Zeitliche Planung

Das wird jetzt etwas länger und ich entschuldige mich gleich mal dafür, aber ich wüsste nicht, wie ich es sonst anschaulich erklären könnte.

Zur Planung von Geschichten, oft schon, bevor auch nur eine einzige Zeile geschrieben ist, verwende ich gerne die folgende Darstellung. Es ist eine einfache Tabelle mit Grafik (hier in LibreOffice, aber ich denke, in anderen Tabellenkalkulationen geht das genauso). Vorteil ist, dass bei Änderungen der Zeiträume die Balken automatisch mitgeändert werden.

Ich habe mal schnell ein kurzes Beispiel anhand eines historischen Romans entworfen.
Der Roman beschreibt den Zeitraum von 1670 bis 1750. Er umfasst 3 Teile, die am Anfang, der Mitte und dem Ende des Romanzeitraums angesiedelt sind. Dazu gibt es fünf Personen, drei Ereignisse und eine historische Gegebenheit. Stellt euch einfach vor, es wären 50 Personen und Dutzende von Ereignissen.
Mir hilft diese Art der Darstellung, um den Überblick über den Zeitverlauf und die Zusammenhänge zu behalten. So sehe ich auf den ersten Blick, dass der Tod der Königinmutter im letzten Drittel des ersten Teils des Romans stattfindet. Die Belagerung der Burg ist offenbar der Abschluss des zweiten Teils, der wegen der Länge wohl der Hauptteil des Romans ist. Und die Hochzeit der Prinzessin markiert den Beginn des letzten Teils.
Aber ich kann noch (viel) mehr daraus lesen. Der bürgerliche Ritter stirbt während der Belagerung, die Prinzessin wird in diesem Zeitraum geboren. Die Hochzeit findet zu Beginn des Österreichischen Erbfolgekriegs statt; die Hochzeitsgäste könnten sich also darüber unterhalten und ihrer Sorge Ausdruck verleihen. Der bürgerliche Ritter kann (entgegen immer wieder aufkommender Gerüchte ;)) nicht der uneheliche Sohn des Königs sein, die Kammerzofe aber durchaus die Mutter der Prinzessin. Der König bestieg den Thron im zarten Alter von 17 Jahren und bei der Hochzeit war der adelige Ritter bereits doppelt so alt wie seine Angetraute.
Darüber hinaus hilft mir diese Darstellung zur Erkennung von Fehlern. So kann der bürgerliche Ritter nicht Trauzeuge bei der Hochzeit sein und die Prinzessin kann die Belagerung nur aus Erzählungen kennen.
Außerdem ist es möglich, Fehler im Plot schnell auszubügeln. Lasse ich beispielsweise den König ursprünglich 1710 sterben, kann er nicht der Vater der Prinzessin sein. Also verlängere ich einfach seine Lebenszeit um ein paar Jahre.
Klar kann man das sich bei so wenigen Einträgen auch merken, aber wie gesagt, stellt euch einfach vor, es wären viel mehr Personen und Ereignisse.

Dieses Zeittableau ist natürlich nicht auf solche Zeiträume wie hier in diesem Beispiel beschränkt. Es funktioniert auch für viel längere oder kürzere Zeitspannen. Ich kann z. B. eine solche Ansicht für einen bestimmten Tag der Belagerung erstellen und statt Jahreszahlen einfach Uhrzeiten verwenden um dort die (sich überschlagenden) Ereignisse im Blick zu behalten.

So, das wurde jetzt etwas länger, aber vielleicht lest ihr genau so gerne, wie ihr schreibt.

Ich habe nun versucht, diese Art der Darstellung in Papyrus zu integrieren. Aber ich finde kein geeignetes Mittel dafür. Weder das Zeitstrahlfenster noch der Organizer oder das Denkbrett scheinen mir hierfür geeignet. Einzig im Zeitstrahlfenster kann ich eine ähnliche Darstellung erreichen, wenn ich alles als Kapitel anlege, also auch die Lebensspannen der Personen. Allerdings habe ich dann im Text lauter Kapitel, die da nicht hingehören. Vielleicht sehe ich aber vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Oder wie plant ihr solche zeitlichen Abläufe? Macht ihr das überhaupt?

Ja und nein.
Ich bin kein Pro, und habe bis dato auch keine Veröffentlichung vorzuweisen, daher ist dies jetzt einmal meine naiv-unwissende Meinung, zusammengefasst mit besten Wissen und Gewissen.

