An die kreativen Seelen unter Euch…
ich wollte mal ein Thema ansprechen, das mir beim Schreiben oft auffällt: Wortwiederholungen. Es passiert mir regelmäßig, dass ich bei einem bestimmten Wort das Gefühl habe, es gäbe keine passenden Synonyme dafür. Dann sitze ich ewig da, überlege, passe den Text zigmal um, und stelle am Ende trotzdem fest, dass das Wort immer noch viel zu häufig vorkommt…
Freue mich auf eure Erfahrungen!
Hier ein Beispiel …(Auszug)
Der Duft von altem Papier und Leder hing schwer in der Luft, als Elara den Laden betrat. „Antiquariat Nocturnum“ stand in geschwungenen Lettern über dem Eingang, die im Dämmerlicht beinahe zu flüstern schienen. Ein kalter Schauer kroch ihr über den Rücken, als hätte der Name selbst sie berührt, doch ihre Neugier war stärker als das mulmige Gefühl, das sich in ihr ausbreitete.
Drinnen stapelten sich Bücher bis zur Decke, ihre vergilbten Seiten raunten Geschichten von längst vergangenen Zeiten. Das Licht im Laden war schwach, und der Geruch von Staub, Leder und Geschichte schien den Raum wie eine unsichtbare Decke zu bedecken.
Ihr Blick wanderte über die Regale und blieb schließlich an einem Buch hängen, das in einer vergessenen Ecke lag. Der Einband war aus dunkelrotem Leder, matt und vom Alter gezeichnet, aber dennoch verlockend in seiner geheimnisvollen Aura.
Staub wirbelte auf, als Elara es vorsichtig hervorzog, und sie betrachtete die silbernen Lettern auf dem Einband: Nocturnale Erzählungen. Darunter funkelte ein einzelner blutroter Opal, der im schwachen Licht des Ladens unheilvoll schimmerte.
Fasziniert schlug sie das Buch auf, und ihre Finger glitten über die Seiten, die aus einem seltsamen, pergamentartigen Material bestanden, kühl und glatt wie die Haut einer Schlange. Die Schrift darauf war elegant und doch fremdartig, als würden die Worte direkt in ihr Gedächtnis brennen.
„Gute Nacht Geschichten“, flüsterte plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf – tief, verführerisch und bedrohlich zugleich.
Wie ferngesteuert ließ Elara sich in einen abgewetzten Sessel sinken, dessen Samtbezug an den Rändern ausfransend war.
Der Duft von altem Papier und Leder schien die Luft zu beschweren, und das schwache Licht im Antiquariat wirkte, als hätte es sich verdunkelt. Sie blätterte langsam um und las die nächsten Zeilen.
Mit jedem Wort, das sie aufnahm, wurde die Welt um sie herum ein Stück stiller. Der Lärm der Stadt, das entfernte Klappern einer Kasse – all das schien zu verschwinden, als ob das Buch eine unsichtbare Barriere zwischen ihr und der Realität errichtete. Ihre Augen glitzerten über die Worte, und ein unerklärliches Unbehagen breitete sich in ihr aus, als hätte die Geschichte eine Macht, die tiefer reichte als gewöhnliche Fiktion.
Warum wirkte es so stark auf mich, fragte sie sich, und ihre Finger klebten förmlich an den Seiten. Das Buch hatte etwas Unerklärliches, etwas, das sie tiefer hineinschloss, ihre inner Stimme rief in ihr, sie solle aufhören.
Doch konnte sie das wirklich? Wollte sie es?
Je weiter sie las, desto mehr veränderte sich die Atmosphäre um sie herum. Der Raum schien sich zu verschieben. War es kälter geworden?
Elara rieb sich die Arme, doch die Kälte wich nicht. Ein leises Kribbeln wanderte über ihren Nacken, als ob ein unsichtbarer Hauch über ihre Haut streifte. Sie hielten inne, lauschte, doch der Raum war still. Nur ihr eigenen Atem war zu hören – viel zu laut und unnatürlich kam es ihr vor.
