Wie @_Corinna schon schrieb, du als Autor solltest genau wissen, wann eine Szene spielt. Ich habe z. B. den Navigator immer eingeblendet und trage im Tab „Zeitstrahl“ ein, wann eine Szene stattfindet. Meist reicht Datum, manchmal ist aber auch Uhrzeit wichtig, das hängt von deiner Geschichte ab. Abgesehen davon zwingt es auch zu einem gewissen Realismus. Wenn deine Geschichte im November spielt, ist ein Kaffeetrinken im Garten bei Sonnenschein und 30° eher unwahrscheinlich (jedenfalls in D). Oder im Hochsommer ein Sonnenuntergang um 17 Uhr. Wenn du deinen Leser genaue Daten mitteilst, sollten ggf. auch echte Ereignisse zumindest erwähnt werden. Eine Geschichte, in der es um einen Septemberurlaub im Jahre 2001 geht, wird nicht um eine Erwähnung der Anschläge auf das WTC herumkommen.
Was und wie du Zeiten deinen Lesern mitteilst, hängt von dir und deiner Geschichte ab. Es kann auch ein Stilmittel sein, um Spannung zu erzeugen: 78 Tage, 7 Stunden, 38 Minuten bis zum Einschlag des Asteroiden als Kapitelüberschrift und noch jede Menge zu tun, erzeugt Zeitnot.
Ob ich nun detaillierte oder vage Zeitangaben benutze, mache ich davon abhängig, was realistisch ist. Einen Arzttermin bspw. würde ich mit Datum (ohne Jahr) und Uhrzeit angeben, eine Einladung zum Kaffeetrinken „Ach, komm doch einfach heute Mittag mal um 15:53 Uhr zum Kaffee vorbei, dann können wir reden“ wäre unrealistisch. Ich persönlich arbeite mit beidem, detaillierte Zeitangaben, um auch den Leser wissen zu lassen, wann etwas stattfindet und auch als Fixpunkt für mich, aber verbunden durch vage Angaben als „Gummileine“ für mich zwischen diesen Fixpunkten, um noch genug Flexibilität zu haben. Beispiel:
„Als nächsten Termin könnte ich Ihnen den 25.06. um 8 Uhr anbieten“, sagte die Sprechstundenhilfe am Telefon.
„Den nehme ich“, meinte Eva entschlossen.
Die Zeit bis zum Termin verbrachte sie wechselweise mit schlimmsten Befürchtungen und Verdrängung. Bei einem Abendessen mit Adam …
Nur eines vermeide ich wie der Teufel das Weihwasser in der Regel: Jahreszahlen. Einfach aus den Grund, dass die Geschichte länger haltbar ist. Wenn der Leser das Gefühl hat, dass eine Geschichte schon älter ist, baut sich m. M. n. eher eine emotionale Distanz auf, also umgehe ich das, wenn es nicht notwendig ist. Natürlich lässt sich die Illusion nicht dauerhaft aufrechterhalten. Spätestens wenn deine Protas fieberhaft eine Telefonzelle suchen, um einen wichtigen Anruf zu machen, weiß jeder, dass das schon ein paar Jährchen her ist.
Und abschließend: Ja, der Zeitstrahl kann helfen, das hängt aber davon ab, welcher Typ du bist. Mir liegen tabellarische Darstellungen weitaus mehr als grafische, daher benutze ich ihn nur sporadisch, aber durch die o. g. Eintragungen im Navigator erzeugt er sich en passant, zum Planen nutze ich ihn nicht.