Hallo @Schreibmöwe
Mach ich auch, allerdings umgekehrt. Im Prolog lasse ich meine Protagonistin 50 Jahre nach den Ereignissen, die im Roman beschrieben werden, nach Hause kommen, um einen ihrer Freunde von damals zu begraben (wer, wird bis zum Epilog nicht verraten). Bereits als sie durch das Dorf ihrer Kindheit wandert, kommen immer wieder Bruchstücke ihrer Erinnerung hoch, aber dann passiert folgendes:
Ich trete durch die offene Tür in das kalte Dunkel der Halle. Vor mir, schon vom Eingang sichtbar, ein schlichter Sarg aus hellem Holz, Buche vielleicht oder Eiche, daneben zwei Kerzen auf hohen Ständern und dazwischen ein einziger Kranz mit einer Schleife, auf der drei Namen stehen. Einer davon ist meiner.
Ich trete näher, die paar Menschen, die am Rand sitzen, nehme ich kaum wahr. Dann wieder der Schmerz im linken Knie, aber diesmal bleibt er nicht dort, schießt durch das Becken hoch in den Brustkorb und explodiert in meinem Herzen.
Ich knicke um, zwei Arme fangen mich auf, halten mich von hinten, ein weiteres Paar Arme umarmt mich von vorne und ich stehe zwischen diesen beiden Männern, die ich so gut kenne und doch nicht. Nicht mehr, denn als wir uns das letzte Mal trafen, waren wir noch Kinder. Aber ich weiß, nun kann ich nicht mehr fallen und wenn, dann nur wie ein Löffelchen in ein anderes. Aber wo ist das dritte Paar Arme, das vierte Löffelchen? Wo?
In diesem Sarg, ja, ich weiß doch. Lasst nur, Freunde, ich kann alleine stehen. Es ist nichts, nur dieses Knie, das dumme Knie einer alten Frau, die nicht alt ist, nur halt schon ein bisschen länger jung, so wie ihr zwei. For ever young, but out of this place.
Dann weine ich.
Denn plötzlich ist alles wieder da und alles auf einmal, alles, was damals geschah. Zwar nicht in chronologischer Ordnung, das kommt erst später, sondern mehr eine Art tableau vivant, auf dem alles, was passierte, zugleich zu sehen ist, wie der Teppich von Bayeux: in strahlender Klarheit und schmerzhafter Schärfe.
Und dann beginnt die eigentliche Geschichte.