Blätterbrise 2

Ich habe mir eine neue Aufgabe für die Blätterbrise ausgedacht.

Die Regeln hat @CheshireCat schon in diesem Thread festgelegt: Nicht Seitenwind - Blätterbrise

Aufgabe:
Eine Polizistin verhört einen Verdächtigen. Das Ziel der Polizistin ist, den Verdächtigen zu einem Geständnis zu bewegen.
Schreibe einen Dialog mit einer überraschenden Wendung.

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Franz hat das Gefühl, in einem so formellen Umfeld wäre ein „Sie“ angebracht, aber Eva Holmerstedt platzt gleich mit einem „Du“ heraus und packt noch einiges hintendran.
   „Du warst also bei dieser Madame Natascha.“
   „Ich bin Paketbote.“ Franz zuckt mit den Schultern. „Hab was abgeliefert.“
   Die Polizistin deutet auf ein paar vor ihr liegende Blätter. „Und was mitgenommen, nehme ich an? Madame vermisst Schmuck und Bargeld. Und du warst der Letzte, der bei ihr war.“
   „Ich hab nur schnell ein Paket abgegeben.“
   „Klar doch. Wie lange denn? Ausreichend für ein Schäferstündchen? Und dann im geeigneten Augenblick abgeräumt?“
   Allmählich wird Frankz klar, in welche Richtung der Hase läuft.
   „Unsinn.“ Er legt seinen Scanner auf den Tisch. „Der zeichnet auf, wann ich was abgeliefert habe. Hier: 12:30 Uhr bei Madame Natascha, 12:34 Uhr drei Stockwerke höhe bei Oma Kettelmann. Da ist gar nichts passiert. Wie soll ich denn in der kurzen Zeit was mitgehen lassen?“
   Eva Holmerstedt trommelt mit den Fingern auf dem Papier herum, runzelt die Stirn, blickt Franz abschätzend an, lächelt süffisant und erklärt: „Nun gut. Wir sind fertig hier.“
   „Das war’s?“, fragt Franz und schüttelt den Kopf. „Ich kann gehen? Der ganze Aufwand für nichts?“
   „Ich wollte nur sichergehen. Wir sehen uns dann am Abend. Ich koche was Leckeres, du kümmerst dich um die Kinder.“

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Schweiß lief seinem Rücken hinab.
Seit 10 Minuten saß er hier, ihr strenger Blick fixierte ihn. Unruhig rutschte er hin und her, versuchte, diesem auszuweichen.
Wo warst du zwischen 23 und 6 Uhr in der gestrigen Nacht?
»Im Bett?« ,stammelte er. Selbst in seinen Ohren klang seine Stimme schrill. Sein Mund wurde trocken, seine Hände feucht. Dann streckte er den Rücken durch und hob trotzig den Kopf. Nein, sie hatte gar nichts in der Hand, dieses Mal würde sie…
Langsam hob sie die Hände, die bisher unter dem Tisch verborgen lagen. Zwischen ihren Fingern hielt sie je einen Beweismittelbeutel und legte sie sacht nebeneinander auf den Tisch. Er spürte, wie seine Wangen heiß wurden.
»Das«, sie tippte auf den Beutel zu ihrer linken, «fand ich auf dem Wohnzimmertisch.«
Ihre Stimme klang eisig. »Und das«, sie tippte auf das zweite Beutelchen, «unter deinem Kopfkissen. Hast du dafür eine Erklärung?«
Hektisch knetete er seine feuchten Hände. Er brauchte eine Antwort, sofort.
Diese Frau kannte keine Gnade, würde jede Lüge sofort erkennen.
»Ich bin Schlafwandler?«
Oh, nicht gut, gar nicht gut. Er hörte, wie sie mit den Backenzähnen knirschte. Vorsichtig hob er den Kopf, versuchte zu lächeln.
»Ich konnte einfach nicht widerstehen.«
Jetzt lief ihr Gesicht rot an. Sie erhob sich, knallte ihre Handflächen auf den Tisch.
Bebend vor Wut stieß sie jedes Wort einzeln aus.
»Es waren meine Pralinen.« Abermals tippte sie auf die Beweismitteltütchen.
»Nuss-Nougat und Crème Caramel, meine Lieblingssorten.«
Jetzt half nur noch demütiges eingestehen. »Ich hatte Hunger?« Wieder eine Frage.
Sie zeigte auf den Kühlschrank. «Da ist noch der Auflauf von gestern Mittag drin.«
Enttäuscht drehte sie sich um.
»Wenn man nicht einmal mehr seinem Ehemann trauen kann. Meine schönen Pralinen.«
»Ich kaufe dir Neue?«
Langsam drehte sie sich um, fixierte ihn mit ihren stahlblauen Augen.
»Zwei Schachteln. Die Guten,«
Erleichtert atmete er aus. Das würde teuer werden, aber er ist noch einmal davongekommen. Zwei Wochen Abwasch wären schlimmer gewesen.
»Und zwei Wochen lang übernimmst du den Abwasch.«, vernahm er ihre Stimme. Resigniert ließ er den Kopf auf die Tischplatte fallen. Sein Vater hatte ihn gewarnt, er hätte keine Polizistin heiraten sollen.

