Hi alle zusammen,
ich bin Daniel, 36 Jahre alt, arbeite gerade an meinem ersten Buchprojekt und bin schon weit gekommen. Ich benötige unvoreingenommenes Feedback von außen, da meine Motivation derzeit etwas schwindet. 450 Seiten liegen da und wollen überarbeitet und ergänzt werden.
Es ist eine Adaption des Klassikers Madame Bovary von Gustave Flaubert.
Ich poste einmal die ersten Seiten und bin dankbar für Kritik.
Danke.
Daniel
ERSTES BUCH
1
Es war die neunte Stunde nach Mitternacht.
Rolf schaute durch die verschmierte Frontscheibe des klapprigen Transporters zum Bahnsteig hinüber. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er eine Zigarette und trommelte nervös auf dem Lenkrad. Sie standen im Halteverbot und sein Sohn, der neben ihm saß, würde zu spät kommen.
Rolf hatte es versaut.
Er wühlte in seinen Hirnwindungen nach Ausreden, um das Malheur zu rechtfertigen.
Doch er fand keine.
Es hatte in seiner Verantwortung gelegen, dass Jakob pünktlich zum Bahnhof kommt und Elisabeth hatte die beiden zeitig geweckt, bevor sie rüber in den Betrieb gegangen war.
Sein Auto war nicht angesprungen.
Doch das war nur halbseiden und fadenscheinig. Es standen genügend fahrbare Untersätze auf dem Betriebsgelände herum.
Es war gestern Nacht wieder spät geworden. Er hatte sich nicht losreißen können und wäre das Tor in der letzten Minute nicht noch gefallen, wäre seine Brieftasche heute prall gefüllt. Doch es war am Ende nichts bei rumgekommen.
Er stöhnte auf und blickte auf seine Armbanduhr. Golden funkelte sie in der Morgensonne.
„Wo bleibt der denn?“
Er warf seinem Sohn einen kurzen Blick zu und zog eine Schnute.
Wofür sie das Ganze hier veranstalteten, war Rolf ein Rätsel.
Pure Geldverschwendung.
Warum es unbedingt ein Internat sein musste, konnte er nicht begreifen. Die örtlichen Schulen waren gut genug.
An der Anwesenheit seines Sohnes war ihm nicht viel gelegen. Es war ihm sogar ganz recht, dass er für eine Weile aus der Schusslinie verschwand. Um die Ehe mit seiner Mutter war es nicht gut bestellt.
Das begriff selbst Rolf so langsam.
Und er musste sich hüten. Er hatte Elisabeth zwar noch im Griff, doch wenn sie sich scheiden lassen würde, sähe es schlecht aus für ihn. Er hatte nichts in die Ehe mit eingebracht aus seinem guten Aussehen und seinem großspurigen Gehabe.
Das hatte gereicht, um Elisabeth vor knapp 13 Jahren zu überzeugen, doch der Lack blätterte so langsam ab und seine Pechsträhnen häuften sich in der letzten Zeit.
Als er damals in den Betrieb einheiratete, hatte er sich das Ganze noch anders vorgestellt. Vom Azubi zum Chef, obwohl der Alte, Elisabeths Vater, ihn von Anfang an nicht leiden konnte.
Nun kam es immer öfter vor, dass sie ihn nötigte, wieder mit raus zu fahren. Die Rolex musste unter dem Blaumann verschwinden und er durfte wieder Heizungsanlagen warten.
Sie hatte die Macht dazu, es ihm aufzuerlegen und er fügte sich zähneknirschend.
Juristisch gesehen gehörte ihr der Betrieb und sie hielt alles am Laufen. Er hatte sich, vor allen Dingen nach dem Tod des Alten vor sieben Jahren, immer nur kräftig bedient und das Geld mit vollen Händen ausgegeben.
Seine ehemaligen Arbeitskollegen nahmen ihn schon lange nicht mehr ernst und spien aus, wenn er nicht hinschaute.
Er war ein Gockel, der nachts durch die Kneipen und Wettbüros der Gegend tingelte, immer auf der Jagd nach Geld, Anerkennung und unkomplizierten Affären.
Als Jakob vor annähernd 13 Jahren das Licht der Welt in einer beschaulichen Gemeinde am Fuße des Rothaargebirgees erblickte, schienen die Zeichen günstig zu stehen.
Die Familie war finanziell gut aufgestellt.
Der Fachbetrieb für Sanitär- und Heizungsinstallation wurde in dritter Generation geführt und die Auftragsbücher waren voll.
Jakob war ein Wunschkind und festigte das Glück der Frischvermählten.
Rolf wähnte sich endgültig fest im Sattel, obwohl der Alte ihm nur widerwillig seine Tochter überlassen hatte.
Ihm war am Ende gar nichts anderes übriggeblieben.
Der potente Junggeselle hatte Kraft seiner Lenden Fakten geschaffen, die sich nicht ignorieren ließen.
Elisabeth war glücklich, einen so gutaussehenden und starken Mann an ihrer Seite zu wissen.
Und auch der Alte hatte am Tag der Geburt seine Tränen nicht zurückhalten können.
Stolz hielt den kleinen Jakob im Arm und weinte.
