Und hier noch Kapitel III von „Uvalog Adventures“. Über Feedback gleich welcher Art würde ich mich sehr freuen!
Gruß
Super Girl
Großer Bruder, kleiner Bruder (Kapitel III)
Zwei Tage später landete in der großen Pause ein Hyper-Gleiter auf dem Pausenhof. Jeff, der Paul schlagen wollte, erstarrte mitten in der Bewegung.
„Das ist ja krass! Ein Hyper-Gleiter Delta V!“, hörte ich Dylan rufen. Und konnte mir selbst ein Lachen kaum verkneifen. Insgeheim fragte ich mich, ob einer meiner Leute gekommen war. Denn ich hatte den Befehl von Commander Ignaz immer noch nicht ausgeführt. Ich wusste, dass die Erwachsenen selbst zu beschäftigt waren, um sich darum zu kümmern. Deshalb rätselte ich lange, wer die Mission an meiner Stelle übernehmen sollte.
Als eine mir bekannte Person - schlank, sportlich, einen Kopf größer als ich und mit verwuschelten dunkelroten Haaren - aus dem Gleiter sprang, fiel ich in eine Art Schockstarre. „Hallo, Erde an Arian! Wir haben unerwarteten Besuch!“ Marie rüttelte mich. Ihre Stimme bebte vor Aufregung.
Ich erkannte meinen zwei Jahre älteren Bruder Florin, der sich kurz auf dem Pausenhof umsah. „Ich suche Arian Cosmin!“, rief er in die Runde. Sofort verstummten die letzten aufgeregten Stimmen.
„Hey Cosmin, wer ist das?“ Sieht aus wie dein Doppelgänger!“, lachte Dylan. Er zeigte keine Furcht. Erst jetzt entdeckte mich Florin am Laser-Tennis-Platz, denn er steuerte direkt auf mich zu. „Ach da bist du, Arian! Komm mit! Sofort! Und das ist keine Bitte!“
„Ich nehme von dir keine Befehle entgegen! Du bist nicht mein Vater!“, zischte ich zurück. Auf Uvalog war es allgemein bekannt, dass ich zu meinem Bruder Florin nicht das beste Verhältnis hatte.
„Wenn du nicht freiwillig mitkommst, dann zerre ich dich persönlich fort. Du weißt schon wohin! Nach Hause!“ Er sah mich finster an.
Da stellte sich Dylan plötzlich schützend vor mich. „Keiner rührt mir Cosmin an. Das darf nur ich!“.
Ich wunderte mich über seinen Sinneswandel.
„Ach ja. Und wer bist du, dass du dir erlaubst, so mit mir zu reden, Junge?“ Florin sah nun zu Dylan.
„Mein Name ist Dylan Watt. Und du bist gleich platt wie eine Weltraumflunder!“
Breitbeinig baute sich Dylan vor Florin auf. „Willst du ein paar aufs Maul, oder was soll das hier werden?“, provozierte er meinen Bruder weiter.
„Ganz schön frech für einen Handelsschüler!“, entgegnete Florin.
Nun eilte Jeff seinem Kumpel zur Hilfe. Doch noch bevor er ihn erreicht hatte, setzte mein Bruder zu einem kräftigen Power-Punch an. Er boxte Dylan von vorne gegen den Bauch. Dieser stöhnte sofort vor Schmerzen auf. Trotzdem ließ sich mein Mitschüler diese Gemeinheit nicht gefallen und setzte seinerseits zum Gegenangriff an. Er verpasste Florin einen Kinnhaken, der mich sofort umgehauen hätte, wäre ich sein Gegner gewesen. Doch da mein Bruder größer und vor allem kräftiger war als ich, blieb er in aller Seelenruhe stehen.
„Du wagst es, dich mit mir anzulegen, du kleine Kröte? Ganz wie du willst, dann mache ich dich zuerst fertig!“, sprach Florin an Dylan gewandt. Er wollte abermals auf meinen Mitschüler eindreschen, da stellte ich mich schützend vor Dylan und wehrte die Attacke gekonnt ab. „Nichts da, Bruder. Wenn du unbedingt kämpfen willst, dann nimm mich an seiner Stelle. Ich bin viel zäher!“
„Nein, Arian, tu das nicht! Er ist zu stark!“, rief Marie verzweifelt in meine Richtung.