Leider hatte ich ähnliche Gedanken wie @misc, ich hoffe, es ist trotzdem okay.

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Mist. Ist ganz schön lang geworden. Hab aber versucht, an der Aufgabenstellung zu bleiben.

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DAS MOTIV-RÄTSEL

Als sie den Verhörraum betrat, saß er bereits am Tisch. Wie aus dem Ei gepellt und aufgeräumt wie immer. Einer, der jede Frau haben konnte. Selbst in seinem Alter. Nur dumm, dass er verheiratet war. Bis vor Kurzem wenigstens.
Er lächelte kühl.
„Wo sind Ihre Kollegen, Frau Kommissarin?“
„Wo ist Ihr Anwalt?“
Sie nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz.
Er zog die Manschetten zurecht.
„Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es nur noch um meine Unterschrift. Brauche ich dafür einen Anwalt?“
Sie zögerte einen Moment, dann nahm sie noch einmal die Akte mit all den Vernehmungsprotokollen zur Hand.
„Formal geht es um Ihre Unterschrift, Herr Dr. Köhler. Die Ermittlungen gegen Sie sind damit abgeschlossen. Der Fall allerdings noch nicht. Für mich zumindest.“
„Manchmal muss man einfach einen Schlusspunkt setzen“, sagte er.
Es klang nicht heuchlerisch. Eher aufrichtig mitfühlend.
Sie gab auf und schloss die Mappe wieder.
„Es schien alles zu passen“, sagte sie. „Eine Scheidung hätte Sie ein Vermögen gekostet. Zwanzig, dreißig Millionen? Mehr? Ein Mord käme sie deutlich preiswerter …“
„… wenn das Risiko nicht wäre.“
„Ein Risiko, mit dem Sie als Bankier umgehen können.“ Sie nagte kurz an ihrer Unterlippe. „Gier wäre ein starkes Motiv gewesen. Es war ein kluger Schachzug, den Großteil Ihres Vermögens in eine Stiftung zu übertragen. Ohne Motiv stehen meine Kollegen und ich nun ziemlich blöd da.“
Er schaute betont beiläufig auf seine Rolex.
„Das tut mir sehr leid. Wo muss ich unterschreiben?“
Sie zog rasch ihren Stift außer Reichweite.
„Wir beide wissen, dass Sie für Geld über Leichen gehen, Dr. Köhler. Es ist Ihr Job Probleme aus dem Weg zu räumen. Musste Ihre Gattin deshalb über Bord gehen? Stand sie Ihrem neuen Glück im Weg?“
Er wich ihrem Blick aus und sah zum Fenster. Was immer da draußen auf ihn wartete, war hinter den herabgelassenen Jalousien nicht einmal zu erahnen. Er sprach leise und klang schon etwas abwesend. „Sie erinnern mich sehr an meine Elke, Frau Kommissarin. Ihr fiel es auch schwer, aufzugeben, wenn sie sich in etwas verrannt hatte.“
Sie folgte seinem Blick. Hinter den Lamellen schimmerte das letzte Licht des Tages.
Plötzlich dämmerte es. Sie nahm ihn forschend ins Visier: „Sprechen Sie gut Französisch?“
„Wie bitte?“
Sie deutete zum Fenster.
„Wissen Sie, was Jalousie auf Deutsch heißt?“
Er schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. Ihr Lächeln irritierte ihn. Das sah man.
„Mir geht es ganz ähnlich wie Ihnen, Dr. Köhler. Ich kann Sie einfach nicht gehen lassen.“
Sie trommelte mit dem Kugelschreiber sanft auf die Mappe.
Das verunsicherte ihn.
„Vielleicht sollte ich doch meinen Anwalt hinzuziehen.«
„Es ging nicht ums Geld. Nicht dieses Mal. Stimmt’s?“
„So?“
„Sie wollten Ihre Frau nicht loswerden. Ganz im Gegenteil.“
Er blickte zum Fenster und schwieg. Schweißperlen glitzerten im Licht der Deckenleuchte auf seiner Stirn.
„Sie hatten ganz recht, Köhler. Ich bin Ihrer Elke sehr ähnlich. Auch ich gebe nicht auf, wenn ich mich in etwas verrannt habe.“ Sie beugte sich auf den Tisch. „Ihre Elke ist nicht über Bord gegangen. Sie war gar nicht auf der Jacht. Ich wette, wir finden die Leiche im Keller. Oder im Garten. Ganz in Ihrer Nähe.“ Ihr Lächeln wurde breiter.
„Wie kommen Sie plötzlich auf so eine Idee?“
Sie wies zu den Jalousien.
„Wenn ich fündig werde, haben Sie viel Zeit, um Ihre Französischkenntnisse zu erweitern, Dr. Köhler. Merci beaucoup.“

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Sie konnte nicht sagen, wie lange sie schon in diesem Raum sassen. Der Strom war ausgefallen und das eigentlich sonst taghell erleuchtete Vernehmungszimmer bis auf eine winzige Funzel über ihnen dunkel. Man hörte das Summen des Notstromaggregats und Stimmen drangen von draußen leise herein. Irgendjemand hatte, wofür auch immer, einen Timer auf seinem Handy eingestellt, denn in regelmäßigen Abständen erklang leise das Piepen des Alarms. Oder war es ein akustisches Signal, dass es keine Verbindung zum Netz aufbauen konnte? Jedenfalls nervte es sie gewaltig und sie wunderte sich, dass es noch niemand ausgeschaltet hatte. Sie konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt. Sie war Polizistin und Ihr gegenüber saß der Hauptverdächtige.

