Architekt oder Gärtner?

Hallo zusammen!

Viele werden die Begriffe “Architekt” und “Gärtner” im Zusammenhang mit der Schriftstellerei bereits gehört haben (im Englischen werden sie auch “Plotter” und “Pantser” genannt). Sie stehen für den Typus Autor, der ihr seid. Für die, die es nicht kennen, eine kurze Erklärung:

Der Architekt plant die Geschichte bis ins kleinste Detail durch und schreibt sie dann ins Reine. Der Gärtner entdeckt die Geschichte, während er sie schreibt, er geht also in den Garten und lässt sich leiten. Zu diesen gehört George R.R. Martin zum Beispiel.

Wie sieht es bei euch aus? Architekt oder Gärtner? Eine Mischform vielleicht?

Bei mir ist es so, dass ich ordentlich vorplane. World Building steht da an erster stelle. Wie funktioniert die Welt? Habe ich das einigermaßen auf dem Kasten, kommt der grobe rote Faden. Hier plane ich, wo ich starte und wo ich am Ende hin will, plus eventuelle Knotenpunkte entlang des roten Fadens. Hab ich diese grobe Struktur erarbeitet, “caste” ich meine Figuren in das Szenario und gucke, was funktioniert. Bei den Charakteren bin ich also ein Gärtner und entdecke sie, während ich sie schreibe. So pflegt die Hauptfigur meines Romans etwa eine gleichgeschlechtliche Beziehung, ohne dass ich das vorher geplant habe. Oftmals kommen Hintergrundgeschichten oder einzelne Plot Points im Laufe des Schreibens hinzu, die ich entdecke. :slight_smile:

Ich bin gespannt zu lesen, wie ihr eure Projekte angeht!

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Ich bin wohl eine Mischung aus beidem. Was den Story Arc betrifft, plane ich. Allerdings nicht allzu starr. Was das Worldbuilding betrifft, so lasse ich mich treiben. Ich muss für sowas tief in die Geschichte eintauchen und das kann ich nur schreibend. Oft habe ich eine Idee im Kopf für die Geschichte und die schaue ich mir gedanklich dann genauer an: Wohin würde die Idee gehen? Hätte sie Folgen? Wenn ja, welche? etc. etc. Manchmal wächst die Idee, dass sie aufs Papier kommt. Manchmal merke ich dann nach einer Weile, dass sie nicht gut ist.

Was ich definitiv nicht mache ist, mir alles haarklein aufzuschreiben. Ich nutze ein Notizbuch, in das ich Ideen eintrage, Dialogfetzen, etc. Alles was mich so im Laufe des Tages “anspringt”. Aber das geht nie darüber hinaus. In Papyrus nutze ich zwar die Datenbanken (Personen, Orte, Sachen), aber nur, um Äußerlichkeiten festzuhalten. Die Charaktereigenschaften meiner Figuren kommen da nicht hinein, weil ich die ganz einfach weiß.

Ich glaube es war Stephen King, der einmal sagte (sinngemäß): Alle Ideen, die nicht in unserem Kopf bleiben, sondern die wir wieder vergessen, sind es nicht Wert aufgeschrieben zu werden.

Vielleicht kann sich das absolute Nicht-Notieren ein hauptberuflicher Autor leisten, in meinem Alltag und mit den teils langen Pausen funktioniert das nicht so ganz. Aber sogar bei mir funktioniert das bei vielen Aspekten doch auch ganz gut.

Aus diesem Grund kann ich aber auch nicht an zwei Büchern gleichzeitig arbeiten. Das überfordert mein Gedächtnis :wink:

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Da sprichst du etwas ganz Wichtiges an! Eines der Dinge, die mich an vielen Geschichten stört, ist die Konsequenzlosigkeit bestimmter Handlungen. Dabei haben manchmal die banalsten Handlungen größere Konsequenzen (sei es für Charaktere persönlich oder auf die Geschichte betrachtet). Daher: finde ich top, dass du das quasi im Kopf durchspielst. :smiley:

Stephen King hat für mich teilweise zu extreme Ansichten, zumindest als junger Autor. Im Star-Wars-Universum heißt es “nur ein Sith denkt in Absoluten”. Die Kernaussage finde ich gut, das heißt trotzdem nicht, dass man nicht so viel zu seinen Charakteren, Welt, Story oder Details aufschreiben sollte, wie es geht. Das liest sich für mich eher wie “früher kannten wir es auch nicht anders, also muss das heute auch so”. Daher: Take it with a grain of salt. :wink:

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Definitiv der Plotter … :bowing_man:

Vom Erstellen der Landkarten und Wappenrollen mit Photoshop, über die Stammbäume mit Ages! oder der Kreation des Welthintergrundes (inklusive Sagen, Götter, Helden, Lieder, Völkerwanderungen, Kirchenspaltung usw.).

