnen, ohne über diese Dinge tiefschürfend nachzudenken, meinen Roman in einem Zug durchzuschreiben. Hat mir tierisch Spaß gemacht! Da dies für mich aber das erste Buch ist, frage ich mich natürlich, ob diese Gedanken “danach” den anderen Autoren hier auch hin und wieder durch den Kopf gehen, bzw. bei ihrem ersten Werk durch den Kopf gegangen sind.

Genau dieses “von mir getrennte Werk”, obwohl es ja doch meines ist und meine Gedanken und meine Phantasie widerspiegelt, meinte ich mit meiner mühsam geschaffenen “persönlichen Distanz” zum Text. Ich bin eben nur der Autor. Der Roman ist zwar von mir, aber er ist nicht ich, sondern nur mein Text.

1 „Gefällt mir“

Kann ich mit einem schlichten NEIN! beantworten.

1 „Gefällt mir“

Ben, ich sehe schon: Du bist ein durch und durch abgebrühter Profi :thumbsup:

Das weiß ich nicht. Aber ich weiß auch, dass natürlich immer etwas von einem selbst in ein Buch mit einfließt. Situationen und Charaktere sind immer auch einerseits durch Personen initiiert, die man kennt und andererseits Erfahrungen, die man gemacht hat.

Bitte sehr, Viviatis. Du hast ja das Thema aufgebracht. Ich habe gelegentlich geschmunzelt.

"… wenn ihr vor dem sprichwörtlich “leeren Blatt Papyrus” sitzt und Euch Gedanken über ein neues Projekt macht …"
Ich brüte den neuen Plot nicht am Schreibtisch aus. Wenn ich mich an den Computer setze, ist das Projekt schon fortgeschritten. Ich wüsste gerne, wie das bei euch anderen vor sich geht.

“Deshalb habe ich auch eine große Vorliebe für Cliffhanger …”
Sind Cliffhanger nicht etwas Genrespezifisches? Cliffhanger im engeren Sinn kommen in den Büchern, die ich lese oder schreibe, nicht vor. Hingegen bin ich verrückt nach offenen Enden.

“Ehrlich gesagt kenne ich aber auch nur wenige Menschen, die Bücher zweimal lesen. Egal, ob Fortsetzungsroman mit oder ohne Cliffhanger.”
Ich lese alle Bücher zwei- oder dreimal. Bücher, die ich nicht noch mal lesen will, fange ich erst gar nicht an. Allerdings lese ich nicht, sondern höre Hörbüche.

2 „Gefällt mir“

Dem kann ich nur zustimmen. Wenn man sich an den Computer setzt, um sein neues Projekt zu beginnen, sollte es soweit geplant sein, dass man vor der angeblichen Angst vor dem weißen Blatt Papier nur lachen kann.
Übrigens ist zumindest für mich die Angst vor dem weißen Blatt Papier ebenso unsinnig wie eine Schreibblockade. Wenn ich ordentlich plane, hat eine Schreibblockade keine Chance. Wenn’s mal nicht weitergeht, habe ich entweder keine Ideen und/oder habe den Plot schlecht vorbereitet.

Schön gesagt.

Da gebe ich dir recht. Die Angst vor dem weißen Blatt habe ich dank Planung nicht mehr. Bei mir hängt es jetzt, wenn ich das, was ich sagen will, nicht in einen vernünftigen Satz packen kann. Wenn ich zum Beispiel eine bestimmte Vorstellung davon habe, wie jemand den Raum durchquert, es aber einfach nicht auf das Papier (oder eben ins Papyrus) bekomme. Das kann mich dann schon mal einige Stunden zurückwerfen, weil mir nichts gefallen will und sich in meinen Augen alles ganz verschwurbelt anhört. (In den Augen hört sich was an … hust … ich glaube, ich sollte mal schlafen gehen…).
LG, Vroni

Man sollte dasjenige schreiben, was einem gerade an Gedanken durch den Kopf geht. Es meldet sich jemand (im Kopf), der einem den Auftrag gibt etwas nieder zu schreiben. Mir geht da - wie jedem anderen ja auch - immer was durch den Kopf. Bei mir leider hauptsächlich politisches und also hauptsächlich unangenehmes - aber dort und dann sprudelt es. Einfach weil man wütend und entsetzt dabei wird. Ich mache das viel zu wenig, jenes direkt nieder zu schreiben, entlastet aber. Alles geht nach draußen und macht den Kopf wieder frei.