Vor ihm, auf dem sonst leeren Tisch, ein Umschlag mit den Bildern des Opfers. Er hatte ihn nicht angerührt und sie musste ihn nicht öffnen, um die Bilder erneut zu sehen. Dutzende Stiche in den Oberkörper, überall Blut.
Durch die schwache Notbeleuchtung konnte sie den Mann kaum erkennen, eine Silhouette gegen die Wand hinter ihm. Sein Gesicht kaum mehr als ein Schatten. Sie kannte ihn. Irgendetwas in ihrem Kopf sagte Ihr, dass er ihr nicht unbekannt war. Aber sie konnte den Gedanken nicht greifen, ihn keinem Ihrer alten Fälle zuordnen. Wieder und wieder hatte sie ihn mit den Geschehnissen konfrontiert: die kleine Wohnung über dem Lebensmittelladen, die aufgebrochene Tür, die leblose Frau auf dem Boden in ihrem Blut.

„Wer sind Sie? Warum waren sie am Tatort?“

Schweigen war bisher die einzige Antwort gewesen, die sie bekam. Doch nun verzog er die Lippen mit einem Mal zu einem schmalen Grinsen.

„Sie haben nichts gegen mich in der Hand. Nicht einmal meine Identität.“

Nur zu gut wusste sie, dass er recht hatte. Durch den Stromausfall konnten sie nicht auf die Datenbank zurückgreifen. Auch die Telefone schwiegen. Bis auf das nervige Handy vor der Tür.

„Sobald der Strom wieder da ist, können wir ihre Fingerabdrücke überprüfen und ihre Identität feststellen. Das ist nur eine Frage der Zeit, und Zeit, die haben wir hier gerade zur Genüge.“
„Wenn Sie das sagen.“

Seine Ruhe zerrte an ihren Nerven.

„Also, nochmal: Wer sind sie und was hatten sie dort zu suchen?“ fragte sie erneut.
„Ich wollte nur einen Brief abholen, das habe ich ihnen schon gesagt. Mehr nicht!“
„Und dabei haben Sie das Opfer vorgefunden und die Polizei gerufen?
„Richtig!“

Seine überhebliche, aalglatte und selbstgefällige Art widerte sie an.

„Ach so, und dabei haben sie sich dann zufällig im Blut des Opfers gewälzt? Ihre gesamte Kleidung ist davon bedeckt, also lügen sie mich nicht weiter an!“

Das Licht flackerte plötzlich auf. Für eine Sekunde sah sie sein Gesicht und erstarrte. Draußen riefen aufgeregte Stimmen durcheinander. Irgendetwas musste passiert sein. Das Piepen wurde lauter.

„Ich kenne Sie…“ Überlegte sie laut.
„Nein, tun sie nicht. Sie wissen nichts über mich.“

War das Unsicherheit in seiner Stimme? Kam Sie endlich weiter?

„Doch, ich bin mir so sicher.“

Wieder flackerte das Licht. Sein Gesicht war erneut für ein paar Sekunden in Licht getaucht.

„Jetzt weiß ich, woher ich sie kenne!“ entfuhr es ihr schockiert und sie sprang auf. Er tat es ihr gleich und versuchte, sie zu packen.

Das Licht ging wieder an. Nach dem langen Dämmerlicht war es so grell, dass sie die Augen schließen musste. Er durfte sie nicht zu fassen bekommen, sie musste die Tür vor ihm erreichen. Sie riss trotz der Helligkeit die Augen wieder auf, packte die Türklinke, riss die Tür auf und blickte in das Gesicht einer Unbekannten.

„Heilige Scheiße, sie kommt zu sich! Ruft sofort den Arzt!“

Der Herzmonitor piepte im Einklang mit ihrem Herz.

Wie hatte er ihr das nur antun können? Sie hatte ihn doch geliebt.

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»Wir können nicht so weitermachen. Wollen Sie denn keine meiner Fragen beantworten? Sie können doch nicht ewig so dasitzen und nichts sagen.«
Peter Baum sitzt regungslos auf seinem Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet, den Blick starr auf den Tisch vor ihm gerichtet. Seine Pupillen eingefroren.

