Und als Christ hat man eine Verantwortung. Das ist bei mir der Knackpunkt. Ein Christ, der bewusst „sündigt“, ist aus diesem Blickwinkel heraus kein Christ (mehr).
Als ich in einer christlichen Gemeinde mehrfach als Gast bei Gottesdiensten dabei war, hat man mir ein Bild mit einem breiten, leichten Weg gezeigt, der voller Sünden war und daneben einen schmalen, schwer zu bewältigen Weg, der mir als der christliche Weg vorgestellt wurde.
Wir sprachen dann über die Sünde an sich und ich habe eine einzige Frage gestellt, die den Kern Deines Zitates trifft: „Wenn ich täglich eine Sünde begehe, von der ich auch weiß, dass sie eine ist, kann mir Gott das verzeihen?“
Die Antwort der Umstehenden war eindeutig: „Nein“.
Ich habe dann nach draußen gezeigt und gefragt, wer mit dem Auto da ist und weiß, dass er damit jeden Tag daran arbeitet, Gottes Werk zu zerstören.
Man hat mir nach ausgiebigem Schweigen nahegelegt, nie wiederzukommen.
Was ich damit sagen möchte: Wenn man einen sehr eng definierten Glauben lebt und es einem wichtig ist, sich an die gegebenen Regeln zu halten, dann sollte man es auch konsequent tun. Die Frage ist dann vermutlich nicht, was ein Protagonist im Roman ungläubiges tut, sondern ob man als Autor oder Autorin im Roman Situationen erschafft, die gegen die Glaubensregeln verstossen und sie in irgendeiner Weise positiv darstellt, als etwas, was erstrebenswert wäre. Also zum Beispiel ein Mörder, der Lust und Gefallen daran findet, was er tut. Dann stelle ich mir die Frage, ob der Autor oder die Autorin nicht gegen den eigenen Glauben verstöß. Die Sünde als etwas darzustellen, was erfüllt, dürfte wie Anstiftung auf einen selbst zurückfallen.
Aber so, wie ich die meisten Christen kennengelernt habe, haben die auch kein Problem damit, sich davon durch eine Beichte freisprechen zu lassen. Immer wieder.
Ich habe im Prinzip was Ähnliches gesagt, bin aber dafür sofort angegriffen worden. Volle Zustimmung zu deinem Posting, wobei ich Zweifel habe, ob die Threaderstellerin noch mitliest oder teilnimmt. Sie wollte ja (aus gutem Grund) keine christliche oder theologische Diskussion, sondern nur eine schriftstellerische. Komisch, dass einem die Christen ihren Willen aufdrücken wollen, aber sich vehement wehren, will man mit ihnen diskutieren, wenn sie nicht wollen.
Zum einen finde ich bemerkenswert, wie wenig es braucht, diese vermeintlich einfachen Antworten von richtigen und falschen Wegen auszuhebeln. Gut gemacht! Wenn mir gutmeinende Menschen durch wildes Bibelzitieren belegen wollen, was richtig und was falsch ist, sage ich auch mal gerne: Mt.27,5 b ( Und er [Judas] … ging hin und erhängte sich.) kombiniert mit Lk 10,37 ( [Jesus sagt] So gehe hin und tue desgleichen.) Warum die einen Kombinationen richtig und andere falsch sein sollen bleibt dann immer offen. Es wird das belegt, was belegt werden soll.
Auch die Anmaßung zu wissen, was verziehen wird und was nicht, also selbst den Richter des Jüngsten Tages zu spielen sollte mit einem christlichen Glauben nach meinem Dafürhalten unvereinbar sein.
Ich mag jedes Buch, jede Geschichte, die mich selbst in die Überlegung führt: Wie hätte ich mich wohl entschieden? Welchen Standpunkt nehme ich dazu ein? Und je nach Situation, Lebensalter, Vorwissen und Eigenvermögen komme ich auch zu unterschiedlichen Tendenzen.
Mein Fazit: unterschiedliche Haltungen ernst nehmen und mir selbst noch in die Augen sehen können mit dem Gefühl: ich habe zumindest versucht, das aus meiner Sicht richtige zu tun. Auch wenn andere dies kritisieren… und einige von ihnen wohl auch mit sehr ernst zu nehmenden Begründungen.
