Fragen in diesen Themenkomplexen will ich gerne beantworten. Könnte für Science-Fiction-Autoren interessant sein… (bin ja auch selber einer und merke, wie sehr das Backgroundwissen hilft …)
Kannst Du mal bitte den Stand der Technik der Brauchbarkeit des Strahlenschutzes auf einer Mars-Expedition umreißen? Wäre es mittlerweile machbar, mit vertretbar geringen Strahlenschäden zum Mars zu fliegen, nachdem man den Schutz des Erdorbits verlassen hat?
gerade in den letzten Jahren hat man durch die letzten Marsmissionen eine etwas bessere Datengrundlage und weiss, welche Belastungen auf die Astronauten zukommen würden. Der 180 Tage dauernde Hinflug des Marsrovers Curiosity hat eine Strahlenbelastung von 300 Millisievert ergeben. Das ist etwa fünf mal mehr als Astronauten in derselben Zeit auf der ISS abbekommen, 15 mal mehr als Arbeitern in den USA in Atomkraftwerken jährlich als Limit zugestanden wird und entspricht etwa 24 Computertomographien mit Röntgengeräten.
Die Strahlung setzt sich aus der kosmischen Strahlung und den Partikelströmen der Sonne zusammen. Spezielle Abschirmungen wird man nicht nutzen können, da sie das Raumschiff zu schwer machen würden. Eine Gefahr stellen jedoch solare Protonenausbrüche dar, die kurzzeitig eine sehr viel höhere Dosis zum Raumschiff schleudern könnten. Dafür braucht man auf jeden Fall einen Schutzraum im Raumschiff. Wasser schirmt ganz gut dagegen ab und darum gibt es die Idee, die Wasservorräte, die man eh mitnehmen muss, in einem Modul des Raumschiffes in den Außenwänden zu verstauen.
Auf dem Mars selbst müsste man sich eingraben, da das schwache Magnetfeld und die dünne Atmosphäre kaum vor Strahlung schützt. Früher hat man angenommen, dass eine kleine Schicht Marsdreck als Schutz ausreicht, aber kürzlich hat man herausgefunden, dass hochenergetische Partikel beim Auftreffen auf den Marsboden Gammastrahlen entstehen lassen. Darum müsste man sich mindestens einen Meter tief einbuddeln.
Ansonsten werden Astronauten die höhere Belastung von etwa 1 Sievert über Hinflug, Aufenthalt und Rückflug einfach akzeptieren müssen und auch das erhöhte Krebsrisiko (etwa 5% über die restliche Lebenszeit). Wahrscheinlich würde man für eine Marsmission eher ältere Astronauten nehmen, die ausserdem ihre Familienplanung schon abgeschlossen haben.
Nein, Kontamination bzw die Aktivierung von Materialien können nur durch Neutronen hervorgerufen werden, die in der Weltraumstrahlung wegen ihrer kurzen Lebenszeit nicht vorkommen. Wasser ist im übrigen auch selbst von Neutronen nicht gut aktivierbar.
Ob Sandwich oder nicht, es kommt alleine auf die Dicke des Materials an zwischen dem Astronauten und der Strahlenquelle, inwiefern die Strahlung absorbiert wird (Attenuation). In Zusammenhang mit der kosmischen Strahlung, die teilweise aus sehr hochenergetischen Partikeln besteht, ist die Raumschiffhülle sogar Kontraproduktiv. Einzelne hochenergetische Teilchen werden dort aufgebrochen und ein ganzer Schauer aus niederenergetischen Teilchen ergiesst sich auf die Astronauten.
Die Wahl der richtigen Materialien ist bei der Wahl der Abschirmung von entscheidender Bedeutung, da jedes Material anders auf Strahlung reagiert. Das wird im Raumschiffbau ebenso wie in der Reaktortechnik mit sogenannten Monte-Carlo-Simulationen wie MCNP-X oder GEANT4 simuliert. In der Praxis hat man bei der Konstruktion des Raumschiffes aber wenig Handhabe, da auf leichte, verfügbare Werkstoffe (hauptsächlich Aluminium) zurückgegriffen werden muss. Eventuell kann man lediglich zwischen einigen Legierungen wählen. Die Auswirkung auf die engültige Strahlenbelastung während der kompletten Mission dürfte sich dabei unter 10% bewegen.
Es gibt Überlegungen, ein Magnetfeld um ein Raumschiff zu legen, um geladene Teilchen abzulenken. Da die dafür benötigten Energien im Megawattbereich liegen, müsste man allerdings sein eigenes Atomkraftwerk zum Mars mitschleifen.
Weltraummüll ist vor allem in der Erdumlaufbahn ein Problem. Vom Totalausfall zweier zusammenstoßender Satelliten bis zu kleinen Kratern in Shuttle-Fenstern hat es schon alles gegeben. Selbst in Raumanzügen hat man schon Einschlagspuren kleinster Partikel gefunden - bisher zum Glück ohne Auswirkungen für die Astronauten. Die ISS-Module schützen sich durch Mikrometeoritenschilde in Sandwichbauweise. Eine erste Schicht soll auftreffende Teilchen fragmentieren und die dahinterliegenden Schichten die kleineren Teilchen dann stoppen. Auch muss die ISS regelmässig größeren Trümmern (> 1-10cm) ausweichen, die man von der Erde aus mit dem Radar verfolgen kann.
Für Missionen jenseits des Erdorbits macht man sich eher weniger Sorgen, da die Partikeldichte im interplanetaren Raum sehr gering und eine Kollision unwahrscheinlich ist. Bisher sind meines Wissens keine Beschädigungen irgendwelcher Sonden bekannt.