»Ich versuche es noch ein letztes Mal. Die Auswertung der Mobilfunkdaten Ihres Telefons belegen eindeutig, dass Sie zum Tatzeitpunkt am Tatort gewesen sind. Wir haben auch Faserspuren am Tatort gesichert, die eindeutig von dem Pullover stammen, den Sie tragen. Wenn Sie das Opfer nicht überfallen und vergewaltigt haben, dann müssen Sie etwas zu Ihrer Entlastung vorbringen. Ansonsten werde ich Sie in Untersuchungshaft nehmen.«

Peter Baum zeigt auch jetzt keinerlei Regung. Lediglich seine Pupillen noch kälter.

»Haben Sie mich verstanden? Jetzt reden Sie doch endlich!«

In dem Moment nimmt er die Akte, die vor der Polizistin liegt, und den Kugelschreiber. Auf den Aktenrücken schreibt er: Können Sie mein Schweigen hören?

»Was soll das denn jetzt? Ich verstehe Sie nicht!«
Er schreibt weiter: Ihre Fragen sind laut. Und mein Schweigen? Es war so laut dort, zu laut!

Was meinen Sie? Am Tatort?
Er nickt, seine erste direkte Antwort nach über zwei Stunden.

Er schreibt: Sie hat so schrecklich laut geschrien.

»Also geben Sie die Tat zu?«
Er schleißt die Augen und schüttelt behutsam mit dem Kopf, so als ob jede kleine Kopfbewegung schmerzt.

Er schreibt: Schrecklich laut. Unerträglich. Ich bin

In dem Moment klopft es an der Tür und ein Mann tritt ein.
»Alt mein Name, Dr. Alt. Peter’s Vater hat mich informiert, dass Sie ihn festgenommen haben. Ich behandele Peter seit seiner Kindheit. Können wir bitte einmal unter vier Augen sprechen. Dann erkläre ich Ihnen, dass Peter es nicht gewesen sein kann. Er war unfähig zu helfen«

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»Du warst es doch, gib es endlich zu!«

Doch der Schwarze, der vor ihr saß, schaute sie nur verständnislos an.

Special Detective Felicia Cattus war nach ihrer Schicht nach Hause gekommen. Sobald sie die Wohnungstür aufgeschlossen hatte, war ihr klar, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Die Obstschale aus Porzellan, in der sie immer ihre Schlüssel aufbewahrte, und die schöne Kristallvase, die sie auf einem Trödelmarkt entdeckt hatte, standen nicht mehr auf dem Sideboard, sondern lagen in Scherben auf dem Boden. Sie zog ihre Dienstwaffe aus dem Halfter und schlich vorsichtig den Flur entlang. Mit professioneller Routine checkte sie die nächste Tür. Combat-Stellung. Aufreißen.

Doch das Bad war sauber.

Ein Geräusch aus dem Wohnzimmer drang an ihre Ohren.

Nichts hätte sie auf den Anblick vorbereiten können, der sie erwartete. Umgeworfene Stehlampen, abgeräumter Tisch, eine zerfetzte Chipstüte, deren Inhalt überall verstreut war, und als Krönung lag ihr neuer, sündhaft teurer Flatscreen mit allen technischen Finessen zerstört am Boden. Und mitten in diesem Chaos war er, der junge Schwarze und schaute sie mit großen Augen an.

»Du …«, grollte sie und steckte ihre Waffe zurück.

Sie wusste, er würde ihr nichts tun.

»Warst du das?«

Schweigen.

»Du warst es doch, gib es endlich zu!«

Weiter nur dieser verständnislose Blick, der sie allmählich in den Wahnsinn trieb.

»Tu nicht so, als ob du mich nicht verstehst, Kleiner. Als ich dich auf der Straße aufgegabelt habe, hast du mich sehr gut verstanden.«

Er hielt ihrem Blick nicht länger stand. Vielleicht Einsicht, aber auf jeden Fall war ihm nun klar, wie abhängig er von ihr war.

»Der Deal war, dass du bei mir wohnen kannst und mir im Gegenzug etwas Liebe schenkst. Da hast du viel gutzumachen, Jungchen.«

Mit festem Griff packte sie seinen langen, schwarzen Schwanz. Ergeben ließ er es über sich ergehen.

Frauchen verstand einfach nicht, dass junge Kater auch mal spielen müssen.

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Naja, kein Meisterwerk von mir, aber egal :slight_smile:

