Ich habe vor wenigen Wochen begonnen, mit Hilfe von Papyrus meinen eigenen Debütroman zu beginnen.
Unten ist der Anfang meiner Geschichte. Ich freue mich über Feedback und konstruktive Kritik. Falls jemand Lust hat, mehr zu lesen, gerne.
Vielen Dank
Sion
1 Kapitel 1
Mordlust. Er blickte seinem Gegner direkt in die Augen. „Für das, wessen du dich schuldig gemacht hast, wirst du büßen“, er glitt auf ihn zu und die Klingen der Schwerter klirrten gegeneinander. Das Geräusch von Stahl, das auf Stahl trifft. Er drehte sich um die eigene Achse und der Gesang der sich trennenden Luft erklang. Dann stoppte die Klinge vor dem Hals des Kontrahenten.
Die Menge applaudierte.
Dermion ging zum Bühnenrand, und lies seinen Blick mit gehobenem Kinn über die vielleicht fünf dutzend Menschen schweifen. Bauern, Schmiede, Köchinnen und Obstverkäufer hatten sich auf dem Marktplatz versammelt, um ihm zuzujubeln. Das Klatschen der Bürger bewegte Dermion dazu, seinen Blick und sein Kinn noch ein wenig weiter zu heben. Sie schauten zu ihm auf, strebten an, so zu sein wie er, bewunderten ihn. Natürlich tun sie das, sie sind dumm. Und sie merken es nicht einmal. Er verbeugte sich kurz, genoss einige Herzschläge lang die Hochrufe. Dann drehte er sich um und schritt durch den dunkelroten Vorhang der Bühne, hörte das Klatschen hinter sich erlahmen. Er setzte sich an den klapperig, verkratzten Holztisch, während Sacharias sein Schauschwert in die Halterung hängte und seinen dreckigen Umhang beiseitelegte. Der einst schwarze Mantel war schlammverkrustet, da Dermion Sacharias mehrmals zu Boden befördert hatte. In den Matsch.
Und wenn sich nicht etwas änderte, würden sie es bald alle sein. Im Match, dreckig, ärmlich. Es waren nicht genug Zuschauer gekommen. Dem war Dermion sich bewusst. Auch ohne darauf warten zu müssen, dass Santares ihm die Zahlen nannte.
„Vierhundertvierzig“, die Stimme des Mannes war leise, rau, „443 Taler“ Santares strich sich die braunen, gräulichen Haare aus der Stirn, und sah auf, „Unser nächstes Stück muss fast das doppelte einbringen. Sonst wird es unser letztes sein.“
„Aber, was machen wir denn falsch“, Sacharias wischte sich mit einem nassen Tuch durchs Gesicht. Der junge Blonde hatte sich wegen des Drecks die Stirn gewischt. Trotzdem war „jämmerlich“ das Erste, das Dermion dazu einfiel.
„Nichts“, antwortete Dermion ihm, „die Menschen zahlen das Geld nicht häufig, mit dem wir das hier finanzieren. Sie geben es lieber für ihre Nahrung aus“. Auch wenn ich mich frage, wozu man solche erbärmlichen Leben fortsetzen will.
Es war schon süß, wie der junge Mann ihn mit großen Augen ansah. Und traurig.
Dermion ging an den Holzhüttchen der kleinen Stadt vorüber und nickte den Bewohnern zu, die ihn grüßten, und vor ihm leicht das Haupt neigten. Er hatte die Jacke aus rotem Leder an, die er so gerne trug, den Gurt, der die Scheide seines Schwertes auf dem Rücken hielt. Denn so würde ihn jeder hier erkennen.
Dermions Haus war groß und mit steinernen Wänden, es hatte zwei Stockwerke, und war damit das einzige dieser Stadt. Er schloss die Tür auf, und kurz darauf stand Dermion vor seinem Arbeitstisch. Er setzte sich, und lies seine braunen Augen über den Papierberg schweifen. Ausstehende Zahlungen, Schulden wegen Materialkosten, Kündigung, Beschwerde, Morddrohung. Wenigstens hat mir mein Vater nicht geschrieben, Dermion lachte freudlos auf bei seinem Gedanken. Das Schreiben eines wahnsinnigen Alkoholabhängigen konnte Dermion nicht gebrauchen.
Das Einzige, was er kann, ist Leben zerstören, dachte er, und ballte die Hand zur Faust, löste die Finger wieder. Strich seine haselnussbraunen Haare zurück und betrachtete seine Handfläche. Drehte sie langsam, um dann sein Amulett mit seinen Fingern zu umschließen. Du wirst leiden, so, wie andere es deinetwegen tun. Du hast einen Spiegel zertrümmert, und über deine Hände läuft das Blut. Dein Blut und das der anderen. Doch die Splitter werden noch mehr tun als das, viel mehr. Sie werden deine Seele verzehren. Und so wie der Spiegel niemals wieder ganz sein wird, wird auch dein Geist auf ewig in Stücke zerbrochen und von Rissen durchzogen sein. Die Spitze des Brieföffners bohrte sich einen Fingerbreit in die Tischplatte hinein und durch Umschläge hindurch. Rache. Dermions Hand lies den Griff los, während er aufstand, und fing an, in dem großen Raum, auf und ab zu wandern.
Das nächste Stück musste gut werden. Sehr gut. Er brauchte das Geld. Sie mussten es schaffen, die Menschen zu fesseln. Er benötigte mehr Publikum. Mehr Begeisterung. Mehr Geld. Ihm blieb keine Wahl, als die Schulden abzuzahlen. Genau wie die Theatergruppe. Er, Dermion durfte kein Geld mehr verlieren. Er durfte nicht verarmen. Er brauchte seine Stellung. Seinen Titel würde zwar bestehen, aber seine Macht würde schwinden.
Und er wollte Macht, er brauchte Aufmerksamkeit, er benötigte Anerkennung.
Dermions Schritte stockten vor dem kleinen Schränkchen am anderen Ende des Zimmers. Seine Augen wanderten über das helle Holz, zu den Griffen der Flügeltüren in Miniaturformat. Er seufzte und öffnete den Schrank. Sah träge über die Flaschen hinweg, griff hinein, holte eine hervor, schloss das Türchen wieder. Dann nahm er sich ein passendes Glas, schlurfte zu seinem Arbeitsplatz zurück. Er nahm ein Messer aus seiner Tasche und stieß es in den Korken der Flasche.
Während Dermion der Flasche den Korken entwand, funkelten die Strahlen der untergehenden Sonne, die auf den Tisch fielen, in der sich rekelnden Flüssigkeit. So, als wolle der Stern der Gestorbenen auf dem Feld des Krieges gedenken.
Ein Lächeln schlich sich auf Dermions Lippen. Dunkelheit, Schmerz und Leid. Er verzog das Gesicht, von den Erinnerungen heimgesucht, die sein Gedächtnis ihn bei seinen Gedanken unweigerlich erneut erleben ließ. Seine Kindheit. Wie Blut schwappte der rote Wein in das Glas auf dem Tisch. Was sich in ihm spiegelte, war Dermions braun umrahmtes Gesicht, das fast ausdruckslos, und doch so unendlich traurig dem Blut entgegenblickte. Ich hasse ihn. Für so vieles. Aber auch dafür, dass er oft betrunken war. Und jetzt, wo es mir schlecht geht, und ich an ihn denke, greife ich zum Glas, dachte Dermion, und spuckte sich geistig selbst vor die Füße.
Dann hob er das Glas zu den Lippen, und trank.