Ja … daran kann man sich verlieren, aber man kann auch darin aufgehen - und es macht wahnsinnig viel Spaß, wenn nachher beim Schreiben alles logisch ineinander greift :roll_eyes:

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Bin ich komplett bei dir, aber da gibt’s eine herrliche Analogie von Brandon Sanderson. Worldbuilding ist wie ein Eisberg. Die sichtbare Spitze muss solide sein, aber unter der Wasseroberfläche geht der Großteil des Eisbergs weiter. Wenn der Leser auf der Spitze steht und nach unten guckt, denkt er „ist ja wahnsinn, wie groß das Teil ist“, dabei sieht er selbst unter der Oberfläche nur einen Teil des Ganzen.
Will sagen: Man muss dem Leser vorgaukeln, dass man sich alles bis in den letzten Winkel ausgedacht hat, muss es aber nicht tatsächlich tun. :wink:
Wenn du Spaß dran hast, ist das freilich was anderes. Ich denke da nur an die Hobbyautoren, die 35 Jahre an ihrer Welt feilen und nie mit dem Buch anfangen. :smiley:

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Bei mir sind es zwar erst 23 Jahre, aber ich habe immerhin schon 3.000 unformatierte A4 Seiten (+100 Seiten Anhang - ja da muss ich noch was zusammenkürzen) fertig. Der Plan für die nächsten 10 Jahre steht, so dass das Buch doch bitteschön spätestens 2033 in den Buchhandlungen stehen sollte :bowing_man:

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Bitte setz dich nicht allzu sehr unter Druck :smiley:

Zum Thema muss ich leider sagen:
Das Ding kauen wir hier im Forum alle drei Tage erneut durch und man findet sehr viel darüber, wenn man sich die bestehenden Inhalte mal ansieht. Obwohl das Thema spannend ist (ist ja der Dauerbrenner für Autoren im Dialog miteinander), enthalte ich mich hier also mal.

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Hi, Maxe,

ich zähle zu den Gärtnern. Einen grünen Daumen habe ich nicht, bin eher (noch) grün hinter den Ohren.:smiley:

Meine Figuren stehen fest, es gibt ein grobes Grundkonzept und dann geht es los. Ich bin der Typ, der erstmal drauflos werkelt, bevor er die Bedienungsanleitung liest. So ist mein erster Roman entstanden, der noch einmal gründlich - zum gefühlten 1.000 Mal - überarbeitet werden muss. Momentan schlage ich mich mit einer neuen Geschichte herum, und überlege, ob ich nicht doch mehr Funktionen nutzen sollte, die mir Papyrus bietet. Allerdings ist meine Zeit zum Schreiben knapp und wenn mal kein Zwei- oder Vierbeiner in der Nähe ist, der was von mir will, schreibe ich lieber, anstatt zu planen.
Ein Notizbuch habe ich aber immer in der Nähe, indem ich Ideen und Szenen festhalte, um sie später einzubauen.

So long …

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Bei Leute mit weniger Zeit und dem Drang zum Schreiben ist das natürlich anders. :smiley:
Eigentlich lässt sich zusammenfassend sagen, dass Architekten mehr Arbeit vor dem eigentlichen Schreiben haben, Gärtner danach. Vielleicht bin ich auch ein zu arger Strukturmensch, als dass ich einfach drauf los schreiben kann. Vor allem, wenn man an einer Trilogie mit einem überspannenden Handlungsbogen arbeitet. :slight_smile:

Ich bin beides, glaube ich.
Früher habe ich, wie vermutlich die meisten hier, einfach drauflos geschrieben und mich gewundert, warum ich nach 30 Seiten keine Lust mehr hatte. War sogar schon der Meinung, dass ich einfach nicht dazu tauge, Dinge fertig zu bringen, und dass das irgendwie in den Genen liegt.
Nach und nach bin ich dann dazu übergegangen, mir mehr Gedanken darüber zu machen, was ich wann wie und anhand wessen Perspektive am besten zeigen kann. Seitdem fällt es mir leichter, weil ich jetzt die Szenen einfach „abarbeiten“ kann. Ich muss nicht unbedingt drauf warten, dass die Inspiration zuschlägt, sondern nehme mir eine Szene nach der anderen vor. Und wenn eine mal nicht so gut gelingt, wird sie halt so lange überabeitet, bis sie für mich hinhaut.
Mein derzeitiges Romanprojekt, das ich gerade zum vierten Mal angegangen bin, spiegelt diese verschiedenen Stadien übrigens sehr schön wieder.

Da habe ich jetzt eine grobe Plotline, die ich stückweise genauer ausarbeite, je weiter ich vorankomme. Die geplanten Szenen innerhalb der Kapitel ändern sich jedoch öfter, wenn ich merke, dass das, was ich sagen will, gerade nicht so funktioniert, wie ich das möchte. Da bin ich dann flexibel und bastel so lange mit den verschiedenen Perspektiven etc. herum, bis es für mich passt.
Für spontane Geistesblitze [das würde mir die Stilanalyse bestimmt ankreiden :kissing:] in Form kurzer Szenen, die mir beim Zähneputzen einfallen, ist aber immer Platz. Die kommen meistens in Form von Puzzleteilchen, die wie von Zauberhand an die richtige Stelle gleiten.

