Wissensgebiete Matthias Wenzel

So. Endlich mal die Muse gefunden, mich hier einzutragen. Was könnte hilfreich sein für Kollegen?

Vom Beruflichen her: Netzwerkadministrator, spezialisiert auf Microsoft-Serversysteme. Da allerdings schon etwas eingerostet, leider nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Ich bin irgendwo 2012 stehengeblieben. :wink:

Vom Privaten her:

  • Religions/Kirchengeschichte Islam, Christentum, ein wenig auch die anderen. 12 Punkte

  • Feuerwaffen aller Art vom frühen Vorderlader bis zu modernen Systemen (kaum praktische, aber viel, viel theoretische Erfahrung aus Recherchegründen) 14 Punkte

  • Geschichte. Schwerpunkthemen:

    • Bronzezeit 10 Punkte
    • Hallstatt/Latenezeit (keltische Geschichte) 11 Punkte
    • Römische Antike 13 Punkte
    • Völkernwanderungszeit rudimentär 8 Punkte
    • Frühmittelalter (Merowinger/Karolinger, etwas weniger Ottonen) 14 Punkte
    • Hoch- und Spätmittelalter (Wie beim Frühmittelalter mehr bezogen auf alltägliches, also wie lebten die Menschen, soziale Strukturen, alltägliche Gegenstände, weniger “Welcher König hat wann was gemacht”, wobei auch da basales Wissen vorhanden ist) 13 Punkte
    • Kreuzzüge (Schwerpunkt die frühen, 1.-3. Kreuzzug) 14 Punkte
    • Napoleon 12 Punkte
    • Europa, Geschichte und Politik in der Neuzeit/Moderne, Schwerpunkt ca. 1870-1945. 12 Punkte
  • mittelalterliche Waffen jeglicher Form 10 Punkte

  • Etwas spezialisiert: Archäologische Buntmetallfunde. Ich restauriere selbst, auch für ein Museum, vor allem frühmittelalterliches. Wenn also jemand wissen möchte, welche Art Fibeltracht und Kleidung im 5. Jhdt. n.Chr. von einfachen Leuten bis zum Adeligen getragen wurde, bin ich euer Mann. :smiley: Oder wenn ihr auf dem Flohmarkt oder beim spazierengehen irgendetwas undefinierbares altes aus Metall findet. 14 Punkte

  • Computerspiele. Ja ich weiss, passt gut zu den sonstigen Themen. 15 Punkte :wink:

Sonst fällt mir auf Anhieb nicht viel ein. Höchstens aktuelle Politik, immer bezogen auf geschichtlichen Hintergrund. Also z.B. für Fragen wie “Warum war die Krim für Russland so wichtig, deiner Meinung nach” oder “Warum sind die arabischen Staaten und Isreal so verfeindet” etc. ca. 10 Punkte

Edit: Punkte vergessen :slight_smile:

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Toll.

Sag an, Matthias, mit den Kanonen so um 1500 rum*, hat man da mit Steinkugeln geschossen?
Wenn ja, wie hat man die so rund gekriegt? Gab’s dafür einen eigenen Berufszweig?

Und hat man dieselben Kanonen damals auch für Böllerschüsse verwendet, also ohne Kugel, einfach so zum Angstmachen, Wichtigtun, Feiern oder so, oder taugten die dafür nicht?

*Speziell meine ich diejenigen, die von den Spaniern/Kastiliern zu dieser Zeit verwendet wurden, nicht zuletzt in der Neuen Welt.

Huhu.
Ja, da hat man noch mit Steinkugeln geschossen, wobei Blei schon wesentlich weiter verbreitet war. Standardisierte Kaliber gab es damals noch nicht, aber man war schon weg von den spätmittelalterlichen ersten Gehversuchen. In der Zeit hatten sich auch schon (Ende 15. - Anfang 16 Jhdt.) Quasi-Standards eingebürgert, um Kanonen verschiedener Kaliber zu bezeichnen (Wobei die je nach Land und Manufaktur variieren konnten). Gängige Bezeichunngen waren da z.B. das Falkonett (zwischen 1-3 Pfund Kugeln), Falkaunen, Feldschlangen, etc.
Wie gesagt war da Blei schon wesentlich verbreitet, eine gute Quelle zu den gängigen Kalibern zu der Zeit ist z.B. das Wrack der Mary Rose (Anfang 1500 rum gebaut und wenn ich mich richtig erinnere, in den 1540er Jahren gesunken).
Steine wurden meist wenn, dann in Bleikugeln eingegossen, um Material zu sparen (eine Praxis die sich bis in napoleonische Zeiten bei Vorderladern gehalten hat, allerdings dann eher mit Eisenkernen).
Steine wurden hauptsächlich nur noch von grössern Kalibern und Mörsern verschossen, die ballistischen Eigenschaften von Blei waren einfach besser (Eisenkugeln wurden zu der Zeit kaum verwendet, die kamen erst um 1600 rum auf, bzw. kurz vorher).
Die Kanonenentwicklugn war also schon weit fortgeschritten, aber noch nicht wirklich standardisiert. Die Technologien und Praxis hat sich allerdings Europaweit immer schnell ausgebreitet, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, was z.B. Kolumbus auf seinen Schiffen dabei hatte, ich weiss aber, das z.B. Falkonette aus der Zeit gerade in Amerika noch bis im 18 Jhdt. als Festungsgeschütze gedient haben, während sie in Europa schon längst aussortiert wurden, weil z.B. gerade die Preussen und vorher die Schweden unter Gustav Adolf (im 30jährigen Krieg) schwer standardisiert haben.