Insgesamt würde ich sagen, dass jeder seinen ganz eigenen Weg hat Vorplanungen auszuführen und ich glaube daher, dass es niemals ein Produkt geben wird, das alle Planungsmethoden jedes einzelnen zur Gänze unterstützen kann. Das Produkt wäre wohl zu weitreichend, unterschiedlich und dann auch irgendwann zu kompliziert.
Ich denke daher, dass sich jeder auf irgendeine zweite - für seine Belange spezialisierte - Lösung stützt und ich glaube fest daran, dass das auch gar nicht schlimm ist ^^

Theoretisch könnte ich fragen, was daran so schlimm ist, dass du die verschiedenen Ereignisse etc tatsächlich schon als Szenen / Ereignisse planen müsstest, da ja wahrscheinlich ein Großteil der obigen Punkte sowieso an den entsprechenden Stellen als Szenen/Ereignisse vorkommen wird und der Rest ja als Mumien, Ereignistext oder Szenentitel im Verlauf der Geschichte “mitschwimmen” könnte.
Praktisch ist es aber deine Art zu planen und wenn du die Szenen-Struktur nicht anhand deiner Planung aufbauen willst, ist das eben dein Planungsweg.

Ich bin im Fantasy-Bereich unterwegs und meine Geschichten stellen einen eher übersichtlichen Zeitabschnitt dar, bei mir liegt der Fokus daher eher auf Weltenbau. Meine bis dato präferierte Lösung ist ein XAMPP mit einem MediaWiki, weil ich damit sehr einfach unterschiedliche Dinge in einen Kontext bringen kann. Natürlich bin ich immer wieder verleitet, das irgendwie in Papyrus abzubilden und ein paar Dinge habe ich auch nach Papyrus geschoben (Charaktere, Orte und Dinge, wie Maßeinheiten, Titel, Pflanzen) aber so Dinge wie Kultur, Religion, Kastensystem etc pp definiere ich doch weiterhin im Wiki.

Hallo ThAchi,
Respekt, Gantt-Diagramme sind relativ schwer herzustellen, besonders in Deiner Darstellung. Selbst in Excel benötigt man Klimmzüge, um das optisch so hinzubekommen. Das ist m.E. so in PA nicht realisierbar. Die Tabellen hier sind relativ einfache Konstrukte; man kann zwar auch Formeln eingeben, aber an eine Tabellenkalkulation kommt das nicht heran. Wenn Du alle Daten zu Personen stehen hast, kannst Du die doch entweder aus LO als PNG exportieren und dann in PA als Schaubild einfügen oder aber Du erstellst mit den Ergebnissen der Daten eine einfache Tabelle, die nur das Diagramm wiedergibt. Ich gehe z.B. so vor, wenn ich sehen will, ob und wie lange sich Lebesnalter von Personen im Alrtertum überschnitten haben. Mit speziellen Gantt-Programmen geht das nicht aufgrund der Datumsgrenzen (wäre m.E. auch mit “Kanonen auf Spatzen” geschossen); die Prozedur mit einem Tabellenkalkulation Programm wäre mir dafür zu aufwendig - es sei denn, die Vorlage wäre immer verwendbar.

Hier noch eine Exceldatei - falls einer damit arbeiten möchte.

Roman-Gantt.xlsx.zip (59.5 KB)

Brauchst Du die Tabelle?

Ansonsten kannst Du für jede Person einen Strang im Zeitstrahl einrichten und eine Szene der entsprechenden Länge eingeben.

Der einzige Nachteil ist, dass Du am Anfang oder Ende Deines Textes eine Seite mit den Dummy-Szenen stehen hast. Dafür kannst Du aber mit den Geburts- und Sterbedaten beliebig genau werden. Beide siehst Du, wenn Du mit dem Mauszeiger über eine Szene fährst.

HAllo Füllwort,

wäre toll, wenn Du die Tabelle einstellen könntest. Da ich mich gerade in PA einarbeite, wäre dies äußerst hilfreich.

Mir geht es genauso. Obwohl ich (gefühlt) dauernd etwas schreibe, habe ich noch nichts veröffentlicht. Zu viel beschäftigt durch normales Leben. :wink:

Ich verwende auch ein Wiki, allerdings bevorzuge ich DokuWiki. Ist im Prinzip das gleiche, hat aber ein paar nette Plugins und braucht keine Datenbank. Entscheidend für mich ist, dass ich die Eingabetaste zur Zeilenschaltung verwenden kann. Dialoge sind echt mühsam, wenn man entweder zwei mal Enter drücken oder jede Zeile mit \ beenden muss. Außerdem gibt es da den hübschen Baum in der Sidebar (siehe Bild unten).

