Adventskalender - 11.12.2024

Weihnachten - ein Fest der Diebe (von HelmutB)

Endlich verließen die Personen das Haus, welches er beobachtete. Nach einer weiteren viertel Stunde beschloss er, dass er nun das Haus betreten könne, die Bewohner würden so schnell nicht zurückkehren. Im Weihnachtsmannkostüm und mit dem Sack auf dem Rücken kam er sich ziemlich dämlich vor, aber was tat man nicht alles, um seine Haushaltskasse aufzubessern. Außerdem war heute Heiligabend und somit die Verkleidung auch passend.

Mit seinem Spezialwerkzeug, auf das er sehr stolz war, überwand er die abgeschlossene Vordertür und verschaffte sich Zutritt. Leise ging er durch das Haus und betrat das Wohnzimmer, es war wie erwartet leer. Als er vor dem Weihnachtsbaum stand hörte er eine Stimme fragen: »Bist du der Weihnachtsmann?«

Hastig drehte er sich um. Ein kleines Mädchen stand vor ihm und schaute ihn neugierig an. Die Kleine war vielleicht zehn Jahre alt.

»Natürlich bin ich der Weihnachtsmann« erwiderte er. Jetzt hieß es cool bleiben und mitspielen.

»Hast du in dem Sack die Weihnachtsgeschenke?«, fragte das Mädchen. »Ja, natürlich«, antwortete er, aber er dachte: »Die Weihnachtsgeschenke aus der Nachbarschaft, aber die sind für mich«

»Ist da auch mein Geschenk drin?«, fragte die Kleine weiter. »Aber sicher«, antwortete er und setzte sein bestes Lächeln auf.

Plötzlich rief das Mädchen: »Mama, komm schnell, der Weihnachtsmann ist da!«. Die Mutter erschien und sagte: »Na so eine Überraschung, guten Abend Herr Weihnachtsmann«, begrüßte die Mutter den falschen Weihnachtsmann. »Guten Abend gnädige Frau«, antwortete dieser etwas steif.

»Er hat gesagt, er hat mir ein Geschenk mitgebracht!«, rief das Mädchen erfreut. Da fragte die Mutter ihre Tochter: »Du weißt doch, was du machen musst, bevor du dein Geschenk bekommst, oder?«

»Oh ja, ich muss ein Weihnachtsgedicht aufsagen. Möchtest du es hören, lieber Weihnachtsmann?«

»Oh ja, sehr gerne«, antwortete der verkleidete Dieb und begann im Stillen das Kind zu verfluchen.

Nach der vierten Strophe des Gedichts dachte er: »Von wegen, es dauert nicht lange«, nach der achten Strophen begann er zu schwitzen und dachte: »Nur Goethes ›Faust‹ ist noch länger« und nach der zwölften Strophe beschloss der falsche Weihnachtsmann nur noch ehrlicher Arbeit nachzugehen, sollte er hier unbeschadet herauskommen.

»Das war ›Die Weihnachtsmaus‹ von Jame Krüss«, endete das Mädchen nach der 14. Strophe und verbeugte sich vor dem Weihnachtsmann. »Wurde auch Zeit«, dachte sich dieser und sagte: »Das war das schönste Gedicht, welches ich heute gehört habe und hier ist dein Geschenk« Er griff in den Sack und holte wahllos ein Päckchen heraus.

»Bekommt Mama auch ein Geschenk?«, fragte die Kleine. »Natürlich und sie muss auch kein Gedicht aufsagen«, fügte er noch hinzu und holte ein kleines Päckchen heraus.

»Und Papa?«, setzte das Mädchen noch nach. »Oh ja, hier auch eines für Papa«, antwortete er, überreichte auch drittes Päckchen und wünschte in Gedanken das Kind zur Hölle.

»Vielen Dank, lieber Weihnachtsmann!«, rief die Kleine erfreut. »Gern geschehen, liebes Kind«, antwortete er. »Aber jetzt muss ich weiter, noch anderen Kindern die Geschenke bringen«, fügte er schnell hinzu, bevor der Satansbraten ihn noch weiter aufhalten konnte.

Er machte sich eilig auf zur Tür. »Frohe Weihnachten!«, riefen ihm das Mädchen und Ihre Mutter hinterher. »Oh ja, frohe Weihnachten euch allen«, antwortete er und verließ eiligst das Haus.

Als es im Haus still wurde, brachen Mutter und Tochter in schallendes Gelächter aus. Der Vater kam durch die Hintertür herein und frage: »Warum lacht ihr?«

»Der Weihnachtsmann war da und hat uns Geschenke gebracht«, sagte seine Frau und hielt ihm sein Geschenk hin.