«Sie wissen, warum ich hier bin?»
«Guten Tag, …»
«Sparen Sie sich ihren guten Tag», sagte die Frau und knallte ihre Hand auf den Tisch. Der Mann, der ihr gegenüber saß, schreckte in seinem Stuhl so heftig zurück, dass er beinahe nach hinten überkippte. Er ruderte mit seinen Armen und knallte nun mit seiner Handfläche auch auf den Tisch. Aber er zog sie nicht wie die Frau zurück. Er griff blitzschnell mit seinem Daumen unter die Tischplatte und zog die beiden vorderen Stuhlbeine auf den Boden runter. Erleichtert atmete er auf. Nicht so die Frau in der Polizeiuniform, die ihn böse anschaute.
«Für Sie wird nun der Tag nicht mehr so gut werden», fuhr sie fort.
Der Mann atmete schnell ein und aus, als ob er einen Wettlauf hinter sich hatte. War das von der Anstrengung, dem Schrecken oder weil er vielleicht ertappt wurde?
«Sehen Sie das hier?», fragte sie, «Sie hatten wohl gedacht, dass wir das nicht finden. Das hier ist ein Beutel; ein Beutel voll mit belastendem Inhalt. Der Beutel selbst ist schon belastend genug.»
Der Mann starrte verwirrt auf das Beweisstück. Seine kurzen Atemzüge ersetzte er durch längere und tiefere.
Unbeirrt sprach die Polizistin weiter: «Sie hatten zugesichert, dass wir so etwas nie wieder finden würden. Die Zeiten für so etwas seien überholt. So etwas sei nicht mehr notwendig. Wir sollten Ihnen vertrauen, dass nie wieder solche belasteneden Dinge auftauchen würden.»
«Aber …»
«Nichts aber! Wissen Sie, wo ich diesen belastenden Beutel gefunden habe?»
«Vielleicht im …»
«Im Schrank, ganz richtig!»
«Ich hab doch nichts gesagt. Aber …»
«Dachten Sie, dass wir zu faul sind, einen Eimer beiseite zu schieben?»
«Nein …»
«Dachten Sie, uns halten ein paar schmutzige Lappen fern?»
«Nein, lassen …»
«Sie hätten da tausende Putzlumpen drauf werfen können. Wir hätten sie alle beiseite geräumt, um das hier zu finden. Das hier ist ein belastender Beutel und der hatte dort nichts zu suchen!»
Stille breitete sich aus. Der Mann hatte sich beruhigt und trank nun aus einem Becher. So hatte die Polizistin sich das nicht vorgestellt. Sie wollte, dass er ins Schwitzen kommt. Sie wollte, dass er die Tat zugibt. Aber nein, er schaute sie nun ganz lässig an und wartete ab. Die Polizistin setzte ihren zornigsten Blick auf. Sie wollte nicht als Erstes weg schauen. Da sagte der Mann in einem ganz ruhigen Ton: «Sie wissen schon, dass der Staubsauger, den ich ihnen vorgestern verkauft habe, ganz ohne Beutel funktioniert? Ich hab dort drüben einen stehen. Wenn Sie wollen führe ich Ihnen diesen noch einmal vor. Gucken Sie mal hier auf den Beutel. Da steht der Name von Ihrem Altgerät drauf. Den hatten Sie uns ja zur Wiederverwertung da gelassen. Ich kann den eben holen, wenn Sie wollen?»
Die Polizistin schaute nun verdutzt. Ihre Schultern ließ sie runter hängen. Ihre rechte Hand umschloss ihre Linke. Mit dem Daumen strich sie ständig über die Haut ihrer linken Faust. Die Frau wirkte nervös, verkrampft und sehr klein. Dann stammelte sie:»A…a…a…aber der Beutel?»
«Ja den wird vor Wochen jemand aus Ihrer Familie vermutlich mal auf die Schnelle gegen einen Leeren ausgetauscht haben. Beim Zurückstellen des alten Staubsaugers in den Schrank hatte die Person den Beutel dann vergessen zu entsorgen. Ich kann es ihnen dort drüben zeigen. Ihr neuer Staubsauger funktioniert komplett beutellos. Ihr Geldbeutel wir davon nicht mehr belastet. Die Umwelt wird entlastet, da diese nicht produziert werden müssen und wenn Sie keine synthetischen Fasern aufsaugen, dann können sie den Staub sogar in der Biomülltonne entsorgen.»
«Ja, d…d…das tut mir leid!»
«Das macht ja nichts, ich bin ja nicht umgefallen. Zudem hatten Sie ja vorgestern keine Zeit für die Waschmaschine. Vielleicht kann ich ihnen heute eine vorstellen. Wir haben da ein neues Modell zu einem vergünstigten Einführungspreis. Der hat auch eine automatische Unwuchtkontrolle.»
Die beiden standen auf. Der Verkäufer machte eine einladende und wegweisende Geste mit seiner rechten Hand. Man sah am Ende des Raumes die Maschinen an der Wand stehen.
«Unwuchtkontrolle?»
«Ja, wenn der Erdball so eine verbaut hätte, dann gäb es keine Verwirrung über globale Erwärmung. Jedes Jahr würden um dieselbe Zeit die Sonnenstrahlen gleich hart auf die Erde auftreffen. Das Fleckenprogramm müssen Sie mal sehen, was das alles kann und …»
So schritten Polizistin und Verkäufer den Waschmaschinen entgegen und ihre Stimmen verschwanden in dem Wirrwarr anderer Verkaufs- und Informationsgespräche.

Und wenn der Staubsauger nicht gestorben ist, dann schluckt er das trockene Zeug noch heute. :open_mouth:

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Ich möchte mich an der Blätterbrise auch gerne beteiligen, ich hoffe, das zählt noch. Dies ist zugleich meine erste Veröffentlichung hier. Ich hoffe, es gefällt.