Ein Teil von ihr wollte das Buch zuklappen, doch etwas in ihr hielt sie zurück.
War es die Geschichte?
Die Geschichte von Lilith – das Mädchen, das dem Schattenmann begegnete – es schien nicht nur Worte auf Papier zu sein. Elara spürte, wie sich die Grenze zwischen den beschriebenen Ereignissen und ihrer eigenen Wirklichkeit auf seltsame Weise verwischte. Mit jedem Satz, den sie las, wurde es schwierig, die Distanz zu wahr.
Sie blinzelte und blickte auf, wollte sich vergewissern, dass sie noch im Buchladen war, doch die vertraute Umgebung wirkte fremd. Die Schatten in den Ecken der Regale wirken tiefer, dichter, als würden sie sich um sie zusammenziehen. Der Raum schien lebendig, als ob das Buch nicht nur eine Geschichte erzählte, sondern einen Weg öffnete – ein Tor, durch das sie unweigerlich hindurchging.
Elara konnte den kalten Hauch des Waldes förmlich spüren, in dem Lilith umherirrte. Es war, als stünden die Schatten des Buches nun dicht hinter ihr, bereit, sie in ihre eigene Welt zu ziehen. Ein Zittern durchlief ihren Körper, doch sie konnte nicht aufhören zu lesen. Ihre Finger blieben auf den Seiten, ihre Augen fixierten die Worte, die jetzt fließender, schneller kamen, als würden sie ihr ins Ohr flüstern.
Ihre Umgebung begann zu verschwimmen, und mit einem Mal war sie nicht mehr sicher, ob sie noch im Laden saß – oder bereits in der Dunkelheit der Geschichte gefangen war.
Und so begann sie zu lesen…
Die erste Geschichte trug den Titel „Der Kuss des Schattenmannes“.
Die Worte flossen über die Seiten wie flüssige Schatten, sie malten Bilder in Elaras Kopf, die so lebendig waren, dass sie den kühlen Hauch des Waldes auf ihrer Haut spüren konnte. Sie las von Lillith, einem Mädchen mit rabenschwarzem Haar und Augen so blau wie die tiefste Nacht, das sich im verbotenen Wald verirrt hatte.
Elara hielt den Atem an, als Lillith dem Schattenmann begegnete – einer Kreatur aus reiner Dunkelheit, die in den Schatten des Waldes lauerte und deren Anwesenheit die Luft gefrieren ließ.
Und dann kam der Kuss.
Elara spürte, wie ihre eigenen Lippen kalt und taub wurden, als ob der Schattenmann auch sie geküsst hätte. Eine eisige Kälte breitete sich in ihr aus, scharf wie die Eiskristalle eines Wintersturms, und doch lag darunter eine brennende Sehnsucht, die sie nicht verstand.
Ihr Herz raste, ihr Atem stockte, als die Worte auf den Seiten sie tiefer und tiefer in die düstere Erzählung zogen. Sie konnte sich nicht losreißen, als hätte der Mann auch sie in seinem Bann.
Lilith, gezeichnet von dem Kuss des Schattenmannes, war nun nicht mehr dasselbe Mädchen. Sie irrte als Wesen der Nacht durch den Wald, ihre Sinne geschärft, ihre Wahrnehmung verformt. Wo früher Blätter raschelten, hörte sie nun das Flüstern der Geister. Wo früher Sonnenstrahlen den Boden erhellten, sah sie nur noch die verschlungenen Pfade der Schatten.
Der Kuss des Schattenkönig war kein einfacher gewesen.
Es war ein Akt der Verführung und der Besitznahme, der sie unwiderruflich verändert hatte. Nun konnte Lilith die dunkelsten Ängste und verborgensten Wünsche der Menschen sehen – und sie begann, sich an dieser Macht zu berauschen.
Elara las weiter, gefangen in der Geschichte, während die Grenze zwischen Fiktion und Realität immer mehr verschwamm. Der Vater der Schatten, der Wächter der Dunkelheit, führte Lilith zu einem einsamen Haus am Rande des Waldes. Drinnen schlief ein junger Mann, gequält von Albträumen, die ihn verfolgten. Lilith, getrieben von ihrer neuen Macht, schlich sich in sein Zimmer, schwebte an sein Bett und sah in seine Träume hinein.