Er war ein einsamer Mann, dessen Frau,vor einigen Jahren schon viel zu früh von ihnen gegangen war.
Der Junge war Beweis dafür, dass das Leben weiterging, egal wie hart es jemanden auch treffen mochte.
Jakob hatte alles, was man sich wünschen konnte. Ein Start wie aus dem Bilderbuch.
Die ersten Jahre verbrachte er in Harmonie und Eintracht mit sich selbst und seiner Umwelt. Kein böses Wort erreichte seine Ohren, gegen ihn wurd nie die Hand erhoben. Des Sommers buk er Kuchen im Sandkasten; des Winters hüpfte er vergnügt im Schnee umher. Er spielte Fangen mit dem Opa und lernte herrliche Lieder von der Mama.
Doch dann bildeten sich die ersten Risse im Fundament. Dem Papa reichte die Mama nicht mehr und Gerüchte kamen auf. Man munkelte hinter vorgehaltener Hand.
Rolf ward ein ums andere Mal scheel angesehen.
„Guck mal, der da…“
Doch Rolf schien das nicht zu kümmern. Selbstsicher scheute er selbst die offene Konfrontation mit dem Alten nicht. Frech log er ihm ins Gesicht, obwohl doch schon längst jeder Bescheid wusste.
Papa hatte eine Affäre.
Und es sollte nicht seine Letzte gewesen sein.
Mama weinte, während sie ihn anzog. Jakob wischte ihr mit seinen kleinen Händen die Tränen aus dem Gesicht.
„Mama, was hast du? Bist du traurig“
Mama schüttelte den Kopf und lachte auf.
„Schon gut. Papa war nur doof. Wir haben uns ein bißchen gestritten. Aber es wird schon alles wieder gut. Wir haben ja uns, nicht wahr? Ich hab dich lieb, mein Schatz.“
Papa und Mama stritten bald öfter. Es ging um etwas, das sie Geld nannten. Und darum, dass Papa so oft weg war. Sie schrien laut. Selbst nachts, wenn er eigentlich schlafen wollte. Opa mischte sich manchmal ein und dann schrien alle.
Immer seltener aßen sie alle gemeinsam an einem Tisch.
Und wenn, dann schwiegen die Erwachsenen.
Jakob war das unangenehm.
Er merkte, dass etwas nicht stimmte und wusste doch nicht, was er tun sollte. Wenn er fragte, wurde ihm immer versichert, dass alles in Ordnung sei.
Das verwirrte ihn.
Da gab es offensichtlich ein Geheimnis, dass niemand mit ihm teilen wollte.
Er fühlte sich ausgeschlossen.
Mama lachte weniger als früher. Manchmal saß sie alleine am Tisch im dusteren Esszimmer und weinte.
Jakob ging irgendwann nicht mehr hin. Er schaute nur noch aus der Ferne zu.
Opa musste viel arbeiten.
Papa hatte auch keine Zeit.
Der machte ohnehin kaum etwas mit ihm.
Einige Male hatte er ihn mitgenommen in die Gaststätte.
Dort durfte er Flipper spielen und bitteres Malzbier trinken, während Papa sich mit seinen Freunden und Freundinnen unterhielt.
Die Frauen waren immer nett zu ihm. Streichelten ihm über den Kopf und lächelten ihn an.
Da war sein Vater immer ganz stolz und nahm ihn bei der Schulter.
„Mein Sohn.“
Jakob kam in die Schule. Eine aufregende Zeit brach für ihn an.
Er mochte seine Klassenlehrerin. Die war nett zu ihm.
Für besonders gute Leistungen drückte sie den Kindern immer einen schönen Stempel ins Heft.
Anfangs bekam er dafür zuhause noch ein zusätzliches Lob.
Doch das hörte bald auf.
Er war ein guter Schüler und die Erwachsenen hatten sich bald daran gewöhnt.
Nur wenn er versagte, bekam er Aufmerksamkeit.
Dann wurde er zur Sorgfalt ermahnt und zum Lernen angehalten.
Opa starb.
Im ganzen Haus wurde es still. Auf dem Hof saßen die Männer, die für ihn gearbeitet hatten. Sie tranken Bier und rauchten. Nahmen Jakob in ihre Mitte und schütteten ihm eine Fanta ein.
Nannten Opa einen ‚guten Mann‘.
Die Arbeit ruhte für einen Tag. Dann ging es langsam wieder weiter.
Nach der Beerdigung übernahm Mama das Geschäft.
Sie hatte kaum noch Zeit für ihren Sohn.
War gereizt und fuhr ihn öfter an.
Er musste beginnen, für sich selbst zu sorgen.
Man hatte ihm gesagt, dass er dafür so langsam alt genug dafür sei.
Seine beste Freundin in der Grundschule war Luise.
Die war immer fröhlich und lachte viel. In den Pausen spielte sie Fussball mit ihm und den anderen Jungs.
Die übrigen Mädchen aus ihrer Klasse fanden Fussball doof.
Sie war auch das Mädchen, dem er seinen ersten Kuss auf die Wange drückte. Beim Flaschendrehen auf ihrer Geburtstagsparty.