Hallo, ihr Lieben, ich brauche mal wieder euer Expertenwissen.
Die Geschichte in meinem (noch in Arbeit befindlichem) Erstlingswerk verläuft geradlinig an wenigen Tagen. Die gesamte Handlung findet innerhalb von etwa zwei bis drei Wochen statt. Dabei überlagern sich Handlungsstränge. Wenn z.B. in Kapitel X ein Tag zu Ende geht, fängt er in Kapitel Y gerade erst an. Ich helfe mir damit, dass ich schreibe „Am gleichen Tag um acht Uhr …“ oder so ähnlich.
Ich hatte jetzt die Idee, jedes Kapitel mit Datum und Uhrzeit zu beginnen, wahlweise auch mit Tag X und Uhrzeit.
Ist das ein zulässiges Stilmittel oder eher ein No-Go?
Zulässig ist so ziemlich alles, was du willst, es kommt halt immer drauf an, was man draus macht und wie man es umsetzt.
Solche Stilmittel können immens bereichern, wenn sie sich organisch in die ganze Story einfügen, und unendlich nerven, wenn sie ‚einfach nur so, weil man es kann‘ verwendet werden.
In deinem Fall klingt es sinnvoll und auch für den Leser hilfreich, um den Überblick zu behalten, wenn du viele verschiedene Handlungsstränge hast und die jeweilige Uhrzeit eine Rolle spielt.
Die Situation im Roman spitzt sich immer mehr zu und ich dachte mir, damit könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Übersicht schaffen zwischen den Handlungssträngen und Spannung aufbauen. So wird auch klar, dass die Handlung sich nicht über Monate streckt, sondern die Ereignisse in schneller Abfolge vor sich gehen.
Klar ist es das. Wenn der zeitliche Ablauf die Story dominiert, auf jeden Fall. Geht in meinem Hochwasser-Roman genauso. Fünf Kapitel, mit Wochentagen betitelt und in Uhrzeiten unterteilt. War zunächst nur ein Versuch, mich selbst zu orientieren aufgrund der Vielzahl an Informationen, die ich für die Geschichte gesammelt hatte, aber dann merkte ich, dass das eine rasante Geschwindigkeit aufbaut, die der komplexen Geschichte (mit immerhin rund hundert Protagonisten an dreißig verschiedenen Orten) einen ganz besonderen Drive verlieh, ohne dass es für die Lesenden ins absolute Chaos führte. Mach mal. Löschen kannst du es nachher auch noch wenn es gar nicht passt.
Anthony McCarten macht das in Going Zero auch so und das fetzt gewaltig!
Ich mache das auch, sogar mit Uhrzeit. Allerdings, um Logikfehlern vorzubeugen und um den Überblick zu behalten. Später kommt das wieder raus. Da wird die Kittstelle glatt gefeilt und überpoliert.
Bei einem deutschsprachigen Autor war mir das bildlich dann auch in jedem Kapitel klar, wo auf dem Zeitstrahl wir gerade sind.
Bei einem anderen Autor - ich glaub es war „Terror“ von Dan Simmons - war ich aus irgendeinem Grund zu lesefaul, dass ich die Datumangaben angeschaut hätte. Natürlich meine Schuld, allerdings hatte er glaub ich auch noch Koordinatenangaben usw dabei. Er hat dennoch immer auf verschiedene Ereignisse Bezug genommen, und so war immer gleich klar, wie viele Tage VOR oder NACH einem gewissen Ereignis wir uns gerade befinden (die Story war nicht chronologisch). Das fand ich dann auch recht stimmig.
So, wie du deinen Handlungsaufbau schilderst, finde ich Zeitangaben als Kapitelüberschriften sinnvoll und hilfreich.
Allerdings bin ich ein Schnellleser, der tief in die Geschichte eintaucht und Kapitelüberschriften oft gar nicht wahrnimmt. Wenn also irgendwelche Zeitsprünge nur durch eine Zahl in der Überschrift gekennzeichnet sind, ohne dass es im Fließtext erwähnt wird, dann merke ich erst irgendwann beim Lesen, dass ich die Orientierung verloren habe. (Noch schlimmer, wenn ein Ich-Erzähler wechselt und ich das nur an einem Namen als Kapitelüberschrift hätte merken sollen. Das haut mich total raus, wenn „Ich“ plötzlich eine andere Person ist.)
Ich mache das in meinem Werk übrigens ebenso.
Über 100.000 Wörter spielen bei mir innerhalb von knapp sieben Tagen. Als Struktur dafür hatten sich ein Kapitel für jeden Tag, mit Datumsangabe als Kapitelüberschrift, angeboten. Wer bei mir das Datum überliest, bekommt auch im Fließtext mit, dass ein neuer Tag angebrochen ist.
Ich hab das als Untertitel in den Kapiteln - weil ich mit Zeitsprüngen arbeite. Das sorgt für mehr Übersichtlichkeit und vermeidet Unverständnis.
Im Thrillerbereich habe ich Datum und Uhrzeit schon öfter als Kapitel"name" gelesen, bei unterschiedlichen Autoren. Gerade, wenn es mehrere Handlungsstränge gibt, die unterschiedlich verlaufen, ist das gut. Ich muss aber gestehen, dass ich das zwar lese, aber oft direkt wieder vergesse. Immerhin kann ich dann nachschauen
Ich hab mit im Schnitt ca 5.000 Wörter pro Kapitel begonnen und die späteren Kapitel haben sich auf 7.000 gesteigert. Mir wars ja egal - „die Handlung zählt“ war mein Motto. Aber meine Leser meinten, 5.000 kann man in einem Rutsch schnell mal durchlesen, 7.000 ziehen sich dafür zu sehr.
Glaub bei 15.000 hätte ich einen Aufstand
Wie machst du das? Ist das dann tatsächlich ein einziges, ganzes Kapitel? Oder hast du dazwischen einen Break?
Zwischen zwei Szenen, manchmal auch bei Wechseln innerhalb einer Szene, kommt bei mir eine Leerzeile zwischen die Absätze. Wer beim Lesen eine Pause braucht, möge die auf eine Leerzeile meines Buches legen.
(Ich bin mit Karl Mays langen Kapiteln großgeworden, das war wohl prägend. )
Übrigens hat keiner meiner 8 Testleser etwas gegen die Kapitellänge gesagt, obwohl mein längstes Kapitel mehr als 20.000 Wörter hat.
Ist es ein Krimi oder Thriller? Erinnert mich vage an „24 Hours“ oder so ähnlich. Dort ging es zwar um einen Ablauf der Zeit (nicht zuletzt um die Spannung zu erhöhen), aber als Orientierung für den Leser halte ich das für durchaus machbar.
Bereich Sci-Fi mit Tendenz zum Thriller. Über 3000 fremde Sonden tauchen weltweit gleichzeitig auf. Nach ersten Untersuchungen startet ein Countdown. Bis zum Ablauf müssen alle Sonden „vereint“ werden.