Aénor Leben geben

Ich beschäftige mich schon seit Monaten mit der Recherche über Aénor de Châtellerault. Sie war die Mutter der berühmten Königin Eleonore und es gibt kaum Belege über ihr Leben. Trotzdem hat sie mich angerührt und ich möchte sie gerne würdigen, indem ich ihre Geschichte erzähle.
Dafür wühle ich mich durch digitalisierte uralte Dokumente und freue mich wie eine Schneekönigin, wenn ich mal wieder ein Puzzlesteinchen finde.

Nachdem ich für die 6. Seitenwindwoche schon mal einen Anfang versucht habe, möchte ich euch an meinen Gedanken dazu teilhaben lassen und vielleicht den einen oder anderen wertvollen Tipp von euch bekommen.

Mein großes Problem: Alles wirklich Interessante passiert in den Jahren direkt nach Aénors Tod. Ich muss es also entweder

  • weglassen
  • in einem Nachwort schreiben (solange wie die Story selbst…)
  • Aénor als Hauptfigur in den Gedanken einer anderen erscheinen lassen.

Königin Eleonore scheint da gut geeignet, sie hatte ja wahrlich Zeit genug, sich zu erinnern. Sie war 15 Jahre lang von ihrem Mann gefangen gehalten worden, nachdem sie mit ihren Söhnen gegen ihn rebelliert hatte. Aufzeichnungen von ihr aus dieser Zeit sind nicht bekannt. Das wäre also eine prima Vorlage, um eine Art Tagebuch von ihr zu schreiben.
Andererseits – woran soll sie sich groß erinnern, ihre Mutter betreffend. Sie war ja erst 8 Jahre alt, als Aénor starb.

Mir schwirrt schon wieder der Kopf. Also, hier erstmal eine Idee. Was sagt ihr dazu?

Aus dem Tagebuch der Eleonore von Aquitanien

Île d’Oléron en novembre 1182

Oh Maman, wie wunderschön du bist!“ rief die kleine Aénor begeistert und betete im Stillen, sie möge auch einmal so hübsch werden wie ihre Mutter. Große Hoffnung hatte sie allerdings nicht, denn schon jetzt sah man, dass sie mehr auf ihren Vater kommen würde. Anstatt dieses flammenden Rots, für das ihre Mutter so berühmt war und das ihr den Namen „Dangerosa“ eingebracht hatte, zeigte ihr eigenes Haar das tiefe Braun derer von Châtellerault.

Ihre Mutter lachte, nahm sie bei den Händen und tanzte mit ihr durch den Raum. An der Tür angekommen, gab sie ihr einen Kuss auf die Stirn, sah ihr in die Augen und sagte: „Pass auf dich auf, ma petite.“ Sie drehte sich noch einmal um sich selbst, dass die Röcke nur so bauschten, dann entschwand sie durch die Tür - und aus Aénors Leben.

Wie oft hatte meine Mutter mir diese Geschichte damals erzählt. Und mindestens genauso oft hatte sie mir versichert, dass sie mich niemals alleine lassen würde, so wie meine Großmutter es mit ihr getan hatte.

Aber man hatte sie nicht gefragt. Man hatte ihr einfach das Leben genommen. Weil es eben gerade geeignet schien, um meinen Vater zu erpressen. Nicht, dass mir solche Mittel unbekannt wären. Ich hatte das hier und da schon selbst angeordnet. Aber sie war meine MUTTER gewesen und ich damals erst 8 Jahre alt.

Nachträglicher Hinweis: Der Hier kursiv geschriebene Teil bleibt bestehen. Wie die Geschichte jetzt tatsächlich weitergeht poste ich Stück für Stück, so wie sie entsteht, mit den Überschriften Fortsetzung +Nr.
falls es jemand lesen möchte :blush:

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Irgendwie krieg ich diese Formatierungen nicht raus. Sorry. Der fette Satz in der Mitte bleibt dann wohl.

Nur ein Gedanke, aber was wäre ,wenn eine fiktive ,dritte Person die Geschichte erzählen würde? Eine Kinderfrau, die sowohl Mutter als auch Tochter begleitete. Die nah an beiden dran war. Und manches vielleicht weitergibt, was sie selbst gehört hat. Von den Wachen und anderen, die die Wege der Frauen kreuzten. Dann könntest du die historischen Fakten chronologisch erzählen . Wie gesagt, nur so ein Gedanke. Und da sie Königin Eleonore 15 Jahre in Gefangenschaft war, musste sie ja auch Informationen von draussen beziehen.