Ich bin schon damals als (völlig unbedarftes) Kind mit meinem Religionslehrer aneinandergeraten, weil ich gewagt hatte zu fragen, warum ein allmächtiger Gott das Böse nicht ausrottet und wenn er den Teufel nicht vernichten kann, ob er dann vielleicht gar nicht allmächtig sei.
Nur etwas mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung sind Christen, die sich untereinander nicht einmal einig sind. Warum ausgerechnet deren Gott und Regeln die richtigen sein sollen, die für alle gelten, ist mir immer noch unverständlich.
Ich auch Erst mit dem Pfarrer, der uns bis zur Konfirmation begleiete, gab es Diskussionen.
Es gibt Fragen, die Menschen überfordern. Die Vehemenz, mit der im eigenen Rahmen gedacht wird, rührt - denke ich – daher oft aus Unsicherheit.
Die Beiträge in diesem Thread sind schon ein wenig her. Ich oute mich als Theologin mit Ordination, aka Pfarrerin. War auch lang Gemeindepfarrerin, arbeite aber nicht mehr bei der Kirche, sondern einem privaten Bildungsträger. Zu der Frage was man als ChristIn schreiben darf: Meine Güte, ich finde DEN Christen gibt es gar nicht. Zum Glück ist das Christentum auch eine sehr plurale Angelegenheit. Wenn ich denn eine zündende Idee für einen Krimi o.ä. hätte, würde ich den schreiben. Egal ob der Protagonist Christ ist, oder nicht. Ich kenne auch jede Menge PfarrerInnen, die in ihrer Freizeit überhaupt keine frommen Bücher lesen. Mich eingeschlossen. Zurzeit schreibe ich überhaupt keine Fiktion, sondern so eine Art Andachtsbuch zum Thema Umgang mit Krankheit. (wo ich auch etwas aus Erfahrung spreche.) Also, ich freue mich jedenfalls nach etwas Stöbern diesen Thread gefunden zu haben…auch wenn er schon älter ist.
Ist doch super, wenn du - mit deiner Erfahrung als Pfarrerin - ein Andachtsbuch schreibst. Gerade, wenn es um das Thema Krankheit geht, brauchen viele Menschen Ermutigung.
ich finde deine Frage sehr interessant – und auch ziemlich komplex.
Die erste Frage, die ich mir dabei gestellt habe, lautet: Was bedeutet es eigentlich, Christin zu sein? Und: Was genau ist ein „nicht-christlicher“ Roman?
Ich glaube, diese Begriffe sind vielschichtiger, als sie auf den ersten Blick wirken.
Was es heißt, christlich zu leben, lässt sich objektiv kaum festlegen – dafür gibt es im Christentum einfach zu viele unterschiedliche Strömungen, Perspektiven und persönliche Glaubenswege.
Und was ein „christliches Buch“ ist, ist ebenso schwer zu fassen. Ein Roman muss nicht explizit religiös sein, um christliche Werte zu transportieren – Mitgefühl, Gnade, Wahrheitssuche oder Vergebung sind universelle Themen, die auch ohne theologische Begriffe sehr christlich sein können.
Ein vielleicht ungewöhnliches Beispiel:
Angenommen, ich schreibe ein Kochbuch mit traditionellen Gerichten zu Weihnachten. Für mich persönlich gehört dann auch dazu, zu erzählen, warum mir dieses Fest so am Herzen liegt – weil es für mich mehr ist als nur Essen, sondern ein Ausdruck meines Glaubens.
Oder ein anderes Beispiel: ein Buch über Quantenphysik. Selbst da kann ich aus einem gläubigen Blickwinkel schreiben – nicht, um Gottes Existenz zu hinterfragen, sondern um die faszinierende Ordnung und Tiefe seiner Schöpfung zu zeigen.
Ich kann dir leider keine endgültige Antwort auf deine Frage geben. Aber vielleicht ist das ein kleiner Denkanstoß.
Ich glaube an einen Gott, aber nicht an die Kirche oder sonstige Religionen, die von Menschen zu manipulativen Zwecken genutzt werden. Deshalb hast du meinen Segen, alles zu schreiben, was du schreiben möchtest, denn es ist eine der wenigen Freiheiten, die wir noch haben.