DAS VERHÖR

Pauline Sonntag sah mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck auf ihn herab. Sie fragte: »Weißt du, warum du hier bist?«
»Nein, also doch, ähm…«, stammelte er, allerdings ließ sie ihn nicht ausreden, sondern fuhr gleich fort: »Hast dir wohl gedacht, das wäre ein Klacks und ziehst es einfach so durch, aber du hast es vermasselt.«
»Aber ich habe doch nur…«
»Falsch gespielt, hast du.«, unterbrach sie ihn erneut und sprach gleich weiter: »Du bist übermütig geworden und hast dich im Ton vergriffen, so sieht es aus. Wir haben alles auf Band und können alles beweisen!« Das klang ziemlich platt, aber dennoch schüchterte sie ihn damit ein. Er sagte nichts.
Vor der Tür war ein Lachen zu hören, welches sogleich verstummte. »Hört jemand draußen zu und amüsiert sich über meine Lage?«, fragte er sich.
»Antworte mir!«, holte ihn die Polizistin wieder zurück, sie hatte seine Unaufmerksamkeit bemerkt.
»Antworten, auf welche Frage?«, wagte er zu fragen. Das brachte Pauline aus dem Konzept und sie wurde rot, denn es stimmte: Sie hatte keine Frage gestellt, sondern eine Behauptung geäußert, das war unprofessionell.
»Ist dir klar, dass du mit deiner Aktion den Einsatz meiner Kollegin ruiniert hast?« Jetzt stellte sie tatsächlich eine Frage. Draußen war schon wieder ein ersticktes Lachen zu hören.
»Nein, wie denn auch?«, stellte er eine Gegenfrage. Pauline sah aus, als würde sie gleich explodieren, aber sie fasste sich.
»Na schön, kannst du mir dann sagen, wer dich dazu angestiftet hat?«, fragte sie jetzt gefasster.
»Angestiftet, falsch zu…«
»Nein, zu der ganzen Sache. Wie kamst du auf die Idee, mitzumachen?«, fuhr sie ihn wieder an.
Das fragte er sich mittlerweile auch. Er hätte vielleicht lieber zu Hause bleiben sollen. Es war eine blöde Idee, auch wenn Diana noch so gute Argumente hatte. Durfte er sie mit hineinziehen? Er beschloss, alles auf eine Karte zu setzten, jetzt war es sowieso egal.
»Diana war es!«, platze er mit der Wahrheit heraus. »Sie hatte mich gefragt, ob ich mitmache!«
»Gut, dann holen wir Diana jetzt herein und hören, was sie dazu zu sagen hat…«, meinte Pauline, jetzt sehr gelassen, ging zur Tür und öffnete sie.

Diana kam herein, die konnte sich vor Lachen aber kaum halten und meinte: »Pauline, du kannst ganz schön gemein sein, wenn du die Polizistin raushängen lässt. Deine neue Arbeit auf der Wache tut dir nicht gut.« Diana grinste und sprach weiter: »Lukas hat sich ›verspielt‹ und im ›Ton vergriffen‹…einfach genial!«, sie unterstrich die Betonung, indem sie Gänsefüßchen in die Luft zeichnete.
Jetzt grinste auch Paule, aber Diana war noch nicht fertig: »Aus dieser Mücke einen Elefanten zu machen, ist doch etwas fies, schließlich war seine erste Bandprobe als Gitarrist, zu der ich ihn ›angestiftet‹ habe.« Diana malte erneut Gänsefüßchen in die Luft und musste wieder lachen. »Übrigens, ich habe den Einsatz zum Singen nicht verpasst, ich habe es absichtlich nicht getan, weil wir ohnehin neu beginnen mussten. Ach und Lukas, du warst richtig gut für deine allererste Bandprobe.«, schloss Diana.
»Du warst wirklich sehr gut, Lukas.«, bestätigte auch Pauline. «Bitte entschuldige diesen Streich, aber wir sind nun mal die ›Meanest Cats‹.« Jetzt lächelte Pauline.
»Ja, und du gehörst nun auch dazu.«, ergänzte Diana. »Willkommen in der Band.«

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Ok, setzen, sechs! Meine Figur sitzt nicht, sie liegt o:

Das offene Fenster

Heute sollte ein Sturm kommen. Endlich! Die Hitze in der Bude bringt mich noch um. Ach, die Blumentöpfe müssen noch rein. Wo soll ich die hinstellen? Bestimmt nicht auf den Teppich. Ach da, die alten Zeitschriften! «Klatsch – – Klatsch – Klatsch, Klatsch!» Neben dem Schrank sollten sie nicht stören. – «Phphhh, nummer eins, und ohne Tropfen auf dem Laminat.» Grins. Ich hoffe, das klappt mit den anderen drei genauso gut. – «Phphhh, nummer zwei!» … «Phphhh! Das war der Letzte!» – Nun Tür zu, «Tock, Krrrrgh!», und Doppelfenster auf! Grins. «Krrrrgh, krrrrgh, Tock!» «Ups, das war zu fest!» «Tock!»
«Ahhhh!» Der Wind ist angenehm. Ich denke, ich hab mir eine kleine Pause verdient.

