Warum glaubt dein Umfeld, deine Mühe sei "brotlose Kunst"?

„Mitleid“ war vermutlich keine Punktlandung von mir. „Verständnislos“ trifft es wohl eher. Egal, wir wissen, worüber wir hier schreiben.

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Es kommt auf das Umfeld an. Zu Personen aus gleichen Interessensgebieten bin ich sehr offen. Anderen Gruppen gegenüber bin ich mittlerweile ziemlich verschlossen, da über die Jahre mehr negative Reaktionen, insbesondere völlig blödsinnige Kommentare abgesondert wurden. Immer wieder spaßig sind unangemeldete Familienbesuche, die meinen Krempel dann wo rumliegen sehen. Besonders die Rubrik „entfernte Familie“ ist grandios.

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Oh ja, das kann ich mir vorstellen. Unangenehm!

Alles gut. Aber es kam ja auch von einigen anderen…
Worauf ich hinaus will: ich glaube eher an das Problem der Erwartungshaltung, die vielleicht nicht erfüllt wird. Man darf auch Tennis spielen, ohne mich an Steffi Graf messen lassen müssen. Ich kann mein Grusel-Thriller-Zeugs zeigen ohne gleich Stephen Kings Konkurrenz zu sein.
Ich bin auch keine Astrid Lindgrin und habe tolle Gute-Nacht-Geschichten erzählt…
Aber ich erwarte auch keinen besonderen Applaus, wenn ich das jemandem erzähle.
Weil es niemand ermessen kann, wie wichtig mir das erzählen ist, wenn dieser nicht selber erzählen will/muss.
Ich hoffe es kommt rüber, was ich meine…

Es ist vielleicht eine nicht so verbreitete Leidenschaft und daher mitunter verlegene Reaktion anderer. Aber es ist doch nicht schräger, als:
Mittelalter-Fantasy-Life-Rollenspieler,
only-friends-Bikinikrams-whatever-Foren,
der youtube Karraoke-Kanal,
Leute, die Haustiere haben,
Sammelbilder oder Bierdeckel in Alben kleben,

… oder die Fußballclub Ultras…

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In der Beziehung bin ich vollkommen stressfest.

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Der Albatros

Oft kommt es vor, dass, um sich zu vergnügen,
Das Schiffsvolk einen Albatros ergreift,
Den grossen Vogel, der in lässigen Flügen
Dem Schiffe folgt, das durch die Wogen streift.

Doch, – kaum gefangen in des Fahrzeugs Engen
Der stolze König in der Lüfte Reich,
Lässt traurig seine mächtigen Flügel hängen,
Die, ungeschickten, langen Rudern gleich,

Nun matt und jämmerlich am Boden schleifen.
Wie ist der stolze Vogel nun so zahm!
Sie necken ihn mit ihren Tabakspfeifen,
Verspotten seinen Gang, der schwach und lahm.

Der Dichter gleicht dem Wolkenfürsten droben,
Er lacht des Schützen hoch im Sturmeswehn;
Doch unten in des Volkes frechem Toben
Verhindern mächt’ge Flügel ihn am Gehn.

Charles Beaudelaire

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Das ist die Quote unter denjenigen, die professionell und mit Ambition schreiben, sprich: sich mit Exposé und Leseprobe und später GM bei einer literarischen Agentur oder direkt bei einem kleinen oder mittleren Verlag bewerben :wink:

Ich sehe das Schreiben als Hobby, und so möchte ich es auch von anderen verstanden wissen.
Trotzdem taucht immer wieder die Frage auf, wie viel ich denn mit dem Schreiben verdiene/verdient habe. Einem Hobbyfußballer oder Freizeitmusiker stellt niemand diese Frage. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten bei „Schreiben“ an „Arbeiten“ denken - und das tut man ja schließlich „nur, um Geld zu verdienen“. Manchmal stelle ich auch die provokante Gegenfrage: „Welches Hobby hast du denn? Und, schon viel Geld damit verdient?“

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Ich binde es nicht jedem auf die Nase, aber erzähle davon, wenns passt. Wirklich enge Freunde und Familie reagierten eher interessiert und lesen auch schon mal was. Viele Freunde habe ich im Verein kennengelernt. (MAG) Dort waren die Reaktionen sehr positiv. Das sind Leute, die auch für etwas brennen und sich stark engagieren. Brotlose Kunst, naja. Darauf kam das Gespräch eher nicht. (Ich träume ja schon davon, zu veröffentlichen. Aber das liegt noch in ferner Zukunft.) Mein Mann zieht mich manchmal damit auf.
Sollte mal einer „blöd“ gucken, guck ich zurück.

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When you’ve been hiding in plain sight for too long, it can be easy to forget who you really are. Remember yourself, even when it hurts.
(Peter Beagle, The last unicorn)

Und das ist exakt das, was ich meine!
Und irgendwie ist diese Leidenschaft sowohl Preis, als auch Lohn. :heart::blue_book:
Auf die Frage, was man damit verdient kann man doch nur antworten: „Mehr, als Du verstehen kannst.“.

