Vorlesezeit für Lesungen dokumentieren?

Moin. Ich bin derzeit bei einer Textwerkstatt, in der jeder mal seine Texte zum Besten geben darf. Und das Thema Lesungen kommt ja sicher auch auf den einen oder die andere hier zu.

Deswegen fange ich an, die Zeit beim Vorlesen zu stoppen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lange es dauert. Ich lese lieber langsam und betont vor, damit die Leute auch was mitbekommen. Auf Grund der begrenzten Zeit picke ich mir 1-2 aufeinanderfolgende Szenen raus.

So, jetzt meine Frage an Euch: Wie merkt ihr Euch so was? Mir kam der Gedanke, dass es genial wäre, wenn mir Papyrus abschätzen könnte, wie lange das Vorlesen eines markierten Abschnitts dauert, dann könnte ich schneller geeignete Passagen auswählen. Für Artikel im Web gibt es so etwas ja schon längst. Aber PA hat das anscheinend nicht. Gibt es hier Leute, die die Vorlesezeiten in Papyrus selbst dokumentieren? Ich hab angefangen, das mit einer Pinnwand in Papyrus zu machen, aber vielleicht gibt’s ja hier schlaue Füchse, denen dazu irgendetwas geniales eingefallen ist.

Das halte ich bei einem Roman für schwierig. Ein Freund von mir spricht so schnell, dass einem dabei schwindelig wird. Es gibt aber auch Schlafmützen beim Reden.
Grundsätzlich ist es etwas Anderes, wenn ich einen Zeitungsartikel vorlese bzw. dafür die Zeit abgeschätzt wird, wie es im I-Net mittlerweile üblich ist.
Denn wenn ich eine schnelle Szene vorlese, meine ich, müsste ich auch schneller lesen als bei einer Landschaftsbeschreibung. Da sich solche Dinge in Romanen abwechseln, lässt sich das schlecht abschätzen von einem Programm. Denn das Programm versteht ja nicht, ob gerade ein Schiff im Sturm ist oder zwei Liebende unter einem Baum herumturteln.

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Ja, da ist was dran, jeder hat seine eigene Lesegeschwindigkeit - das müsste sich aber doch sicher irgendwie einstellen lassen (durchschnittliche Anzahl der Wörter pro Minute).

Das mit den Action-Szenen vs langsame Szenen sollte man sowieso im Text steuern, finde ich. In Action-Szenen (Sturm, etc.) würde ich eher elliptisch schreiben („Es kracht. Das Segel reißt. Wir reißen die Augen auf.“), bei anderen eher mit langen Sätzen arbeiten. Das könnte Papyrus beim Abschätzen der Lesezeit berücksichtigen.

Es geht mir ja nur um eine Schätzung.

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Sicher ist es ein Unterschied, wo und zu welchem Anlass man vorließt. Für mich selbst hatte ich mal um die 125 Wörter je Minute, wenn ich im Schreibseminar der VHS vorgelesen habe, herausgefunden. Bei einer öffentlichen Lesung sollte man langsamer lesen, denn im Zuhörer muss das sogenannte Kopfkino funktionieren, der ja den Text normalerweise nicht kennt. Auch Zuhörer sind dabei nicht gleich schnell/gleich langsam. An markanten Stellen solltest Du Denkpausen einlegen. Dann kannst Du Blickkontakt zum Zuhörer/Zuschauer suchen und weißt, ob Du langsamer oder schneller lesen solltest.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn Du Deinen Text beim Vorlesen präzise ausformulierst, vor allem die Endungen, und wenn es Dir etwas zu langsam vorkommt, bist Du (wegen des Kopfkinos) gerade schnell genug. Andererseits sollte man dramatische Szenen anders lesen, als beispielsweise das Beschreiben einer Landschaft, um auch beim Lesen etwas Dynamik aufzubauen.

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Kürzlich habe ich ein Interview mit Andreas Fröhlich gelesen. Er blickt auf eine lange Erfahrung als Hörspiel-/Hörbuchsprecher zurück.
Sinngemäß sagte er: Wenn sie denken, dass sie langsam sprechen, sind sie noch zu schnell.
Wie @Berti schon sagte, spricht man ja sehr deutlich und verschluckt auch nicht so viel wie in Gesprächen. Ich habe viele Jahre lang Schulklassen vorgelesen, anlässlich des Weltages des Buches. Da ich sehr schnell spreche, war es eine Herausforderung. Und selbst das abendliche Vorlesen für meine Tochter war aufgrund der Geschwindigkeit anders. Dazu kommen noch Sprechpausen, um das Gesagte sacken zu lassen oder um die Spannung zu erhöhen oder auch, um Reaktionen abzuwarten. Lachen zum Beispiel. Vermutlich würde ich mich einfach aufnehmen und die Zeit stoppen. So ein tool kann Sprechpausen und dergleichen vermutlich schlecht mit einrechnen.