Das kenne ich aus dem Rollenspiel. Habe da aber festgestellt, dass sich (zu meiner unbändigen Freude) die Dinge oft auf magische Weise aneinanderfügen, ganz so, als hätte ich das von Anfang an gewusst. Hab ich aber nicht. :roll_eyes:
Das ist dann ein sehr schönes Gefühl. Hat aber auch damit zu tun, dass man im Rollenspiel die Dinge nehmen muss, wie sie kommen, und darauf aufbauen. Da kann man nicht zu Kapitel 1 zurückspringen und noch mal kurz die Location oder sowas ändern. Die Kunst ist also, im weiteren Verlauf die bestmögliche Erklärung für alles schon dagewesene zu finden…

Habe da mit Vergnügen schon drin gestöbert. :wink:

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Bei einem Rollenspiel hat man den Vorteil, dass nicht alles zusammen kohärent sein muss. Was ich sagen will, ist, dadurch, dass beim Spielen (ich gehe mal davon aus, dass du Pen & Paper meinst) immer das aktuelle Kapitel am wichtigsten ist, kommt es weniger drauf an, was vorher war. Wenn man jedoch mit Thematiken arbeitet oder sich auf bereits vergangene Ereignisse bezieht, dann kommt man ums Plotten fast nicht drumherum, finde ich. Viele Ideen hatte ich auch beim Zähneputzen und das Gute ist (und das fiel mir auch bei anderen Werken auf, die ich gelesen habe und die zu meinen Lieblingswerken gehören), dass wenn man eine gute Vorbereitung und vieles bereits etabliert hat, man später nahezu alles hinzufügen kann, solange es mit Figuren, Story und Worldbuilding in Einigkeit steht. Will sagen: Gute Vorbereitungen erlauben ein angenehmeres Gärtnern (und einen bombigen Payoff, wenns soweit kommt). :smiley:

Muss vielleicht nicht. Ich will das aber so. :smirk: Aber ich meine auch kein PnP, sondern Online-Rollenspiel.

Dann hätte ich mal eine Frage an die Plotter: Wenn ihr dann doch irgendwann mittig oder am Ende (ganz gefährlich) feststellt, dass ihr einen Denkfehler gemacht habt: Könnt ihr Eure Welt noch umschreiben?

Das ist wohl mein Problem und deshalb mag ich das 100% Durchplotten nicht: Wenn es geschrieben ist, also im Computer geschrieben, dann fällt es mir schwer, an Szenen zu gehen und umzuformulieren ODER Szenen zu verschieben. Ich kann gut Änderungen anbringen beim Abtippen (ich schreibe ja Version 1 händisch) aber wenn es erstmal im Computer bzw. Papyrus steht, geht das Ändern nicht mehr. Ich muss dann komplett neu schreiben.

Gerade mit Papyrus fällt das Ändern leicht, da man Szenen auch einfach mal rumschieben oder mit Geistertext arbeiten kann. :slight_smile:

Ich bin kein hundertprozentiger Plotter. Bei mir ist es eher so, dass ich während des Schreibens noch Charakterszenen einbaue und diese dann einstreue. Sollte an der Handlung doch ein Denkfehler vorhanden sein, dann ist der meistens nicht so groß, als dass er das ganze Projekt über den Haufen wirft. Dann muss an manchen Stellen ein wenig umschreiben.

Eine Mischform von Architekt und Gärtner ist sicherlich das beste und geläufigste. Da hat man genug “wiggle room”, als dass man Denkfehler einfach ausbügeln kann. :wink:

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Gartenarchitekt?

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Das ist gemeint:

Ich bin ganz bei Dir, verehrter Vogel; es mag interessant sein, wie die anderen schreiben und es ist immer sehr magnetisch, wenn man die Damen und Herren so persönlich anspricht. Die Ergebnisse wiederholen sich jedoch in leicht voneinander abweichenden Versionen. Da gibt es den Planer, den Plotter, den Wilden, der drauflosschreibt oder den - ganz klein bißchen despektierlich, echt - den Verwaltungsfachautoren, der alles auf kleine, virtuelle Kärtchen schreibt. Ich schreibe dann doch lieber, als über das Schreiben zu schreiben zu schreiben. Zu schreiben.

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Der Sinn des Plottens ist ja gerade, die Sache vorher durchzudenken und Logikfehler auszumerzen.

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Dann bin ich wohl ein wilder Gärtner. :laughing:

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Das ist mir schon klar, aber habt ihr nicht trotz exzessiven Plottens auch mal Denkfehler, die ihr ganz einfach überseht und erst viel zu spät feststellt?:unamused: