Zeitsprung

Moin zusammen,

was haltet ihr eigentlich von einem Zeitsprung?

Also das man eine Geschichte meinetwegen mit dem Datum „18. Oktober 1986“ oder „Zehn Jahre vorher“ beginnt und dann hinterher in einer weiteren Szenerie zehn Jahre vergangen sind.

Beispiele, ohne jetzt genau auf den Satz zu achen:

  • Herbert hatte nicht die leiseste Ahnung, das er heute, am 18. Oktober 1986 sein Ende finden würde. (…)
  • Zehn Jahre zuvor: Herbert hatte nicht die leiseste Ahnung, das er heute sein Ende finden würde.

Und dazu dann eine Szenerie (wie im Beispiel) zehn Jahre später:

  • Dieser 21. Oktober 1996 war einer der stürmischsten Tage, die Kalle je erlebt hatte.
  • Zehn Jahre Später: Für Kalle war es einer der stürmischsten Tage, die er je erlebt hatte.

Ich wollte in einer Geschichte am Anfang diesen Zeitsprung einbauen, damit der Leser eine Ahnung davon bekommt, was in jener Nacht oder an jenem Tag passierte.

LG
Die Schreibmöwe :blush:

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Hi Schreibmöwe, das kann man so machen. Ist in Thrillern häufig geübte Praxis. Eine Szene in der scheinbar gut und böse klar sind, dann folgt 10 Jahre später der Rachefeldzug o.ä., denn mit gut und böse verhält es sich schließlich ganz anders als zunächst suggeriert.

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Hallo @Schreibmöwe

Mach ich auch, allerdings umgekehrt. Im Prolog lasse ich meine Protagonistin 50 Jahre nach den Ereignissen, die im Roman beschrieben werden, nach Hause kommen, um einen ihrer Freunde von damals zu begraben (wer, wird bis zum Epilog nicht verraten). Bereits als sie durch das Dorf ihrer Kindheit wandert, kommen immer wieder Bruchstücke ihrer Erinnerung hoch, aber dann passiert folgendes:

Ich trete durch die offene Tür in das kalte Dunkel der Halle. Vor mir, schon vom Eingang sichtbar, ein schlichter Sarg aus hellem Holz, Buche vielleicht oder Eiche, daneben zwei Kerzen auf hohen Ständern und dazwischen ein einziger Kranz mit einer Schleife, auf der drei Namen stehen. Einer davon ist meiner.
Ich trete näher, die paar Menschen, die am Rand sitzen, nehme ich kaum wahr. Dann wieder der Schmerz im linken Knie, aber diesmal bleibt er nicht dort, schießt durch das Becken hoch in den Brustkorb und explodiert in meinem Herzen.
Ich knicke um, zwei Arme fangen mich auf, halten mich von hinten, ein weiteres Paar Arme umarmt mich von vorne und ich stehe zwischen diesen beiden Männern, die ich so gut kenne und doch nicht. Nicht mehr, denn als wir uns das letzte Mal trafen, waren wir noch Kinder. Aber ich weiß, nun kann ich nicht mehr fallen und wenn, dann nur wie ein Löffelchen in ein anderes. Aber wo ist das dritte Paar Arme, das vierte Löffelchen? Wo?
In diesem Sarg, ja, ich weiß doch. Lasst nur, Freunde, ich kann alleine stehen. Es ist nichts, nur dieses Knie, das dumme Knie einer alten Frau, die nicht alt ist, nur halt schon ein bisschen länger jung, so wie ihr zwei. For ever young, but out of this place.
Dann weine ich.
Denn plötzlich ist alles wieder da und alles auf einmal, alles, was damals geschah. Zwar nicht in chronologischer Ordnung, das kommt erst später, sondern mehr eine Art tableau vivant, auf dem alles, was passierte, zugleich zu sehen ist, wie der Teppich von Bayeux: in strahlender Klarheit und schmerzhafter Schärfe.

Und dann beginnt die eigentliche Geschichte.

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Ich halte es wie Gschichtldrucker - ich beginne den Prolog im Heute und springe zurück in der Zeit, um den Weg dorthin zu zeigen. Aber ich mache mit den Zeitsprüngen weiter, durch das ganze Buch hindurch. Klären sich am Ende alle Fragen (sofern so geplant), funktioniert das gut.

