Hi Gang, der nachfolgende kurze Textauszug soll bis zum Klimax der Frage des kleinen Jungen am Ende Suspense aufbauen. Würde gerne wissen, ob das gelungen ist. Ich habe das Ding jetzt mehrfach durch und bin inzwischen betriebsblind. Vielen Dank im voraus.
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Der Morgen hing wie ein nasser Sack über den Feldern, als der Anruf kam. Anna spürte den Druck des Telefonhörers im Fleisch ihrer Hand, eine kalte Verbindung zu einer Stimme, die kein Mitleid kannte. „Sofort kommen. Ihr Mann…“ Die Worte blieben stecken, als hätte der Apparat den Rest verschluckt. Sie legte auf, ohne zu fragen. Fragen kosteten Zeit, und Zeit war jetzt ein Tier, das sich zwischen ihren Rippen festkrallte.
Max saß bereits im Truck, die Beine baumelnd über dem Sitz, die Hände um einen zerbeulten Traktor aus Blech gepresst. Sein Atem malte Kreise auf die Scheibe. „Wann sind wir da, Mama?“ Er kannte den Weg nicht, aber er kannte die Stille nicht, die seine Mutter umgab wie ein Panzer. Anna startete den Motor. Das Knurren des Diesels verschlang jedes andere Geräusch.
Die Straße schlängelte sich durch die Niederungen, vorbei an Äckern, die im Nebel erstickten. Karl hatte diese Erde immer seine dritte Hand genannt. Jetzt lag sie brach, als hätte sie ihn vergessen. Anna biss sich auf die Lippe, bis sie Eisen schmeckte. Sie dachte an seine Hände, an die Narben, die die Maschinen ihm eingebrannt hatten. An den Abend, als er lachend gesagt hatte: „Ein Landwirt stirbt mit den Augen offen.“
Im Krankenhaus roch es nach Chlor und Angst. Die Lichter flackerten über Linoleum, das aussah wie gehärtetes Eis. Eine Schwester mit Augen wie Reißzwecken führte sie durch Gänge, die sich endlos teilten. Irgendwo, zwischen zwei Türen, die nach Metall und Sterilisation rochen, blitzte ein Satz auf: „…wenn das länger als…“ – eine fremde Stimme, abgeschnitten vom Zischen einer Reinigungsmaschine. Max zuckte nicht. Doch seine Augen, blau wie Karls Overall, weiteten sich einen Herzschlag lang.
Vor der Glastür blieb die Schwester stehen. „Nur einen Moment.“ Ihr Lächeln, steril. Anna sah durch das Fenster. Ein Gewirr aus Schläuchen, Monitoren, die in grünen Linien flüsterten. Karls Gesicht lag unter einem Netz aus Kabeln, blass wie die Wand hinter ihm. Seine Brust hob sich nicht.
Max beobachtete die Schwester, wie sie einen Stift hinter ihrem Ohr hervorzog und etwas in ein Chart kritzelte. Er sah, wie der Arzt im Zimmer nebenan die Hände über einem Bett faltete, als bete er zu den Maschinen. Er hörte das Zischen der Beatmungsschläuche, die seinem Vater ins Gesicht krochen wie gläserne Schlangen. Und er spürte, wie seine Mutter neben ihm erstarrte – steifer als der Pfosten, an den Karl ihn letztes Jahr geschnallt hatte, als der Sturm kam.
Dann presste er die Nase an die Scheibe. Sein Atem beschlug das Glas, ein kleiner Kreis, durch den er hindurchstarrte. „Mama“, sagte er, und seine Stimme war ein Splitter in der Stille. „Was ist Koma?“
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