„Wenn ihn einer aufhalten kann, dann bin ich das!“, entgegnete ich in derselben Lautstärke.
Daraufhin musste mein Bruder lachen. „Keiner kann mich aufhalten! Das Einfachste wäre für dich, Bruder, du kommst mit nach Hause. Ich soll dir nicht wehtun, sondern dich nur heimholen!“
„Und wenn ich „Nein“ sage? Was dann? Schleifst du mich eigenhändig nach Hause, oder was?“ Zornig funkelte ich Florin an. Er erwiderte meinen Blick mit derselben Gelassenheit, mit der er Dylan gegenüber getreten war.
„Wenn es sein muss, dann schon! Mach es mir doch leichter, Bruder, und komm einfach von selbst mit!“
„Ich bin erst den dritten Tag hier auf der Schule und habe nette Leute kennengelernt. Ich will bleiben und sie besser verstehen lernen!“ Ich blieb hartnäckig. Nachgeben kam für mich nicht in Frage.
„Was hat dieser Tumult hier zu bedeuten?“, meldete sich eine Erwachsenenstimme zu Wort. Sie gehörte zu unserem EDV-Lehrer, Herrn Ronnigan.
„Wenn ich das richtig verstehe, ist Arian Cosmins Bruder gekommen, um ihn nach Hause zu holen!“, bemerkte Jeff wahrheitsgetreu.
„Das ist richtig. Und zwar, weil sich Arian unerlaubterweise von unserer Truppe entfernt hat!“ Ich wusste, dass dies nicht stimmte. Aber mein Bruder konnte unserem Lehrer ja schlecht sagen, dass ich Commander Ignaz‘ Befehl verweigerte, die Menschen der Neu-Erde zu verchippen, wie wir diesen Vorgang nannten.
„Klären wir das doch bitte drinnen und in einem angemessenen Rahmen!“, versuchte nun der Pauker die Situation zu retten.
„Keine Zeit! Ich soll Arian gleich mitnehmen! Also vielen Dank für alles, aber ich habe es ein bisschen eilig! Und jetzt komm mit, Bruder, sonst werde ich wirklich ungemütlich!“ Florins Stimme wurde immer lauter, fordernder. Doch ich machte keine Anstalten ihm zu folgen.
„Was ist denn nun schon wieder, Arian?“, seufzte mein Bruder.
„Ich gehe hier nicht weg. Tut mir leid, dass du umsonst hergekommen bist, Bruder. Aber ich bin hier, um etwas Neues zu lernen und nicht, um an alten Werten aus unserer Heimat festzuhalten. Und wenn ich Nein sage, dann heißt das auch Nein!“
„Sturkopf!“, zischte Florin.
„Selber Sturkopf!“, konterte ich.
Marie seufzte. Und Dylan kratzte sich am Kopf.
„Wie wäre es mit einem Anti-Gravity-Ball-Match? Wenn ich gewinne, darf ich bleiben. Wenn du gewinnst, gehe ich mit! Was sagst du dazu?“, lautete eine Idee von mir, die mir spontan gekommen war.
Hilflos sah sich Florin um. Dann seufzte er.
„Na gut, ganz wie du willst, Bruder. Aber keine fiesen Tricks, verstanden?“
„Ich doch nicht. Ich bin nicht wie du, Bruder! Jedenfalls nicht in dieser Hinsicht!“, erwiderte ich.
Ich wusste aus vorangegangenen Duellen mit meinem großen Bruder, dass er gerne zu fiesen Tricks griff, um sich einen Vorteil zu verschaffen. So war er leider schon immer gewesen. Und meistens gewann er auf diese Weise.
Da ertönte der Schulgong, der die große Pause beendete. Nun seufzte Pauker Ronnigan. „Also gut. Ihr beide regelt das wie anständige Sportsmänner. Und alle anderen gehen geordnet in ihre Klassenzimmer. Wir haben noch zwei Schulstunden Unterricht. Also, rein mit Ihnen!“
Allgemeines Gemurmel ertönte. „Ach schade. Ich hätte euren Fight gerne gesehen!“, bemerkte Dylan. Dann klopfte er mir auf die Schulter. „Mach ihn fertig, Alter. Zeig ihm, wer der Stärkere ist. Und denk dran, immer die Augen auf den Korb richten!“ Mit diesen Worten verabschiedete sich mein Rivale. Worüber Jeff lachen musste.