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Ich tendiere auch eher zu „Prolog in der Gegenwart“ und dann geht die Geschichte los, die zu den Ereignissen die im Prolog beschrieben wurden weiter. Am Ende knüpft der Epilog daran an und kann noch etwas darüber hinaus führen.

Ich bin nicht mal sicher, ob ich die Grösse des Zeitsprungs so klar benennen würde. Hängt vielleicht auch vom Genre ab.

Da ein Prolog einen Epilog nach sich zieht und der nicht immer gewollt oder nötig ist stellt sich die Frage, ob es den überhaupt braucht.

Ist das immer so?

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Ich würde da zwischen „Rahmenhandlung“ und „Prolog - Epilog“ unterscheiden.
Es gibt Prologe, die sind sozusagen eine halbe Rahmengeschichte (eventuell sogar mit kleinem „Cliffhanger“), die sollte man dann auch am Ende fertig erzählen, sonst fehlt was. Es gibt aber auch massenhaft Prologe oder Epiloge, die ohne das jeweils andere auskommen.
Ich habe gerade nachgeguckt bei der einzigen mir bekannten Rahmenhandlung außerhalb von Kinderliteratur, die ich wirklich genial, kunstvoll und gelungen finde: die in „Höret die Stimme“ von Franz Werfel. Und war überrascht: Die knapp 40 Seiten Rahmenhandlung am Anfang überschreibt er gar nicht mit „Prolog“, sondern mit „Kapitel 1“ bis „Kapitel 3“. :laughing:

Ich bin nämlich auch der Ansicht, dass sowohl ein Prolog ohne Epilog auskommt als auch umgekehrt. Ich wüsste nicht, dass es dazu Regeln oder Empfehlungen gibt.

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Eine „Regel“ die einen Epilog nach einem Prolog vorschreibt gibt es meines Wissens nicht. Und ich wäre auch mit der Verwendung eines Prologs eher zurückhaltend.

Bei meinem Kinderbuch ist es so, dass ich zuerst den Epilog hatte, weil der einfach sein musste. Und weil er zeitlich versetzt zur Geschichte spielt, erschien mir ein dazu passender Prolog sinnvoll.

Also, es gibt in der Literatur sicher keine Regel ohne Ausnahme. Aber darauf muss ja nicht immer hingewiesen werden, oder?

Ich halt nicht. Wenn der Prolog keinen Epilog nach sich zieht, dann kann man den Prolog einfach „Kapitel 1“ nennen. Und was soll ein Epilog für sich genommen sein? Handlung nach der Handlung? Wozu? Dann kann ich doch gleich ein neues Buch schreiben, oder, und das ist vermutlich in den allermeisten Fällen die bessere Wahl: Weglassen.

@Schreibmöwe ,
ich schreibe gerade einen Prolog in der Vergangenheit. Obwohl ich bereits fast in der Mitte der Geschichte angekommen bin und es eigentlich nicht vorhatte. Doch die Szene ist wichtig für den Ursprung der Geschichte/ des Protagonisten.
Als Leser finde ich, ein solches Mittel erhöht die Spannung und weckt vor allem die Neugier. Denn man weiß gar nichts darüber und möchte verstehen, was es damit auf sich hat. Also: Go!

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Ja, das finde ich auch. Ich mag Prologe nicht.

Tja, ich liebe sie. Sofern sie gut gemacht sind und „passen“. Ich mag hingegen keine allzu „geradlinigen“ Geschichten. Was jetzt ein bisschen vom Thema abweicht, aber nur ein bisschen.

Ich ebenso wenig, was jedoch überhaupt nichts mit Prolog oder Epilog zu tun hat, ob die Geschichten nun geradlinig sind oder nicht. Mein Sardowski ist mitnichten gradlinig, hat aber auch keinen Epilog und schon gar keinen Prolog. Das führt jetzt hier allerdings viel zu weit. Dafür müsste man einen extra Thread aufmachen, aber ich persönlich habe eigentlich nichts mehr substantielles zu Prolog/Epilog beizutragen.