Von Raben und Katzen
Ein Rabe sitzt neben der Straße im Regen.
Er will sich vor Traurigkeit gar nicht bewegen.
Starrt nur auf Asphalt.
Die Katze ist kalt
und - flach wie sie ist - auch nicht mehr am Leben.
Ein weiterer Rabe gesellt sich danieder:
„Ja, Blaufeder, sag, ich erkenn’ dich nicht wieder!
Was hast du denn nur?
Blickst hier auf die Spur
zum Katzenvieh, das mir doch ziemlich zuwider.“
„Ach, Weißfeder, weißt du, sie ist so gelaufen.
So schnell wie sie konnte, ich hörte sie schnaufen.
Das Auto kam schnell
und rammte ihr Fell.
Schau, jetzt liegt da bloß noch ein blutiger Haufen.“
„Was klagst du, mein Lieber? Ich fühl’ mich verpflichtet
zu sagen, für uns hat der Mensch sie gerichtet.
Ich sag’ es mit Mut,
die Strafe war gut.
Auf Freundschaft mit Katzen hab’ ich stets verzichtet.“
„Ich zweifle, dass dies hier mit Absicht geschehen,
Bestimmt was es nichts als ein grobes Versehen.
Der Mensch liebt die Katz’
fast wie einen Schatz.
Darum kann ich dies nicht als Strafe ansehen.“
„Sie schlug in die Küken der Nachbarn die Wunden.
Ich hab mit den Amseln viel Mitleid empfunden.
Ich sah es vor Ort:
Es war kalter Mord!
Zum Glück hat der Mensch die Gesetze erfunden.“
„Das Katzenverhalten war sehr miserabel.
Nur was braucht’s den Menschen? Du hast einen Schnabel!
Wärst hin zu dem Dieb!
Ein kräftiger Hieb!
Das Vieh wär gefloh’n und dein Ruhm respektabel.“
„Was geht mich das an? Und ich möchte betonen,
dort Hilfe zu leisten tat sich nicht mehr lohnen.
Die Katze war schlecht.
Der Mensch ist gerecht,
erteilte dem Miststück die rechten Lektionen.“
„Lektionen? Was hat sie gelernt, möcht’ ich wissen.
Sie ist mittendrin aus dem Leben gerissen.
Kein Nest raubt sie mehr,
doch denk’ ich hier sehr:
Die Amselfamilie hast du im Gewissen.“
„Ach, Blaufeder, wirklich, ich muss Dir mal sagen:
Du nervst mich mit deinen so dämlichen Fragen!
Da pfeif’ ich jetzt drauf!“
Er fliegt wütend auf
und klatscht an den Kühler vom fahrenden Wagen.
(c) Zauberfrau