Marie umarmte mich sogar kurz. „Aber bitte komm heil wieder zurück, Arian, okay?“
Hitze stieg mir in die Wangen. Dennoch nickte ich eifrig mit dem Kopf. Offenbar mochte Marie mich auch. Das war ein gutes Zeichen.
Ich stammelte ein „Okay“, dann wandte ich mich wieder meinem Bruder zu. Florin gähnte einmal kurz. „Bringen wir’s hinter uns, Bruder. Ich hab nämlich auch noch andere Sachen zu tun!“
„Zum Beispiel die Menschen zu unterwerfen!“, dachte ich so für mich. Doch Florin schien meine Gedanken gehört zu haben, denn er verzog sofort sein Gesicht zu einer grimmigen Miene.
„Warte es nur ab, Bruder. Unsere Befehlshaber haben ganz andere Pläne. Wenn du wüsstest, was sie tatsächlich vorhaben. Dann würdest du hier nicht so große Töne spucken!“ Diese Worte schickte er mir mit der Kraft seiner Gedanken, sodass nur ich sie hören konnte. Ich antwortete auf dieselbe Weise: „Es ist mir egal, was die Commanders vorhaben. Ich habe andere Pläne als sie. Zum Beispiel hier sesshaft zu werden, ein nettes Mädchen kennenzulernen und vielleicht sogar später einmal zu heiraten. Ja, du hörst richtig. Meine Familie ist mir momentan egal. Ich will meinen eigenen Weg gehen. Außerdem sind die Menschen alles andere als dumm. Marie ist dafür das beste Beispiel. Sie ist schlau für eine Handelsschülerin. Und kann genau wie ich Ungerechtigkeiten nicht leiden!“
„Ist mir doch egal!“, konterte mein Bruder, wieder mit der Kraft seiner Gedanken. „Im Gegensatz zu dir höre ich auf die Befehle von Commander Ignaz. Weißt du eigentlich, Bruder, was sie mit Deserteuren anstellen? Diese werden entweder von Uvalog verbannt oder gleich eliminiert!“
„Ist mir doch egal!“, äffte ich meinen Bruder nach. „Dann sollen sie doch kommen und mich holen! Ich habe damit kein Problem. Und wenn ich gegen eine ganze Armee kämpfen muss! Ich bleibe hier! Und das ist mein letztes Wort!“
Florin schnaubte verächtlich. Anstatt auf das Anti-Gravity-Ball-Match einzugehen, schubste er mich zur Seite und eilte zu seinem Hyper-Gleiter.
„Na warte, Bruder. Das merke ich mir. Ich werde Commander Ignaz und Vater davon erzählen. Ich bin gespannt, welche Methode sie für dich aussuchen. Sag nicht, ich habe dich nicht gewarnt!“
Mit diesen Worten aktivierte er seinen Schutzhelm, den er zuvor als einfache Kette um den Hals getragen hatte. Ich zeigte mich davon unbeeindruckt. Als Florin jedoch plötzlich ein Fangnetz an seinem Gürtel aktivierte, musste ich rennen, um dem Geschoss zu entkommen. Dies gelang mir nur knapp. Doch Florin gab sich nicht so schnell geschlagen. Er düste mit seinem Gleiter einmal quer über den Platz und schnitt mir schließlich den einzigen Fluchtweg in Richtung Stadtmitte ab. Somit blieb mir nur eine Option: zurück ins Schulgebäude zu rennen!
Das tat ich auch. Ich wusste, dass mein Bruder jähzornig reagieren konnte, wenn man seine Geduld auf die Probe stellte. deswegen sah ich mich prüfend nach hinten um. Doch glücklicherweise folgte er mir nicht. Erst im Klassenzimmer bei den anderen Schülern konnte ich erleichtert aufatmen. Sofort wurde ich mit Fragen über unser Match gelöchert. Ich antwortete in knappen Sätzen, dass mein Bruder kein Anti-Gravity-Ball-Match wollte und wahrscheinlich wieder abgehauen war. „Er gehorcht meinem Onkel bedingungslos, ganz im Gegensatz zu mir!“, beendete ich meine Ansprache. Da war mir sogar der Unterricht bei Pauker Ronnigan lieber, als meinem Bruder nach Uvalog zu folgen!