Ein neues Jahr, neue Ideen. Ich überlege ob ich das hier vorgestellte Thema zu einem Buch machen soll.
„Kannst du dir Ubiquität vorstellen?“ Ich staunte über Andreas Wortwahl. Gehört hatte ich es schon mal, aber vergessen, was sich dahinter verbarg.
„Ich kann mir vieles vorstellen, aber weniger, dass du jetzt anfängst so hochgestochen daherzureden. Könntest du auch verständliche Worte benutzen?“
„Das soll Allgegenwärtigkeit bedeuten,“ erklärte er, „und kommt in meinem neuen Buch vor.“
Jetzt fiel der Groschen. Theologen machten daran ihr Gottesbild fest. Ich selbst zweifelte nicht an Gott, aber an der Fantasie und den naturwissenschaftlichen Hintergrund dieser Leute. Konkret fassbar waren weder Gott noch Allgegenwärtigkeit. Darüber konnte man nicht einmal vernünftig nachdenken, ohne sich zu verfranzen.
„Andy ich glaube das kann sich keiner vorstellen.“ Hoffentlich war das kein Selbsterfahrungsbuch, über das er mit mir reden wollte. Meine eigenen Erfahrungen mit dieser Art Lektüre waren nicht geeignet, vorurteilsfrei damit umzugehen. Vorsichtshalber fragte ich nicht danach.
„Darüber bin ich ja auch gestolpert, in dem Buch steht: 'Erst dem der sich einer allgegenwärtigen Macht bewusst ist, erschließt sich das ganze Dasein‘. Das ist auch inhaltlich verwirrend. Gemessen an den täglichen Herausforderungen reicht mir das Niveau meines Dasein vollkommen aus. Eine Erweiterung würde ich gar nicht wollen.“
„So einen esoterischen Kram liest du doch normalerweise nicht. Mit diesem Zitat wird dir der Unsinn doch schon klar.“
„Meine neue Freundin sagte, das Buch hätte ihrem Leben einen Sinn gegeben, ich solle es unbedingt lesen.“ Erwartungsvoll schaute er mich an.
Ich grinste. „Du hättest vielleicht fragen sollen was ich in diesem Fall von deiner neuen Freundin halten würde.“
„Lenk nicht vom Thema ab, von Frauen hast du sowieso keinen blassen Schimmer. Und selbst wenn, deine Meinung dazu ist mir egal.“
„Wir sind immer noch bei Ubiquität? Ich dachte mich schon dazu geäußert zu haben. War dir das noch nicht genug?“ Verflixt, das konnte ein schwieriges und unbefriedigendes Gespräch voller Fallstricke werden.
„ÜBERALL UND JEDERZEIT VORHANDEN,“ sinnierte ich laut und deutlich. „Das beträfe nicht nur jeden Ort in unserem Universum, sondern formal logisch auch alle denkbaren Konfigurationen ausserhalb, immer und zur gleichen Zeit. So etwas lässt sich mit menschlicher Vorstellungskraft nicht denken. Von welchem Ort sollte eine allgegenwärtige Macht dieselbe ausüben? Doch nur von dort wo sie ist. Also von überall. Mit allem was und wo es ist ist synchron. Begrenzungen wie Lichtgeschwindigkeit dürften bei diesen Gedanken keine Rolle spielen weil sie das gesamte Modell in Frage stellen würde. Welches Modell? Das der Wechselwirkungen. Mann nennt es Physik. Eine Sammlung von Regeln die überall alles möglich machen. Gestelzt ausgedrückt Gottes Ausführungsspezifikation von Allem.“
Andreas machte ein unglückliches Gesicht. „Vielleicht ist das so, das kann ich Uschi aber nicht verkaufen.“
„Jetzt wechselst Du das Thema,“ erwiderte ich, „Uschi ist deine Freundin, zieh dich selbst aus der Affäre.“
Er wollte noch nicht aufgeben. „Gesetzt den Fall, die Regeln wären ein Plan, wie kommen sie zustande? Und woher nimmt Gott die erfordeliche Energie?“
„Keine Ahnung, vielleicht ist er die Energie, die kann ja auch keiner erklären, nur ihre Wirkung.“
Das Gespräch begann mir Spaß zu machen. Zu welchem Zweck krähten irgendwelche Typen völlig unbrauchbare Weisheiten heraus, die nebenbei nicht einmal durchdacht waren? Wenn sie des Daseins höchste Stufe wirklich erkannt hätten, würden sie es nicht nötig haben.