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Ich starte damit, dass ich behaupte, dass es mein Hobby ist - auch wenn ich inzwischen für „nur ein Hobby“ viel zu viel Zeit und Mühe reinstecke. Wenn ich dann auf die Frage, wann ich denn „dann endlich“ veröffentlichen würde, antworte, dass das nicht mein Treiber ist, ernte ich Verständnislosigkeit.

Damit ist das Thema dann auch erledigt. Ich könnte die ganzen Vergleiche ziehen, über die Garagen-Band, die um zig Hunderte oder Tausende Euros Ausrüstung anschaffen, zweimal oder dreimal Bandprobe die Woche machen, nur um dann einmal im Jahr hinterm Schlosspark auf einer kleinen Bühne am Nachmittag beim Jugendprogramm des örtlichen Fußballvereins einen Gig vor 30 Teenies zu haben.

Hat zugegeben eine sozialere Komponente, ist aber genauso brotlos. Ich würd die Frage umdrehen: warum sollte man etwas, das man aus Leidenschaft macht, in erster Linie wegen der Kohle machen?

Vielleicht liegts aber auch an der Wahrnehmung: für jedes Buch, das man liest, hat man entweder selbst oder jemand anderer Geld in die Hand genommen. Die Feuerwehr machts gratis und die ganzen lokalen Feste sind bei uns bei mit freiem Eintritt. Also muss „Schreiben“ ja schon was ernsthafteres sein. Immerhin gibt es ja dieses Klischee des Schriftstellers in Filmen, die Nächte über ihren Blöcken oder dem Laptop hängen und verzagen.

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Ich habe in meinem Leben schon den ein oder anderen getroffen, der davon träumte von Beruf Schriftsteller zu sein. Es waren erstaunlich viele. Keiner hat davon geschrieben und auch nicht massenhaft Bücher konsumiert!

Rückblickend weiß ich aber, dass da der Wunsch und die falsche Vorstellung dahinter stand, ein Schriftsteller lässt sich durchs Leben treiben, ist sein eigener Herr, macht was er will, schläft bis in die Puppen, schreibt halt ein Buch, ist dann der Größte und ein Star und kann dann für eine lange Zeit wieder die Seele baumeln lassen und durch die Welt reisen. Das was uns von früheren Schriftstellern vermittelt wurde. Weltreisende, Freigeister, mit kleinen dünnen handgeschriebenen Manuskripten und heutigem Weltruhm.

Das ist die Vorstellung von Menschen, die es nicht tun, also das Schreiben aus eigenem Antrieb heraus. Menschen denen der Job und das Leben zum Hals raushängt und die nach einer "leichteren " Alternative suchen. Wir alle wissen, so einfach ist es nicht.

Ich bin glücklich über mein Schreiben. Erweitert es doch meine verschiedenen Horizonte und weiß ich doch, wie das Wort geschrieben wird. :wink:

Macht euch nicht klein, jeder der Schriften herstellt ist Schriftsteller.

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Ich habe, komischerweise ziemlich oft, Lektorinnen auf meinem Prüfstuhl. :nerd_face: Das kommt dann im Gespräch raus, wenn es um Sehanfordungen geht. Neulich eine sehr nette, sie sagte sie müsse halt viel lesen … naja halt auch selbst privat ein bisschen schreiben. Fast beschämt. Sie hat sich auch damit bedeckt gehalten und ich habe auch nicht gesagt: Mensch, das ist ja spannend, ich schreibe auch.
Diese Dame ist bei BoD, wie ich dann rausfand. Ich habe mir Videos angeschaut und dabei noch eine andere wiedererkannt.
Wir sind Viele und arbeiten unerkannt im Untergrund. :grinning:

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Also mir geht es nur darum, wie Hemingway trinken zu können und eine gute Ausrede dafür zu haben. :rofl:

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Die mussten das machen, um an Informationen zu kommen, weil’s kein Internet gab. Also ich beziehe mich damit aufs Reisen.

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Da hast du recht.

Du hast mich ziemlich gut beschrieben :grin:

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Hm, um noch einmal auf die Eingangsfrage zurückzukommen … Warum glaubt dein Umfeld, deine Mühe sei „brotlose Kunst“?
Mein persönliches Umfeld glaubt das nicht. Vermutlich nur deshalb, weil ich schon immer vom professionellen Schreiben gelebt habe in meinen beiden zurückliegenden Berufsphasen. Insofern vermuten sie zu recht die gleiche Intention beim Thrillerschreiben. Ich schreibe, weil es mir Freude bereitet, Menschen gut und spannend zu unterhalten und mit dem Ziel, veröffentlich zu werden, um so möglichst viele Menschen mit meinen Geschichten ansprechen zu können. Diese Kunst ist derzeit zwar nicht brotlos, aber noch brotarm. Was mir nichts ausmacht, meinen Ehrgeiz aber durchaus befeuert, das zu ändern. Solange mir immer wieder neue Geschichten einfallen, die erzählt werden wollen. Fun fact am Rande: Meinem Schwager und meiner Schwägerin wie auch einer guten Freundin der Familie ist völlig egal, was ich da tue. Sie sind viel zu sehr auf sich selbst und ihren Lifestyle fixiert, um sich Gedanken über Bücher, das Schreiben oder sonst etwas zu machen, was in ihrer eigenen Welt nicht vorkommt. Ich denke, sie verkörpern eine Mehrheit der Bevölkerung. :thinking:

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