1 „Gefällt mir“

Mir fällt das meiste beim Spaziergang mit unserem Hund ein. Aber auch sonst, wenn ich einen neuen Typus Protagonist oder eine Szene irgendwo “rumliegen” sehe, sammele ich sie auf und stecke sie wie ein Pilzsammler in meinen Korb.
Die Ideen schreibe oder spreche ich als Notiz in mein Smartphone. Manchmal mache ich auch unterstützend Bilder.
Am Computer arbeite ich dann alles auf und entwickele das ganze mehr und mehr textlich, indem ich eine Art immer feiner werdendes “So will ich das haben”-Sieb einsetzte. Viele Passagen passen meist sofort, aber an einigen muss man halt sehr oft “rumföhnen”, bis sie richtig liegen.

2 „Gefällt mir“

John Cage. :slight_smile:

Der Plot entsteht im Kopf. Plot beinhaltet die zentralen Handlungszusammenhänge, die Hauptfiguren und die wichtigsten Schauplätze. Das passiert schnell, innerhalb von einem Tag, höchstens zwei. Ich studiere daran herum, während ich andere Dinge erledige oder unterwegs bin. Als nächstes erschaffe ich eine Erzählstruktur und die damit verbundene Gliederung in Kapitel. Auch das dauert ein oder zwei Tage. Dann nehme ich Buntstifte und stelle das alles visuell auf einem grossen Blatt Papier dar. Das ergibt die erste Fassung, die sich natürlich noch verändert. Ich setze mich an den Computer und entwickle den Zeitstrahl zusammen mit den Biographien der Hauptfiguren sowie die Inhaltsangaben zu den einzelnen Kapiteln. Bisher habe ich das mit Excel-Tabellen gemeistert. Papyrus habe ich noch wenig eingesetzt, weil die MacOs-Sprachausgabe nicht funktioniert, aber das steht in einem anderen Thread.

1 „Gefällt mir“

Die initiale Idee habe ich meistens in der Badewanne, daher zu 99% im Winter. Dann wird im Kopf so lange herumgebastelt bis die erste Figur da ist. Und danach ab an den Schreibtisch.

1 „Gefällt mir“

Ja! Stimmt, vergaß ich zu erwähnen, weil mir meine Badesucht fast unangenehm ist! Meine Frau sagt des Öfteren, dass ich aufgrund meiner Wasseraffinität eigentlich Bademeister hätte werden müssen. Nach dem Sammeln von Situationen, Figuren und Textfetzen im “Pilzkörbchen” und vor der Ausarbeitung am Computer muss unbedingt ein gutes Bad her …

Ich denke, solange man nicht in derselben Liga wie Stephen King, J. K. Rowling u.ä. spielt, ist es dem Leser piepegal, wieviel von der Persönlichkeit eines Autors in seinem Roman steckt - solange er sich nur interessant liest.
Außerdem kennen dich die meisten deiner Leser eh nicht persönlich (ok, so sollte es im Idealfall sein :wink: ), also können sie gar nicht beurteilen, wieviel Anteile von dir jetzt in deinem Schurken und wieviel im Helden stecken. An deiner Stelle würde ich mir darüber also nicht den Kopf zerbrechen.

Und Stephen King hat angeblich auf die ihm immer wieder gestellte Frage, woher er seine Ideen nimmt, mal gesagt: “Die Nervenheilanstalten rund um den Erdball sind voll von Menschen, die mit ihren Obsessionen nicht klarkommen. Ich habe lediglich das Glück, daß ich meine vermarkten kann.”
Angeblich soll er privat ein netter, freundlicher und sympathischer Zeitgenosse sein. :slight_smile:

1 „Gefällt mir“

Wenn das so stimmt, müssten sich die „Nervenheilanstalten“ und deren Patienten ja super selbst finanzieren können, wenn sie zusammen mit Krankenkassen und Verlagen ein schlüssiges Marketingkonzept erarbeiten. Das wäre eine erstklassige win-win-win-win-Situation… :thumbsup:.

2 „Gefällt mir“

Ich mag da ja eine Ausnahme sein. Aber es gibt viele Bücher, die habe ich öfter gelesen. Ist wie bei einem Film, wenn es gut ist, ist es nicht langweilig, auch wenn man weiß was kommt. Da manchmal auch Jahre dazwischen liegen, passiert mir oft, dass ich die eine oder andere Szene nicht so in Erinnerung hatte.

Welche Art von Ende besser sei, liegt offensichtlich an den persönlichen Affinitäten eines jeden. Natürlich ist es wichtig, wo die Geschichte hinführt. Wie dann die Schlussszene gestaltet ist, erachte ich für die Qualität eines Werks als nebensächlich. Wenn ich ein Buch kein zweites Mal lese, liegt es bestimmt nicht an den letzten Passagen.

1 „Gefällt mir“