Nee, so wird das nichts! Bekomme ich das Sofa alleine umgedreht? Jep, der Teppich schützt den Boden vor Kratzer. «Emmmhh – chhhhh – emmmhh!»
Zwei Kissen da hin und – «emmmh!» Jep, so liegt es sich gut. Die Windböen sind sooooo angenehm, grins.

Ui, da sind ja viele dicke graue Wolken. Die haben ja ein Tempo drauf. «Ohh!» Stoßen die beiden gegeneinander? Nee, die haben andere Höhen. Erstaunlich, dass sie unterschiedliche Flugrichtungen haben. Aber wie sollten sie auch ineinander knallen, um Blitze und Regen zu machen?

Da! – Die sieht aus, wie der Köter von den Weber-Müllers. Oder ist es sein Zwillingsbruder? Ist das der Hund vom Meier-Fischer? Nee, der würde nicht so grimmig gucken. Der würde sofort zu mir kommen und mich abschlecken. Igitt, wenn ich an den nassen Lappen aus seinem Maul denke.

Ich hatte mal darüber nachgedacht ein kleines Brett, zum Schneiden von Brot, mit Wurst einzureiben. Das könnte ich an meinem Gürtel befestigen. Vielleicht schleckt der Bello nur noch darüber und ich bleibe trocken, wenn ich mit ihm spiele. Ahhh, wieder ein angenehmer Wind, grins.

Bello sitzt vermutlich nun auch vor einem Fenster und blickt ängstlich hinaus. Sein Kopf liegt dann meistens auf seiner linken Pfote. Seine Rechte schiebt er zum Schutz über sein Auge auf seine Schnauze. Das andere muss frei bleiben. Es soll jeden mit seinem traurigen Blick fangen. Niemand kann sich dem verwehren. Auch ich nicht. Auch mich zwingt das große, dunkle, kullernde Auge dazu, mich zu ihm zu hocken und ihm die Angst vor dem Sturm, weg zu knuddeln.

Aber das dort oben ist nicht Bello. Das ist eindeutig Hasso. Seine Ohren hat er nach unten geklappt. So liegen sie schnittig. Er bringt sie immer in bestimmte Winkel, um sein Opfer schneller zu fassen. So wie die Rennautos für die Straße. Die, die den Heckspoiler anheben und senken, wenn sie bestimmte Geschwindigkeiten fahren. Irgendetwas visiert er an. Bestimmt ist es die Bügelfalte einer Hose. Die mag er am liebsten. Wenn er meine sieht, rast er auf mich zu, rammt seine Hauer in den Stoff und zerrt daran. Ich bin froh, wenn ich es zu einer Laterne oder Ampel schaffe. Er würde mich sonst in einen Garten zerren und verbuddeln. Ihm eins auf die Nase hauen darf ich nicht. Er beißt auch nie in mein Bein. Er schafft es, immer nur in den Stoff zu beißen. Ich hoffe dann, dass ihm mal die Zähne rausfallen. Und wenn er mich ‹darf ich meine Tsähne uider tsurück haben?›, fragen sollte, würde ich von oben herab, ‹nee, daraus bastle ich mir ´ne Gürtelschnalle!›, antworten. Er würde schön blöd aus seinem Fell heraus schauen.

Nee, ich durfte da nichts gegen ihn machen. Den Ärger für die Löcher in meiner Hose erhielt allerdings ich. Irgendjemand sollte … Ahhh, schön. Da denkt jemand wie ich und schickt einen Knüppel auf Hasso. Ohh, der fliegt doch nicht an ihm vorbei? Geduld! Nur ein wenig Geduld, dann sehe ich, ob es ein Treffer wird.
Ahhh, noch ein paar solcher Windböen, für mich zum Kühlen und für den Knüppel, damit er trifft.

Wiiiiir haaaaaben einen Treff… «Ihhh!», potz, Blitz und Donnerwetter – der ganze Schnodder auf mir. «Bums, krrrgh quiiisch!» «D-d-d-d-ong, d-d-dong-dong-dong-Dong!» Hätte er nicht mit seinem Lappen die Nase putzen können? Dafür haben die den doch im Maul! «Bums, krrrgh quiiiiisch!» So! Durch das Glas kommt sein ekliger Popel …
«Was ist denn hier los?»
«Der Hund hat sein – äh, Platzregen hat mich erwischt!»
«D-d-d-d-ong, d-d-dong-dong-dong-dong-dong-Dong!»
«Da, wieder! Der kommt auf Raten mit dem Wind!»
«Hast du die Stühle rein geholt?»
«Ja, Mamma!»
«Ich will nicht, dass die neun Stockwerke vom Balkon fallen. Und die Blumentöpfe?»
«D-d-d-d-ong, d-d-dong-dong-dong-dong-dong!»
«Ach da, auf den Zeitschriften, schön. Das sind doch die alten?»
«Ja, Mamma!»
«Tap, tap, tap, tap, tap, tap, tap, tap!»
«D-d-d-d-ong, d-d-dong-dong-dong-dong!»
«Es regnet ja Katzen und Hunde!»
Nicht nur Hunde, auch deren Schnodder! Ups, zum Glück hab ich das nicht laut gesagt.
«Hol den Mopp und wisch das hier auf!»
«Ja, Mamma!»
«Und nimm gleich die beiden Gartenstühle mit. Die kannst du dort in den Schrank stellen!»
«D-d-d-d-ong, d-d-dong-dong-dong-dong-dong-dong-dong-dong!»
«Ja, Mamma!»
«Und wascht dir anschließend die Hände! Wir wollen gleich essen!»
«Ja, Mamma!»
«D-d-d-d-ong, d-d-dong-dong-dong-dong-dong-dong!»