Musste erst einmal nachschauen, was ein Gantt-Diagramm genau ist. :smiley: Die Tabelle mit der Grafik ist aber ganz einfach zu erstellen. Da sind nur wenige Schritte notwendig. Meine Vorlage enthält nur Start und Ende, alle Zeilen, die man dazwischen einfügt, werden automatisch in die Grafik eingefügt. Wenn das jemand brauchen kann, ich mache gern mal bei Gelegenheit eine kleine Anleitung.

Das wäre in der Tat hilfreich, wenn du die Pap-Datei hier hochladen könntest. Das sieht doch erfolgversprechend aus.

Das ist der Beweis: Hemingway gilt auch für Forenbeiträge.

Laß’ mich noch mal neu formulieren: Wenn Du die Tabelle nicht (!) brauchst, kannst Du den Zeitstrahl nehmen und das Ergebnis sieht aus wie oben.

Brauchst Du die Tabelle, mußt Du sie separat anlegen und natürlich pflegen. Das erfordert dann etwas Disziplin. Speziell, wenn die Besetzungsliste länger wird.

Was nicht geht: Der Zeitstrahl kann nicht die Einträge aus der Tabelle direkt übernehmen und umgekehrt.
Sorry für die Verwirrung.

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Manchmal sitze ich echt auf dem Schlauch. Klar, so geht das! Vielen Dank für den Hinweis. Und die Tabelle brauch(t)e ich ja nur, um die Grafik zu erstellen.

Da mache ich doch gleich einen (Verbesserungs-)Vorschlag draus: Entweder beim Einfügen von Szenen erlauben, diese **nicht **in den Text einzufügen, oder, noch besser, eine neue *Kategorie *im Zeitstrahl-Fenster, die keinen Einfluss auf den Text hat (Neuer Zeitraum?).

Da ich mit dem Zeitstrahl überhaupt nicht klarkomme, würde ich das Denkbrett dafür nehmen. Da habe ich zwar keine zeitlichen Automatismen und muss mich selbst um eine Skala kümmern, aber ich kann auch jederzeit war dranschreiben. Okay, das ist ne faule Methode. Aber an dem Zeitstrahl habe ich mir schon so die Finger verbogen… Der muss erst mal warten. :slight_smile: Übrigens habe ich mir einen Stammbaum im Denkbrett angelegt. Die grünen Linien sind immer 10-Jahres-Abschnitte. (Unwichtige Mini-Stammbäume habe ich oben bei den 70-Jährigen untergebracht und nicht eingepflegt. Diese Nebenfiguren sind nur der Vollständigkeit halber dabei.) Ich hatte sie hier irgendwo schon mal gepostet, aber ich weiß nicht mehr wo. Ich hänge das Bild hier einfach nochmal dran.
Stammbäume.jpg
Das ist aber eine Ist-Situation, keine Zeitspanne. So alt sind meine Protagonisten während der Handlung. Man sieht, ich habe auch zwei Kleinkinder im Roman.
Theoretisch könnte man da ja auch Lebensabschnitte eintragen. Und Ereignisse. Alles machbar. Und man hat die Freiheit, die man im Zeitstrahl nicht hat.

War jetzt mal als alternativer Vorschlag gemeint. :kissing::slight_smile:

Liebe Grüße,
Vroni

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Ich mache solche Dinge ehrlich gesagt meistens einfach auf Papier. Wird das Bild (durch Ausstreichungen, Dazugekritzel usw.) unleserlich, zeichne ich es neu. Nicht sehr praktisch, aber ich denke mit dem Stift auf Papier intensiver, und dadurch wird es letztlich doch wieder praktisch.

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Das nutze ich auch, aber für ganz andere Sachen. Da versuche ich, meine wirren Gedanken zu ordnen. :slight_smile:

Interessanterweise mache ich die ersten Planungen auf einem Whiteboard (echte Tafel aus Metall mit Filzstiften und Schwamm). Wenn das vollgekritzelt ist, mache ich ein Handyfoto und wische alles weg. Und ich habe immer ein Notzibuch (aus Papier) bei mir und einen Bleistift. Zu groß ist die Sorge, einen genialen Einfall zu haben und ihn wieder zu vergessen. Ist echt toll, dass “the master himself” auch noch mit Papier und Stift zugange ist.

Gruß
ThAchi

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