Insofern kann ich dir leider zu Genueser/spanischen Bewaffnung nicht viel sagen, ausser das ich davon ausgehe, dass diese sich nicht wesentlich von englischer oder französischer Unterschied.

Die Kanonen waren aber definitiv weit genug, aber noch nicht verbreitet genug, um auch als Abschreckungswaffe oder als Salutgeschütze dienen zu können. Was erstaunlich ist. Die älteste je in England gefundene, datierbare Kanonenkugel ist eine Falkonettkugel mit 1 1/2 Pfund aus Blei, die in einer Schlacht um 1460 rum verwendet wurde. 50 Jahre später war die Technologie schon weltweit verbreitet und Quasi alltäglich.

Ich guck mal, ob ich ein gutes Bild finde von einer Kanone aus der Zeit.

Ach so, ein spezieller Beruf des “Kugelmachers” oder so etwas ist mir noch nicht untergekommen. Ich gehe davon aus, dass man dafür einfach Steinmetze hergenommen hat. Die Kugeln mussten auch nicht unbedingt 100%ig Rund sein zu der Zeit. Um den Lauf abzudichten und zu verhindern, dass der ganze Gasdruck an einer unebenen Kugel entlang entweicht, hat man damals (und auch später noch) die Kugeln immer noch z.B. in Stoff oder ähnliches gepackt, um möglichst viel Druck zu erzeugen. Ähnlich wie man heute sogenannte “Sabot” Geschosse verwendet, wo das Geschoss ein kleineres Kaliber als der Lauf hat, aber zusätzliches “Packmaterial” für die Gasdichte sorgt.

Also gute Bilder von spanischen Geschützen finde ich jetzt nicht, aber lese hier gerade, dass die Konquistadoren z.B. die normale Feldschlange als wichtigstens Geschütztyp mitführten. Der Wikipedia Eintrag zur Feldschlange ist auch ganz brauchbar für Basiswissen. Vorstellen muss man sich die Dinger als die ersten “typischen” Kanonen, wie man sie so eben im Kopf hat, wenn man an “Piratenschiffkanonen” oder ähnliches denkt. Aber noch wesentlich kunstvoller verziert, einige zumindest. Andere könnte man heute nicht mehr von napoleonischen Feldkanonen unterscheiden, da hat sich zwischenzeitlich nicht viel getan.

Und zuguterletzt: Wenn es speziell um die Spanier in der neuen Welt geht, also eher nach 1500… eindeutig Blei und Feldschlangen (englisch Culverin). Und um den Eingeborenen Angst zu machen, tat es auch eine Pulverladung ohne Kugel. Die dürfte rein optisch auch wesentlich beeindruckender gewesen sein, weil man da auch mehr Pulver verwenden konnte, als mit Geschoss im Lauf, je nachdem.
Nicht zu vergessen ist auch, dass das damalige Schwarzpulver gerade für solche Zwecke ideal war. Die Dinger waren unvorstellbar laut (im wahrsten Sinne des Wortes Ohrenbetäubend, kann man sich heute kaum noch vorstellen), haben Feuer gespuckt und unglaublich viel Rauch entwickelt, das rauchlose Pulver war noch weit, weit weg.
Die Kanonen selbst hielten auch einiges aus, man hat da viel experimentiert mit verschiedenen Pulvermengen und solange die zu der Zeit meist schon Bronzekanonen keine gröberen Gussfehler hatten, hielten die auch einigen Druck aus.

Super, super. Herzlichen Dank für Deine schnellen und umfassenden Antworten, Matthias!

Also ging das auch? Darum ging’s mir nämlich hauptsächlich.

Genau, und allein der Geruch des Schwarzpulvers war ja schon gefürchtet genug (weil dort völlig unbekannt).