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Er sitzt in seiner kleinen Wohnung am offenen Fenster und blickt wie so oft versonnen hinaus.

Eine Mutter schiebt draußen einen klapprigen Kinderwagen vor sich her, darin ein Säugling, der bitterlich weint. Immer wieder versucht die Mutter, ihn zu beruhigen, doch es will ihr nicht gelingen. Sie greift nach der Milchflasche in der Tasche am Lenker des Kinderwagens, doch sie ist bereits leer. Langsam geht sie am Fenster vorbei. „Alles gut, wir sind ja gleich daheim, mein kleiner Vielfraß“ flüstert sie ihrem Kind liebevoll zu.

Kurz darauf sieht er einen kleinen Junge, vielleicht fünf Jahre, der einen Ball vor sich her schießt. Der Ball sieht neu aus, glänzend und noch ohne Macken und Schrammen. Sein ein und alles. Doch hinter ihm laufen die größeren Jungs und planen offensichtlich gerade ihm diesen zu klauen. Merkt er das denn nicht? Das darauffolgende Geschrei kann er nur noch hören, nicht mehr sehen.

Ein weiterer Junge kommt in sein Blickfeld. Auf dem Rücken ein Schulranzen, in der Hand ein Comic-Heft, das sehr spannend zu sein scheint. Er will ihm noch eine Warnung zurufen, doch es ist zu spät. Mit einem dumpfen Knall prallt der Comicfan an den Laternenpfahl und fällt unsanft auf seine vier Buchstaben. Das dürfte eine ziemliche Beule geben. Der Junge rappelt sich wieder auf, reibt sich dabei mit schmerzverzerrtem Gesicht die Stirn, schnappt sich das Heft vom Boden und läuft weiter. Jetzt allerdings deutlich vorsichtiger und doch immer weiter lesend. Er schmunzelt an seinem Fensterplatz.

Leises Gelächter dringt an sein Ohr und dann sieht er ein verliebtes Pärchen die Straße entlanggehen. Sie scheinen sich gerade erst gefunden zu haben. Jung sind sie, alle beide. Und offensichtlich auf dem Weg ins Kino, denn sie reden von Popcorn und irgendeinem Filmstar, der in ihm eine vage Erinnerung auslöst. Ob sie wohl viel davon mitbekommen werden?

Andere sind über dieses Stadium wohl hinaus, denn das nächste Paar kann man schon von weitem streiten hören. Sie kommen um die Ecke und er erkennt mit Schrecken, dass sie nicht nur lautstark miteinander streiten, sondern das auch noch vor ihrem Kind. Dieses läuft hinter ihnen her, sieht die Erwachsenen mit großen, erschrockenen Augen an und man kann die Angst darin erkennen. Es tut ihm so leid, aber helfen, das kann er von seiner Position aus leider nicht.

Ein einzelner Mann hetzt nun an ihm vorbei. Er scheint einen Termin zu haben, denn er trägt einen schicken Anzug und sieht immer wieder auf die Uhr. Hoffentlich kommt er noch rechtzeitig. Doch da klingelt sein Handy und er geht direkt vor dem Fenster dran. Er kann nicht verstehen, worum es geht, aber die Reaktion des Mannes lässt nichts Gutes ahnen. Dieser wird aschfahl, taumelt, stützt sich an der Wand ab „Das kann nicht sein! Heute Morgen haben wir doch noch telefoniert…“ Mechanisch legt er auf, wählt nun selbst eine Nummer „Es ist Mama! Du musst sofort kommen. Sie haben sie ins Kreiskrankenhaus gebracht.“ An seinem Fensterplatz fasst er sich berührt ans Herz und fühlt den Schmerz des Anderen mit. Auch er kannte diese Anrufe und ihre Folgen.

Nun schlurft ein älterer Mann heran. Er geht am Stock, gebeugt vom Leben und der Zeit. Doch er scheint zielstrebig zu sein. Er kennt dessen Ziel nur zu gut, denn auch er besucht dort immer wieder seine geliebte Frau und füttert dabei die frechen Eichhörnchen. Er stellt sich dann immer vor, dass sie ihn dabei beobachtet und mit ihm lacht. Er lächelt versonnen in sich hinein.

„Es wird Zeit…“ Ertönt da eine angenehme Stimme hinter ihm.

Er schließt das Fenster, das sein Leben war und geht.

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