»Ach der«, antwortete er. »Der hat noch mehr davon in seinem Auto, bessergesagt: ›hatte‹. Der erlebt gleich eine Überraschung« Jetzt lachte auch der Vater.

Seine Frau sagte: »Los, wir sind hier auch fertig« und deutete auf die gefüllten Säcke an der Hintertür. »Lasst uns verschwinden, bevor die Bewohner dieses Hauses uns überraschen.«

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Wäre der Weihnachtsmann ‚helle‘ gewesen, hätte er den (Satans-) Braten schon früh riechen können: Welche Zehnjährige glaubt heute noch an ihn?! Ich glaube an schöne Geschichten, wie diese witzige! Danke dafür.

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Erstaunlich, wie viele humorvolle Geschichten hier sind! :christmas_tree::+1:
Wirklich, ich musste schmunzeln. ‚James Krüss‘, Kindheitserinnerung! :heart:

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Vielen Dank für die schöne Geschichte, Helmut :grinning:

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Jetzt ist mir klar geworden, warum ich mich jeden Morgen auf den Adventskalender freue: Wegen dessen humorvollen, den Tag erheiternden, verrückten, tiefgründigen und spannenden Weihnachtsgeschichten … (Hab ich noch was vergessen?) Happy Day!

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Vielen lieben Dank für die tolle Geschichte. Jeden Tag kommt eine andere Idee um die Ecke. Man müsste sie alle unbedingt zusammen festhalten. :books::+1:

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Endlich hat mal jemand den Weihnachtsmann entlarvt. Egal ob er was bringt oder holt, er ist de facto ein Einbrecher.

Schöne Geschichte.

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Eine schrecklich nette Familie @HelmutB Danke für diesen heiteren Moment des Lesens

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So toll! Danke Helmut!
Die Kleine ist mein absolutes Superbösewichtel!

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Ja, das denke ich mir auch schon die ganze Zeit.

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Und ich dachte der Weihnachtsmann würde diesem Mädchen seine Hand schenken (also als Backpfeife) Irgendwie tat er mir leid, so viele Strophen. :stuck_out_tongue_winking_eye: Danke für die kleine Geschichte. :blush:

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Backpfeife? Ich hoffe, doch wohl nicht!

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Ich dachte es ja nur.

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Ich danke euch alle für die netten Worte und danke an @SuperGirl für das Einstellen.

Noch eine Anekdote zur „Weihnachtsmaus“ von James Krüss:
Ich konnte dieses Gedicht mal auswendig, weil wir das als Klasse in der Schule vorgetragen hatten. Als wir zu Weihnachten die Großeltern besuchten, habe ich, kleiner Streber, das Gedicht auch meinen Großeltern komplett vorgetragen. Zum Dank, wollten sie es dann täglich hören. Einmal war auch die Nachbarin zu Besuch, die auch in der Kirche tätig war und schon wurde ich verpflichtet, das Gedicht an Heiligabend der ganzen Kirchengemeinde vorzutragen. :rofl:

Heute kann ich das Gedicht nicht mehr auswendig, aber ich habe tolle Erinnerungen daran. So hat es auch Einzug in meine Geschichte gefunden.

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Ja, ja, es weihnachtet, vielen Dank für die schöne Geschichte! :smiley:

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Vielen Dank auch von Sava, Mahmud, Yussuf, Ugur, William und Rebekka aus der Nachmittagsbetreuung. Rebekka möchte allerdings angemerkt haben, dass sie erst 8 ist und nicht schon 10, wie beschrieben. James Krüss’ Weihnachtsmaus ist dann nächste Woche dran.

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Wie alle Geschichten hier - bestmöglichster Einstieg in den Tag. Hatte sie gleich heute Morgen gelesen, aber erst jetzt endet mein Arbeitstag und ich kann meinen Senf beisteuern. Danke Dir für das Lesevergnügen.

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Freut mich, dass es deinen Kindern auch gefallen hat, obwohl diese Geschichte vielleicht nicht ganz so pädagogisch wertvoll ist. Die gehört wohl eher in die Kategorie „Bitte nicht nachmachen, liebe Eltern“. :rofl:
Ob 8, oder 10, ich denke, um falsche Weihnachtsmänner hereinzulegen, ist man nie zu alt, oder zu jung. :grin:

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14 Strophen - alle Achtung, was für ein geduldiger Dieb. Und das nur, um dann selbst ausgeraubt zu werden. In meinem Kopf hatten schon alle möglichen Erklärungen begonnen, sich zu formieren. Aber du hast sie mit deiner alle übertroffen. Wunderbar, danke dafür :christmas_tree:

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