Hast mir sehr geholfen, danke!

https://www.youtube.com/watch?v=2V_OW_Rw5Ko

Hier noch ein ganz interessantes Video vom Abfeuern einer Replik etwa um die Zeit. Leider gibt es wenige Repliken in voller Grösse von Vollguss Bronzekanonen. Da ist einfach die Technik zu aufwändig. Deswegen findet man wenn dann öfters solche Nischengeräte, wie hier im Video. Das waren frühe Versuche, Hinterlader zu entwickeln, auch mit „modernen“ Materialien wie Eisen. Das war aber damals noch zu spröde und deswegen mussten Eisenläufe wie bei dieser Kanone damals immer noch mit geschmiedeten Bändern versehen werden, um den Lauf am Bersten zu hindern. Das hat sich später erst mit besserem Stahl geändert, Mitte 19 Jhdt.

Aber das Video zeigt doch schon Eindrucksvoll, was selbst so ein kleines Kaliber (dürfte in dem Fall so ein Ein- Dreipfünder sein) an Rauch und Lärm produziert. Jetzt muss man sich das Ganze ca. 5- 10 Mal so gross vorstellen, dann weiss man, was bei einer vollen Feldschlange abging.

Und hier noch eins:

https://www.youtube.com/watch?v=urtRTggx_BM

Das ist zwar eine 12 Pfünder Feldkanone aus dem 19 Jhdt, eingesetzt im amerikanischen Bürgerkrieg. Die Technik stammt aber noch aus napoleonischer Zeit und Pulver und Leistung haben sich auch zum 15. Jhdt. kaum geändert (wobei diese hier vermutlich Eisenkugeln oder frühe Granaten verschoss), wodurch man bei dem Video nen ganz guten Eindruck bekommt, wie so eine Feldschlange gewirkt hat. Den Ton am Computer bitte nicht zu laut machen. :slight_smile: Man kann sich vorstellen, was eine Reihe von 4-6 solcher Kanonen für einen Eindruck auf Eingeborene gemacht haben muss. Für die brach die Hölle aus. Das geht einem durch jeden Knochen, der Knall. Zusammen mit Feuer und Rauch…

Das ging in jedem Fall, siehe die beiden Videos. In beiden Fällen gehe ich nicht davon aus, dass da ein Geschoss im Lauf war, sonst hätte der Rückstoss auch etwas heftiger ausgesehen. Das waren pure Pulverladungen und das war auch damals schon möglich, ja.

Sehr gut.

Und: Weia, echt, das knallt vielleicht! Puah.

Klasse Beitrag. Religion und Geschichte (bis Ende Mittelalter) ist auch mein Interessensgebiet.
Kurze Frage mal zu der mittelalterlichen Blide bzw. dem Trebuchet: Welche Entfernungen waren da realistisch?
Die weiteste Entfernung wurde im PM-Bericht mal mit ca. 900 m angegeben, was ich allerdings für etwas übertrieben halte.

Halte ich auch für unrealistisch. Quellen sind da natürlich spärlich, aber ich habe tests mit Nachbauten gesehen in ca. Durchschnittsgröße, da sprechen wir eher von 200 Metern. Persönlich habe ich mir Montsegur mal angesehen (die Burg, nicht das Autorenforum :smiley: ). Die wurde 1243/44 belagert und beschossen. Im Museum haben sie noch massenweise Steinkugeln, die auf die Burg abgefeuert wurden.
Jetzt ist da die geographische Lage so, dass die Belagerungsgeschütze nur auf einer bestimmten Seite/Bereich gestanden haben können, um die Burg zu erreichen. Da schätze ich mal so auf 150 Meter… das ist aber alles sehr spekulativ.
Fakt ist: Der Tribok, der 2005 im Warwick Castle gebaut wurde, schiesst ein ca. 13-15kg schweres Geschosse ca 230 Meter weit. Und das ist aktuell der grösste existierende Nachbau, mit 22 Tonnen Gewicht.
Viele Faktoren spielen bei der Weite ne Rolle, aber man kann grob sagen: Je schwerer das Geschoss, desto exponentiell geringer die Reichweite. Erhöhen kann man sie nur durch einen grössern Schwungarm, höheres Gegengewicht etc. Hier ne interessante Arbeit zu dem Thema: http://www.ucl.ac.uk/~zcapf71/Trebuchet%20coursework%20for%20website.pdf
Ich finde jetzt meine Bilder aus Montsegur nicht, aber ich erinnere mich an die Steingeschosse im Museum. Die waren alle beschriftet mit ihrem Gewicht, das schwankte so zwischen 50-90 Kilo, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht. Um die Dinger selbst 150 Meter zu schleudern, brauchst du schon gewaltige Maschinen.
Edit: 20-90 kg. Bild online gefunden:
http://battle-castle.tv/wp-content/uploads/2014/08/IMG_0771.jpg

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Hier gibt es auch noch einen interessanten Artikel: https://www.spektrum.de/magazin/das-trebuchet-die-maechtigste-waffe-des-mittelalters/822529