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Meine Erfahrung im Halten von Reden ist: 100 Worte = 1 Minute reden. Das müsste sich doch aufs Vorlesen übertragen lassen und mit der Wortzählfunktion in Pap. zu kalkulieren sein. Probierst Du das einmal? Deine Erfahrung interessiert mich.

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Das ist eine gute Idee - wenn ich mich richtig erinnere, kann man sich die Anzahl der markierten Wörter in der Statuszeile anzeigen lassen. Das reicht wahrscheinlich für eine Abschätzung. Danke!

Wahrscheinlich bleibe ich dann dabei, die Abschnitte per Querverweise auf der Pinnwand zu verlinken, um sie mir zu merken.

Danke auch an @Berti und @Silla für Eure Erfahrungen. Ich lese seit zehn Jahren meinem Sohn vor und habe mir irgendwann den Stil des drei ???-Sprechers abgeguckt. :grinning:

Ich lese also eher langsam mit Pausen und diese Sprecher (der Erzähler im Hintergrund) hat mir echt geholfen bei der Entscheidung, wo ich am besten Pausen lasse. Aber es ist ein guter Hinweis, dass es vor Publikum dann nochmals anders ist. :+1:

Also bei einer Szene (halb Beschreibung, halb Action), die bei mir etwa 5 Minuten beim Vorlesen dauert, komme ich auf etwa 138 Wörter pro Minute. Wenn ich das mit Euren Werten vergleiche, hört sich das für mich nach viel an.

Anyway, ich glaube, das ist ein guter Weg, um für mich zu einer guten Einschätzung zu kommen, was bei Lesungen oder VHS-Kursen funktioniert. Und um schneller herauszufinden, an welcher Stelle ich bei einer Szene einsteigen muss, damit es hinterher nicht zu lang wird.

Ich verstehe gerade das Problem nicht ganz.
Wenn man sich auf eine Lesung vorbereitet, liest man sich die Texte doch ohnehin vorher laut vor, um sie zu üben. Dabei stoppt man einfach mit.
Ich habe mir für meine Lesung (90 Minuten) einen Zeitplan erstellt, auf dem ich notiert habe, wie lange die ausgewählten Abschnitte dauern. Zusätzlich habe ich Alternativen geplant, beispielsweise einen späteren Einstieg in die Szene, um Zeit zu sparen. Und bei den Abschnitten, in denen ich frei gesprochen habe (z.B. zur Entstehungsgeschichte des Romans), konnte ich die Zeit ohnehin nur grob abschätzen.

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Im Moment geht es nur um eine Textwerkstatt an der VHS. Um allen die Chance zu geben, etwas aus einem aktuellen Projekt vorzulesen, haben die Teilnehmer höchstens 5-7 Minuten Zeit (genau hat das die Kursleiterin nicht gesagt, aber ich finde, wir sollten uns auf eine Zeit einigen).

Das ist sehr wenig Zeit für mich, da kann ich höchstens ein bis zwei Szenen lesen. Es würde mir leichter fallen, diese auszuwählen, wenn ich vorher die Vorlesezeit abschätzen könnte. Nenn mich einfach einen Perfektionisten.

Das mit dem „späteren Einstieg in die Szene“ kommt mir bekannt vor. Dafür musste ich die gleichen Szenen ein paar Mal hintereinander Lesen, um es zeitlich einzugrenzen. Das ginge bestimmt schneller, wenn ich ungefähr wüsste, wie viele Wörter ich im Durchschnitt pro Minute lese. Und an den Antworten kann ich sehen, dass ich damit nicht der Einzige bin. :wink:

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Ah, ich verstehe.
Aber grundsätzlich würde ich hier auch sagen: Wenn du weißt, dass du beispielsweise für eine Seite (oder eine entsprechende Wortanzahl) ungefähr zwei Minuten brauchst, kannst du ja eine Szene von ungefähr drei Seiten suchen. Für die genaue Einschätzung führt in meinen Augen kein Weg am Probelesen vorbei, da man jede Szene anders liest. Vergleiche beispielsweise:
Im Nu ritten zwanzig Mann nach Ulm, um dort nach Mia zu suchen.
(13 Wörter)
mit
„Psssst!“, flüsterte jemand aus dem Dunkel.
Ich schluckte. „Wer ist da?“ Keine Antwort…
(ebenfalls 13 Wörter)
Deshalb können Wörter nur ein grober Richtwert sein.

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Lesungen bereite ich vor, indem ich die Szenen inkl. Notizen in ein extra Domument kopiere und als E-Book formatiere.

Lesezeit üblich: ca. 1000 Anschläge/ Minute, ich lese etwas langsamer, für 10 Minuten rechne ich ca. 8500 - 9000 Zeichen, je nachdem, was für ein Text es ist.
Also suche ich von vornherein Szenen in der passenden Länge. Ist sicher nicht genial, aber für mich passt dies Vorgehen.
Für längere Lesungen sind es schon mal 6- 10 kleine Szenen mit Anekdoten zur Entstehung.
Lesen können die Leute ja selbst, aber es ist oft für sie interessant, wenn man dazu ein bisschen erzählt.

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