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@Silla Danke dir. Ja, eine Magd hatte ich auch im Sinn. Wenn ich NUR über Aénors Leben schreibe. Irgendwer müsste dem Kind ja erzählen, warum die Mutter weg ist, all diese Gerüchte über Dangerosa und Wilhelm und all das.
Aber das Interessante kommt eben erst nach ihrem Tod.
Eleonore hatte Zugang zu allem und hat sich sicher kräftig eingemischt. Sie durfte eben nur die Insel nicht verlassen. Und irgendwas muss sie all die Jahre gemacht haben.
Vielleicht muss ich wirklich zwei verschieden Geschichten erzählen.
Mit durchgehend eine 3. Person erzählen lassen…hm. Das müsste so eine Art Chronist sein, weil es sehr viel mit Politik und Kirchengeschichte zu tun hat. Also in ein ganz anderes Genre rutschen würde.

Hm, wenn die wirklich interessanten Ereignisse erst nach ihrem Tod stattfinden, wie wäre es, wenn der Erzähler deiner Geschichte ihr Geist ist, der als zur Untätigkeit verurteilter Zuschauer diese mitbekommt, aber nicht eingreifen kann, darüber resümiert und in Erinnerungen an ihr Leben die lang zurückliegenden Ursachen für diese Ereignisse durchgeht?
Wäre das eine Alternative?

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Mhh, oder die Geschichte ist in zwei Teile geteilt. Erster Teil Mutter, 2.Teil Tochter. Die Idee von RalfG hat auch was. Schwierig, ich verstehe dein Problem, denn jede Möglichkeit würde einen anderen Stil hervorheben bzw. Die Richtung vorgegeben.

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@anon37238882 Das wäre in der Tat eine recht gute Möglichkeit. So könnte sie auch Geschehnisse von vor ihrer Geburt einfließen lassen, die ja auch Einfluss auf ihr Leben und all das danach Kommende haben.
So könnte sie auch viel mehr verstehen und wissen. Sie ist ja sehr jung gestorben und hat sicher nicht alles einordnen können. Aber in der Welt der Geister könnte sie Zusammenhänge erfahren haben. Und vor allem könnte ich das im melancholischen Tenor schreiben. Das liegt mir irgendwie.
Gute Idee, denk ich drüber nach, danke.
@Silla Ja genau, das Problem. Deshalb mache ich mir im Vorfeld schon so viele Gedanken. Ich will nicht mit der falschen Richtung anfangen.

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So könnte ich auch den Anfang auf jeden Fall beibehalten (kursiv). In den hab ich mich nämlich verliebt und es ist sicher ein guter Punkt, um in ihr Leben einzusteigen, oder? Was denkt ihr?

Den kursiven Teil kannst du sicher verwenden, ich würde aber den Satz „Aus dem Tagebuch von Eleonore“ weglassen, sonst führt das Leser auf die falsche Spur, es soll ja die Lebens- und Nachtodgeschichte ihrer Mutter werden, Aénor.
Die zwei Absätze danach passen allerdings nicht ganz, wenn du die Geschichte aus Aénors Perspektive erzählst, die müssten überarbeitet werden.

Es kommt auch etwas darauf an, aus welchem Anlass Aénor beginnt, in Erinnerungen zu schwelgen. Ist es bspw. die Verzweiflung Eleonores über den 15jährigen Hausarrest oder steht sie vielleicht am Sterbebett ihrer Tochter und beginnt den Rückblick. Ich denke, du musst da vorher ein paar Leitplanken festzurren, damit du beurteilen kannst, ob dieser Anfang am stimmigsten ist oder ein anderer (dann könntest du das Fragment immer noch an anderer Stelle benutzen).

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Es geht tatsächlich nur um die beiden kursiven Absätze. Es bekäme dann einen ganz anderen Titel und würde auch in Châtellerault beginnen.
Und alles nach dem Kursiven fällt dann natürlich auch weg.

Dann ran an die Buletten :smile:

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Ohman, ehj. Das muss jetzt erstmal sinken. In der Zwischenzeit arbeite ich den Zeitablauf der Ereignisse chronologisch im Denkbrett ab. Das gibt schon mal einen Teil vor und ergibt auch Beziehungen untereinander, die für die Geschichte wichtig sind.
Bin noch ganz am Anfang wie ihr seht. Aber hej, gerade kommt mir ein guter Anlass, bei dem ich den Anfang genau so stehen lassen kann.
Ich versuche das direkt mal.

Ihr dürft mir bitte gerne weiter unter die Arme greifen. Freue mich riesig, dass ich hierher gefunden habe. Mit der Unterstützung im Forum und den tollen Möglichkeiten von Papyrus schaffe ich es vielleicht wirklich, ein ganzes Buch zu schreiben. Das Ganze dann vielleicht noch garniert mit eigenen Bildern zum Thema… - ssssssssssssssst… sorry, ich muss los, schreiben! :star_struck:

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Hallo, habe deinen Beitrag gerade gelesen, kenne ihn aber auch schon von den Schreibwochen hier.
Über eine historische Figur zu schreiben, die kaum lesbare Fakten hinterlassen hat ist schwer.
Ich begleite gerade das Buchprojekt einer Bekannten, die ein ähnliches Problem mit einer ganzen Volksgruppe hat. Da deine Protagonistin schon früh gestorben ist, scheint mir die Option von RalfG am stimmigsten. Hier hättest du die Möglichkeit historische Fakten und schriftstellerische Freiheiten zu verknüpfen. Denk bei deiner Protagonistin auch an das, was durch ihre Tochter weiter in der Geschichte geschehen ist. Wer war ihre Tochter? Was hat sie bewirkt - was für einen Eindruck hat sie hinterlassen? Dadurch kannst du als Autorin Rückschlüsse zur Mutter ziehen. Aenor zum Leben zu erwecken wird dir sicher besser gelingen, wenn du sie am langen Leben ihrer Tochter teilhaben lässt.
Als Stimme aus dem „off“ ist das ein guter Plan.
Dein Anfang gefällt mir sehr gut. Und ich würde - hier bin ich nicht der Meinung von RalfG - den Satz aus dem Tagebuch nicht streichen, sondern locker und direkt zu Aenor übergehen. Ungefähr so: „…ach Kind, was schreibst du schon wieder so melancholische Worte aus einer Zeit die,…“
Bin schon sehr gespannt wie du weiter machst.
Hab Mut - das wird gut - ich freue mich auf mehr Text von dir - bald. :blush:

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Danke @Pütchen Ich bin schon ziemlich überzeugt von Ralfs Idee, es Aénor selbst aus der „Geisterwelt“ erzählen zu lassen. Eben weil ich dann alles um sie herum und was vor und nach ihr kommt gut einarbeiten kann. Auch die Geschichte um ihre Tochter. Der will ich aber nicht so viel Raum geben. Eleonore kennt eigentlich jeder, mir gehts halt extrem um Aénor.
Den Anfang denke ich mir atm so:

… Sie drehte sich noch einmal um sich selbst, dass die Röcke nur so bauschten, dann entschwand sie durch die Tür - und aus Aénors Leben.

Bearbeitet: in Ich-Form erzählt es sich besser:
Wie lange ist das alles jetzt schon her? 50 Jahre? Oder eher 100?
Das Zeitgefühlt verliert sich so schnell. Was bleibt, sind die Gefühle. Die sind so wirklich, so eindringlich, als sei es gerade erst passiert.
Dieser Tag, als meine Mutter mich verließ. Ohne ein Wort, ohne eine Erklärung. Sogar ohne wirklichen Abschied.

Also wenn es so viel Interessantes aus dem Leben von Aénor zu berichten gibt, dass es Dir schwerfällt alles ohne Verrenkungen in Deine Geschichte über deren Tochter einzubinden, dann mach es auch nicht. Nimm das was Dir dabei hilft Eleonore als Mensch zu beschreiben und spare Dir alles andere von Aénor für einen weiteren Roman auf. Scheint mir, spontan bedacht, sinnvoll zu sein.
Grüße
Beowulf

@Beowulf Im Grunde genau das, nur: Ich schreibe meine Geschichte über Aénor, die Mutter ihrer berühmten Tochter Eleonore. Eleonore wäre hier ausnahmsweise mal eine Nebenfigur.
Aénor nur als Mensch zu beschreiben ist mir zu wenig. Dafür hat sie nur zu kurz gelebt. Ich möchte eben auch die Geschichte und Geschichten um sie herum erzählen. All das gehört zu ihrem Leben einfach dazu.

Ach, dann habe ich das beim Lesen falsch verstanden.

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Das hatte mich glauben lassen, du schreibst über die Zeit von Eleonore.

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Die Idee mit der Geister-Perspektive fände ich auch ganz interessant. Du musst nur unbedingt vorher überlegen, wie viel Fantasy du haben möchtest. Von Geist zu Geist ist es ja ein großer Unterschied. Spukt sie wie ein Poltergeist durch das Leben ihrer Tochter? Oder sitzt sie sprichwörtlich auf einer Wolke und erzählt einem anderen Geist von ihrem Leben und ihrer Tochter? Oder bleibst du in der Ich-Perspektive des Geistes, wodurch die Frage nach der Existenz von Geistern vielleicht gar nicht erst aufkommt? Kann sie mit einem Windhauch auf sich aufmerksam machen oder ist sie wirklich nur stummer Beobachter? Trifft sie noch andere Geister (z.B. von ihrer Mutter usw.)? Und wenn nicht, warum nicht?
Je nach dem, in welche Richtung du dich entscheidest, solltest du auch daran festhalten, sonst wirkt es vielleicht ein wenig durcheinander.

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Ich würde in der Ich-Perspektive und sie stummer Beobachter bleiben, ohne die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Vielleicht würde ich Szenen, die sie vor sich sieht, kursiv absetzen. Ansonsten ihre Gedanken dazu in Normaltext.

Allerdings ist es schwierig, sie auf diese Art greifbar zu machen. Ich will ja kein kaltes Geschichtsbuch schreiben, sondern tatsächlich Aénor Leben geben. So gesehen ist es immer noch eine Option, all das „Wissen“ wegzulassen und mich auf sie als Mensch zu beschränken. Bin immer noch zwiegespalten.