Doch statt ihn mit Angst und Schrecken zu erfüllen, beugte sie sich über ihn und küsste ihn – nicht mit der Kälte des Schattenmannes, sondern mit einem Kuss voller Trauer und Mitleid. Ein Kuss, der die Monster aus seinen Träumen Vertrieb und ihn in einen tiefen, friedlichen Schlaf versinken ließ.
Elara hielt inne. Die Geschichte nahm eine unerwartete Wendung. Lilith, die Kreatur der Nacht, die Dienerin des Schattens, war nicht herzlos. Sie hatte einen eigenen Willen, eine eigene Moral, die im Widerspruch zu den dunklen Mächten stand, denen sie scheinbar diente.
Der Schattenmann war kein einfacher Bösewicht. Er war ein Hüter des Gleichgewichts, ein Wächter zwischen Licht und Dunkelheit, der die Geheimnisse der menschlichen Seele kannte. Und er hatte Lilith als seine Gefährtin erwählt, um ihm bei seiner düsteren Aufgabe zu helfen.
Elara spürte, wie ein kalter Luftzug durch das Geschäft wehte und ihr die Nackenhaare aufstellte. Die Geschichten schienen die Realität um sie herum zu beeinflussen, als ob die Dunkelheit, die von den Seiten ausging, sich in den Raum selbst ausbreitete.
Das Buch schien mehr zu sein als nur ein Sammelsurium von Erzählungen.
Es war ein Tor – ein Übergang zu etwas Größerem, etwas Unheimlicherem.
Und Elara spürte, wie sie immer tiefer in dessen Bann gezogen wurde.
Die Luft um sie schien schwerer zu werden, dichter und durchdrungen von der Geschichte, die sie las. Ihre Finger strichen über die glatten Seiten, als wären sie nicht nur aus Pergament, sondern aus lebendiger Haut – kühl, weich, verführerisch. Jeder Buchstabe fühlte sich an, als würde er sich in ihr Herz einbrennen, die Worte zogen sie tiefer in die Erzählung, ließen sie alles um sich herum vergessen - es zog sie immer tiefer in die Seiten.
Lillith und der Schattenmann – eine unheilvolle Verbindung. Die Finsternis um sie herum wurde immer dichter, und doch war da etwas Unerklärliches, eine Verlockung, der sie nicht widerstehen konnte. Es war, als ob die Geschichte selbst sie berührte, unsichtbare Finger, die über ihre Haut strichen und ihr ein kaltes, prickelndes Gefühl hinterließen. Ein Gefühl, das sich bis tief in ihren Bauch zog.
Lilith war nicht länger die unschuldige Wanderin, die sich verirrt hatte. Sie war ein Geschöpf der Nacht geworden, erweckt von den düsteren Händen des Schattenmannes. Und dieser hatte sie nicht nur verwandelt, sondern auch mit einer Macht ausgestattet, die über das Menschliche hinausging. Elara spürte, wie sich eine merkwürdige Kälte in ihren eigenen Adern ausbreitete, als ob auch sie von den Schatten berührt wurde.
Plötzlich spürte sie es – als ob jemand hinter ihr stand. Ihr Atem stockte. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen. Ihre Augen waren noch auf die Seite des Buches gerichtet, doch sie sah die Worte nicht mehr. Alles, was sie wahrnahm, war die Präsenz, die unerbittlich näher rückte. Der Raum schien sich zusammenzuziehen, und mit jedem Atemzug fühlte sie die Kälte deutlicher, wie ein Schleier aus Eis, der sich um sie legte.
Und dann, ein Hauch an ihrem Nacken. So leicht, dass sie sich nicht sicher war, ob sie es sich nur einbildete. Doch das Prickeln, das über ihre Haut fuhr, ließ keinen Zweifel zu.
Er war da.